Preußen Münster: Auf dem Weg zu altem Glanz

Björn Thar
16. September 201115:41
Preußen-Stürmer Massimo Ornatelli hat in dieser Saison schon zugeschlagenGetty
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1951 gelang dem SC Preußen Münster beinahe das Kunststück, die deutsche Meisterschaft zu gewinnen. 60 Jahre später findet sich der Verein in der dritten Liga (Fr., Sa. und So. im LIVESCORE) wieder. Doch der Blick der Adlerträger ist nach vorne gerichtet, die Kehrtwende längst eingeläutet.

Berlin, 30 Juni 1951. Der SC Preußen Münster steht in der Endrunde um die deutsche Meisterschaft. Gegner im ausverkauften Berliner Olympiastadion ist der 1. FC Kaiserslautern.

Vor mehr als 80.000 Zuschauern bringt Felix "Fiffi" Gerritzen die Adlerträger nach der Pause mit 1:0 in Führung. Doch die Pfälzer drehen das Spiel und gewinnen durch die beiden Treffer von Otmar Walter am Ende mir 2:1.

Später wird von einem glücklichen Sieg für Kaiserslautern gesprochen. So sah es auch der Preußen-Mittelstürmer Rudi Schulz: "Wir waren nicht die schlechtere Mannschaft." Was Schulz damals noch nicht weiß: in den nächsten Jahrzehnten wird Münster einer deutschen Meisterschaft nie mehr so nahe sein.

"Nach oben sind keine Grenzen gesetzt"

Heute spielt der SC Preußen in der 3. Liga. Mit vier Siegen, vier Unentschieden und nur einer Niederlage steht der Aufsteiger auf dem vierten Tabellenplatz. Ein Erfolg, den man Trainer Marc Fascher zuschreiben kann, der seiner Mannschaft vieles zutraut.

"In dieser Liga kann jeder jeden schlagen", sagt Fascher, dessen Minimalziel nach dem Aufstieg der letzten Saison der Klassenerhalt ist. Doch Fascher ist ein Visionär. Er belässt es nicht bei dem vermeintlich einfachen Ziel, hat man die Regionalliga in der letzten Saison doch so dominiert. Nein, er stachelt sein Team weiter an: "Nach oben sind keine Grenzen gesetzt."

Dass seine Mannschaft in den ersten Spielen so stark aufgetreten ist, habe er sich jedoch lediglich "erhofft", nicht erwartet: "Wir haben einen guten Start hingelegt und der ist in solch einer starken Liga enorm wichtig. Unsere Aufgabe ist es, so viele Punkte wie möglich zu holen. Getreu nach dem Motto: Was man hat, das hat man."

Konkurrenzkampf auf allen Positionen

Für die neue Saison in der höheren Spielklasse haben die Preußen ihren Kader verstärkt. Mit Köln-Leihgabe Jose Pierre Vunguidica (21) ist ein junger, offensivstarker Spieler dazugekommen, meint auch SCP-Sportvorstand Carsten Gockel: "Jose Pierre ist ein sehr antrittsschneller, technisch versierter Spieler, der auf allen Offensivpositionen eingesetzt werden kann. Er ist trickreich, schnell und hat insbesondere über die linke Seite einen ausgeprägten Zug zum Tor."

Einen Beweis dafür lieferte der dreifache angolanische Nationalspieler in der Partie gegen Rot-Weiß Oberhausen am dritten Spieltag, als er das einzige Tor des Spiels erzielte und so den Preußen zu ihrem zweiten Saisonsieg verhalf.

Auf der anderen Seite sind mit Babacar N'Diaye (37) und Benjamin Siegert (30) zwei Spieler dabei, die zusammen über 300 Zweitligaeinsätze vorweisen können und die nötige Sicherheit und Erfahrung ins Team einbringen.

"Mit der Verpflichtung von Benjamin haben wir richtig an Qualität gewonnen", sagt Fascher. "Vor Allem im rechten Offensivbereich wird der Konkurrenzkampf durch ihn entfacht."

