Schlüsselspieler beim FC Chelsea, Joachim Löws Innenverteidiger Nummer eins für die EM (Heute 20.45 Uhr Deutschland vs. Lettland im LIVETICKER): Es läuft bei Antonio Rüdiger. Vor einem halben Jahr wäre damit nicht zu rechnen gewesen.
Ganz entspannt saß er da, auf der Terrasse des deutschen Mannschaftshotels, und blickte in die malerische Berglandschaft Tirols. So, als würde er die letzten Tage noch einmal im Schnelldurchlauf Revue passieren lassen. Man wird schließlich nicht jede Woche Champions-League-Sieger und Vater zugleich.
Antonio Rüdiger wäre aber nicht Antonio Rüdiger, würde sein Blick nicht nach vorne gehen. Das ließ er die per Video zugeschalteten Journalisten am Samstag im Trainingslager in Seefeld auch sehr schnell wissen. "Danke für die Glückwünsche, mir geht's gut", sagte der Profi des FC Chelsea, "aber jetzt liegt eine große Aufgabe vor uns."
Über die Vergangenheit wollte er also nicht allzu viele Worte verlieren. Auch nicht in Bezug auf die schwierige Zeit in London, wo ihn Frank Lampard zu Beginn der Saison aufs Abstellgleis befördert hatte. "Das passiert halt mal in der Karriere", meinte Rüdiger achselzuckend, "andere sind manchmal ein Jahr auf der Bank, bei mir waren es nur vier Monate."
Chelsea-Coach Tuchel wollte Rüdiger schon bei PSG
Ohne Lampards Entlassung könnte sich der Innenverteidiger heute wohl trotzdem nicht als Champions-League-Sieger bezeichnen. Zahlreiche Klubs standen in jenen vier Monaten mit ihm in Kontakt: die Londoner Nachbarn Tottenham und West Ham plus Leicester City, dazu noch die Mailänder Vereine und sein früherer Arbeitgeber AS Rom. Und Rüdiger geriet ins Grübeln - bis zum 26. Januar, dem Tag, an dem Thomas Tuchel die Nachfolge von Lampard antrat.
Damit erleidigte sich das Thema Vereinswechsel für Rüdiger automatisch. Tuchel hätte ihn nämlich schon gerne zu Paris Saint-Germain geholt, scheiterte aber wie bei so vielen Transferwünschen an dem Veto des Pariser Sportdirektors Leonardo.
"Der neue Trainer", so Rüdiger über seinen kometenhaften Aufstieg unter Tuchel, "hat mir vertraut und die Chance gegeben." Sein nüchternes Fazit: "Ich habe diese Chance genutzt. Und der Rest ist Geschichte." Ganz zur Freude von Joachim Löw, der den 1,90 Meter großen Abwehrturm vor seiner Ankunft in Tirol zum Chef seiner Defensive erklärte. Sogar noch vor Mats Hummels, dem reaktivierten Weltmeister.
Rüdiger über DFB-Team: "Wir brauchen 26 Krieger"
Woran das liegt? Rüdiger hinterließ in der Qualifikation für die EM gewiss nicht immer den allerstabilsten Eindruck, war von allen nominierten Innenverteidigern aber noch der fitteste und zuverlässigste. Auch in puncto Spieleröffnung konnten ihm Niklas Süle, Matthias Ginter und Co. bislang nicht das Wasser reichen.
Außerdem ist er innerhalb der Mannschaft als Mensch überaus beliebt. Rüdiger ist Stimmungskanone und Teamplayer zugleich. So auch am Trainingsgelände in Seefeld, wo er ein ums andere Mal die Musik im Fitnesszelt aufdrehte und mit vielen Kollegen herumspaßte. Wenn es dann aber auf den Platz ging, zog sich Rüdiger seine zum Markenzeichen gewordene Carbon-Maske auf und schaltete auf Anhieb in den Krieger-Modus.
"Krieger" - mit diesem Wort beschrieb Kai Havertz seinen Chelsea-Kollegen vor kurzem. "Im Training ", so der Final-Held der Blues, "macht es nicht so viel Spaß, gegen Toni zu spielen. Du willst ihn immer in deiner Mannschaft haben."
Ein besseres Lob gibt es für einen Abwehrspieler nicht. Doch auch Havertz' Worte rangen Rüdiger bei der Medienrunde am Samstag kein Lächeln ab. "Mit einem Krieger", stellte er klar, "kannst du nichts gewinnen. Wir brauchen 26 Krieger."
Antonio Rüdiger im Steckbrief
geboren | 3. März 1993 in Berlin, Deutschland |
Größe | 1,90 m |
Gewicht | 85 kg |
Position | Innenverteidigung |
starker Fuß | rechts |
Stationen als Profi | VfB Stuttgart, AS Rom, FC Chelsea |