Die Situation von Gareth Bale und Karim Benzema bei Real Madrid: Angezählt

Jochen Rabe
01. Mai 201812:59
Gareth Bale und Karim Benzema sind bei Real Madrid nicht mehr erste Wahl.getty
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Gareth Bale und Karim Benzema sind bei Real Madrid in dieser Saison nicht mehr bedingungslos gesetzt. Trainer Zinedine Zidane stärkte seinen Stars zwar verbal noch den Rücken, setzte sie zuletzt im Hinspiel gegen den FC Bayern jedoch auf die Bank. Die beiden Angreifer sind bei Real mindestens angezählt, über ihrer Zukunft steht vor dem Rückspiel im Champions-League-Halbfinale (20.45 Uhr im LIVETICKER) ein großes Fragezeichen.

Beim Warmmachen in der Allianz Arena am vergangenen Mittwoch war einiges zu beobachten bei den Kickern von Real Madrid. Etwa ein Cristiano Ronaldo, der selbst beim lockeren Torschusstraining vor einem Spiel mit Vollspann aufs Tor ballerte. Oder die Konzentrationsphase eines Sergio Ramos. Oder der obligatorische Applaus der Spieler an die mitgereisten Fans im Oberrang der Nordkurve.

Nicht zu beobachten war die Körpersprache von zwei Protagonisten der letzten Jahre und ihre Reaktion darauf, was sie zuvor in der Mannschaftssitzung erfahren hatten. Gareth Bale und Karim Benzema machten sich nicht auf dem Rasen warm. Stattdessen hielten sie sich im Innenraum auf.

Bale und Benzema gegen den FC Bayern auf der Real-Bank

Auf dem Spielberichtsbogen tauchten beide ebenfalls nur auf der Bank auf. An ihrer Stelle begannen Lucas Vazquez und Isco in der Startelf. Im bisher wichtigsten Spiel der Saison waren die Qualitäten von Benzema und Bale, zwei der größten Namen im Real-Ensemble, zunächst nicht gefragt.

Es war ein klarer Fingerzeig, wo sich die beiden Offensivspieler derzeit in der Hackordnung bei den Königlichen befinden. Vom einst gefeierten Offensivtrio BBC aus Benzema, Bale und Cristiano war an diesem Abend nur noch das C übrig.

Zidane steht für Stärkung von Bale und Benzema in der Kritik

Trainer Zinedine Zidane ist eigentlich ein Fürsprecher der beiden. Häufig stand er in der Kritik, weil er das Duo trotz schwacher Leistungen protegierte und spanische Talente wie Marco Asensio, Lucas Vazquez oder Isco nur einwechselte. Ein Unding für die spanische Presse, die gerne aggressive Lobbyarbeit für spanische Youngsters macht.

Zuletzt fiel es Zidane immer schwerer, in wichtigen Spielen auf Bale und Benzema zu setzen. In der Champions League standen beide sogar noch kein einziges Mal in dieser Saison gemeinsam in der Startelf.

Benzema und Bale gegen Juve früh ausgewechselt

Seit dem Viertelfinale begann Benzema nur in Turin, musste dort jedoch nach nicht einmal einer Stunde für Lucas Vazquez raus. Ohne Torbeteiligung.

Bale durfte im Rückspiel gegen Juventus das einzige Mal überhaupt in dieser Königsklassen-Spielzeit von Anfang an ran. Nach nur einer Halbzeit nahm Zidane den Waliser vom Feld und brachte Marco Asensio.

Angeblich war Zidanes Maßnahme die Folge eines Halbzeitdisputs, den Bale mit Cristiano Ronaldo hatte. Dieser soll sich darüber beklagt haben, dass der Flügelstürmer in einer Aktion nicht ordentlich mit nach hinten gearbeitet hatte. Bales Reaktion war offenbar ein joviales Lachen. Gerüchte zufolge, weil er Ronaldo nicht verstand - auch nach fünf Jahren kann der Waliser kein Spanisch.

Zinedine Zidane stärkt Bale und Benzema verbal den Rücken

Zidane ist nach wie vor bemüht, den Angreifern den Rücken zu stärken. "Sie arbeiten sehr gut und wir brauchen sie", sagte der Trainer am Wochenende. "Ich werde alles dafür tun, dass sie sich wichtig fühlen."

Am Samstag gegen Leganes trug Benzema 62 Minuten die Kapitänsbinde. Bei seiner Auswechslung gab er diese an Bale weiter.

