Peter Gulacsi von RB Leipzig im Interview: "Ich bin bei Schneefall per Google Maps zum Trainingsplatz spaziert"

Jochen Tittmar
09. September 202111:23
Peter Gulacsi absolvierte für die Profis des FC Liverpool kein einziges Pflichtspiel.imago images
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Peter Gulacsi spielt seit 2015 für RB Leipzig und hat sich bei den Sachsen zu einem der besten Torhüter Europas entwickelt. In zwei der vergangenen drei Spielzeiten kassierte der ungarische Nationalkeeper die wenigsten Tore in der Bundesliga. Was weniger bekannt ist: Als junger Kerl spielte der 31-Jährige insgesamt sechs Jahre für den FC Liverpool.

Im Interview mit SPOX und Goal spricht Gulacsi ausführlich über seinen Wechsel zu den Reds im Jahr 2007, den schweren Start auf der Insel und die Arbeit mit den LFC-Profis.

Der Torwart erzählt zudem von seinen drei zwischenzeitlichen und teils kurzfristigen Leihgeschäften, der Entscheidung zum Vereinswechsel nach Salzburg und den Hoffnungen auf einen Titel mit Leipzig.

Herr Gulacsi, Sie sind in Budapest geboren und haben dort für zwei Vereine bis zu Ihrem 17. Lebensjahr gespielt, ehe es für Sie 2007 per Leihe nach England zum großen FC Liverpool ging. Wie kam es überhaupt zu diesem Wechsel?

Peter Gulacsi: Ich war damals in der Akademie von MTK Budapest. Kurz vor meiner Leihe wechselten unsere beiden hoch talentierten Profis Krisztian Nemeth und Andras Simon nach Liverpool. Dabei wurde auch eine mehrjährige Zusammenarbeit zwischen beiden Klubs beschlossen. Ein Teil des Deals war, dass Liverpool jede Saison einen Spieler aus der Akademie für ein Jahr ausleihen darf - und ich war der erste.

Wie lief der Transfer genau ab?

Gulacsi: Ich wurde zunächst für zehn Tage zum Probetraining nach Liverpool eingeladen. Ich merkte zwar sofort, welch riesige Veränderung das in meinem Leben mit sich bringen würde, aber ich wollte unbedingt dorthin. Es herrschte dann eine gute Woche Ungewissheit, bis Liverpool anrief und mir zusagte. Anschließend wurde es sehr hektisch, da ich plötzlich innerhalb von einem Tag packen und abreisen musste. Meine Eltern kamen extra aus dem Urlaub zurück nach Budapest, um mir zu helfen. Ich weiß noch, wie nervös und aufgeregt ich war.

Von 2007 bis 2013 stand Peter Gulacsi beim FC Liverpool unter Vertrag.imago images

Was hätten Sie denn gemacht, wenn es mit Liverpool nicht geklappt hätte?

Gulacsi: Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht, nämlich als ich auf den entscheidenden Anruf aus Liverpool wartete. Die Alternative war, dritter Torwart der ersten Mannschaft bei MTK zu werden. Als junger Spieler in einer Profimannschaft in Ungarn bekommt man aber nicht unbedingt die Aufmerksamkeit, die man sich zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere wünscht.

Wie lief es ab, als Sie in Liverpool ankamen?

Gulacsi: Ich habe mich für ein Leben in einer Gastfamilie entschieden, die mitten in Liverpool wohnte. Ich wurde dann täglich vom Fahrdienst des Klubs abgeholt und wieder nach Hause gebracht. So lief im Grunde das gesamte erste Jahr ab. Meine Familie hatte Kinder, die schon älter waren und nicht mehr zu Hause wohnten. Ich war auch schon der zweite Spieler dort. Es hat hervorragend funktioniert, ich stehe mit ihnen heute noch in Kontakt. Sie waren auch bei meiner Hochzeit und im Stadion, als wir in der vergangenen Saison gegen Liverpool spielten.

Mit 17 ganz allein in einem fremden Land weit weg von der Heimat - hatten Sie kein Heimweh?

Gulacsi: Doch, das war sogar extrem groß. Gerade die ersten sechs Monate waren alles andere als einfach. Ich habe besonders auf dem Platz Zeit gebraucht, um diesen vollkommen ungewohnten Rhythmus aufzunehmen, der in Liverpool an der Tagesordnung war. Das kannte ich so ja gar nicht. Ich habe anfangs auch nicht viel gespielt, daher war ich nicht immer in allerbester Stimmung.

