In der U17 führte er Mario Götze und Marc-Andre ter Stegen als Kapitän zum EM-Titel. Doch der große Durchbruch blieb Reinhold "Ray" Yabo verwehrt - noch. Der 23-Jährige in Diensten des Karlsruher SC im Talk mit SPOX. Über Gott in der Eisdiele, das Aufstiegsrennen in Liga zwei und das Dasein als Lokalpolitiker.
SPOX: Herr Yabo, Sie sind nicht nur selbsternannter "Christ aus Leidenschaft", sondern haben sogar einen Blog, der sich hauptsächlich mit dem Thema Religion und Glaube beschäftigt. Der letzte Post von Ihnen stammt allerdings vom 31. Dezember. Bleibt im Aufstiegskampf dann doch zu wenig Zeit zum bloggen?
Reinhold Yabo: Das ist eine gute Frage (lacht). Es ist einfach so, dass ich viele Verpflichtungen habe und zum Beispiel mit meinem Engagement in der Politik sogar noch mehr dazu gekommen ist. Da muss man Prioritäten setzen, deswegen muss der Blog aktuell ein bisschen ruhen. Momentan ist es ein bisschen schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen.
SPOX: Sie gehen mit Ihren Glauben nicht nur wegen des Blogs sehr offen um. Wie reagieren da Ihre Mitspieler? Muss man sich auch einmal einen Spruch anhören?
Yabo: Solche Erfahrungen habe ich noch gar nicht gemacht. Meine Mannschaftskollegen wissen auch: Hey, das ist Ray, das macht ihn aus und das ist ein Teil seiner Persönlichkeit. Dementsprechend wird das auch ernstgenommen. Und selbst wenn es jemand mal ins Lächerliche ziehen sollte, wäre das kein Problem. Späße gehören zum Leben.
SPOX: Gott ist Ihnen schließlich auch in einer Eisdiele erschienen.
Yabo: (lacht) Die Geschichte war natürlich nicht wortwörtlich so gemeint, Gott ist nicht in einer Eisdiele heruntergekommen und stand strahlend vor mir. Es ist mehr ein Erlebnis gewesen, bei dem ich überzeugt war: Hier passiert gerade etwas. Und das ist auch nicht auf Fantasie zu begründen, vor allem wenn man sieht, wie ich früher gedacht und getickt habe. Ich war nie jemand, der sich schnell zu irgendwas hinreißen ließ. Zwar haben meine Eltern mir das ABC des Glaubens vermittelt, nur hat mich das nie besonders interessiert.
SPOX: Doch dann kam dieses Gespräch mit Ihrer Schwester in besagter Eisdiele.
Yabo: An diesem Tag war es anders. Obwohl die Worte dieselben waren, war eine Präsenz dahinter, eine Autorität. Da habe ich gespürt: Da ist etwas Höheres am Werk.
SPOX: Was sagt Ihre Schwester eigentlich zu der Geschichte?
Yabo: Natürlich ging nicht alles von heute auf morgen, es war vielmehr der Startschuss für meine Suche mit einer anderen Einstellung. Aber sie war selbst positiv überrascht, weil sie ebenfalls gläubig ist und hat mir sehr geholfen. Der Punkt, an dem ich sagen konnte: Das ist mein Ding, es gehört zu mir, da stehe ich voll und ganz dahinter und schäme mich nicht dafür - das war ungefähr ein Jahr später.
SPOX: Der Glaube ist mittlerweile omnipräsent, sowohl bei Ihnen persönlich, als auch bei der Berichterstattung über Sie. Haben Sie nicht das Gefühl, manchmal darauf reduziert zu werden? Rückt der Fußballer Reinhold Yabo vielleicht zu sehr in den Hintergrund?
Yabo: Reduziert ist das falsche Wort. Es kommt ganz einfach darauf an, wie man mit diesen Sachen umgeht. Das ist einfach der Teil meines Lebens, der für mich die höchste Priorität hat, das ist ganz klar und da nehme ich auch kein Blatt vor den Mund. Ich bin aber genauso noch Fußballer. Ich bin genauso jemand, der noch andere Hobbies hat. Das alles macht eine Person aus, deswegen habe ich eine Reduzierung auf den Glauben noch nie erlebt.
SPOX: Hat Sie der Glaube zu einem besseren Fußballer gemacht?
Yabo: Schwierig! Ich weiß, dass ich in den letzten Jahren eine sportliche Entwicklung genommen habe - technisch wie taktisch. Der Glaube hat mich einfach bewusster spielen lassen. Ich nehme bewusster war, was ich hier für eine Möglichkeit habe, was für eine Chance, von der andere ihr Leben lang nur träumen können. Ich habe es ja selbst erlebt, wie immens schwer der Sprung vom Juniorenfußball in den Seniorenbereich ist. Wenn man ein gewisses Talent hat, sieht man vieles als selbstverständlich an - auch oben reinzukommen. Aber das ist es nicht! Da spielen so viele Faktoren mit: Wie sieht der familiäre Rückhalt aus? Wie steht's um die Gesundheit? Es gibt Verletzungen, die einen daran hindern können, diesen Weg zu gehen und noch so viel andere Umstände. Der Glaube hat mir dabei geholfen, das Fußballspielen an sich - das wirklich geil ist - bewusster zu leben. Und auch mit der Verantwortung gegenüber den Mitspielern und Verein klarer umzugehen.
SPOX: Sie bloggen nicht nur nebenbei, sondern sitzen sogar im Gemeinderat in Karlsruhe. Wie bekommt man das alles unter einen Hut?
