Kevin Kuranyi im Interview: Schalke 04? "In unserer Kabine hätten die Wände gewackelt"

Kerry Hau
10. September 202008:15
Gemeinsam eine Bank beim FC Schalke 04: Marcelo Bordon und Kevin Kuranyi.imago images / Sven Simon
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275 Spiele absolvierte er in der Bundesliga, 52-mal trug er das Trikot der deutschen Nationalmannschaft. Heute ist Kevin Kuranyi als Spielerberater tätig, um die Stars von morgen zu entdecken und zu fördern.

Im Interview mit SPOX und Goal spricht der ehemalige Stürmer über seine Agentur "22 Sportsmanagement", gewährt Einblicke in das harte Beratergeschäft und erklärt, warum einer Vielzahl von Talenten der Durchbruch im Profibereich misslingt.

Außerdem analysiert der 38-Jährige die derzeitigen Situationen seiner früheren Vereine VfB Stuttgart und Schalke 04. Bei den Königsblauen sieht Kuranyi neben einem Anführer- auch ein Identifikationsproblem.

Herr Kuranyi, im Interview mit uns im März 2017 sagten Sie: "Trainer, Manager, Berater - ich muss jetzt ganz in Ruhe schauen, in welche Richtung es bei mir gehen könnte." Was hat für Sie den Ausschlag gegeben, eine eigene Berateragentur zu gründen?

Kevin Kuranyi: Es gab viele Möglichkeiten, dem Fußball treu zu bleiben. Die Gründung einer Berateragentur war für mich am interessantesten, weil ich aus dem Fußball komme und nicht nur verstehe, wie das Geschäft läuft, sondern mich auch in die Spieler hineinversetzen kann. Ich kenne ihre Interessen, ihre Sorgen, ihre Ängste. Und ich werde schnell warm mit ihnen, weil der Altersunterschied nicht zu groß ist. Ein entscheidender Beweggrund war für mich auch: Ich hatte während meiner eigenen Karriere nicht immer das Gefühl, gut beraten zu sein.

Inwiefern?

Kuranyi: Ich hatte nur einen sportlichen Berater, der sich um Vertragsangelegenheiten und Vereinswechsel kümmerte. Rückblickend weiß ich, dass mir damals schon ein Medienberater gut zu Gesicht gestanden hätte. Dann wäre das mit der Nationalmannschaft wohl nicht passiert.

Kuranyi: "Was sie daraus machen, liegt an ihnen"

Sie sprechen das Qualifikationsspiel zur WM 2010 gegen Russland in Dortmund an, als Sie nach ihrer Nicht-Berücksichtigung einfach aus dem Stadion verschwunden sind und Joachim Löw Sie aus dem Kader geworfen hat.

Kuranyi: Fehler passieren und das war ein großer. Wichtig ist doch, wie man damit in der Öffentlichkeit umgeht. Ich wusste damals nicht, wie und wann ich etwas dazu sagen sollte. Mit einem Medienberater wäre meine Kommunikation nach dem Vorfall eine andere und wahrscheinlich eine bessere gewesen. Deshalb habe ich mir daraufhin einen geholt, mit dem ich bis heute zusammenarbeite - auch in meiner Agentur.

Geht es Ihnen also vor allem darum, Spieler medial zu beraten?

Kuranyi: Wie wichtig der Umgang mit den Medien ist, habe ich während meiner Zeit als TV-Experte bei der WM 2018 gemerkt. Es geht uns aber ums Gesamtpaket. Ich möchte junge Spieler in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützen und ihnen mithilfe unserer Kontakte den Einstieg in den Profibereich ermöglichen. Was sie daraus machen, liegt an ihnen. Es gibt viele Talente, die den Durchbruch nicht schaffen, obwohl sie fußballerisch teilweise mehr drauf haben als ich in ihrem Alter.

Was fehlt der heutigen Generation?

