Über 80 Minuten lang lässt Peter Gulacsi Europameister Portugal verzweifeln. Dann schlagen Cristiano Ronaldo und Co. dreimal zu.
Cristiano Ronaldo riss in totaler Erleichterung beide Arme in die Luft und marschierte dann schnurstracks zu Peter Gulacsi. Der Superstar und nun alleinige EM-Torschütze nahm den Mann in den Arm, der Portugal beinahe den Start in die Mission Titelverteidigung gründlich verdorben hätte.
Der tapfere Außenseiter Ungarn um den überragenden Leipziger Torwart Gulacsi hatte in Budapest den hohen Favoriten über 80 Minuten lang entnervt - und kassierte dann doch eine 0:3 (0:0)-Niederlage.
"Das war echt schwierig, die Ungarn haben wirklich gut verteidigt. Ich bin froh über meine zwei Tore. Vor allem, dass ich mit denen dem Team helfen konnte", sagte Ronaldo, nachdem er mit seinen Treffern (87., Foulelfmeter/90.+2) vor der in Pandemie-Zeiten außergewöhnlichen Kulisse von 67.000 Zuschauern in der Puskas-Arena den Sack zugemacht hatte.
Gulacsi indes trauerte der verpassten Überraschung nach: "Schade, mit ein bisschen Glück hätten wir einen Punkt holen können - das wäre großartig gewesen.
Dortmunds Raphael Guerreiro (84.) hatte zuvor für die erlösende Führung der Portugiesen gesorgt, die damit vor dem Duell mit der deutschen Mannschaft am kommenden Samstag (18.00 Uhr im LIVETICKER) ihre Pflichtaufgabe in der Hammergruppe F lösten. "Jetzt geht es gegen Deutschland, und wir müssen uns weiterentwickeln", sagte Trainer Fernando Santos: ""Wir wissen, dass jedes Spiel seine Besonderheiten hat. Deutschland hat eine starke Mannschaft und einen tollen Trainer. Und ich glaube Joachim Löw denkt dasselbe über uns. Töten oder getötet werden, hat Scolari früher gesagt."
Für die Ungarn, die von ihren Fans frenetisch gefeiert wurden, geht es am Samstag (15.00 Uhr) gegen Weltmeister Frankreich schon fast um die letzte Achtelfinal-Chance. "Wir werden auf jeden Fall wieder alles probieren", meinte Gulacsi.
Ronaldo lange enttäuschend
Der lange enttäuschende Ronaldo war schließlich doch noch wie so oft in seiner Karriere der große Triumphator: Mit seinem zehnten und elften EURO-Treffer überflügelte er Frankreichs Legende Michel Platini. Dieser hatte für seine neun Treffer allerdings nur eine Endrunde mit fünf Spielen beim französischen Triumph 1984 benötigt. Zudem kam er als erster Spieler bei fünf Endrunden zum Einsatz - es war sein 22. bei einer EM, ebenfalls Rekord.
Die Portugiesen, bei denen Dortmunds Guerreiro im Gegensatz zu Frankfurts Torjäger Andre Silva in der Startelf stand, begannen erwartet druckvoll. Bereits in der fünften Minute prüfte Diogo Jota Gulacsi nach unfreiwilliger Vorlage von Abwehrchef Willi Orban - die beiden Leipziger bildeten mit den Stürmern Adam Szalai (Mainz 05) und Roland Sallai (SC Freiburg) ein Bundesliga-Quartett in der Anfangsformation, Leipzigs verletzter Jungstar Dominik Szoboszlai wurde hingegen schmerzlich vermisst.
Die Ungarn standen tief, versuchten über ihre Physis zunächst erfolgreich, den portugiesischen Edeltechniker die Lust am Spiel zu nehmen. Doch der Favorit erhöhte den Druck minütlich, war phasenweise ähnlich überlegen wie am Vortag die Spanier beim enttäuschenden 0:0 gegen Schweden, tat sich im Abschluss aber auch ähnlich schwer.
Szalai vergibt die erste Chance für Ungarn
Die erste nennenswerte Torchance der offensiv insgesamt harmlosen Ungarn vergab Szalai (37.) per Kopf, auf der Gegenseite rettete Gulacsi per Fuß erneut gegen Liverpools Jota. Und Ronaldo vergab kurz vor der Pause die Chance schlechthin, als die Juventus-Tormaschine aus sieben Metern den Ball völlig frei über die Latte drosch (43.).
Mit Beginn der zweiten Halbzeit wurden die bis dahin arg defensiv eingestellten Ungarn frecher und mutiger. Ungarns Fans witterten da schon die Überraschung und feierten ihr Team mit Tanz und Gesang. Szabolcs Schön traf dann nach einer tollen Aktion tatsächlich (80.) - in die Ekstase kam aber der Abseitspfiff. Und dann schlug Portugal zu.
Ungarn - Portugal: Die Aufstellungen
Ungarn: Gulacsi/RB Leipzig (31 Jahre/40 Länderspiele) - Lovrencsics/Ferencvaros Budapest (32/42), Botka/Ferencvaros Budapest (26/11), Orban/RB Leipzig (28/23), Attila Szalai/Fenerbahce Istanbul (23/14), Fiola/FC Fehervar (31/36) ab. 88 Varga/Kasimpasa Istanbul (25/9) - Kleinheisler/NK Osijek (27/35) ab 78. Siger/Ferencvaros Budapest (30/14), Nagy/Bristol City (25/49), Schäfer/Dunajska Streda (22/7) ab 65. Nego/FC Fehervar (30/9) - Adam Szalai/FSV Mainz 05 (33/71), 20 Sallai/SC Freiburg (24/23) ab 77. Schön/FC Dallas (20/2).
Portugal: Rui Patricio/Wolverhampton Wanderers (33 Jahre/94 Länderspiele) - Semedo/Wolverhampton Wanderers (27/19), Dias/Manchester City (24/29), Pepe/FC Porto (38/116), Guerreiro/Borussia Dortmund (27/47) - Danilo Pereira/Paris St. Germain (29/48), William Carvalho/Betis Sevilla (29/67) ab 81. Sanches/OSC Lille (23/27), Fernandes/Manchester United (26/30) ab 89. Joao Moutinho/Wolverhampton Wanderers (34/132) - Bernardo Silva/Manchester City (26/56) ab 71. Rafa Silva/Benfica Lissabon (28/22), Ronaldo/Juventus Turin (36/176), Jota/FC Liverpool (24/15) ab 81. Andre Silva/Eintracht Frankfurt (25/40).