Ein gesunder Konkurrenzkampf, den man auf jeder Position der 06er zu spüren bekommt, denn die Leistungsdichte der nachrückenden Preußen-Spieler ist hoch. Das macht die Sache für den Trainer dafür umso leichter. So kann er unvorhergesehene Ausfälle besser kompensieren.

Der SCP mit neuem Gesicht

In den letzten Jahren hat sich viel getan beim 1963er-Gründungsmitglied der Bundesliga. Nach mehrfachen Abstiegen, der letzte 2006 in die vierte Liga, wurde vieles umgekrempelt, das Präsidium ausgetauscht. Seitdem ist Dr. Marco de Angelis Präsident des Klubs und Carsten Gockel der neue Sportvorstand.

Mit ihnen ging ein Ruck durch den Verein. Vor eineinhalb Jahren holten sie mit Fascher einen Trainer nach Münster, der ihren Vorstellungen eines "Erfolgstrainers" entsprach. Bereits im zweiten Jahr "dankte" es Fascher mit dem Aufstieg in die dritte Liga.

Aber nicht nur der sportliche Erfolg zeigt, dass die Neuen mit Herzblut bei der Sache sind. Es sind vielmehr auch die kleineren Gesten, die sie im Sinne des Vereins aussenden. Vor gut zwei Jahren, erreichten sie zum Beispiel die Umbenennung der Zufahrt zum Preußenstadion und zur SCP-Geschäftsstelle in "Fiffi-Gerritzen-Weg".

"Damit wird der Name Fiffi Gerritzen in den Köpfen seiner vielen Freunde weiterleben", sagte Gockel und erwies dem einstigen Star der Adlerträger seinen Respekt.

Einzigartige Fankultur

Auch die Fans spürten die positiven Veränderungen. Sie füllten das Preußenstadion an der Hammer Straße in den letzten Spielen der vergangenen Saison bis auf den letzten Platz und brachen damit sogar den Zuschauer-Rekord der Regionalliga (18.500 Zuschauer gegen Borussia Mönchengladbach 2).

Unter ihnen auch Preußen-Fan Vitali Eckermann. Der 32-Jährige ist längst Kult unter den Anhängern der Schwarz-Weiß-Grünen. Wenn aus seiner Kehle das Wort "Preuuuuußen" erklingt, schallt wie ein Echo ein langgezogenes "Müüüüünster" von den Rängen zurück.

Seit nunmehr zehn Jahren prägt der ehemalige BVB-Fan, der aufgrund einer Behinderung im Rollstuhl sitzt, diesen Wechselgesang. Es ist auch heute noch ein besonderer Moment für ihn, wenn er von den Preußen-Fans dazu aufgefordert wird: "Ich bekomme jedes Mal noch eine Gänsehaut."

Preußen Münster auf der Überholspur

In allen Belangen befindet sich der SC Preußen momentan auf der Überholspur. In der Liga kratzen sie an der Tabellenspitze, die Unterstützung der Fans erinnert an die glorreichen Zeiten der Preußen in den 50er- und frühen 60er Jahren und der neue Vorstand leitete, so wie es scheint, nach dem Aufstieg die richtigen Schritte ein.

Auch die neuen Spieler fühlen sich wohl an der Hammer Straße. "Bei den Preußen hat einfach alles gepasst", sagte zum Beispiel Siegert, der vom Zweitliga-Absteiger VfL Osnabrück kam.

Auch Verteidiger Marco Riemer fiel die Entscheidung von Jena hierher zu wechseln nicht besonders schwer: "Für mich war schnell klar, dass ich nach Münster wechseln will. Der Verein ist sehr traditionsreich und die Stadt ist schön."

Tradition ist das richtige Stichwort. Denn das Anknüpfen-Wollen an einstige große Zeiten, bringt auch den Erfolg zurück. Im Wetteifern mit der Tradition liegt gleichzeitig die Chance für einen Neubeginn - auch für den SC Preußen Münster.

Der SC Preußen Münster im Steckbrief