Auf den Spuren von Leicester City

Victor Adolf
26. Juli 201623:27
SPOX
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Nach den Hammerverpflichtungen von Jose Mourinho, Pep Guardiola, Zlatan Ibrahimovic und Co. wartet die Fußball-Welt gespannt auf den Start der neuen Saison. Während alle Augen auf die Spitzenteams und den Ausgang der Meisterschaft gerichtet sind, träumen die drei Aufsteiger FC Middlesbrough, FC Burnley und Hull City von einem Märchen a la Leicester. SPOX stellt die Neulinge der Premier League vor.

FC Middlesbrough

Betrachtet man die Errungenschaften der jüngeren Vergangenheit ist der Middlesbrough Football Club der erfolgreichste Verein unter den drei Aufsteigern. Mit Coach Steve McClaren an der Seitenlinie und internationalen Stars wie Boudewijn Zenden, Gareth Southgate und Gaizka Mendieta gewann Boro 2004, durch einen 2:1-Erfolg über die Bolton Wanderers, den Ligapokal - bis heute der einzige Titelgewinn der Nordengländer.

Zwei Jahre später drangen die Rot-Weißen gar bis ins UEFA Cup-Finale vor, gegen den FC Sevilla war allerdings kein Kraut gewachsen - mit 0:4 kam Boro gegen die Spanier gewaltig unter die Räder. Dennoch markierte jener 10. Mai 2006 in Eindhoven den absoluten Höhepunkt der 130-jährigen Vereinsgeschichte des FC Middlesbrough.

Mit McClaren geht der Erfolg

Die Erfolge Boros weckten logischerweise Begehrlichkeiten und so wurde Erfolgstrainer Steve McClaren zum neuen englischen Nationalcoach auserkoren, zu seinem Nachfolger im Verein dann Gareth Southgate bestimmt. Ja, genau der Gareth Southgate, der die Mannschaft bis zu McClarens Abgang noch als Kapitän auf den Platz geführt hatte, wurde auf die Trainerbank gesetzt. Der ehemalige Innenverteidiger war gerade einmal 35 Jahre alt, besaß weder eine Trainerlizenz, noch konnte er irgendwelche Erfahrungen vorweisen.

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Unter Southgate dümpelte Boro lange im Mittelmaß der Premier League umher. Bis 2009 - nach einer Chaos-Saison und Tabellenplatz 19 - der Gang in die Zweitklassigkeit angetreten werden musste.

Sieben Jahre nach dem Fiasko gelang dem FC Middlesbrough nun die Rückkehr in die Eliteklasse. Trotz einer eindrucksvollen Saison musste aber bis zum letzten Spieltag um den Aufstieg gezittert werden - gegen das punktgleiche Team aus Brighton reichte dann auf heimischem Grund ein 1:1, um dank der besseren Tordifferenz den zweiten direkten Aufstiegsrang zu sichern.

89 Punkte standen am Ende zu Buche - entscheidend war letztlich die Heimstärke. Im Riverside Stadium, welches 34.988 Zuschauern Platz bietet, holte Boro 53 Zähler aus 23 Partien und legt damit als heimstärkstes Team den Grundstein für die Rückkehr ins Oberhaus.

Ein Königlicher impft Boro Leben ein

Vater des Erfolgs ist Real-Legende Aitor Karanka. Als Spieler gewann er mit den Königlichen dreimal die Champions League, nach seiner Karriere sammelte der 42-Jährige im Trainerstab von Jose Mourinho wertvolle Erfahrungen. 2013 übernahm er den Posten als Chefcoach in Middlesbrough, entwickelte die Mannschaft stetig weiter und krönte sein Engagement schließlich mit dem Aufstieg.

Zur neuen Saison holten die Klubverantwortlichen dem Spanier zwei Landsmänner mit Premier-League-Erfahrung in den Kader: Ex-ManUnited-Keeper Victor Valdes soll den Kasten sauber halten, der einstige City-Flop Alvaro Negredo im Angriff für Tore sorgen. Zudem wurden 15 Millionen Euro für den Mittelfeldspieler Marten de Roon an Atalanta Bergamo überwiesen, neben ihm sollen die Neuen Gaston Ramirez (FC Southampton) und Viktor Fischer (Ajax Amsterdam) das Spiel über die Flügel antreiben.

