Olympique Lyon steht überraschend im Halbfinale - und trifft nun auf Top-Favorit Bayern München (Mi. live auf DAZN und im Liveticker). SPOX und Goalstellen die OL-Waffen vor.
Mit dem 3:1 über Manchester City ist Olympique Lyon mutmaßlich die größte Überraschung des bisherigen Champions-League-Finalturniers in Lissabon gelungen. Hier die Highlights im Video sehen.
Nun planen die Franzosen, die vor den Skyblues bereits Juventus Turin ausgeschaltet haben, den nächsten Coup - einen Sieg gegen den Topfavoriten FC Bayern München. Im Vorfeld der Begegnung mit dem deutschen Rekordmeister rücken vor allem drei OL-Stars in den Fokus. SPOX und Goal stellen das Trio vor.
1. Moussa Dembele (24, Mittelstürmer)
Moussa Dembele benötigte gegen Manchester nur rund eine Viertelstunde, um den Award für den Spieler des Spiels abzustauben. Vier Minuten nachdem er Memphis Depay ersetzt hatte, tunnelte der Angreifer City-Keeper Ederson zunächst zum 2:1, drei Minuten vor Abpfiff stellte Dembele nach einem Ederson-Patzer den Endstand her.
"Ich war sehr motiviert, weil ich nur von der Bank gekommen bin", begründete er seinen Gala-Kurzauftritt nüchtern. Olympique sei nun "bereit" für die Bayern, schob er nach. Normalerweise ist Dembele kein Reservist, sondern im OL-Sturm gesetzt.
In der coronabedingt abgebrochenen Ligue-1-Saison steuerte er in 27 Spielen 16 Tore sowie zwei Vorlagen bei, insgesamt sechs weitere Male traf der 24-Jährige in den französischen Pokalwettbewerben. "Er saß schon gegen Juventus anfangs auf der Bank, auch gegen ManCity durfte er nicht starten. Die beiden Tore werden ihm gutgetan haben", sagt Laurent Bonadei, der Dembele zu dessen Zeit bei Paris Saint-Germain trainiert hat, im Gespräch mit SPOX und Goal.
Moussa Dembele: Mit acht Jahren zu PSG, mit 16 nach England
Bonadei erklärt mit Blick auf Dembeles Leistung im Champions-League-Viertelfinale weiter: "Er hat sich sehr professionell verhalten, war skrupellos. Wahrscheinlich hat er auch davon profitiert, dass die City-Spieler nicht mehr ganz so fit waren."
Dembele unternahm einst seine ersten fußballerischen Gehversuche bei Cergy Clos US, nahe seiner Geburtsstadt Pontoise, nur wenige Kilometer nördlich von Paris. Schon im Alter von acht Jahren wechselte er in die Nachwuchsabteilung von PSG, ehe er 2012 beim FC Fulham in London anheuerte, wo er schließlich seinen ersten Profivertrag unterschrieb.
imago images / PanoramiCDembeles Ex-Trainer Bonadei: "Seine Wechsel nach Glasgow war richtig"
Für die Cottagers kam Dembele auf 64 Einsätze (19 Tore), vornehmlich in der zweiten englischen Liga, nebenbei wurde er regelmäßig für Frankreichs U-Nationalmannschaften nominiert. 2016 machte der Mittelstürmer den nächsten Schritt und schloss sich dem schottischen Dauermeister FC Celtic an. "Er verfügt über großes Selbstvertrauen. Seine Entscheidung, von Fulham nach Glasgow zu wechseln, war genau richtig", sagt Bonadei.
"Er hat eine neue Liga kennengelernt, durfte seine ersten Erfahrungen in der Champions League mit Celtic sammeln. Er hat dort ein höheres Level erreicht", weiß sein ehemaliger Förderer. Mit dem Bewerbungsschreiben von 51 Toren und 18 Vorlagen in 94 Spielen für The Bhoys trat der umworbene Offensivspezialist im Sommer 2018 seinen Dienst für Lyon an. OL überwies im Gegenzug 22 Millionen Euro Ablöse nach Glasgow.
"Der Wechsel zurück nach Frankreich zeigt, wie ehrgeizig er ist", sagt Bonadei. Er ergänzt: "Er kam in eine Mannschaft, in der die Konkurrenz sehr groß war. Er musste sich mit Jungs wie Memphis Depay, Toko Ekambi und Nabil Fekir duellieren." Dembele behauptete sich, in seiner ersten Saison für Les Gones netzte er in 52 Spielen 23-mal.
Bonadei über Dembele: "Kein Neymar oder Kylian Mbappe, aber ..."
Was Dembele auszeichnet? "Er ist kein Spieler, der die Gegner in der Telefonzelle ausspielen kann - also kein Neymar oder Kylian Mbappe. Aber Moussa war immer schon ein sehr kompletter Spieler", verrät Bonadei.