Eine Einlösung des Zidane-Versprechens war diese Geste allerdings nur bedingt. Denn der Coach hatte großflächig rotiert. Unter anderem fehlten Ramos, Ronaldo, Marcelo, Isco, Modric, Navas und Kroos in der Startelf. Dass Benzema und Bale die Kapitäne waren, war also keine ehrenvolle Geste, sondern logisch, schließlich waren sie mit Abstand die dienstältesten Spieler auf dem Platz.

Auch beim Clasico am Sonntag gegen den FC Barcelona (ab 20.45 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) dürften beide in der Startelf stehen. Die sportlich relevanten Spiele sind jedoch diejenigen, bei denen ein dickes Ausrufezeichen über den beiden Namen steht.

Die Situation von Benzema und Bale bei Real ist kompliziert. Laut Zidane kommen sie damit jedoch zurecht: "Es zieht sie nicht runter, dass sie derzeit häufig nicht spielen. Das ist eben der Fußball. Natürlich wollen immer alle spielen, aber das geht nicht. Aktuell sind andere Spieler in Topform."

Ablösesumme als Rucksack für Gareth Bale

Bale hat bereits seit seiner Ankunft im Sommer 2013 von Tottenham Hotspur mit der öffentlichen Meinung zu kämpfen. Die Ablösesumme von 101 Millionen Euro beeinträchtigte die Wahrnehmung von und die Erwartungen an Bales Leistungen immens.

Ja, Bale war Teil des gefeierten BBC-Trios. Er war jedoch immer der erste, über den bei durchwachsenen Auftritten herbe Kritik hereinbrach.

Dabei sorgte der Waliser in den fünf Jahren Real immer wieder für Highlights. In seinem ersten Jahr erzielte er im Copa-del-Rey-Finale gegen den FC Barcelona und im Champions-League-Finale gegen Atletico Madrid jeweils den entscheidenden Treffer - jeweils als Produkt seiner Explosivität.

Zwei Jahre später bereitete er beim nächsten Königsklassen-Triumph, erneut gegen Atletico, einen Treffer von Sergio Ramos vor und verwandelte später im Elfmeterschießen sicher.

Gareth Bale traf im Champions-League-Finale 2014 zum 2:1 für Real Madrid.getty

Die Statistiken bei Real Madrid sprechen für Gareth Bale

Auch die nackten Zahlen sind vernünftig: In LaLiga erzielte Bale in 123 Partien immerhin 66 Tore, in der Champions League traf er elfmal in 43 Spielen. Selbst in der aktuellen Saison, in der der 28-Jährige schärfer denn je in der Kritik steht, sind es zwölf Treffer und vier Assists in 23 Ligaspielen.

Doch es sind eben nicht die Highlights und die nackten Zahlen, weswegen Bale in Madrid nie Everybody's Darling wurde.

Auch nach fünf Jahren ist die Integration des Flügelflitzers nicht gelungen. Er ist zurückhaltend, spricht die Sprache nach wie vor nicht, wirkt im Teamgefüge häufig isoliert. Die Fans im Santiago Bernabeu wurden ebenfalls nie richtig warm mit der Nummer 11. Auswärts lieferte Bale meist besser ab als auf heimischem Rasen.

Gareth Bale: Statistiken in der Saison 2017/2018 für Real Madrid

WettbewerbEinsätzeToreAsssits
Insgesamt34158
LaLiga23124
Champions League512
FIFA Klub-WM210
Copa del Rey211
UEFA Supercup101
Supercopa100

Gareth Bale immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen

Dazu warfen ihn immer dann, wenn er sich seiner absoluten Galaform näherte, Verletzungen zurück. Bales Krankenakte führt alleine in dieser Saison bereits drei Einträge, die ihn 14 Pflichtspiele kosteten. Zuletzt gab er zu, er hätte Blessuren in der Vergangenheit besser auskurieren sollen, anstatt unter Schmerzmitteleinfluss zu früh wieder auf den Rasen zurückzukehren und so erstens seine Gesundung und zweitens seinen Ruf als Fußballer aufgrund durchwachsener Leistungen zu gefährden.

Mittlerweile ist Bale in der Rangordnung zurückgefallen. Zidane bevorzugt mit Isco meist einen vierten Aufbauspieler, anstatt auf klare Flügelstürmer zu setzen. Das tat er im Hinspiel gegen den FC Bayern zwar auf dem Papier, doch er gab Vazquez den Vorzug. Und als Einwechselspieler brachte er Asensio, nicht Bale.