Gulacsi: "Jedes Training war für mich wie ein Spiel"

Sie trainierten beim LFC direkt mit den Profis unter Trainer Rafael Benitez. Wie war es für Sie, auf einmal mit Stars wie Steven Gerrard, Fernando Torres oder Xabi Alonso zusammenzuarbeiten?

Gulacsi: Es war ein großartiges Umfeld. Jedes Training war für mich wie ein Spiel. Ich musste wirklich ständig an die Grenze gehen, um überhaupt auf diesem Niveau mithalten zu können. Besonders die genannten Spieler haben oft Extraschichten nach dem Training geschoben und ich stand dann im Tor. Ich war jedes Mal sehr konzentriert, aber wenn du dann mit 18 in einer kleinen Spielform einen Fehler gemacht hast, fühlte sich der Druck riesig an. Bei einem meiner ersten Spiele für die Profis, ein Testspiel gegen Rapid Wien, haben wir 0:1 verloren. Ich habe eine halbe Stunde gespielt und einen Freistoß in die Torwartecke kassiert. Es war kein klarer Torwartfehler, aber einfach blöd. Ich habe mich damals auch selbst viel unter Druck gesetzt.

Das Leihjahr lief sehr gut für Sie. Sie spielten in der Premier Reserve League und holten den Meistertitel. Ab wann war klar, dass Liverpool Sie kaufen würde?

Gulacsi: Wir hatten bei den Reserves drei gleichaltrige Torhüter und haben ständig gewechselt. Ich habe also jedes dritte Spiel gemacht und kam am Ende auf zehn, zwölf Pflichtspiele. Es gab in der Liga zwei Gruppen, zum Schluss standen wir im Finale gegen Aston Villa und die Frage war, wer im Endspiel das Tor hütet. Die Wahl fiel zum Glück auf mich und wir haben 3:0 gewonnen. Das war ein wichtiger Knackpunkt für mich, auch wenn ich mir schon zuvor sicher war, dass ich in Liverpool bleiben darf. Ich habe auch extrem viel Vertrauen von Profi-Torwarttrainer Xavi Valero bekommen. Mit ihm habe ich noch sehr viel zusätzlich trainiert. Im zweiten Jahr wurde ich dann fester dritter Torwart der Profis und saß ab und an auf der Bank.

Wie sah der Kontakt zu Benitez bis zu seinem Abgang 2010 aus?

Gulacsi: Wir hatten nur kurze Gespräche, weil er Xavi hundertprozentig vertraut hat. Xavi hat ein Umfeld kreiert, in dem man sich enorm entwickeln konnte. Ich hörte in den drei Jahren nicht viel Positives von ihm, aber das hat mich extrem motiviert. Denn ich habe gemerkt, dass mein Torwarttrainer großes Potential in mir sieht und immer mehr von mir will. All das hat mir geholfen, immer total fokussiert zu sein und besser zu werden.

Peter Gulacsi: Die Stationen seiner Profi-Karriere

ZeitraumVereinPflichtspiele
2007-2013FC Liverpool-
2009Hereford United (Leihe)18
2010Tranmere Rovers (Leihe)17
2011-2012Hull City (Leihe)15
2013-2015Red Bull Salzburg100
seit 2015RB Leipzig229

Im Februar 2009 wurden Sie schließlich zum Tabellenletzten der 3. Liga, Hereford United, in Englands Westen nahe der Grenze zu Wales verliehen - für nur drei Monate. Wie kam das zustande?

Gulacsi: Ich war im zweiten Jahr die Nummer eins der Reserves. Nach einem 0:0 gegen Manchester United fragte mich Xavi, wie ich mich im Spiel gefühlt habe. Es war komfortabel, antwortete ich. Genau das durfte ich als 18-jähriger Torhüter nicht sagen. (lacht) Ein paar Minuten später saß ich schon im Büro von Rafa. Es hieß, man könnte mich drei Monate verleihen, um in einer Senioren-Profiliga Spielzeit sammeln. Das wäre eine Top-Lösung für mich. Und was antwortet man mit 18, wenn Rafa Benitez einem sagt, das sei die beste Lösung? Eben.