"Ich glaube, er ist der Richtige, um Olivier Giroud in der Nationalmannschaft zu beerben - weil er keine Angst hat, seinen Körper gut einsetzt und sich stets in den Dienst des Teams stellt."
2. Houssem Aouar (22, Zentrales Mittelfeld)
Dembele avancierte mit seinem Doppelpack zum Matchwinner, City-Star Kevin De Bruyne hob jedoch einen anderen Olympique-Akteur hervor. "Ich schaue nicht viel französischen Fußball", gab der Belgier im Gespräch mit RMC zu. "Aber wenn ich einen auswählen müsste, wäre das Houssem Aouar."
Ob De Bruyne, der jüngst zum besten Premier-League-Spieler der abgelaufenen Spielzeit gewählt wurde, weiß, dass er mit ebenjenem Aouar einen potenziell künftigen Mitspieler zu dessen Leistung gratulierte? Seit Monaten halten sich nämlich hartnäckige Gerüchte, dass die Cityzens ein Auge auf den 22-Jährigen geworfen haben.
Top-Klubs buhlen um Houssem Aouar
Dass neben den Himmelblauen aus Manchester auch Juventus Turin sowie der FC Arsenal, der sogar ein konkretes Angebot abgegeben haben soll, um Aouar buhlen, überrascht angesichts des vorhandenen Potenzials indes nicht.
Wie viele andere einstige Rohdiamanten, etwa Karim Benzema, Alexandre Lacazette, Anthony Martial, Corentin Tolisso, Samuel Umtiti oder Nabil Fekir, wurde Aouar in der OL-Jugend geschliffen, für die er seit seinem elften Lebensjahr spielte.
Der gebürtige Lyoneser entwickelte sich in der prestigeträchtigen Talentschmiede bestens, 2014 machte er auch über die Stadtgrenzen hinaus von sich reden. Als 16-Jähriger hatte Aouar mit beeindruckenden 27 Toren und 15 Vorlagen erheblichen Anteil daran, dass die Olympiques U17 die nationale Meisterschaft unter Dach und Fach brachte. Zur Belohnung wurde er im Dezember selbigen Jahres von Jean-Claude Giuntini in die U17-Nationalmannschaft berufen.
imago images / PanoramiCAouar lehnte wohl Angebot des FC Liverpool ab
Schon damals rückte der Mittelfeldmann in den Fokus europäischer Schwergewichte. Dem Vernehmen nach lehnte er eine Offerte des FC Liverpool ab, noch bevor er sein erstes Arbeitspapier als Profi unterzeichnet hatte.
Diesen erhielt er schließlich zwei Jahre darauf. Zunächst noch vornehmlich in der Reserve eingesetzt, durfte Aouar immerhin regelmäßig bei der ersten Mannschaft mittrainieren, die zu jener Zeit noch von Bruno Genesio trainiert wurde.
Sein Debüt feierte Aouar im Februar 2017, als er von Genesio für die letzten Minuten in der Europa-League-Partie zwischen Lyon und AZ Alkmaar gebracht wurde. Im Anschluss blieb es bei sporadischen Einsätzen im Profiteam.
Aouar erbte Juninho-Nummer bei Lyon
Erst nachdem Corentin Tolisso dem Lockruf aus München gefolgt war, berücksichtigte Trainer Genesio das Eigengewächs häufiger, zudem übernahm Aouar die durch Tolissos Abgang freigewordene Rückennummer Acht, die in Lyon quasi Kultstatus besitzt. Freistoßkönig und Edeltechniker Juninho trug sie einst sieben Jahre lang.
44 Pflichtspiele verbuchte Aouar am Ende der Saison 2017/18, 13-mal war er dabei als Scorer in Erscheinung getreten (sieben Tore, sechs Vorlagen). In der darauffolgenden Runde legte er bei gleichbleibender Torausbeute gar elf Tore auf.
Aouar ist im zentralen Mittelfeld zuhause, kann allerdings auch auf dem linken Flügel agieren. Eine Vielseitigkeit, die den Youngster extrem wertvoll macht. Er passe sich an alles an, sagte er einmal: "Ich habe immer zentral gespielt. Deshalb ist die Position als hart arbeitender Mittelfeldspieler die, die mir am meisten gefällt. Aber ich finde es auch auf links gut. Dort kann ich an mir arbeiten und andere Fähigkeiten entwickeln."
Aouar verbindet wichtige Eigenschaften, um sich auf höchstem Niveau langfristig zu etablieren. Er ist antrittsstark, besitzt eine gute Übersicht, verfügt über eine herausragende Technik sowie Torgefahr.