Karanka hat in seiner ersten Saison im Oberhaus alles andere als eine leichte Aufgabe vor sich. Mit der Tradition, den enthusiastischen Anhängern im Rücken und einem ordentlich besetzten Kader wäre ein Klassenerhalt der Rot-Weißen keine Riesenüberraschung.

FC Burnley

Die Premier League und der FC Burnley: Das jüngste Verhältnis zwischen der höchsten englischen Spielklasse und dem zweifachen Meister (1921, 1960) könnte man wohl am besten mit den Worten "sie können nicht miteinander - aber auch nicht ohne einander" beschreiben. In den vergangenen sieben Jahren feierten die Clarets drei Aufstiege, zweimal ging es nach 38 Partien umgehend wieder in die Unterklassigkeit. Ob sich dieses Jahr das altbekannte Sprichwort bewahrheitet und aller guten Dinge drei sind?

Die vergangene Championship-Saison lässt jedenfalls darauf hoffen. Mit einer eindrucksvollen Ausbeute von 93 Zählern sicherte sich das Team um Trainer Sean Dyche Platz eins und machte den Aufstieg schon vorzeitig perfekt. Hoffnungsträger ist der vergangenen Sommer für 12,4 Millionen Euro verpflichtete Angreifer Andy Gray. Mit 25 Treffern schnappte sich der flinke Stürmer die Torjägerkanone, gab zudem zehn Vorlagen und war die treibende Kraft im Angriffsspiel der Nordengländer.

Startprobleme beim Ex-Karlsruher

Neben ihm stürmt meist Wales' EM-Fahrer Sam Vokes, der mit seinem Kopfballtreffer gegen Belgien maßgeblich zum überraschenden Halbfinaleinzug der Waliser beitragen konnte. Einem alten Bekannten aus Deutschland blieb daher in seiner ersten Saison auf der Insel meist nur ein Platz auf der Bank: Rouwen Hennings. In der Bundesliga einst für den FC St. Pauli und den Karlsruher SC aktiv, konnte Hennings seine Ablöse von 2,5 Millionen Euro bislang noch nicht rechtfertigen und erzielte in 26 Ligaeinsätzen nur ein mickriges Törchen.

Die überschaubare Ausbeute führt er auf Anpassungsprobleme zurück: "Ich musste die englische Art des Fußballs erst lernen. Die Abwehrspieler verhalten sich anders als in Deutschland", sagte Hennings zu Jahresbeginn im Guardian. Er beschreibt die englische Spielweise als physischer, schneller und qualitativ besser. In Deutschland sei der Fußball kontrollierter, der Fokus würde mehr auf den technischen Aspekten liegen. Zudem behauptet er: "Die ersten acht Mannschaften der Championship würden wohl alle aus der 2. Bundesliga aufsteigen."

Never change a winning Turf

Im Turf Moor, wo der FC Burnley seit 1883 seine Heimspiele austrägt, würde man liebend gerne für eine Weile auf zweitklassigen Fußball verzichten. Dabei könnte die Spielstätte, die mit seinen 22.546 Plätzen zu den kleinsten Grounds der Premier League gehört, eine entscheidende Rolle spielen. Auch wenn "The Turf" seine besten Tage schon hinter sich hat und eine Renovierung längst hinfällig ist; die Atmosphäre ist einzigartig und es kommt nicht von ungefähr, dass die Clarets seit dem FA Cup-Triumph von 1914 über den FC Liverpool bis heute als Pokalschreck gefürchtet sind.

Bei der Mission Klassenerhalt setzt Dyche, seit 2012 im Amt, auf Altbewährtes. Mit dem isländischen EM-Helden Johann Berg Gudmundsson holten sich die Clarets nur eine Verstärkung ins Haus. Der FC Burnley baut auf seinen Aufstiegskader, bis auf "Enfant terrible" Joey Barton konnten alle Leistungsträger gehalten werden.

