Titelverteidiger Spanien ist mit einem 1:1 (0:0) gegen Italien in die EM 2012 gestartet. Im mit Abstand besten Spiel der bisherigen EM brachte Antonio Di Natale die Squadra Azzurra in Führung (60.), Cesc Fabregas glich für Spanien aus (64.).
Vor 38.869 Zuschauern in Danzig gingen beide Teams von Beginn an hohes Tempo und erspielten sich jede Menge Torchancen.
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Reaktionen:
Vicente del Bosque (Trainer Spanien): "Der Gegner hat starken Druck auf uns ausgeübt. Am Ende waren wir einen Tick stärker, aber die letzte Überzeugung fehlte etwas. Wir haben alles versucht. In den zweiten 45 Minuten hat sich das Spiel geöffnet. Wir hatten mehr Chancen, aber auch Italien hatte Möglichkeiten. Ob das 1:1 ein gutes Ergebnis ist, wird sich in den nächsten Spielen zeigen. Fabregas hat sehr gute Arbeit gemacht und das Tor erzielt."
Xavi (Spanien): "Der Platz war in einem desaströsen Zustand. Es ist traurig, auf so einem Rasen spielen zu müssen. Für unser Spiel war dieser Platz Gift."
Cesare Prandelli (Trainer Italien): "Die Mannschaft hat sich an meine Anweisungen gehalten. Wir haben alles gegeben. Das ist ein guter EM-Start. Ich bin mit dem Auftritt zufrieden. Was uns wirklich enttäuscht, ist die Tatsache, dass die Spanier so schnell zum Ausgleich gekommen sind. Wir hätten sie mehr zum Arbeiten bringen müssen."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Torres, Llorente, Negredo oder Pedro? Denkste! Spanien spielt ohne echten Mittelstürmer, del Bosque setzt auf Fabregas in vorderster Front. Ansonsten keine Überraschung bei der Furia Roja. Hinten links spielt Alba, einziger Nicht-Weltmeister in Spaniens Startelf.
Italien startet mit einer Dreier-Abwehrkette mit De Rossi in der Mitte. Im Fünfer-Mittelfeld ist Pirlo fürs Kreative zuständig. Vorne stürmt die Doppelspitze Balotelli/Cassano.
13.: Freistoß Italien, Torentfernung 18 Meter. Balotelli läuft drüber, Pirlo mit rechts aufs linke Eck, Casillas faustet den Ball weg.
22.: Cassano zieht von recht in den Strafraum, schüttelt Pique ab und drückt ab. Der Ball geht ganz knapp links am Kasten vorbei.
45.: Maggio flankt von links, Pique steht falsch, Kopfball Motta aus fünf Metern, Glanztat Casillas!
50.: Klasse Kombination über Xavi, Iniesta und Fabregas. Der zieht aus 17 Metern ab, Buffon holt den Ball aus dem linken Eck.
51.: Ballverlust Italien 30 Meter vor dem eigenen Tor. Silva links raus auf Iniesta, der mit Tempo in den Strafraum zieht. Schuss aus spitzem Winkel, Buffon gerade so mit den Fingerkuppen dran. Brutal gute Parade!
60., 0:1, Di Natale: Traumpass von Pirlo auf den startenden Di Natale. Pique pennt, Di Natale rast auf Casillas zu und schlenzt den Ball aus elf Metern ins rechte Eck.
64., 1:1, Fabregas: Genauso genial wie das Tor der Italiener. Fabregas lauert am 16er, Silva steckt den Ball in der Mitte durch, Flachschuss Cesc aus acht Metern, keine Chance für Buffon.
77.: Scharfe Flanke durch Pirlo von halbrechts auf den langen Pfosten. Ramos springt unterm Ball durch, Di Natale schießt im Fallen links am Tor vorbei.
85.: Iniesta mit dem Pass auf Torres. Italiens Abwehr entblößt, Buffon eilt wild aus dem Tor, Lupfer Torres aus 17 Metern - knapp drüber.
Fazit: Das bisher mit Abstand beste Spiel dieser EM! Tempo, Kreativität, Zweikampfhärte - es hat alles gepasst. Beide Mannschaften hinterließen einen sehr starken Eindruck und gehören ohne Zweifel zu den Titelanwärtern.
