Joachim Löw hat Karim Bellarabi, Julian Brandt, Sebastian Rudy und überraschend auch Marco Reus aus seinem vorläufigen EM-Kader gestrichen. Die Enttäuschung bei dem ausgebooteten Quartett war naturgemäß groß.
Arrivederci Ascona: Als sich Karim Bellarabi, Julian Brandt, Sebastian Rudy und überraschend auch Marco Reus vorzeitig aus dem EM-Trainingslager von Fußball-Weltmeister Deutschland am Lago Maggiore verabschieden mussten, floss nicht nur bei dem ausgebooteten Quartett die ein oder andere Träne. Auch der Himmmel am Tessin weinte passend zur Weltuntergangsstimmung beim Streich-Quartett, für das am Dienstag ein großer Traum geplatzt war.
Vor allem für BVB-Star Reus, der verletzungsbedingt bereits die WM-Turniere 2010 in Südafrika und 2014 in Brasilien verpasst hatte, war es ein brutal trauriger Tag. Denn ausgerechnet an dessen 27. Geburtstag musste Löw dem verletzungsänfälligen Offensivspieler die traurige Nachricht mitteilen, nachdem der Bundestrainer ihm zuvor zum Ehrentag gratuliert hatte.
"Die Mediziner waren sehr skeptisch, dass er die nächsten Wochen voll belastbar ist. Moment kann er gerade mal geradeaus laufen. Für ihn tut es mir besonders leid", sagte Löw und ergänzte: "Ein Marco Reus wäre für uns eine enorme Bereicherung gewesen. Die Entscheidung musste aus medizintechnischen Gründen so ausfallen."
Reus wollte helfen
Sami Khedira berichtete, dass Reus die Entscheidung "sehr gefasst aufgenommen" habe. Der leidgeprüfte Pechvogel, der ebenso wie die anderen drei ausgebooteten Stars in einer Nacht- und Nebelaktion das DFB-Hotel Giardino in vedunkelten Vans verlassen hatte, ist mit Abstand der größte Verlierer der Trainingslagers.
"Mein Anspruch ist zu spielen. Ich will unter die ersten Elf, will der Mannschaft in jeder Partie helfen und zeigen, dass ich diesen Platz verdiene", hatte der 29-malige Nationalspieler vor wenige Tagen noch gesagt. Dass er nun sein drittes großes Turnier nach 2010 und 2014 verpasst, ist aus sportlicher Sicht sehr bitter für Reus.
Das EM-Aus für Brandt, Bellarabi und Rudy war dagegen nicht überraschend. "Ich danke den Spielern. Sie haben ihre Sache sehr gut gemacht. Ich hoffe, dass sie die Enttäuschung gut wegstecken", sagte Löw und gab allen Enttäuschten mit auf den Weg, dass sie auch "in den nächsten Monaten und Jahren" noch eine Rolle in der Nationalmannschaft spielen.
Die angeschlagenen Bastian Schweinsteiger (Knie) und Mats Hummels (Muskelfaserriss) zählen dagegen zum 23-köpfigen Kader des Weltmeisters, den Löw bis 23.59 Uhr am Dienstag bei der UEFA melden musste. Kapitän Schweinsteiger ist nach Angaben von Löw wieder "voll belastbar". Und auch bei Abwehrspieler Hummels sei die Prognose positiv: "Bei Mats wird es noch ein paar Tage dauern, aber auch er wird uns beim Turnier zur Verfügung stehen."
Generalprobe gegen Ungarn
Auch die Jungstars Joshua Kimmich (21), Julian Weigl (20) und Leroy Sane (20) sicherten sich eine EM-Fahrkarte. "Leroy hat eine unglaubliche Qualität, die er in die Mannschaft bringen kann", nannte Benedikt Höwedes die Vorzüge seines Schalker Teamkollegen Sane.
Löw hatte zuvor betont, dass dieses Trio im Training nachgewiesen habe, dass es auf dem Niveau des Weltmeisters mithalten kann. Kimmich und Weigl, die erst am Sonntag beim 1:3 gegen die Slowakei ihr Debüt im A-Team gegeben hatten, erhielten von ihren Klubs Bayern München bzw. Borussia Dortmund via Twitter und Facebook reichlich Glückwünsche. "Erfolgreicher Tag für Joshua", twitterte Doublegewinner München und die BVB-Fans schrieben in den sozialen Netzwerken: "Super Julian, hast Du Dir verdient."
Löw, der am Dienstagabend für sein endgültiges Aufgebot ein Training angesetzt hatte, zu dem 300 Kindern aus Ascona eingeladen waren, kann seine Spieler noch einmal bei der EM-Generalprobe am Samstag in Gelsenkirchen gegen EM-Teilnehmer Ungarn (18 Uhr im LIVETICKER) mit dem deutschen Trainer-Duo Bernd Storck und Andreas Möller unter die Lupe nehmen. Im ersten EM-Spiel trifft Deutschland dann am 12. Juni auf die Ukraine. Weitere Gruppengegner sind Polen (16. Juni) und Nordirland (21. Juni).
Das 23-köpfige deutsche Aufgebot für EURO in Frankreich:
Tor: Manuel Neuer (Bayern München), Bernd Leno (Bayer Leverkusen), Marc-Andre ter Stegen (FC Barcelona).
Abwehr: Jerome Boateng (Bayern München), Emre Can (FC Liverpool), Jonas Hector (1. FC Köln), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Shkodran Mustafi (FC Valencia), Antonio Rüdiger (AS Rom)
Mittelfeld und Angriff: Julian Draxler (VfL Wolfsburg), Mario Gomez (Besiktas Istanbul), Mario Götze (Bayern München), Sami Khedira (Juventus Turin), Joshua Kimmich (Bayern München), Toni Kroos (Real Madrid), Thomas Müller (Bayern München), Mesut Özil (FC Arsenal), Lukas Podolski (Galatasaray Istanbul), Leroy Sane (Schalke 04), André Schürrle (VfL Wolfsburg), Bastian Schweinsteiger (Manchester United), Julian Weigl (Borussia Dortmund)
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