Ob ein Team der weitestgehend Namenlosen, ein baufälliges Stadion und ein deutscher Zweitligatorschützenkönig als Joker für den Liga-Verbleib ausreichen werden, bleibt abzuwarten. Aber wie viel sollen bekanntlich alle guten Dinge sein? Genau, drei ...

Hull City

Beim dritten Neuling im Bunde stehen die Anzeichen vor der neuen Spielzeit alles andere als gut. Vergangene Woche verkündete der Klub die Trennung von Aufstiegscoach Steve Bruce, seit 2012 Cheftrainer von Hull City, in "gegenseitigem Einvernehmen". Der 55-Jährige hatte bereits unmittelbar nach dem Aufstieg angekündigt, er wolle "Sicherheit, dass alle in die richtige Richtung gehen". Offenbar ist das in Hull nicht passiert. Der Verein steht vor dem Verkauf, sogar eine Änderung des Vereinsnamens soll im Raum stehen.

Auch in Sachen Neuverpflichtungen tat sich bei den Tigers nicht viel - genauer gesagt: Rein gar nichts. Keinen einzigen Neuzugang konnten die Tigers bislang präsentieren, demgegenüber stehen die Abgänge von Verteidiger Taylor und Angreifer Aluko. Derzeit ist der Kader mit 22 Spielern mehr als dünn besetzt, gerade für eine Saison auf der Insel ist es nur schwer vorstellbar, wie unter derartigen Umständen Konkurrenzfähigkeit gewährleistet werden soll.

Immerhin wurde in Mike Phelan ein Interimstrainer gefunden. Der einstige Co-Trainer von Sir Alex Ferguson hat allerdings, bis auf das bei der kaugummikauenden United-Legende Gelernte, nur wenig Erfahrung. Es ist sein erster Posten als Chefcoach überhaupt.

Wunder gibt es immer wieder

Im Grunde ist klar: Phelan und seine Mannschaft, die sich den direkten Wiederaufstieg über die Playoffs erspielte, können unbeschwert in die Saison gehen, denn: Sie können eigentlich nur gewinnen. Betrachtet man die aktuelle Vereinssituation, sowie die Qualität und Breite des Kaders, käme alles andere als der Abstieg einem mittelgroßen Wunder gleich.

Der Hoffnungsschimmer der Tigers stammt aus Uruguay, misst 1,86 Meter und hat seine größten Qualitäten im Torabschluss. Die Rede ist von Abel Hernandez. Vor zwei Jahren verpflichtete Hull den mittlerweile 25-Jährigen für die stolze Ablösesumme von zwölf Millionen Euro aus Palermo. Nach einer durchwachsenen Debütsaison akklimatisierte sich der Nationalspieler, der bei der Celeste im Schatten von Luis Suarez und Edinson Cavani steht, in Hull und hatte mit 20 Treffern großen Anteil an der Rückkehr ins Oberhaus.

Im Mittelfeld bestimmen mit den ehemaligen Tottenham-Akteuren Tom Huddlestone und Jake Livermore fast schon zwei "alte Haudegen" das Spiel des FA Cup-Finalisten von 2014 - dabei ist noch keiner der Beiden über 30 Jahre alt. Der 29-jährige Huddlestone kann auf insgesamt 211 Premier League-Einsätze zurückblicken, Livermore kommt mit seinen 26 Jahren immerhin schon auf 105 Partien.

Fest steht: Rund zwei Wochen vor dem Liga-Auftakt liegt noch ein riesiger Haufen Arbeit vor den Tigers, wollen sie die fünfte Premier League-Spielzeit der Vereinsgeschichte nicht als ein heilloses Durcheinander in Erinnerung behalten. Zum aktuellen Zeitpunkt sieht allerdings Vieles danach aus, als wäre der erneute Gang in Liga zwei unvermeidlich.

Der Spielplan der Premier League