Der VfB Stuttgart fuhr bei den Glasgow Rangers nach zwei Monaten Durststrecke endlich wieder einen Sieg ein. Dieser lässt finanziellen Spielraum in der Winterpause offen und gibt Anlass zur Hoffnung.
Die VfB-Anhänger im Gästeblock des Ibrox Park hatten wohl eine Vorahnung. Als der Stadionsprecher wie üblich die Fans dazu aufrief, nach Spielende noch im Block zu verweilen, gab es keine Pfiffe wie sonst. Sie waren sich ob des Spiels ihres Teams sicher, dass diese Nachspielzeit schneller vorüber geht, als ihnen lieb ist.
Nur wenig später erzielten die Schwaben in Person von Zdravko Kuzmanovic das vorentscheidende 2:0. Im Stadion waren spätestens zu diesem Zeitpunkt nur noch die Stuttgarter zu hören.
Am Sonntag nach Leverkusen
Fast auf den Tag genau zwei Monate mussten sie auf einen Dreier ihrer Mannschaft (3:0 in Frankfurt) warten. Mit dem Sieg in Schottland gelang ein Rundumschlag: das sichere Erreichen der Europa League, das Endspiel gegen Unirea um den Einzug ins Achtelfinale und - viel wichtiger - die Hoffnung auf die lang ersehnte Trendwende.
"Wir haben gut gespielt und verdient gewonnen. Damit haben wir uns die Chance auf das Achtelfinale erhalten. Doch das ist Champions League. Ich hätte jetzt auch gern in der Bundesliga ein paar Punkte mehr", sagte ein sichtlich erleichterter Horst Heldt.
Ob das in der Liga klappt, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Zumal am Wochenende der Gang zu Tabellenführer Leverkusen ansteht. Nichtsdestotrotz klappte am Dienstagabend recht viel beim VfB.
Moral statt Zweifel
"Ich habe der Mannschaft in der Sitzung gesagt, dass wir nicht zweifeln dürfen. Genau das habe ich gegen die Hertha festgestellt. Genau darauf habe ich mich auch überprüft, ob ich zu zweifeln anfange. Die Antwort ist nein, ich glaube an meine Mannschaft und daran, dass wir jeden Gegner schlagen können", sagte Markus Babbel nach Spielende.
Bis auf eine kurze Phase vor dem 2:0 merkte man dem Team auch keine Zweifel an. Erstmals bewahrten die Schwaben in der Königsklasse nach einer Führung klaren Kopf und agierten klar und strukturiert.
Trotz der schwachen Leistungen in der Liga zeigte Stuttgart Moral, Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Stärke. Es gelang dem VfB, den schmalen Grad zwischen Ballkontrolle und der zuletzt immer wieder aufkommenden Ängstlichkeit, die einen schwachen Gegner wieder ins Spiel bringt, zu bewältigen.
Kuz - der neue Chef
Markus Babbel blieb seiner Linie treu und stellte um. Im ungewohnten 4-2-3-1 zog er Cacau ins Mittelfeld zurück und den Rangers den Zahn. Der Nationalspieler konnte sich ohne Zwänge überall in der Offensive bewegen, ließ sich oft fallen und riss dank seines hohen Laufpensums immer wieder Lücken in den Abwehrverbund der Gastgeber.
Dieser Schachzug ist durchaus auch eine Option für so manchen Gegner in der Liga, zumal man so auch von der enormen Schussstärke des Stürmers profitiert.
Doch nicht nur Cacau, das gesamte Mittelfeld stand kompakter und kommt besser in Schwung - und das über die gesamten 90 Minuten. Kuzmanovic ist neuer Chef im Ring und der Gewinner der letzten Partien. Kapitän Thomas Hitzlsperger, der wieder nur von der Bank kam, musste dort mit ansehen, wie weit der Serbe mittlerweile die Nase vorn hat.
Schlechte Aussichten für Hitz
"Er ist in einer fantastischen Form, übernimmt in jungen Jahren schon Verantwortung, wird immer besser. Er ist ein großer Stratege vor der Abwehr, darüber hinaus noch torgefährlich, außerdem ist ihm kein Weg zu weit", adelte Babbel den 22-Jährigen.
Babbel hat lange herumgetüftelt, doch nun mit Kuz und Christian Träsch auf der Doppelsechs ein Pärchen gefunden, das Zugriff auf das Spiel findet und sich gut ergänzt - der Gegenentwurf zu den vor Saisonbeginn bombensicher gesetzten Hitzlsperger und Khedira.
Gerade für Hitz wird es schwer, ins Team zu kommen. Auf links zeigt bei Alex Hleb die Formkurve nach oben, Rudy lieferte auf der rechten Seite ein überragendes Spiel ab - keine guten (WM-)Aussichten für Hitz, der aber am Sonntag bereits seine Chance zur Rehabilitation erhält, wenn er den gelb-rot-gesperrten Kuzmanovic in Leverkusen ersetzen muss.
Finanzielle Unterschiede
So sprang nach einer disziplinierten und ansehnlichen Leistung unter dem Strich ein hochverdienter Sieg gegen einen zugegebenermaßen auch völlig harmlosen Gegner heraus. Der erste Dreier im fünften CL-Spiel für den VfB - das reicht unter normalen Umständen kaum zum Weiterkommen.
Doch nun haben die Schwaben gegen den FC Unirea ein echtes Endspiel vor der Brust, das nicht nur sportlich, sondern auch finanziell die Weichen für eine erfolgreichere Rückrunde stellen könnte.
"Es ist immer noch ein gewaltiger Unterschied, ob wir im Achtelfinale der Champions League stehen oder in der Europa League", rechnete Heldt vor und weiß, welche neuen Spielräume sich für Transfers im Winter dadurch ergeben würden.
Schulterschluss zwischen Team und Fans
So weit will Babbel noch nicht denken. Die Lage in der Liga ist weiterhin bedenklich. "Da müssen wir jetzt nachlegen", forderte Präsident Erwin Staudt. "Wir befinden uns nach wie vor in einer schwierigen Situation", bestätigte Babbel.
Das Team muss nun den Kopf aus der Schlinge ziehen. So wie Ende September nach dem Sieg bei der Eintracht. Damals folgte ein 1:1 in Unirea. Dieses Ergebnis würde diesmal das Ausscheiden bedeuten.
"Wir haben jetzt ein Endspiel in Stuttgart. Ich hoffe, dass wir mit dem Publikum im Rücken das Unmögliche möglich machen", sagte Babbel auch im Bewusstsein, dass sich dieses am Dienstag von seiner besten Seite präsentierte. Der Schulterschluss zwischen Fans und Team ist seit Wochen unübersehbar, doch endlich erlösten die Profis ihre Anhänger. Vielleicht muss man dazu bald nicht mehr bis nach Schottland reisen.
Glasgow - Stuttgart: Daten zum Spiel
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