Real Madrid stand bei privaten Verfehlungen zu Karim Benzema

Benzema trägt das Real-Trikot mittlerweile seit neun Jahren. Doch auch er war nie der beliebteste Spieler im Kader.

Vor allem dem Schutz des Präsidenten Florentino Perez hatte es der Franzose in der Vergangenheit häufig zu verdanken, dass er trotz zahlreicher privater Verfehlungen bei den Königlichen unantastbar blieb. In der Affäre um die minderjährige Prostituierte, in die Benzema mit Bayerns Franck Ribery verwickelt war, stand der Verein zu ihm. Genauso wie bei mehreren Verkehrsvergehen oder im Erpressungsfall um das Sextape von Mathieu Valbuena. Damals flog Benzema aus der französischen Nationalmannschaft, Real hielt zu ihm.

Und das, obwohl Benzema für einen Mittelstürmer bei einem der besten Klubs der Welt nie die beeindruckendsten Zahlen vorweisen konnte. Nur zweimal überhaupt traf er in LaLiga zweistellig.

Stattdessen war es aber die Teamfähigkeit, aufgrund derer Benzema in den letzten Jahren trotz Konkurrenten wie Alvaro Morata, Gonzalo Higuain oder Chicharito die Nase vorne hatte. Der Franzose ist giftig, setzt seinen Körper gut ein und reißt damit Räume für Cristiano Ronaldo. Auch im Kombinationsspiel ist er zu gebrauchen.

Zinedine Zidane ist ein Unterstützer von Benzema

Mit der Ernennung seines Landsmanns Zidane zum Trainer hatte Benzema einen weiteren Unterstützer. Sein Status in der Öffentlichkeit war lange schon angekratzt, innerhalb des Klubs schien er unumstritten.

In der laufenden Spielzeit ist Benzema jedoch in ein Loch gefallen. "Es ist eine komplizierte Saison für ihn", gab auch Zidane zu. In LaLiga erzielte der Angreifer gerade einmal fünf Tore, war also nur alle 377 Minuten erfolgreich. In der Champions League erzielte er lediglich beim 6:0 gegen APOEL Nikosia einen Doppelpack, war ansonsten an keinem einzigen Tor direkt beteiligt.

Zidane hielt noch lange an seiner Nummer 9 fest. Auch weil er von dessen kämpferischen Qualitäten überzeugt ist: "Er ist ein Spieler, der niemals aufgeben wird. Er hängt sich immer rein und erarbeitet sich seine Chancen. Er wird wieder treffen."

Benzema gegen Juventus ausgewechselt, gegen Bayern auf der Bank

Der blutleere Auftritt im Hinspiel gegen Juventus, bei dem er nach knapp 60 Minuten vom Feld musste, war jedoch der letzte in einer wichtigen Partie von Beginn an. Im Rückspiel gegen Juve saß er 90 Minuten auf der Bank, gegen die Bayern kam er von eben jener.

Das Spiel in München zeigte jedoch, wie wichtig Benzema als klarer Mittelstürmer nach wie vor für Real ist. Cristiano Ronaldo hing als einzige Spitze teilnahmslos in der Luft, hatte mit Ausnahme seines Handtores keine Offensivaktionen. Benzema versprühte in seinen 23 Minuten mehr Gefahr als der Portugiese in der guten Stunde zuvor. Und beinahe hätte der Franzose sogar noch das 3:1 erzielt.

Der Auftritt dürfte die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes im Rückspiel am Dienstagabend im Santiago Bernabeu definitiv erhöht haben.

Real Madrid hat Interesse an Robert Lewandowski vom FC Bayern

Die Erkenntnis, dass die Königlichen trotz Ausnahmeknipser Ronaldo einen zentralen Stürmer brauchen, stärkt Benzemas Position allerdings nur bedingt. Immerhin halten sich hartnäckig Gerüchte darüber, dass Real unbedingt einen neuen Mittelstürmer verpflichten will. Nicht umsonst baggern alle möglichen Einflusspersonen in den Medien bei jeder Gelegenheit an Robert Lewandowski.

Benzema ist angezählt und seine Zukunft bei Real alles andere als gesichert. Das hat er mit seinem BBC-Kollegen Bale gemeinsam. Genau wie die Nichtberücksichtung für die Startelf im Hinspiel gegen den FC Bayern.

Und genau wie die öffentliche Rückendeckung von Zidane. Zumindest die verbale Rückendeckung. Der will die Wechselgerüchte um seine beiden angezählten Offensivstars nämlich an sich herankommen lassen: "Ich sehe nicht die Gefahr, dass sie kommende Saison nicht mehr hier sind."