Kurz darauf standen Sie schon für Hereford im Tor.

Gulacsi: Genau, zwei Tage später war bereits das erste Spiel. Ich musste daher noch am selben Nachmittag alles zusammenpacken und nach Hereford reisen. Da ich keinen Führerschein besaß, fuhr mich ein Fahrer des Klubs die zweieinhalb Stunden dorthin ins Hotel, wo ich die Zeit über wohnte. Er ließ mich am Eingang raus und war direkt weg. Ich musste dann alles selbst lösen, am nächsten Tag fand das erste Training statt. Ich bin dann tatsächlich bei Schneefall per Google Maps 20 Minuten zum Trainingsplatz spaziert. (lacht)

Trotz des späteren Abstiegs mit Hereford lief der Start erneut gut für Sie: Bei Ihrem Profidebüt gab es einen 3:2-Auswärtssieg bei Cheltenham Town, im zweiten Spiel hielten Sie beim 2:0 gegen Leeds United einen Elfmeter. Wie erinnern Sie sich an diese Partien?

Gulacsi: Das Spiel in Cheltenham war ein kleines Derby, beide Vereine sind Rivalen. Wir mussten unsere beiden Innenverteidiger schon in den ersten zehn Minuten wegen Ellbogenschlägen verletzt auswechseln. Da dachte ich nur: Heute kommst du lieber nicht aus dem Tor. Zwei Tage später gegen Leeds rief mich Xavi direkt nach dem Spiel an. Er war damals mit den Profis bei einem Champions-League-Spiel und wusste nicht, wie es ausging. "2:0 ging's aus", sagte ich ihm. Er meinte: "Wie fielen denn die Gegentore, hättest du etwas machen können?" Als ich antwortete, dass wir gewonnen haben und ich einen Elfmeter hielt, saß er schon bei meinem nächsten Spiel auf der Tribüne. Man dachte nicht, dass es dort so gut für mich laufen und ich mich schnell an das Niveau anpassen würde. Nach den drei Monaten erhielt ich in Liverpool einen neuen Vertrag.

Dort spielten Sie zunächst wieder bei den Reserves, ehe es im April 2010 zu einem Not-Transfer kam: Für vier Mal eine Woche wurden Sie an die Tranmere Rovers aus Birkenhead verliehen, da sich dort beide Torhüter verletzt hatten. In diesen vier Wochen kamen Sie auf fünf Ligaspiele.

Gulacsi: In England gibt es ein Transferfenster für Not-Leihen. Dafür müssen mindestens zwei Torhüter verletzt sein. Ich habe bei Hereford gemerkt, wie überragend gut mir die Spielpraxis tut. Andererseits war klar, dass ich mit den Profis in Liverpool trainieren muss, um auf diesem Niveau zu bleiben und mich weiter zu entwickeln. Daher war der Plan: Wenn etwas kommt, um wieder Spielpraxis zu sammeln, dann machen wir das. Birkenhead liegt sehr nah an Liverpool, das hat also ideal gepasst. Es war auch von Beginn an sicher, dass die Leihe mehrfach um eine weitere Woche verlängert wird und ich am Ende auf fünf Spiele komme.

Gulacsi: "Pepe spielte auf einem hohen Niveau"

Nur vier Monate später schlugen Sie erneut bei Tranmere in Liga drei auf - wieder per Leihe, nur diesmal für einen Monat, aus dem dann ein zweiter geworden ist. Sie kamen auf insgesamt zwölf Einsätze in dieser Zeit. Die Keeper der Rovers waren erneut verletzt.

Gulacsi: Durch den Abgang von Rafa und Xavi gab es im Sommer eine große Veränderung im Klub. Roy Hodgson wurde Coach und brachte einen neuen Torwarttrainer mit. Zuvor war eigentlich der Plan, mich langfristig zu verleihen. Hodgson wollte aber erst alle Spieler anschauen und danach entscheiden. Ich blieb dann dritter Torwart der Profis. Als Tranmere erneut anfragte, war ich dort nur freitags, absolvierte am Wochenende die Spiele und trainierte die restliche Woche über in Liverpool.

Wie dachten Sie an diesem Punkt Ihrer Karriere, waren Sie weiterhin froh über die Spielpraxis oder fühlten Sie sich auch etwas durch die Gegend geschoben?

