Die Reise zur Klub-WM in Katar wurde für Bayern München zum strapaziösen Ärgernis. Nach dem Sieg bei Hertha BSC verzögerte sich die Abreise wegen einer fehlenden Starterlaubnis um mehr als sieben Stunden. Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß sind stinksauer.
Leroy Sane hatte es sich im Flugzeug neben David Alaba bequem gemacht, Manuel Neuer streckte die Beine aus und hob nichts Böses ahnend den Daumen. Kurz vor der Abreise zur Klub-WM in Katar freuten sich die Stars von Bayern München auf eine Auszeit und ein wenig Schlaf über den Wolken - doch dann wurde die Reise zur Odyssee.
Denn der ohnehin beschwerliche Trip in die Wüste begann mit einem großen Ärgernis und wurde nochmals deutlich strapaziöser. Wegen einer verweigerten Starterlaubnis hob die Mannschaft erst am frühen Samstagmorgen mit mehr als siebenstündiger Verspätung von Berlin ab. Erst am Nachmittag landete der Bayern-Tross endlich in Katar, nachdem die Spieler die Nacht im Flugzeug hatten verbringen müssen.
"Wir fühlen uns von den zuständigen Stellen bei der brandenburgischen Politik total verarscht", sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge der Bild: "Die Verantwortlichen wissen gar nicht, was sie unserer Mannschaft damit angetan haben."
FCB: Hoeneß poltert, Rummenigge wittert Verschwörung
Ehrenpräsident Uli Hoeneß polterte derweil im BR: "Das ist ein Skandal ohne Ende, bei so einer wichtigen Geschichte die Mannschaft wegen ein paar Minuten nicht starten zu lassen. Mir fehlen total die Worte, das ist eine Unverschämtheit. Das ist ja kein Freundschaftsspiel, der FC Bayern vertritt den deutschen Fußball im Weltpokal."
"Ein Sieg des FC Bayern bei der Klub-WM würde der Bundesliga und unserem Land nicht schlecht zu Gesicht stehen", sagte auch Rummenigge und bezeichnete den Vorfall als "lächerliche Slapstick-Nummer" vonseiten der brandenburgischen Politik. "Es hat sich eigentlich schon in den Tagen vorher angedeutet", meinte Rummenigge: "Wir hatten den Eindruck, in Brandenburg ist irgendeiner, der den FC Bayern nicht mag und uns Hürden in den Weg stellen möchte."
Ursprünglich war die Abreise am Freitagabend unmittelbar nach dem Ligaspiel bei Hertha BSC (1:0) vorgesehen. Der Zeitplan war eng gestrickt. Das Spiel, das durch den Treffer von Kingsley Coman (21.) entschieden wurde, war eigens um eine halbe Stunde auf 20 Uhr vorverlegt worden.
FC Bayern: Chaos in der Nacht - Ministerium nimmt Stellung
Das Wetter - in Berlin herrschten am Freitagabend starker Schneefall und Glätte - durchkreuzte aber alle Pläne. Das Flugzeug musste enteist werden. Dennoch wäre der Flieger rechtzeitig startklar gewesen, wie der Flughafen BER nun bestätigte. "Aus unserer Sicht sprach auch nichts dagegen, dass die Maschine wie geplant abhebt", sagte Flughafen-Sprecherin Sabine Deckwerth der Deutschen Presse-Agentur. Die Maschine hätte demnach vor dem Beginn des Nachtflugverbots ab Mitternacht bis 5 Uhr Morgens abheben können.
Das Berliner Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung widersprach einem Bericht der Bild-Zeitung, dass die Bayern das Fenster um 30 Sekunden verpasst hätten. Die Bitte um Startfreigabe für den Flug nach Katar sei erst um 0.03 Uhr folgt. Die Deutsche Flugsicherung habe daher die Startfreigabe nicht erteilt.
"Ausnahmegenehmigungen werden in begründeten Einzelfällen insbesondere dann erteilt, wenn ein erhebliches öffentliches Interesse gegeben ist, welches die Durchführung eines Fluges notwendig macht oder der Flug für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist", hieß es in einem Statement. "Die Betriebsgenehmigung des Flughafens beinhaltet klare Bestimmungen, die auch höchstrichterlich bestätigt sind. Danach ist insbesondere die Kernnacht von 00:00 Uhr bis 05:00 die Zeit mit der höchsten Sensibilität und ist demnach bis auf wenige begründete Einzellagen (Notfälle, Postflüge, Regierungsflüge) von Flugverkehr freigehalten. Diese Regelungen gelten für jeden und sind von den zuständigen Behörden einzuhalten."
Erst um kurz vor sieben Uhr am Morgen erfolgte der Start. Weil die Crew ausgetauscht werden musste, machte die Maschine dann noch einen Zwischenstopp in München. Von dort aus startete der Flieger erst um 9.15 Uhr nach Doha.
Flick: "Katar ist von der Belastung sehr hoch"
Trainer Hansi Flick hatte nach dem Spiel noch mit "einem schönen Flug" gerechnet. "Wir wollten mit einem Sieg nach Katar abreisen. So haben wir uns das vorgestellt, die sechs oder sechseinhalb Stunden nach Katar mit einem Sieg zu überstehen", sagte Flick. Es wurden deutlich mehr.
Der Stress für Neuer und Co. war enorm - mental wie körperlich. Wie gut die Mannschaft die Strapazen wegstecken wird, bleibt abzuwarten. Im Berliner Olympiastadion spielte der FC Bayern bei Minusgraden im Schneetreiben, dann folgte eine durchwachte Nacht im Flugzeug und ein drastischer Wechsel der äußeren Bedingungen. In Doha herrschten am Samstag Temperaturen um 25 Grad Celsius.
Flick hatte schon vor dem Flug-Debakel von möglichen "Gefahren" der Reise gewarnt: "Katar ist von der Belastung sehr hoch. Wir haben den Flug, Montag und Donnerstag die Spiele, kaum Zeit zum Trainieren." Viel Zeit zur Akklimatisierung bleibt ebenfalls nicht. Am Montag (19 Uhr/MEZ) trifft der Rekordmeister im Halbfinale auf den afrikanischen Champions-League-Sieger Al Ahly SC aus Ägypten.
Bayern winkt der sechste Titel binnen acht Monaten
In der Wüste winkt der sechste Titel binnen acht Monaten. "Wir treten bei der Klub-WM mit dem klaren Ziel an, den Weltpokal nach München zu holen", hatte Rummenigge zuletzt gesagt: "Sechs Trophäen in einem Jahr - das hat bisher nur Barca 2009 geschafft."
Thomas Müller sprach von einem "krönenden Abschluss nach der Champions League. Da wollen wir uns die Krone aufsetzen. Das gehen wir an. Wir freuen uns auf das Turnier", sagte Müller im Olympiastadion am DAZN-Mikrofon. Das, was ihn kurz darauf erwartete, dürfte die Vorfreude getrübt haben.
FC Bayern: Die kommenden Spiele
Datum | Wettbewerb | Gegner | Ort |
08.02.2021 | Klub-WM | Al Ahly SC | N |
11.02.2021 | Klub-WM | noch offen | N |
15.02.2021 | Bundesliga | Arminia Bielefeld | H |
20.02.2021 | Bundesliga | Eintracht Frankfurt | A |
23.02.2021 | Champions League | Lazio Rom | A |