Er ist einer der reichsten Franzosen, mit Salma Hayek verheiratet und ihm gehört Stade Rennes: Francois-Henri Pinault ist ein ungewöhnlicher Klubchef.
Hatem Ben Arfa war außer sich. Vor Freude. Er rannte über den Rasen des Stade France, er liebkoste den Pokal und grinste bei unzähligen Fotowünschen wie ein Honigkuchenpferd. Der spektakuläre Sieg über den turmhohen Favoriten Paris Saint-Germain im französischen Pokalfinale Ende April war für den Ex-Nationalspieler die ultimative Genugtuung. Bei PSG hatten sie ihn zuvor ein Jahr lang nicht eingesetzt und auf der Tribüne versauern lassen. Nun bezwang er seinen alten Klub mit Rennes trotz eines frühen 0:2-Rückstands im Elfmeterschießen. Ben Arfa traf dabei natürlich.
In der Stunde seines großen Triumphes wusste der bisweilen geniale Edeltechniker, bei wem er sich bedanken musste: "Dieses Ergebnis gibt mir außergewöhnliche Emotionen. Es war ein schwieriges Jahr und wir haben hart gearbeitet, um dies zu erreichen. Wir freuen uns für Rennes, die Pinault-Familie und den Klub."
Dank der Pinaults: Stade Rennes gewinnt den Pokal gegen PSG
Die Pinault-Familie, damit sind der schwerreiche Unternehmer Francois Pinault und sein noch reicherer Sohn Francois-Henri gemeint. Letzterer ist mittlerweile der gleichermaßen schillernde und polarisierende Besitzer des Traditionsvereins. 1998 hatte Francois mit der Holdinggesellschaft "Groupe Artemis" den Verein gekauft, im Laufe der Zeit übergab er das Zepter schrittweise an seinen Sohn und mittlerweile ist Francois-Henri der Chef.
Trotz hoher Investitionen war der Gewinn des Coupe de France vor wenigen Wochen der erste große Titel des Vereins in den vergangenen 21 Jahren. So feierten auch die Pinaults den Coup gegen PSG und reckten gemeinsam den Pokal in den Pariser Abendhimmel.
Francois-Henri Pinault, der milliardenschwere Unternehmer, den in Frankreich beinahe jedes Kind unter "FHP" kennt, frohlockte anschließend: "Es hat lange gedauert, aber nun ist es gut. Als wir den Klub 1998 übernahmen, sagte mein Vater: 'Wir machen dies, um der Bretagne zurückzugeben, was sie uns gegeben hat.' Das war immer unsere Philosophie. Der Verein hat enorm an Professionalität gewonnen, wenn es auch schlechte Phasen gab. Der Weg an diesem Abend war außergewöhnlich: im Stade de France, gegen dieses PSG. Die Aufopferung war riesig, das Szenario perfekt."
Der Dank der Fans an ihre reichen Gönner war nach einer jahrzehntelangen Durstrecke riesig, das folgende Heimspiel gegen Monaco geriet zu einer großen Party auf den Rängen und die Anhänger feierten Francois Pinault. Als die Pinaults Stade Rennes 1998 für ein Taschengeld, das nach Informationen von Goal und SPOX nur 100.000 Euro betrug, kauften, hätten wohl nur wenige Fachleute gedacht, dass es 21 Jahre bis zum ersten Titelgewinn dauert. Schnell strukturierten Vater und Sohn Pinault ihren Herzensverein um - und mussten einsehen, dass sie den Erfolg nicht mit der Brechstange teurer Transfers kaufen konnten.
Stade Rennes: Serverino und Turdo entpuppen sich als teure Flops
In den Jahren 2000 und 2001 setzten sie mit zwei Transfers eine Menge Geld in den Sand. Rennes holte den unbekannten Brasilianer Lucas Severino für 21 Millionen Euro von Atletico Paranaense. Zur Einordnung: In jenem Sommer war in derselben Preisklasse David Trezeguet für 23 Millionen
Euro zu haben. Ein Jahr später kam Stürmer Mario Turdo für mehr als zehn Millionen Euro von Celta Vigo. Er und Severino floppten heftig und sorgten nachhaltig dafür, dass die Kohle für Neuzugänge in den nächsten Jahren deutlich weniger locker saß.
