Nach seinem Abschied von Schalke 04 kickt Rafinha nun für den ambitionierten FC Genua. Im SPOX-Interview spricht der Brasilianer über seine neuen Teamkollegen, den Streit mit Ex-Trainer Magath und über das beste Derby Italiens.
SPOX: Rafinha, was gefällt Ihnen an Genua am besten?
Rafinha: Das Meer. Wenn man aufs Meer schaut, relativiert sich vieles.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Rafinha: Genua ist anders als Gelsenkirchen. Kein Vergleich. Es ist nicht nur der Temperatur-Unterschied. Am Meer zu leben, ist etwas ganz Besonderes für mich.
SPOX: Klingt so, als hätten Sie sich bereits perfekt eingewöhnt.
Rafinha: Absolut. Ich habe mich in der Stadt sofort wohl gefühlt und mich auch sofort mit meinen neuen Teamkollegen gut verstanden. Schade, dass ich bislang noch nicht allzu viel von der Stadt sehen konnte, weil ich derzeit noch im Hotel wohne. Kommt aber alles noch.
SPOX: Das Kapitel Schalke ist offenbar abgeschlossen. Haben Sie noch Kontakt nach Deutschland?
Rafinha: Nicht viel. So viele Spieler, die ich kenne, sind ja nicht mehr da. Ich habe noch Kontakt zu Kevin Kuranyi und Vicente Sanchez. Heutzutage kann man ja über Online-Messenger chatten und mitbekommen, wie es den anderen so geht.
SPOX: Hat Sie der schlechte Saisonstart von Schalke überrascht?
Rafinha: (überlegt) Was soll ich dazu sagen?
SPOX: Die Wahrheit.
Rafinha: (nach kurzer Pause) Eigentlich hätte ich nicht gedacht, dass Schalke mit zwei Niederlagen in die Saison startet.
SPOX: Rafinha weg, Bordon weg, Westermann weg, Kuranyi weg - war der Einschnitt bei Schalke vielleicht zu groß?
Rafinha: Das kann ich von außen nicht beurteilen. Fakt ist, dass Marcelo Bordon der Mannschaft sehr viel Sicherheit gegeben hat. Das macht sich jetzt bemerkbar. Man kann aber nach zwei Spielen noch kein Urteil fällen. Die Abwehr ist neu. Sie braucht Zeit sich einzuspielen.
SPOX: Und in der Offensive?
Rafinha: Kevin Kuranyi war sehr wichtig für die Mannschaft, weil er immer Tore geschossen hat. Auf ihn war Verlass. Man muss abwarten, wie sich das mit den neuen Spielern entwickelt.
SPOX: Sie haben in Ihrer Karriere - und insbesondere auf Schalke - einige Trainer erlebt. Wer war für Sie der Beste?
Rafinha: Wissen Sie: Jeder Coach hat andere Qualitäten. Das kann man nicht vergleichen. Nur eins ist sicher: Felix Magath gehört nicht dazu.
SPOX: Felix Magath und Sie - das war nie wirklich einfach.
Rafinha: Sehen Sie: Bordon - gegangen. Kuranyi - gegangen. Sanchez - gegangen. Auch ich bin nicht mehr auf Schalke. Wir sind alle sehr emotionale Spieler, für die ein gutes Verhältnis zum Trainer enorm wichtig ist. Dass Magath jetzt auch mit den Fans, die ebenfalls sehr emotional mit dem Thema Schalke umgehen, ein Problem hat, spricht für sich. Ich persönlich kann mir nichts vorwerfen, ich habe immer vollen Einsatz gezeigt.
SPOX: Vor kurzem wurden Sie zitiert, dass für Sie eine weitere Saison mit Magath unmöglich gewesen wäre. Was meinten Sie damit?
Rafinha: Ich werde nicht nachtreten, auch wenn ich den Umgang des Trainers mit mir und anderen Spielern nicht in Ordnung fand. Es hat einfach nicht gepasst. Aber das ist Vergangenheit.
SPOX: Gibt es denn etwas, dass Sie an Schalke vermissen?
Rafinha: Die Stimmung im Stadion. Wenn dort die Post abging - das war Wahnsinn. Darauf habe ich mich immer gefreut.
SPOX: In Genua kann es aber auch hoch hergehen - vor allem im Derby gegen Sampdoria.
Rafinha: Oh ja! Als ich hierhergekommen bin, hat man mir sofort vom Derby erzählt. Es sei das Beste in ganz Italien, noch leidenschaftlicher als in Mailand oder in Rom. Ich freue mich schon sehr auf mein erstes Derby hier.
SPOX: Sie hätten dann ja den direkten Vergleich zum Schalke-Dortmund-Derby.
Rafinha: Stimmt. Das ist in Deutschland das emotionalste Derby, das es gibt. Genaueres werde ich dann berichten, wenn ich mein erstes Derby gegen Sampdoria gespielt haben werde.
SPOX: Der FC Genua hat im Sommer ordentlich aufgerüstet, im ersten Saisonspiel standen gleich fünf Neuzugänge in der Startelf. Gibt's noch Abstimmungsprobleme?
Rafinha: Nein, überhaupt nicht. Wir haben hier viel Qualität in der Mannschaft, alle wurden gut aufgenommen und schnell integriert. Es kann ein Problem sein, wenn man die ganze Mannschaft umkrempelt und wichtige Spieler gehen lässt, aber das ist hier nicht der Fall. Hier wurde in eine bestehende Mannschaft investiert, nicht die alte Mannschaft zerstört.
SPOX: Welcher Mannschaftskollege hat Sie bislang beeindruckt?
Rafinha: Luca Toni ist ein positiver Spieler, der sofort auffällt. Man kann viel Spaß mit ihm haben, aber er ist auch eine Granate auf dem Platz. Wo er ist, ist Torgefahr. Mit Eduardo haben wir zudem einen hervorragenden Torhüter, der uns sehr viel Sicherheit geben wird.
SPOX: Ihr neuer Trainer Gian Piero Gasperini ist großer Fan des 3-4-3-Systems, in dem Sie eine offensivere Rolle bekleiden als auf Schalke. Liegt Ihnen das mehr?
Rafinha: Ich habe auch auf Schalke schon sehr offensiv gespielt und mich immer wieder in die Offensive eingeschaltet. Hier kann ich meinen Offensivdrang noch mehr ausleben. Im ersten Spiel habe ich ja schon ein Tor vorbereitet, meine Flanke hat zum Siegtreffer gegen Udine geführt. Von mir aus darf es so weitergehen!
Zehn Tore in 198 Pflichtspielen: Rafinhas Bilanz bei Schalke 04