Julian Nagelsmann erfüllt sich seinen Traum und wechselt zum FC Bayern München. Sportdirektor Markus Krösche ist schon weg, auch er war wie Nagelsmann zwei Jahre im Klub. RB Leipzig steht vor einem Umbruch auf zwei der wichtigsten Positionen im Verein - und damit auch im Kollektiv.
Zwar hat Nagelsmann versichert, keine weiteren Spieler mehr aus Leipzig mit zu den Bayern zu nehmen. Doch mit Dayot Upamecano wird ein Stützpfeiler RB ohnehin in Richtung des größten Konkurrenten verlassen, das steht bekanntlich bereits seit längerem fest. Andere Leistungsträger könnten folgen, erst recht nach der Verkündung von Nagelsmanns Abschied.
Denn der Coach war mit Sicherheit ein Bonus für Leipzig, wenn es darum ging, Spieler zu halten und neue Spieler zu bekommen. Der neue Trainer Jesse Marsch, der vom Schwesterklub Red Bull Salzburg kommt, muss sich diesen Status am Bundesligastandort erst erarbeiten.
SPOX und Goal beleuchten den Leipziger Umbruch auf drei Ebenen.
RB Leipzig - Trainer: Auf Nagelsmann folgt Kosmos-Kenner Marsch
Am Donnerstag setzte Jesse Marsch seine Unterschrift unter einen Zweijahresvertrag bei RB Leipzig. Der Bundesligaklub entschied sich somit für die logischste Lösung. Schließlich kennt der 47-Jährige den Red-Bull-Kosmos bestens: Dreieinhalb Jahre lang trainierte er New York Red Bulls in der MLS, in der Saison 2018/19 war Marsch als Co-Trainer von Ralf Rangnick sogar schon in Leipzig. Und dann machte er sich in den vergangenen zwei Jahren in Salzburg so richtig einen Namen.
Marsch muss man abnehmen, dass RB für ihn eine Herzensangelegenheit ist. Schon zu New Yorker Zeiten sagte er mal der New York Post: "Es wäre großartig, wenn ich auf irgendeinem Weg Teil in Salzburg oder Leipzig werden könnte. Ich versuche, hier in New York gute Arbeit zu leisten und im Einklang damit zu bleiben, was wir global machen. Mit Red Bull verbunden zu sein, ist phänomenal für mich."
Für Leipzig machte er sich aber natürlich auch durch seine Arbeit interessant. Er hat bewiesen, das bei RB geforderte Spiel voller Intensität, Dynamik, Attraktivität und Durchschlagskraft auch auf höchstem Niveau einer Mannschaft vermitteln zu können. 2019/20 hatte Marsch mit Salzburg in einer komplizierten Champions-League-Gruppe mit Napoli und Liverpool bis zuletzt eine Chance auf den Einzug ins Achtelfinale, die Österreicher begeisterten unter anderem mit einem spektakulären Auftritt beim 3:4 an der Liverpooler Anfield Road. Zudem führte er das Team vergangene Spielzeit zum Double aus Meisterschaft und Pokal, die Titelverteidigung in der Liga ist so gut wie sicher.
Marsch hat in Salzburg nachgewiesen, dass er zu etwas fähig ist, was auch Nagelsmann auszeichnet. Über den kommenden FCB-Coach sagte Bayern-Star Robert Lewandowski der Sport Bild: "Er schafft es immer, Mannschaften auf ein Niveau zu heben, das man ihnen nicht zutraut. Die Performance der Mannschaften liegt bei Nagelsmann meistens über den Erwartungen, über der Summe der Qualität der Einzelspieler." Marsch hat genau das in Salzburg auch geschafft.
Ob ihm das eine Stufe höher, in Leipzig, auch gelingen wird, kann man vorher natürlich nicht seriös prognostizieren. Dass Nagelsmann in puncto taktischer Flexibilität und deren Vermittlung so gut wie jedem Trainer der Welt aktuell ein Stück weit voraus ist, wird auch Marsch nicht leugnen können. Aber Marsch ist eine Wahl mit Perspektive.
Als Spieler war Marsch übrigens stets in den USA aktiv. Für D.C. United, Chicago Fire und Chivas USA lief er 321-mal in der MLS auf, war ein kampfstarker Mittelfeldspieler. In dieser Rolle sorgte er einst auch mit einem bösen Tritt gegen David Beckham für Aufruhr, als der englische Weltstar bei LA Galaxy kickte.