Yabo: Man braucht eine gute Struktur und vor allem Disziplin. Ich habe eine wunderbare Frau, die mir viel abnimmt und einen Klub, der mir in fast allen Dingen entgegenkommt. Auch in der Politik wird mir viel abgenommen, so dass ich da nur das Nötigste machen muss. Da ist es auch ganz klar kommuniziert: Sollte es zu viel werden, steht der Fußball an erster Stelle. Und wenn der Punkt gekommen ist, muss man auch sagen können: Danke, es war eine tolle Erfahrung, aber jetzt geht's nicht mehr weiter.
SPOX: Wenn sogar der Blog momentan ruhen muss, sieht's wohl mit dem angekündigten Roman auch eher schlecht aus...
Yabo: Der muss leider noch hinten anstehen, das ist richtig.
Seite 1: Yabo über Gott in der Eisdiele und den Job im Gemeinderat
Seite 2: Yabo über die Saison des KSC und ehemalige Weggefährten
SPOX: Lassen Sie uns doch auf den KSC schauen. Acht Spiele sind noch zu spielen, Sie liegen auf Rang vier, einen Zähler hinter dem Relegationsplatz. Langsam sollte man sich intensiver mit dem Aufstieg beschäftigen, oder?
Yabo: Wir kennen die Tabellenkonstellation, wir wissen wo wir stehen, was wir können - und wir wissen auch, was noch drin ist diese Saison. Und so gehen wir die Sachen auch jeden Tag an. Trotzdem setzen wir uns nicht zusätzlich unter Druck und sagen, dass wir unbedingt aufsteigen müssen. Wir fahren gut auf der Schiene, von Spiel zu Spiel zu schauen und einfach immer in die nächste Partie alles zu investieren.
SPOX: Haben Sie die jüngsten Fan-Zwischenfälle mitbekommen? Den Drohbrief an die Werksvereine, das Belagern des Hotels von RB Leipzig oder das Bewerfen von Ralf Rangnicks Auto mit Farbbeuteln?
Yabo: Natürlich bekommt man das mit, man ist ja immer in der Nähe und versucht Up-to-Date zu bleiben.
SPOX: Beschäftigt einen so etwas?
Yabo: Vor einem Spiel: Absolut nicht. Ich glaube, da spreche ich für die komplette Mannschaft, dass man da nicht mehr daran denkt. Da braucht man seinen Fokus und die Konzentration für die Aufgabe, die vor einem liegt. Das ist unser Job - und nicht, sich die Köpfe zu zerbrechen, was da vor dem Spiel passiert. Das kann von mir aus nach dem Spiel passieren oder zwischen den Einheiten, aber während des Spiels niemals.
SPOX: Ihr Name ist in letzter Zeit in Verbindung mit einigen Bundesligisten aufgetaucht. Wenn man Ihre Vorgeschichte hat und bereits in jungen Jahren ein derartiges Auf und Ab miterlebt hat - wird man da vorsichtiger, was die Zukunftsplanung angeht?
Yabo: Das glaube ich schon. Ein Person, die unbekümmerter ist und nicht meinen Weg hinter sich hat, wieso sollte die sich auch solche Gedanken machen? Gerade weil ich diese Erfahrungen gemacht habe, fließt das ganz entscheidend in meine Evaluierungen mit ein. Das gehört aber auch mit zur Persönlichkeitsentwicklung oder dem Erwachsenwerden. Was ist für mich wichtig, was ist für meine Familie wichtig? Ich würde nie blind eine wichtige Entscheidung treffen.
SPOX: War der Glauben ihr wichtigster Halt, als sie nach der U17-EM als hochgelobter Spieler den Sprung ganz nach oben nie schafften?
Yabo: Das kann ich nicht genau sagen. Ich weiß nur, dass mir der Glaube enorm viel geholfen hat. Weil man auch versuchen muss, in solchen Dingen das Gute zu sehen. Das klingt vielleicht banal, aber auch aus schlechten Dingen kann man Gutes mitnehmen. Und das alles hat mich enorm reifen lassen, verantwortungsvoller mit dem Leben umgehen lassen. Deshalb bin ich auch irgendwo dankbar, dass es so gekommen ist.
SPOX: Dankbar?
Yabo: Natürlich wäre es gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht gerne früher noch mehr sportliche Erfolge verbucht hätte. Aber es sollte einfach nicht so sein.
SPOX: Also keine verbitterten Gefühle, wenn man sich ansieht, wo ihre damaligen Mitspieler wie Mario Götze oder Marc-Andre ter Stegen heute stehen?
Yabo: Auf keinen Fall, mit so etwas steht man sich nur selbst im Weg. Natürlich denkt man sich, dass man das auch gerne schon hätte. Aber wenn's nicht so ist, dann ist es nicht so. Und dann bleibt einem nur übrig, das Beste draus zu machen, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken und zu jammern oder zu klagen. Es ist einfach, Fehler woanders zu suchen. Aber wirklich die Situation anzunehmen und zu sagen, man geht da durch - das können nicht viele sagen. Und es formt auch den Charakter. Wenn es gut läuft, dann ist das Leben easy, man muss niemandem etwas beweisen. Das kann jeder. Wenn's eng wird, dann sieht man, wie eine Person gestrickt ist.
Seite 1: Yabo über Gott in der Eisdiele und den Job im Gemeinderat
Seite 2: Yabo über die Saison des KSC und ehemalige Weggefährten
Im Trend
Das könnte Dich auch interessieren
.jpeg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)