Kuranyi: Mentalität. Viele junge Spieler sind nicht mehr kritikfähig, lassen sich wenig sagen. In meinem ersten Jahr als Profi beim VfB Stuttgart wurde ich in jedem Training vom Trainer und meinen Mitspielern angeschissen, selbst nach gelungenen Aktionen. Das gehört einfach dazu. Ich habe diese Kritik nicht in den falschen Hals bekommen, sondern angenommen. Heute habe ich den Eindruck, dass viele junge Spieler die Kritik von ihren Trainern oder älteren Mitspielern persönlich nehmen und dadurch ein paar Prozente weniger geben, die ihrer Entwicklung schaden.

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Kuranyi: "Mit Verträgen kenne ich mich nicht aus"

Sie sehen sich also als eine Art Mentalcoach.

Kuranyi: Das würde ich so nicht sagen. Ich weiß, worauf es ankommt, um Profi zu werden und zu bleiben. Es ist ein Vorteil, dass ich mit der heutigen Generation vertraut bin. Mein Sohn zum Beispiel ist 15. Ich weiß genau, wie ich solche Jungs anpacken muss, wann und wie ich sie loben, aber auch kritisieren muss. Deshalb sehe ich mich in erster Linie als Betreuer und Ratgeber für die Spieler, die wir betreuen. Ich bin ehrlich: Mit Verträgen kenne ich mich nicht aus, darum kümmert sich unser Anwalt. Ich habe mir bewusst ein Team zusammengestellt, das alle Kernkompetenzen der Spielerberatung vereint.

Sie haben fünf Scouts in Ihrem Team. Von vielen Berateragenturen in Europa weiß man, dass Sie ihre Scouts teilweise zu Jugendturnieren schicken, um Spieler abzugreifen. Was halten Sie davon?

Kuranyi: Die eine Sache ist, jemanden beobachten, die andere, jemanden zu bedrängen. Ich sage unseren Scouts immer, dass sie gerne solche Turniere besuchen und Spieler sichten können, die Spieler selbst und ihre Eltern aber in Ruhe lassen sollen. Es bringt nichts, einen Zehnjährigen zu beraten. Wenn er 15, 16 ist, kann man langsam auf seine Eltern zugehen und sich kennenlernen. Dann hat man auch ein Gefühl dafür, ob der Spieler möglicherweise das Zeug zum Profi hat und externe Unterstützung benötigt. Wir setzen dann auch erst einmal keinen Vertrag mit dem Spieler auf. Das läuft auf Vertrauensbasis, bis man sich richtig kennt, die Volljährigkeit erreicht ist und die reelle Aussicht auf eine Profikarriere besteht.

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Kuranyi: "Einige Berater verdrehen den Spielern den Kopf"

Birgt das nicht das Risiko, dass der Spieler einen Vertrag mit einem anderen Berater aufsetzt?

Kuranyi: Doch, aber ich bin der Meinung: Fühlt sich der Spieler bei mir nicht gut aufgehoben, soll er zu einem anderen Berater gehen. Egal ob mit oder ohne Vertrag, es besteht in dieser Branche sowieso immer das Risiko, dass ein Spieler von einem anderen Berater abgeworben wird. Einige Berater verdrehen den Spielern auch mit leeren Versprechungen den Kopf.

Werben auch Sie Spieler ab?

Kuranyi: Ich möchte den guten Ruf, den ich mir als Spieler erarbeitet habe, behalten. Ich verstehe mich mit den meisten anderen Beratern auch und werde respektiert. Wirbt einer aber einen Spieler von uns ab, merke ich mir das. Wer sich alles gefallen lässt, hat es schwer, sich in diesem Geschäft zu behaupten.

Sie sind im internationalen Fußball bestens vernetzt. In welchen Ländern scoutet Ihre Agentur hauptsächlich?