Aouar: Dribbelfreudiger als Kylian Mbappe
Nur fünf Spieler in der Ligue 1 gingen in der vergangenen Saison häufiger ins Dribbling als Aouar (126-mal), mehr als die Hälfte seiner Eins-gegen-Eins-Duelle schloss er erfolgreich ab (53,17) - zum Vergleich: Neymar kam auf eine Quote von 56,25 Prozent bei 160 Dribblings, Mbappe auf 45,08 Prozent bei 122 Dribblings.
Aouar wartet jedoch nicht nur mit Qualitäten in der Offensive auf, auch im Spiel nach hinten, liefert er zuverlässig ab. 120 Balleroberungen (mannschaftsintern Rang drei) und eine positive Zweikampfbilanz von 52 Prozent können sich durchaus sehen lassen.
Ob Lyon sein Top-Talent noch lange halten kann, ist ungewiss. Aouars Vertrag bei OL ist noch bis 2023 gültig. Sollte ein Klub also tatsächlich die Ambition haben, den Strategen zu verpflichten, müsste er wohl tief in die Tasche greifen. Fest steht: In der Vergangenheit und auch in Lissabon betrieb Aouar bereits mächtig Eigenwerbung.
3. Maxwel Cornet (23, Rechtsaußen)
Viele dürften wenige Millisekunden vor Cornets 1:0 gegen City damit gerechnet haben, dass der Ivorer zum Lupfer gegen den herausgeeilten Ederson ansetzt. Stattdessen zirkelte Cornet die Kugel mit dem linken Fuß flach ins gegnerische Gehäuse.
Ein Tor, das nicht Lyon nicht nur auf die Siegerstraße brachte, sondern eine besondere Randnotiz beinhaltete. Es war bereits der vierte Treffer des 23-Jährigen gegen City, seit Pep Guardiola 2016 die Geschicke bei den Engländern übernommen hat.
Maxwel Cornet: Nur Messi und Dembele trafen genauso häufig gegen Pep
Nur Lionel Messi und Cornets Teamkollege Dembele, der nach seiner Einwechslung doppelt traf, kommen auf die gleiche Marke.
"Wir haben zwei Tore mehr erzielt als sie", freute sich der Flügelflitzer nach der Partie bei eefa.com. "Zu diesem Zeitpunkt des Wettbewerbs heißt das schon etwas. Es zeigt auch, dass wir eine talentierte Truppe haben sowie die Arbeit, die wir während der monatelangen Pause investiert haben."
Cornet wurde in Bregbo, einem Dorf an der Elfenbeinküste geboren. Als er drei Jahre alt war, wanderte seine Familie mit ihm nach Frankreich, in die Nähe von Metz aus. Nachdem er zu Beginn seiner Laufbahn die Fußballschuhe für JS ARS Laquenexy schnürte, wechselte er zum FC Metz, bei dem er fortan sämtliche Jugendmannschaften durchlief.
Bei Les Grenats debütierte er auch schließlich im Seniorenbereich - und das bereits mit 15 Jahren, im August 2012. Metz, der einstige Erstligist, bei dem auch Ex-Bayern-Star Franck Ribery ehemals unter Vertrag stand, war zum damaligen Zeitpunkt in die Drittklassigkeit abgerutscht. Neunmal kam Cornet für die erste Mannschaft zum Einsatz, für die Folgesaison qualifizierte sich das Team als Vizemeister für die Ligue 2.
imago images / PanoramiCMaxwel Cornet: Von der U16 bis zur U21 für Frankreich
Dass Cornet über außerordentliches Talent verfügt, blieb auch von den Trainern der Nachwuchsnationalmannschaften Frankreichs nicht unentdeckt. Erstmals für die kleine-Equipe Tricolore, in diesem Falle die U16, lief er kurz nach seinem 15. Geburtstag 2011 auf, danach war er Dauergast in den jeweiligen Auswahlen, bis hin zur U21.
Cornets Wechsel zu OL erfolgte im Januar 2015, die Ablöse betrug - rückblickend betrachtet - läppische 400.000 Euro. Immerhin auf vier Einsätze brachte es der Neuzugang aus dem Stand, Lyon wurde schloss die Saison als Vizemeister hinter PSG ab.
Der endgültige Durchbruch gelang im Jahr darauf, Cornet stand wettbewerbsübergreifend 40-mal für Olympique auf dem Feld, zeichnete zwölfmal als Torschütze verantwortlich.
Cornet seit 2015: 211 Spiele für Olympique Lyon
Mittlerweile ist Cornet, der sich vor drei Jahren darauf festlegte, in Zukunft für die Nationalmannschaft seines Geburtslandes aufzulaufen, nicht mehr aus dem Team aus der Rhone-Alpes-Region wegzudenken.
211 Pflichtspiele für Lyon absolvierte er in fünfeinhalb Jahren, bestach dabei vor allem mit enormem Tempo und großer Dribbelstärke. Voraussichtlich wird er gegen die Bayern auf der linken Außenbahn wirbeln, Joshua Kimmich dürfte dementsprechend gewarnt sein.