Gulacsi: Nein. Um zu Tranmere ins Stadion zu kommen, musste ich von meiner Wohnung aus nur zehn Minuten durch den Tunnel auf die andere Seite der Mersey fahren. Ich trainierte beim LFC auf höchstem Level und bekam Spielpraxis in einer sehr herausfordernden und sehr körperlichen 3. Liga. Das war für mich in dem Alter eine super Konstellation.

Wie groß war denn Ihre Hoffnung, es eines Tages bei den Liverpools Profis schaffen zu können?

Gulacsi: Wenn man sieht, wie damals Wojciech Szczesny bei Arsenal oder David de Gea bei Atletico ihre Chancen bekommen und genutzt haben, war das für mich nie vollkommen ausgeschlossen. Als dritter Torwart geht das allerdings nur, wenn irgendwas mit den beiden vor dir passiert, was auch immer es sein mag. Ich habe natürlich nicht darauf gehofft, dass sie sich verletzen. Pepe Reina spielte auf einem hohen Niveau, an ihm vorbeizukommen war sehr schwer. Dazu wird in England meist auf ältere, erfahrene Torhüter als Nummer zwei gesetzt. In diesem Ranking nach vorne zu kommen war einfach schwer.

Hodgson blieb nur ein halbes Jahr. Anschließend erlebten Sie noch Kenny Dalglish und Brendan Rodgers. Wurde es für Sie grundsätzlich schwieriger, nachdem Benitez und Valero gehen mussten?

Gulacsi: Auf jeden Fall. Alle drei nachfolgenden Trainer hatte zu meiner Situation eine unterschiedliche Meinung. Es gab insgesamt viele Änderungen und ein bisschen Instabilität auf der Torhüterposition. Pepe fehlte nun öfter verletzt, Brad Jones war nach dem Krebs-Tod seines Sohnes leider ein halbes Jahr abwesend. In meinem vierten Jahr war es unbefriedigend für mich. Ich sollte weiter dritter Torwart sein. Eine Ausleihe wäre nur zu einem Klub in der Nähe möglich gewesen, damit man mich jederzeit wieder zurückrufen kann. Das war nicht optimal, daher haben wir in der nächsten Saison entschieden, dass ich jetzt irgendwo kontinuierlich spielen muss.

Peter Gulacsi im Oktober 2011 während seiner Leihe bei Hull City.imago images

Leihe zum Zweitligisten Hull City - Gulacsi "zu naiv"

Das war dann beim Zweitligisten Hull City, wohin Sie für die Saison 2011/12 verliehen wurden. Eine Knieverletzung verhinderte, dass Sie dort auf mehr als 15 Spiele kamen.

Gulacsi: Wir haben lange überlegt, da auch eine Leihe nach Belgien möglich gewesen wäre. Hull war aber näher an Liverpool, um den Kontakt zu halten. Das Jahr lief leider absolut nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte.

Inwiefern?

Gulacsi: Die Championship ist eine ganz andere Liga als die League One, mit viel mehr Qualität. Ich war dort anfangs zu naiv und dachte, dass ich mit meiner sehr offensiven Spielweise auch in dieser Liga direkt durchkomme. Daher habe ich in meinen ersten beiden Spielen Fehler gemacht. Der Verein geriet direkt unter Druck, so dass sich Trainer Nigel Pearson für einen Torwartwechsel entschied. Mit dem älteren Torwart lief es dann, es gab keinen Grund, noch einmal zu wechseln. Im Herbst ging Pearson nach Leicester und Nick Barmby wurde sein Nachfolger. Unter ihm spielte ich zwar wieder und es lief deutlich besser, dann aber kam die Knieverletzung und die Saison war für mich beendet.

Daher wurde die Leihe noch vor Saisonende abgebrochen. Im April 2012 gingen Sie nach Liverpool zurück, da auch dort die Keeper ausgingen. Wieso blieben Sie die anschließende Saison bei den Reds und wurden nicht wie in den drei Spielzeiten zuvor erneut ausgeliehen?