Kuranyi: Deutschland ist unser Hauptmarkt, wir sind eigentlich in allen Bundesländern mit unseren Scouts unterwegs. Und man sieht aktuell ja auch, dass der deutsche Fußball boomt. Die Nachwuchsleistungszentren sind hervorragend strukturiert, hierzulande werden Talente optimal gefördert und gefordert. Ich habe aber auch Kontakte in vielen anderen europäischen Ländern und auch in Südamerika, wo mir immer wieder junge Spieler empfohlen werden. In Brasilien etwa ist die Ausbildung eine ganz andere. Dort werden durch den Straßenfußball viel mehr Eins-gegen-eins-Spieler entwickelt, die besondere Fähigkeiten im Dribbling mitbringen und damit auch für uns interessant sind. Da sehe ich generell noch Nachholbedarf in Deutschland, obwohl die A-Nationalmannschaft mit Serge Gnabry und Leroy Sane endlich wieder solche Spielertypen hat.

Gnabry stammt wie Sie aus der Talentschmiede des VfB. Hätten Sie ihm eine solche Entwicklung zugetraut?

Kuranyi: Bei Serge war frühzeitig zu erkennen, dass er fußballerisch alles mitbrachte, um Profi zu werden. Entscheidend für seinen Durchbruch war sein Wille. Er hat nie aufgehört, an sich zu glauben, was er auch seinem Umfeld zu verdanken hat. Ohne seinen Vater, den ich persönlich sehr gut kenne, wäre er vermutlich abgestürzt, als es in England schlecht für ihn lief. Er war immer ehrlich zu seinem Sohn und spornte ihn an, weiter an sich zu arbeiten. Dass es jetzt bei Bayern so gut für ihn läuft, überrascht mich nicht. Es ist klar, dass er seine Qualitäten in dieser Weltklasse-Mannschaft noch besser abrufen kann als in Hoffenheim oder Bremen.

Sie haben auch einige VfB-Talente unter Ihren Fittichen. Wer hat das Zeug zum Profi?

Kuranyi: Fußballerisch gesehen fast alle. Viele müssen aber noch an ihrer Persönlichkeit arbeiten. Alexander Asewedo zum Beispiel gefällt mir sehr gut. Der Junge ist so alt wie mein Sohn und enorm ehrgeizig. Ich kenne wenige, die in diesem Alter schon so professionell auf ihr Training und auf ihre Ernährung achten wie er.

Viele Stuttgarter Eigengewächse wurden in der jüngeren Vergangenheit frühzeitig von anderen Vereinen abgeworben. Nicht nur Gnabry, auch Joshua Kimmich und Timo Werner. Liegt die Schuld hier auch beim VfB?

Kuranyi: Ich habe den Eindruck, dass Talente von außerhalb mehr Wertschätzung erhalten als welche, die direkt aus Stuttgart kommen und von klein auf dabei sind. Gnabry und Kimmich hätte man nicht so früh ziehen lassen müssen. Werner ist beim VfB immerhin noch zum Bundesliga-Spieler gereift und hat dann den nächsten Schritt gemacht. Er war einfach zu gut. Das muss man dann akzeptieren.

Kuranyi: "Der VfB-Mannschaft fehlt es an Erfahrung"

Gut möglich, dass der VfB bald einen neuen Torjäger braucht. Wird das Toreschießen in der neuen Saison das große Problem sein, sollte der nun allerdings verletzte Angreifer Nicolas Gonzalez noch gehen?

Kuranyi: Gonzalez hat es in der 2. Liga sehr gut gemacht, muss daran aber auch erst einmal in der Bundesliga anknüpfen. Sollte er gehen, bräuchte der VfB noch einen Stürmer. Generell glaube ich, dass es der Mannschaft an Erfahrung fehlt. Mit Holger Badstuber bricht ein Routinier weg. Umso besser finde ich es, dass Gonzalo Castro die Kapitänsbinde erhält. In der Mannschaft steckt viel Talent. Gerade in der Bundesliga braucht es aber auch Leitwölfe, die vorangehen und einige Spiele auf diesem Level auf dem Buckel haben.

Sportdirektor Sven Mislintat will den VfB langfristig zurück ins europäische Geschäft führen. Was ist in dieser Saison drin?

Kuranyi: Es wäre zunächst wichtig, die Klasse zu halten und sich dann Schritt für Schritt im gesicherten Mittelfeld festzusetzen. Auch wenn die VfB-Fans von Europa träumen: Von heute auf morgen geht das nicht.

