FC-Bayern-Leihgabe Sarpreet Singh vom 1. FC Nürnberg im Interview: "Meine Indien-Besuche haben mir die Augen geöffnet"

Nino Duit
14. Januar 202111:58
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Sarpreet Singh wechselte 2019 von Wellington Phoenix zum FC Bayern München, ehe er im vergangenen Sommer per Leihe zum Zweitligisten 1. FC Nürnberg weiterzog. Im Interview mit SPOX und Goal spricht der 21-jährige Offensivspieler über Trainer Hansi Flick sowie Thomas Müller und kündigt an, nach seiner Rückkehr um einen Stammplatz beim FC Bayern kämpfen zu wollen.

Außerdem berichtet der Neuseeländer Singh von einprägsamen Besuchen im Heimatland seiner Eltern Indien und einem abgebrochenen Australien-Urlaub, von seinen Koch-Fähigkeiten und seiner kindlichen Leidenschaft für den FC Chelsea.

Herr Singh, Sie spielen seit Sommer für den 1. FC Nürnberg, kamen bisher bei zehn Pflichtspielen zum Einsatz und warten noch auf Ihren ersten Scorerpunkt. Wie lautet Ihr Zwischenfazit?

Sarpreet Singh: Am Anfang musste ich mich an ein paar neue Dinge gewöhnen, aber so langsam beginne ich mich zu entfalten. Zuletzt stand ich ein paarmal hintereinander in der Startelf, was meiner Entwicklung gutgetan hat. Der Wechsel nach Nürnberg war der richtige Schritt für mich.

Gemeinsam mit Ihnen kam auch Keeper Christian Früchtl per Leihe vom FC Bayern nach Nürnberg.

Singh: Er hat mir meinen Start hier deutlich vereinfacht genau wie Fitnesstrainer Tobias Dippert, der im Sommer ebenfalls vom FC Bayern nach Nürnberg gewechselt war. In einem neuen Umfeld ist es immer gut, bekannte Gesichter um sich zu haben.

Hatten Sie seit Ihrem Wechsel Kontakt mit Hansi Flick?

Singh: Mit Hansi habe ich seit Sommer nicht gesprochen, aber ich stehe in engem Kontakt mit den Scouts des FC Bayern. Sie verfolgen meine Spiele ganz genau, geben mir Feedback zu meinen Leistungen und zeigen mir Verbesserungsmöglichkeiten auf. Das ist sehr wichtig für mich.

Wie eng war Ihr Kontakt mit Flick zuvor?

Singh: Im Sommer habe ich mich mit Hansi fast jeden zweiten Tag über meine Situation und Zukunft ausgetauscht. Er kümmert sich um die ganze Mannschaft, aber speziell um die jungen Spieler wie mich. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Hat Ihnen Flick den Wechsel nach Nürnberg empfohlen?

Singh: Ja, er hat mir direkt dazu geraten, die Chance zu ergreifen. Spielpraxis ist in meinem Alter das Wichtigste. Und die ist bei den Profis des FC Bayern naturgemäß nicht so einfach zu bekommen.

Sarpreet Singh machte in dieser Saison bisher zehn Pflichtspiele für den 1. FC Nürnberg und wartet noch auf sein erstes Tor.getty

Sarpreet Singh über seine Zukunftspläne beim FC Bayern

Ihre Leihe läuft bis Sommer, anschließend besitzen Sie beim FC Bayern einen Vertrag bis 2022. Was sind Ihre Pläne?

Singh: Ich will im Sommer als ein besserer Spieler zum FC Bayern zurückkehren und um einen Stammplatz kämpfen. Ich glaube daran, mich beim FC Bayern durchzusetzen. Das ist mein Plan. Aber im Fußball kann man nie seriöse Voraussagen treffen. Wer weiß, vielleicht bleibe ich auch in Nürnberg.

Ein Blick in die Vergangenheit: Sie haben indische Wurzeln und sind in Neuseeland aufgewachsen. Zwei Länder, die nicht wirklich bekannt sind für ihren Fußball. Wie kam es, dass Sie Fußballer werden wollten?

Singh: Mein Onkel und mein Bruder haben früher ebenfalls Fußball gespielt und so meine Begeisterung geweckt. Irgendwann wollte ich allen beweisen, dass es auch ein Neuseeländer mit indischen Wurzeln zum Fußballprofi in Europa schaffen kann.

Verfolgten Sie schon als Kind den europäischen Fußball?