Der Star des Spiels: Andrea Pirlo. Die Kreativzentrale der Squadra war ein erstklassiger Ballverteiler. Mit seinen genialen Pässen öffnete er das Spiel der Italiener auf die Seiten. Auch unter Druck konnte sich Pirlo auf engstem Raum immer wieder befreien. Absolut unverzichtbar für Italien. Getty
Der Flop des Spiels: Jordi Alba. Wurde in der ersten Halbzeit ständig von Maggio überlaufen und hielt nicht die Abstände zu Innenverteidiger Ramos. Im Spiel nach vorne oft zu zaghaft. Spielte den Ball oft zurück zu Ramos, anstatt ihn schnell zu machen.
Der Schiedsrichter: Viktor Kassai war nicht immer auf Ballhöhe. Cassano hätte für seinen Tritt gegen Casillas (32.) Gelb sehen müssen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit hakte Busquets gegen Motta nach einem Zweikampf nach, was man auch als Tätlichkeit hätte werten können. Auch bei der Bewertung der Zweikämpfe lag der Ungar öfter mal daneben.
Die Trainer:
Vicente des Bosque: Sein Plan mit der "falschen" Neun Fabregas ging zunächst nicht auf. Der Barca-Spieler war in der ersten Halbzeit überhaupt nicht zu sehen. Iniesta und Silva kombinierten sich oft in den Strafraum, wo dann aber ein Abnehmer fehlte. Beim Ausgleich erfüllte Fabregas seine Aufgabe dann aber perfekt. Alba ist nicht die Ideallösung auf links. Ersatzmann Albiol hätte den Vorteil, Nebenmann Ramos aus dem Verein zu kennen.
Cesare Prandelli: Gab seiner Mannschaft zwei taktische Varianten mit auf den Weg, um die Spanier aufzuhalten. Im Aufbau wurde der Weltmeister mit frühem Pressing attackiert, bei Ballverlust im Zentrum wurde aus der Dreier- eine Fünfer-Abwehr gebildet mit De Rossi als klassischem Libero. Prandellis Maßnahme, den schludrigen Balotelli durch Di Natale zu ersetzen, war Gold wert.
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Das fiel auf:
- Italien packte die klassische Libero-Rolle und eine Fünferkette bei spanischem Ballbesitz aus. De Rossi spielte den Part dabei in der ersten Halbzeit perfekt, leistete sich später aber im Spielaufbau zwei haarsträubende Abspielfehler.
- In Hälfte eins verstanden es die Italiener, die Mitte weitgehend dichtzumachen, indem sich das Geflecht immer wieder im richtigen Moment schloss und den Spaniern den Raum raubte.
- Das spanische Pressing war erstaunlich anfällig. Alonso und Busquets schoben nicht konsequent nach, wenn die Reihen davor das Netz zusammenziehen wollten. So konnte sich Italien immer wieder spielerisch befreien und hatte plötzlich bei einigen Angriffen mindestens numerischen Gleichstand.
- Der Raum zwischen Alba und Ramos entpuppte sich als Schwachpunkt bei Spanien. Der starke Maggio machte immer wieder Druck auf Alba, Cassano lief dann in den freien Raum. Mit den steilen Zuspielen von den Außen ins Zentrum hatte Spanien ein paar Probleme.
- Balotelli agierte oft als Wandspieler, von den Seiten liefen die italienischen Außen vielversprechend ein und wurden von Pirlo mit glänzenden Pässen bedient.
- Das Zusammenspiel zwischen Silva und Iniesta war nahezu perfekt. Mit Doppelpässen wurde die italienische Abwehr hin und wieder ausgehebelt.
- Italien ließ gegen Ende des Spiels große Lücken in der Defensive, weil die Bildung der Fünferkette nach dem Ballverlust bei weitem nicht so gut funktionierte wie vor der Pause.
- Während viele Mannschaften in den ersten EM-Spielen kräftemäßig stark nachließen, gingen beide Teams bis zum Schluss ein enormes Tempo.
Spanien - Italien: Daten zum Spiel