Gleiches gilt wohl auch für Ihren anderen Ex-Bundesliga-Klub, Schalke 04.

Kuranyi: Es ist schade, was auf Schalke passiert. Ich leide mit den Fans, die für mich zu den besten der Bundesliga zählen, und wünsche mir, dass es in der neuen Saison bergauf geht. Schalke als Klub gehört eigentlich jedes Jahr nach Europa.

Kuranyi: "Wagner hat zwei Gesichter gezeigt"

Ist David Wagner der richtige Trainer dafür?

Kuranyi: Er hat in der vergangenen Saison zwei Gesichter gezeigt: in der Hinrunde ein positives, in der Rückrunde ein negatives. Es wird schwierig für ihn, das Ruder herumzureißen, aber er verdient noch eine Chance. Für die Gesamtsituation gibt es sowieso keinen Alleinschuldigen.

Wie bewerten Sie die Arbeit von Jochen Schneider, dem Sportvorstand und Kaderplaner?

Kuranyi: Er ist ein ruhiger Fachmann, was ich gut finde, denn Hektik bringt in der jetzigen Situation nichts. Es ist aber schon so, dass mit Clement Tönnies nicht nur der Geldgeber, sondern auch die Autoritätsperson im Verein fehlt. Ganz zu schweigen von der Hierarchie in der Kabine. Marcelo Bordon, Mladen Krstajic, Gerald Asamoah, Ebbe Sand: Wir hatten damals viele Anführer in unserer Mannschaft und im Verein, zu denen jüngere Spieler wie ich, aber auch blutjunge Eigengewächse wie Mesut Özil oder Benedikt Höwedes aufschauen konnten. Die Mentalität war eine ganz andere. Das waren Anführer, bei denen sich viele dachten: "Geil, so will ich auch werden, an denen kann ich mich orientieren." Wenn ich jetzt einen Blick auf den Schalker Kader werfe, frage ich mich: Zu wem soll ein Ahmed Kutucu bitteschön aufschauen?

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Kuranyi: "Schalkes Kaderplanung war alles andere als optimal"

Hat Schalke ein Identifikationsproblem?

Kuranyi: Ja, ich denke schon, dass sich zu wenige Spieler mit Schalke identifizieren. Es gibt welche, die sich vermutlich denken: "Okay, wenn es hier nichts wird, dann kann ich wechseln und woanders mein Geld verdienen." Oder welche, die in Anbetracht ihrer Fähigkeiten zu viel verdienen und sich denken: "Okay, ich verdiene hier so viel, dass ich meinen Vertrag aussitze - wenn es klappt, klappt es und wenn nicht, nehme ich halt wenigstens die Kohle mit." Die Kaderplanung in den vergangenen Jahren war alles andere als optimal. Das Problem: Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage wird sich in naher Zukunft wenig daran ändern.

Neuzugang Vedad Ibisevic wäre aufgrund seiner Erfahrung ein potenzieller Anführer.

Kuranyi: Das stimmt, aber es braucht mehrere davon, um alle mitzureißen. Wenn ich an die Typen zurückdenke, die wir damals hatten... Bei uns hätten die Wände in der Kabine gewackelt, wenn wir in einer Saisonhälfte kein einziges Spiel gewonnen hätten!

Hat auch die Nationalmannschaft nicht genügend Anführer?

Kuranyi: Für eine Nationalmannschaft zu wenige. Spontan fallen mir nur Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Toni Kroos und Toni Rüdiger ein. Vielleicht hätte man den einen oder anderen Anführer doch noch nicht aussortieren sollen - auch wenn er fußballerisch schon ein klein wenig über dem Zenit sein sollte.

Wer ist für Sie momentan der beste deutsche Spieler?

Kuranyi: Neuer. Für mich waren seine Paraden der Schlüssel zu Bayerns Champions-League-Sieg.

Glauben Sie, Alexander Nübel kann ihm in München den Stammplatz streitig machen?