Das Bestreben des Juniorchefs Francois-Henri Pinault war es also, beim 1901 gegründeten Traditionsklub aus seiner Heimatstadt noch stärker auf den eigenen Nachwuchs zu setzen, als er das ohnehin im Sinn hatte. Er, der später das PPR-Konsortium seines Vaters radikal umbaute, zu einem der weltweit größten Luxus- und Modekonzerne formte und in "Kering" (in Anlehnung an das englische "Caring", mit der bretonischen Vorsilbe "Ker") umbenannte, wollte mit Stade nachhaltig und über eine gute Jugendarbeit an die Spitze kommen.
Einzelne Spieler mit herausragenden Fähigkeiten waren in Rennes nie das Problem. Eine richtig hochkarätig besetzte Mannschaft gab es in all den Jahren allerdings auch nicht. So führten die Pinaults den Klub eher mit spitzem Bleistift und mussten 2009 und 2014 zwei bittere Niederlagen einstecken. Sie verloren jeweils das Pokalendspiel und das auch noch gegen den bretonischen Nachbarn EA Guingamp.
gettySalma Hayek ist ein großer Fan von Stade Rennes
Die Pinaults halten sich aus dem Tagesgeschäft weitgehend heraus, pflegen einen leisen Führungsstil. Sie bezeichnen sich nach wie vor als "erste Fans des Vereins", aber sie pumpen keine Dutzende Millionen in den Klub. Und im Gegensatz zu extrovertierten Klubchefs wie Nasser Al-Khelaifi (PSG) oder Dmitri Rybolovlev (Monaco) geben sie kaum Interviews und mischen sich nur in Ausnahmefällen in sportliche Entscheidungen ein.
Das bedeutet allerdings nicht, dass sie sich scheuen, unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen. So wie zum Beispiel 2017, als Francois-Henri Pinault Vorstandsboss Rene Ruello und Trainer Christian Gourcuff feuerte, zwei gute Freunde seines Vaters.
Während der Klub sportlich in der Regel im Mittelfeld der Ligue 1 zu finden war, mangelte es seit 2006 trotzdem nicht am Glamourfaktor. Und das liegt an Salma Hayek. Die mexikanische Schauspielerin ist mit FHP verheiratet, beide besuchen regelmäßig die Rennes-Spiele. Er meist mit Fanschal, sie posiert wahlweise mit einem Trikot oder trägt einen auffälligen Hut.
Der Hollywoodstar, kurioserweise schon seit 2001 und einem UI-Cup-Spiel gegen den FC Synot (5:0) Anhängerin Stades, ist dabei aber mehr als der rote Farbtupfer mit dem schönen Lächeln auf der Tribüne. Sie kennt die wichtigsten Spiele der jüngeren Vergangenheit samt Torschützen, erinnert sich mit Grausen an das Kopfballtor von Lille-Stürmer Nicolas Fauvergue 2007, das Rennes die Teilnahme an der Champions League kostete.
Mit ihrer Aura würde sie vermutlich besser zum Blitzlichtgewitter in Paris oder dem Luxus in Monaco passen. Doch Hayek stellte im Social Room 2016 klar: "Ich unterstütze diesen Verein, weil ich mit ihm viel mehr identifiziere als zum Beispiel mit Paris. Ich schäme mich nicht, die Liebe zu unseren Farben zu zeigen."
Die lange Durstrecke auf sportlicher Ebene endete für Stade Rennes in diesem Frühjahr mit jener denkwürdigen Nacht in Paris. Der Pokalsieg bescherte Francois-Henri Pinault Schlagzeilen, kurz nachdem er ohnehin, ebenfalls in Paris, für welche gesorgt hatte: 100 Millionen Euro, das kündigte er an, will er für den Wiederaufbau der vor einigen Wochen abgebrannten Pracht-Kathedrale Notre Dame spenden.
Die zu Ende gehende Saison in der Ligue 1 endet für Stade dort, wo die Spielzeiten reglmäßig ihren Abschluss finden: Im Mittelmaß der Tabelle, je nach Ausgang der Partien des letzten Spieltags am Freitag zwischen Platz neun und elf. Das kümmert die Fans und die Besitzer wenig, der denkwürdige Abend vor wenigen Wochen hat für Vieles entschädigt.
Das sieht nicht nur Hatem Ben Arfa so.