"Wir waren glücklich, dass er mit uns in der MLS war. Aber auf dem Platz mussten wir gewinnen. Er hat mich dreimal vor dieser Situation getroffen und ich hatte ein Gespräch mit dem Schiedsrichter: 'Machst du etwas oder nicht?' Und er hat gesagt: 'Was?' Und ich: 'Okay, kein Problem'", erinnerte sich Marsch mal bei Sky Sport Austria an jene Szene und führte aus: "Das nächste Mal bekam er einen Schlag und mein Kopf war richtig böse. Aber ganz ehrlich: Nach dieser Situation hatte ich ein gutes Gespräch mit David Beckham. Und danach hatten wir auch noch viele gute Gespräche über Fußball und das Leben bei Manchester United, AC Milan, Real Madrid und all diesen großartigen Vereinen."
RB Leipzig - Kader: Ein Quasi-Neuzugang und der drohende Ausverkauf
An Dominik Szoboszlai war halb Europa interessiert, kaum ein Top-Klub wurde nicht irgendwann einmal mit dem 20-jährigen Mittelfeldjuwel in Verbindung gebracht. Umso größer war die Freude in Leipzig, als RB den Ungarn Anfang Januar für 20 Millionen Euro aus Salzburg loseiste. Dass Szoboszlai ein Pflichtspiel für Leipzig absolviert, verhinderten seitdem aber Adduktorenprobleme, seinen letzten Einsatz hatte er Ende Dezember noch für Salzburg.
Zur kommenden Saison soll Szoboszlai endlich fit und dann ein Fixpunkt des neuen Leipzig-Teams werden. Eines Teams, dem durch den Abschied von Nagelsmann auch spielertechnisch ein Umbruch bevorstehen könnte. Upamecano geht sicher zu Bayern, dafür stehen mit Mohamed Simakan (kommt aus Straßburg) und Josko Gvardiol (kommt von Dinamo Zagreb) schon zwei hochveranlagte Neuzugänge für die Innenverteidigung fest. Sie so schnell wie möglich dahin zu bringen, Upamecano ersetzen zu können, wird eine von Marschs ersten ganz wichtigen Aufgaben sein.
Weitere Weichen, die bereits gestellt wurden, sind die fixen Verpflichtungen von Angelino und Benjamin Henrichs, die auch über ihre Leihen hinaus bei RB bleiben werden. Zudem hat man sich mit Brian Brobbey von Ajax einen extrem talentierten Mittelstürmer gesichert, der ablösefrei kommt und sich zu einem echten Schnäppchen entwickeln könnte.
Auf Seiten der Abgänge könnte mit Nagelsmann aber auch der eine oder andere wichtige Akteur Goodbye zu RB sagen. Vorstandsboss Mintzlaff kündigte am Dienstag bereits an, dass "noch etwas auf der Abgabenseite passieren" werde - dafür infrage kommende Namen gibt es einige.
Marcel Sabitzer zum Beispiel, der extrem von Nagelsmann profitierte und in neuer, zentralerer Rolle den nächsten Entwicklungsschritt ging. Er wird immer wieder mit einem Wechsel in die Premier League in Verbindung gebracht, zum Beispiel Tottenham und Manchester United gelten als Interessenten. Sollte er gehen wollen, muss RB sich auch intensiv damit beschäftigen, da Sabitzers Vertrag 2022 ausläuft.
Speziell nach dem feststehenden Nagelsmann-Abschied sollen auch Christopher Nkunku und Dani Olmo über einen Wechsel nachdenken. Die beiden Offensivakteure seien verärgert darüber, dass es auf der Trainerbank eine Veränderung gibt, heißt es von der Sport Bild. Weitere Kandidaten für einen Abgang sind Nordi Mukiele und Ibrahima Konate, der englischen Medien zufolge in guten Gesprächen mit dem FC Liverpool sein soll.
Marcel Halstenberg hat indes seinen 2022 auslaufenden Vertrag bis dato nicht verlängert, ebenso wenig wie Emil Forsberg. Torwart Peter Gulacsi hat wohl eine Ausstiegsklausel in Höhe von 15 Millionen Euro in seinem Arbeitspapier verankert, Gerüchte über Interessenten für den Ungarn (Borussia Dortmund, Inter Mailand) gab es zuletzt immer wieder.