Kuranyi: Nübel ist ein großes Talent, aber er wird erst eine reelle Chance in München haben, wenn Neuer aufhört. Ich bin nicht sein Berater, aber wäre ich in seiner Situation, würde ich mich verleihen lassen, um Spielpraxis sammeln. Der Verein kann noch so groß, die Stadt noch so schön sein: Wenn du nicht spielst, macht sich früher oder später Frustration in dir breit. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen.

Kuranyi: "Hatte Angebote von Liverpool, Juve und Besiktas"

Inwiefern?

Kuranyi: Vor meinem Wechsel zu Dynamo Moskau im Sommer 2010 hatte ich Angebote vom FC Liverpool, Juventus Turin und Besiktas. Ich habe sie alle abgelehnt, weil ich bei all diesen Vereinen nur Ergänzungsspieler gewesen wäre. Ich habe mir bei einem Vereinswechsel immer erst die Frage gestellt: Wie viel Spielzeit bietet man mir? Moskau konnte mir neben der Spielpraxis auch noch ein besseres Gehalt bieten als die drei genannten Vereine. Für mich stand an oberster Stelle, eine wichtige Rolle einzunehmen, etwas zu bewegen.

Klang es für Sie nicht verlockend, mit Steven Gerrard an der Anfield Road zusammen zu spielen?

Kuranyi: Klar, aber ich hatte keine Lust darauf, nur Stürmer Nummer zwei, drei oder vier zu sein. Ich bereue nichts.

Auch, dass Sie in Ihrem Geburtsland Brasilien nie als Profi gespielt haben?

Kuranyi: Am Ende meiner Karriere hatte ich ein Angebot von Gremio Porto Alegre. Es wäre schön gewesen, dort aufzuhören, wo alles anfing. Aber die Nähe zu meiner Familie war mir wichtiger. Sie musste schon mit mir nach Russland gehen. Es war an der Zeit, ihr etwas zurückgeben.

Sie sind mit vielen brasilianischen Spielern befreundet, 2018 nahmen Sie an einem Benefizspiel von Ronaldinho in Frankfurt teil. Hätten Sie sich aufgrund Ihrer Herkunft vorstellen können, in der brasilianischen Nationalmannschaft zu spielen?

Kuranyi: Da hätte ich nicht den Hauch einer Chance gehabt. (lacht) Ronaldo und Adriano konnten schon ein bisschen besser kicken als ich.

Kuranyi: Statistiken bei Schalke 04, Stuttgart, Moskau

VereinSpieleToreTorvorlagen
FC Schalke 042098742
Dinamo Moskau1515624
VfB Stuttgart1325726
TSG 1899 Hoffenheim15--

Kuranyi: "Bernd Schneider hat mich am meisten beeindruckt"

Wer war der beste Spieler, mit dem Sie jemals zusammengespielt haben?

Kuranyi: Es klingt vielleicht komisch, weil ich mit Kanten wie Bordon oder Technikern wie Lincoln zusammengespielt habe, aber vom Gesamtpaket her hat mich Bernd Schneider am meisten beeindruckt. Der war total unscheinbar, einer der ruhigsten Spieler, die wir damals in der Nationalmannschaft hatten, aber ein genialer Kicker mit besonderem Spielverständnis. Seine Pässe waren eine Augenweide. Der spielte mir manchmal Dinger in den Fuß, auf den Kopf oder in die Gasse, die sonst keiner gespielt hätte.

Welcher Gegenspieler hat Ihnen am meisten Probleme bereitet?

Kuranyi: Jaap Stam. Ich erinnere mich bis heute an unser Auftaktspiel bei der EM 2004 gegen Holland, als er mich schon zu Beginn ein paar Mal weggecheckt und mich später mit seinem Fuß knapp neben dem Auge touchiert hat. Die Narbe ist noch heute zu sehen, der Typ hat mich im wahrsten Sinne des Wortes gebrandmarkt. (lacht)

Hat er sich danach bei Ihnen entschuldigt?

Kuranyi: Nein, bis heute nicht. Das ist aber auch nicht schlimm. Politische Korrektheit gab es damals nicht. Ich wusste in diesem Spiel von Anfang an, dass er mir das Leben 90 Minuten lang zur Hölle machen wollte.