Gulacsi: Rodgers wurde Trainer und auch er wollte sich alle Torhüter erst anschauen. Er wollte mich dann als Nummer drei behalten. Pepe war wieder häufig verletzt, so dass ich bestimmt 15, 16 Mal auf der Bank saß. Nach der Saison sprach mein damaliger Berater mit Rodgers und sagte: Peter ist jetzt 23 und geht in sein letztes Vertragsjahr. Es gibt genau drei Wege für ihn: Er verlässt den Verein und wird irgendwo die klare Nummer eins, er verlängert den Vertrag und wird zwei Jahre lang verliehen oder der Vertrag wird verlängert und er wird Liverpools feste Nummer zwei. Rodgers sagte ganz klar, dass es mit den beiden letzten Optionen schwer wird, sie mir aber keine Steine in den Weg legen werden.

Ihr Weg führte somit 2013 zu Red Bull Salzburg. Wieso Salzburg?

Gulacsi: Das Interesse war recht früh da. Hans Leitert, ehemaliger Torwarttrainer von Tottenham und damals Head of Goalkeeping des Red-Bull-Netzwerks, hat mich über viele Monate gescoutet und hatte ein sehr gutes Verhältnis mit Liverpools sportlichem Leiter Michael Edwards. Ich fuhr dann nach Salzburg und absolvierte drei Tage lang ein Probetraining. Ich war beeindruckt von den Bedingungen, die dort herrschten. Salzburg war zudem ein Verein, der viele Partien zu absolvieren hatte und bei dem es die Aussicht auf internationale Duelle gab, bei denen man sich richtig zeigen konnte.

Peter Gulacsi absolvierte für die Profis des FC Liverpool kein einziges Pflichtspiel.imago images

Gulacsi: "Ralf Rangnick hat eine große Rolle gespielt"

Wie erinnern Sie sich an das erste Gespräch mit Ralf Rangnick?

Gulacsi: Ralf hat eine große Rolle gespielt. Er schaute mir beim Probetraining zu und hat mir viel erzählt. Salzburg hatte mit Alex Walke und Eddie Gustafsson zwei ältere Keeper im Kader. Ralf wollte unbedingt einen jungen, offensiven und mutigen Torwart holen, der zur Philosophie passt und die beiden herausfordern kann, um idealerweise die neue Nummer eins zu werden. Das hat dann ganz gut geklappt.

In der Tat, Sie waren in Ihren beiden Spielzeiten Stammkeeper und wurden Doublesieger. Dann ging es 2015 nach Leipzig, wo Sie nun seit Ihrem Wechsel bei 229 Pflichtspielen stehen und in der Champions League spielen. Ihr letzter Titel liegt aber schon sechs Jahre zurück. Wie sehr wurmt Sie das?

Gulacsi: Meine kürzliche Vertragsverlängerung ist ein sehr klares Zeichen, was mein Ziel mit Leipzig ist. Ich glaube sehr daran, dass wir für diesen Verein und diese Stadt den ersten großen Titel holen können. Wir waren im DFB-Pokal schon extrem nah dran. Die Qualität ist absolut da und wir entwickeln uns Jahr für Jahr weiter. Hoffentlich können wir uns bald belohnen. Es wäre für mich die persönliche Krönung, denn ich kam hier als Zweitligatorhüter an und bin jetzt ein Champions-League-Torwart. Ich habe dem Verein sehr viel zu verdanken.

Sie gehören längst zu den besten Torhütern der Bundesliga, in den vergangenen drei Spielzeiten bekamen Sie zweimal die wenigsten Gegentore. Wo sehen Sie sich denn im europäischen Vergleich?

Gulacsi: Wo ich im Europa-Ranking stehe, ist mir relativ egal. Das sollen andere beurteilen. Es gibt international enorm viele gute Torhüter. Oft ist es auch reine Formsache - nicht nur von einem selbst, sondern auch von der gesamten Mannschaft. Mir ist wichtig, dass ich in Leipzig und im Nationalteam die volle Wertschätzung genieße.

Ihr Vertrag endet jetzt 2025, dann wären Sie 35. Können Sie sich eine Rückkehr nach England vorstellen - einfach allein deshalb, um dort anders als früher nun auf höchstem Niveau zu spielen?

Gulacsi: Ich habe trotz meiner Liverpooler Vergangenheit nicht den unbedingten Wunsch, noch einmal auf die Insel zurückzukehren. Ich bin glücklich mit dem, was meine Familie und ich in Leipzig haben und will mit dem Verein unbedingt noch etwas erreichen. Andererseits darf man im Fußball nie etwas ausschließen, es geht oft sehr schnell. Daher will ich jetzt nichts Endgültiges versprechen.