Löst die Squadra Azzurra etwa doch noch ein Ticket für die WM? In Italien wird wild über ein mögliches Nachrücken trotz der verpassten sportlichen Qualifikation spekuliert. Doch allzu realistisch ist ein solcher Fall nicht.
Das erneute Scheitern Italiens hat sogar Gianni Infantino die Tränen in die Augen getrieben. "Mir ist wirklich zum Weinen zumute", gestand der FIFA-Präsident bei RaiSport. "Für alle Italiener ist es traurig, denn es ist die zweite Weltmeisterschaft in Folge, an der die Azzurri nicht teilnehmen und wenn sie sich für die nächste WM qualifizieren, sind es zwölf Jahre Abwesenheit."
Dabei schien sich zuletzt doch noch eine Hintertür für eine mögliche Teilnahme an der WM in Katar zu öffnen. Anlass der Spekulationen war ein möglicher Ausschluss der iranischen Nationalmannschaft. Aber wie realistisch ist das überhaupt?
FIFA-Exekutivmitglied Evelina Christillin hat die italienischen Hoffnungen auf ein WM-Ticket jedenfalls im Keim erstickt. "Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass Italien zur Weltmeisterschaft fahren könnte", sagte Christillin bei Radio Uno. "Das ist unmöglich und die Vorstellung, dass sie nachrücken könnten, ist Utopie."
Die 66-Jährige verwies auf die Sitzung des FIFA-Exekutivkomitees am Mittwoch in Katar und den FIFA-Kongress am Donnerstag mit allen Delegationen, einschließlich der iranischen. "Wir haben nie darüber diskutiert, sie von der Weltmeisterschaft auszuschließen. Und selbst wenn, dann würde eine andere asiatische Mannschaft an ihrer Stelle nachrücken", erklärte Christillin.
gettyWM-Ausschluss für Iran? Italien als Nachrücker?
Anlass der Spekulationen war ein möglicher Ausschluss Irans, da vor dem Qualifikationsspiel gegen den Libanon am Dienstag 2000 weiblichen Fans trotz gültiger Eintrittskarten der Zutritt zum Stadion verweigert wurde. Die Gruppe "United for Navid" forderte in einem Brief an den Weltverband den WM-Ausschluss des iranischen Teams.
Der Iran habe sich gegenüber der FIFA verpflichtet, "seine Politik der 'Geschlechter-Apartheid' zu beenden", schrieb die Gruppe "United for Navid" laut Nachrichtenagentur AFP: "Doch der Iran hat nicht nur dieses Versprechen gebrochen, indem er Frauen weiterhin den Zutritt zu den Stadien verwehrt, sondern Frauen werden auch geschlagen, misshandelt und bedroht."
Der iranische Verband steht diesbezüglich unter Beobachtung, bei weiteren Verstößen wurden zuletzt Sanktionen angedroht. Auch Human Rights Watch (HRW) richtete sich an die FIFA und forderte, dass der Verband seine eigenen globalen Richtlinien zur Antidiskriminierung befolgen müsse. Daher sollte die FIFA in Erwägung ziehen, "Strafen für die Nichteinhaltung durch den Iran zu verhängen", sagte Tara Sepehri Far in einem HRW-Statement.
In Italien brachte Sport Mediaset die Squadra Azzurra als möglichen Nachrücker im Falle einer iranischen Disqualifikation ins Spiel, da der Europameister als Sechster der Weltrangliste unter den nicht-qualifizierten Teams den höchsten Platz einnimmt. Italiens Mitwirken würde daher auch gewisse wirtschaftliche Interessen bedienen.
WM 2022: FIFA-Regularien lassen Spielraum
In den FIFA-Regularien zur Endrunde im Herbst heißt es für den Fall eines Ausschlusses einer Mannschaft unter Punkt 5.3 nur: "Die FIFA-Organisationskommission kann beschließen, den betreffenden teilnehmenden Mitgliedsverband durch einen anderen Verband zu ersetzen." Diese Formulierung lässt viel Spielraum.
Gegen Italiens Nachrücken spricht allerdings, dass Startplätze unter den sechs Kontinentalverbänden klar geregelt sind. Europa stehen demnach mit 13 Startplätzen die meisten zu. In den Playoffs um eines der letzten Tickets scheiterte das Team von Roberto Mancini bekanntlich schon im Halbfinale an Nordmazedonien (0:1). Im Finale schnappte sich auf diesem Weg Portugal mit einem 2:0-Sieg gegen den Außenseiter das WM-Ticket. Italien wäre also Starter Nummer 14 aus Europa.
WM 2022: Letzte Tickets noch offen - Italiens Nachrücken "Science Fiction"
Auch am Tag der Gruppenauslosung (18 Uhr im LIVETICKER) stehen noch nicht alle Teilnehmer fest. Drei Tickets sind noch nicht vergeben. Wales spielt gegen den Sieger des Playoff-Halbfinales zwischen Schottland und der Ukraine im Juni um den letzten europäischen Starter. Costa Rica und Neuseeland sowie Peru (gegen den Sieger der Partie Australien vs. Vereinigte Arabische Emirate) ermitteln am 14. Juni die letzten Teilnehmer.
Für die Auslosung der Vorrundengruppen ergibt sich daraus kein allzu großes Problem, da sich die genannten Teams alle in Topf vier befinden. Italiens mögliches Nachrücken hätte größere Folgen, da der Europameister als Weltranglistensechster sogar in den ersten Topf rutschen würde. Die Auslosung müsste dann im Fall der Fälle wiederholt werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Italien mit der Zuschauerrolle bei der WM abfinden muss. Schließlich bezeichnete auch Sport Mediaset die italienischen WM-Chancen als "so unwahrscheinlich, dass es schon an Science Fiction grenzt".
WM 2022 in Katar: Termine im Überblick
Spielrunde | Termin |
Gruppenphase | 21. November bis 2. Dezember |
Achtelfinale | 3. bis 6. Dezember |
Viertelfinale | 9. und 10. Dezember |
Halbfinale | 13 und 14. Dezember |
Spiel um Platz drei | 17. Dezember |
Finale | 18. Dezember |