Wenn der FC Bayern heute im Champions-League-Achtelfinal-Hinspiel auf Red Bull Salzburg trifft (21 Uhr im LIVETICKER), ist das auch ein großes Duell zweier deutscher Trainer: Julian Nagelsmann (34) gegen Matthias Jaissle (33). Noch nie hatte ein CL-Matchup zwei solch junge Trainer. Der Startschuss eines Privat-Duells auf Dauer?
Der Weg von Matthias Jaissle scheint bereits vorgezeichnet. Wenn man mit Insidern über den Trainer spricht, ist oft die Rede vom "neuen Nagelsmann", oder von "Nagelsmann 2.0". Die Parallelen liegen auf der Hand. Beide sind ungefähr gleich alt, haben jeweils eine Vergangenheit bei der TSG Hoffenheim. Und wie Nagelsmann musste Jaissle seine Spielerkarriere verletzungsbedingt früh beenden.
Während Nagelsmann nach seinem Karriereende erst ein halbes Jahr als Scout arbeitet, schnuppert Jaissle etwas schneller ins Trainer-Geschäft. Durch seinen früheren Hoffenheimer Trainer Ralf Rangnick erhält er 2014 die Chance, bei RB Leipzig im Jugendbereich zu hospitieren.
Und Jaissle ("Da habe ich für mich gespürt, dass es genau das ist, was ich will") bleibt. Erst als Co-Trainer unter Sebastian Hoeneß, später unter Alexander Zorniger. Der findet ihn so gut, dass er ihn als Assistenztrainer mit zu Bröndby Kopenhagen nimmt.
Matthias Jaissle im großen Interview mit SPOX und GOAL
Jaissle lernt viel - und offenbar sehr schnell. Nach zwei Jahren in Dänemark wechselt er nach Salzburg, coacht sich über die Akademie zum Cheftrainer von Salzburgs Farmteam FC Liefering hoch. Nachdem Jesse Marsch die Profis im Sommer konzernintern nach Leipzig verlässt, wird Jaissle sein Nachfolger. Und steht jetzt, nur ein halbes Jahr später, vor dem bislang größten Spiel seiner Vereinskarriere. Gegen Nagelsmann.
"Der Fußball ist so schnelllebig, dass man kaum mal Zeit zum Reflektieren hat. Aber ich bin mir schon bewusst, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Ich bin Sportdirektor Christoph Freund und Geschäftsführer Stephan Reiter sehr dankbar, dass sie mir im Sommer das Vertrauen geschenkt haben", sagt Jaissle zu SPOX und GOAL.
Jaissle: "Wir wollen mutig und selbstbewusst auftreten"
"Ich freue mich natürlich, dass wir gemeinsam gleich so einen Erfolg wie den erstmaligen Einzug ins Champions-League-Achtelfinale feiern durften. Auch das ist nicht selbstverständlich mit dieser jungen Mannschaft nach dem Umbruch im Sommer. Da ziehe ich den Hut vor den Jungs. Sie haben sich diese Spiele gegen Bayern absolut verdient."
Und Jaissle hat einen großen Anteil daran. Dass Salzburg die Liga auch unter ihm nach Belieben dominiert (15 von 19 Spielen gewonnen, Punkteschnitt: 2,53), ist angesichts der Vormachtstellung RBs in Österreich keine große Sensation. Umso beeindruckend aber, wie zielsicher der Schwabe (geboren in Nürtingen) die jüngste Mannschaft des Wettbewerbs durch die Champions League-Gruppenphase navigierte. Gegen Wolfsburg, Sevilla und Lille verloren die Ösis nur zwei von sechs Spielen. Herausragend dabei - natürlich - das RB-typische aggressive Pressing in Kombination mit vielen langen Bällen in die Spitze.
Nun also die Reifeprüfung gegen Bayern. Und wieder gibt's eine Parallele zu Nagelsmann. Wie der Bayern-Coach will auch Jaissle das eigene Spiel heute gnadenlos durchziehen, nicht vom eigenen Plan abweichen.
Jaissle zu SPOX und GOAL: "Wir wissen natürlich, dass wir der klare Außenseiter sind, die Bayern sind aktuell die vielleicht weltbeste Mannschaft. Aber trotzdem wollen wir mutig und selbstbewusst auftreten und unsere Art von Fußball auf den Platz bringen. Das wird nicht einfach - aber wir wollen es zumindest versuchen."
Hoffenheim, frühes Karriereende, rasante Trainer-Karriere und klare Prinzipien. Auch Nagelsmann sieht Gemeinsamkeiten: "Wir haben beide einen ähnlichen Karriereverlauf. Er hat Menschen im Klub, die ihm vertrauen. Das war bei mir am Anfang auch so. Wir haben einen guten Draht zueinander, haben schon das ein oder andere Mal telefoniert. Er ist ein feiner Mensch, lässt offensiven Fußball spielen und ist ein sehr guter Trainer."
Jaissle auf dem Sprung zurück nach Deutschland?
Daran hat auch Lothar Matthäus keine Zweifel. "Er ist ganz sicher einer für die Bundesliga", lobte der Weltmeister am Montag Jaissle in den höchsten Tönen. "Ich sehe, wie sie performen. Ich weiß, dass die Mannschaft von ihm und seiner Ansprache begeistert ist."
Angeblich gibt's auch schon erste Interessenten. Laut Sport Bild sollen Hertha BSC und Eintracht Frankfurt den Ex-Profi schon beobachtet haben. Jaissle auf dem Sprung zurück nach Deutschland?
Als er in Hoffenheim noch als Spieler unter Vertrag stand, verpasste er Nagelsmann, damals Co-Trainer im Kraichgau, übrigens nur knapp. "Ich habe ihn leider nicht persönlich erlebt. Wegen meiner Verletzungsprobleme war ich schon nicht mehr im Mannschaftstraining, kurz darauf musste ich meine Karriere schweren Herzens auch beenden", erinnert sich Jaissle.
Verfolgt hat er die Karriere seines Beinahe-Übungsleiters aber natürlich trotzdem. Hoffenheim, Leipzig, seit Sommer Trainer bei Bayern inklusive eines rund 25 Mio. Euro schweren Ablöse-Pakets.
Was beeindruckt ihn am meisten an Nagelsmann? Jaissle zu SPOX und GOAL: "Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. Man muss ja nur mal seine bisherigen Stationen ansehen. Hoffenheim rettete Julian erst vor dem Abstieg, um den Klub dann in die Champions League zu führen. In Leipzig machte er ebenfalls einen Riesenjob - so wie jetzt auch wieder bei den Bayern. Das ist schon Weltklasse."
Jaissle gegen Nagelsmann - ein Duell für die Zukunft.