Außerdem soll der Kader auch in der Breite noch etwas ausgedünnt werden, hier wäre Hee-Chan Hwang ein Kandidat für einen Wechsel. Da der Südkoreaner in Salzburg einst aber unter Marsch eine gute Entwicklung hinlegte, könnte hier der Trainerwechsel für einen Verbleib sorgen.
Möglicherweise noch hinzukommen soll Noni Madueke von der PSV Eindhoven. Der 19-Jährige würde perfekt ins Profil der Leipziger passen und könnte beispielsweise auch einen Abgang von Nkunku auffangen.
RB Leipzig - Sportdirektor: Wer folgt auf Markus Krösche?
2019 kam Markus Krösche aus Paderborn nach Leipzig - und trat mit dem Erbe von RB-Koryphäe Ralf Rangnick in riesige Fußstapfen. Dass Krösche die Breite des Aufgabenfeldes jedoch nicht alleine bewältigen konnte, soll sich klubintern relativ schnell herauskristallisiert haben.
Auch deshalb, so heißt es medial häufig, fühlte Krösche nicht das volle Vertrauen in Leipzig und hätte sich mehr Verantwortung in Abgrenzung zu Vorstandsboss Mintzlaff gewünscht. Eine Perspektive sah Krösche in Leipzig daher offensichtlich nicht mehr, löste seinen Vertrag ein Jahr vor dessen Ende auf und könnte nun womöglich in Frankfurt Nachfolger von Fredi Bobic werden.
Und wer wird neuer Sportdirektor in Leipzig? Handfeste Kandidaten sind bis dato nicht in Sicht. Der neue Mann muss sich jedenfalls darauf einstellen, ein gutes Gespann mit Mintzlaff bilden zu müssen und nicht zwingend vom Fleck weg Eigeninitiator neuer Strukturen sein zu können. Einstweilen übernimmt Mintzlaff die Aufgaben mit.
Krösches Transferbilanz war gemischt. Unter seiner Führung kamen beispielsweise Olmo oder Nkunku nach Leipzig, die zunächst per Leihe geholten Angelino und Henrichs oder die Verpflichtung von Szoboszlai gehen mit auf sein Konto. Bei Alexander Sörloth wird sich vermutlich erst im zweiten Jahr zeigen, ob sein Transfer ein Erfolg war, während Spieler wie Hwang oder Justin Kluivert bis dato unter den Erwartungen blieben.
Zudem wurde das von Krösche oft formulierte Ziel, mehr Spieler aus dem eigenen Nachwuchs nachhaltig in den Profikader zu bringen, komplett verfehlt. Die so hoch gelobte Akademie von RB ist weiterhin längst nicht der Fundus, den man sich im Klub erhofft.
Bundesliga: Die aktuelle Tabelle
Platz | Team | Sp. | Tore | Diff | Pkt. |
1. | Bayern München | 31 | 86:40 | 46 | 71 |
2. | RB Leipzig | 31 | 55:25 | 30 | 64 |
3. | Wolfsburg | 31 | 54:32 | 22 | 57 |
4. | Eintracht Frankfurt | 31 | 62:47 | 15 | 56 |
5. | Borussia Dortmund | 31 | 66:42 | 24 | 55 |
6. | Bayer Leverkusen | 31 | 51:35 | 16 | 50 |
7. | Borussia M'gladbach | 31 | 59:46 | 13 | 46 |
8. | 1. FC Union Berlin | 31 | 47:38 | 9 | 46 |
9. | SC Freiburg | 30 | 45:43 | 2 | 41 |
10. | VfB Stuttgart | 31 | 52:51 | 1 | 39 |
11. | TSG Hoffenheim | 31 | 45:50 | -5 | 36 |
12. | 1. FSV Mainz 05 | 30 | 33:49 | -16 | 34 |
13. | FC Augsburg | 31 | 31:47 | -16 | 33 |
14. | Werder Bremen | 31 | 34:51 | -17 | 30 |
15. | Arminia Bielefeld | 31 | 23:51 | -28 | 30 |
16. | 1. FC Köln | 31 | 32:56 | -24 | 29 |
17. | Hertha BSC | 28 | 34:48 | -14 | 26 |
18. | Schalke 04 | 30 | 18:76 | -58 | 13 |
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