Singh: Ja, und zwar hauptsächlich die Premier League, was wegen der Zeitverschiebung kompliziert war. Ich bin oft um drei Uhr in der Nacht aufgestanden, um die Premier League zu schauen. Wegen eines englischen Kindheitsfreundes war ich großer Chelsea-Fan. Er hat mich mit seiner Leidenschaft angesteckt.

Sarpreet Singh: "Indien-Besuche haben mir die Augen geöffnet"

Ihre Eltern sind in Indien geboren. Warum wanderten Sie vor Ihrer Geburt nach Neuseeland aus?

Singh: Ich habe nie mit ihnen darüber gesprochen, weiß es also nicht genau. Ich glaube, sie wollten sich einen besseren Lebensstandard ermöglichen. Sie waren jedenfalls immer für mich da. Hoffentlich kann ich ihnen das irgendwann zurückzahlen.

Haben Sie Ihre Verwandten in Indien schon mal besucht?

Singh: Mein bisher letzter Aufenthalt in Indien war 2018 bei einem Länderspiel mit der neuseeländischen Nationalmannschaft. Davor war ich einige Male bei meinen Verwandten in Punjab, wo auch meine Eltern aufgewachsen sind. Der erste Besuch war für mich gleichzeitig eine faszinierende Erfahrung und ein Kulturschock, weil dort so viele Menschen in Armut leben. Die Lebensbedingungen in Indien sind ganz anders als in Neuseeland, wo jeder alles hat, was er braucht. Meine Besuche haben mir die Augen geöffnet und mich sehr dankbar gemacht für mein Leben. Es ist mir wichtig, dass ich den Kontakt zu meinen indischen Verwandten halte und sie immer wieder besuche.

Der FC Bayern ist bei der U20-Weltmeisterschaft 2019 auf Sie aufmerksam geworden. Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie von dem Interesse erfuhren?

Singh: Ich war nach der WM mit Freunden in Australien im Urlaub, als auf einmal mein Telefon klingelte. Mein Berater war dran und sagte mir, der FC Bayern wolle mich verpflichten. Im ersten Moment war ich absolut geschockt, dann habe ich direkt zugesagt. Mein Plan war es eigentlich, bei irgendeinem kleinen Klub in Europa unterzukommen und mich von dort hochzukämpfen. Und dann wollte mich auf einmal der beste Klub der Welt. Das war unfassbar.

Wie ging es weiter?

Singh: Ich habe meinen Urlaub abgebrochen, bin heim nach Neuseeland geflogen und eine Woche später weiter nach München.

Sarpreet Singh: getty

Sarpreet Singh: "Müller war die größte Hilfe"

Welcher Mitspieler hat sich in München als Erstes um Sie gekümmert?

Singh: Thomas Müller war der erste Spieler der Profimannschaft, mit dem ich Kontakt hatte. Er hat mich angesprochen und gefragt, wo ich herkomme und wie es mir geht. Müller war bei der Integration die größte Hilfe, aber auch alle anderen sorgten dafür, dass ich mich sehr schnell willkommen fühlte. Während meiner ersten Wochen in München habe ich auch viel Zeit mit meinem Berater, einem Scout des FC Bayern und den englischsprachigen Jungs aus der Reserve wie Chris Richards verbracht.

Während des Corona-Lockdowns im Frühling waren Sie neben Leon Dajaku, Woo-yeong Jeong und Flavius Daniliuc einer von nur vier Spielern, die am FC Bayern Campus wohnten. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Singh: Es war sehr wichtig, dass wir uns hatten - für kleine Passübungen und gemeinsame Freizeitbeschäftigungen. Ich habe in einem Apartment mit Leon gewohnt. Am Abend haben wir oft gemeinsam Playstation gespielt oder uns Serien auf Netflix angeschaut.

Dajaku erzählte danach, dass er von Ihren Koch-Fähigkeiten begeistert gewesen sei.

Singh: In dieser Zeit kam es mir tatsächlich entgegen, dass ich ein bisschen kochen kann. Am liebsten mache ich Hähnchenbrust mit Süßkartoffelpommes und Tiefkühlgemüse. Bei meinem Ex-Klub in Neuseeland hatten wir sogar einen Kochkurs. Am Ende gab uns die Köchin ein paar Rezepte, aber die liegen leider alle daheim in Neuseeland. Während des Lockdowns hätte ich sie gut gebrauchen können.

Die Karrierestationen von Sarpreet Singh

ZeitraumKlubPflichtspieleToreAssists
2017 bis 2019Wellington Phoenix II3598
2017 bis 2019Wellington Phoenix4098
2019 bis 2020FC Bayern München II2277
2019 bis 2020FC Bayern München2--
seit 2020 (per Leihe)1. FC Nürnberg10--