Stefan Kuntz steht in der Türkei nach einem 2:4 gegen Japan weiter unter Druck. Bei einer Entlassung würde sich auch für den Deutschen Fußball-Bund eine Tür öffnen.
Stefan Kuntz wehrte sich lautstark mit aller Vehemenz. Nach der Niederlage gegen Japan prasselte gewaltig Kritik auf ihn ein - ganz wie nur drei Tage zuvor auf Hansi Flick. Der musste nach dem 1:4 der deutschen Nationalmannschaft gehen, durch das 2:4 (1:3) gegen den viermaligen Asienmeister könnte Kuntz ein ähnliches Schicksal drohen. Denn türkische Medien und Fans machen weiterhin gehörig Druck, äußern ihren Wunsch eindeutig.
"Go Home", schrieben türkische Fans am Dienstag auf Plakate. "Kuntz tritt zurück", sangen einige Anhänger beim missglückten Test in Genk. Und auch die bekanntlich wenig zimperliche türkische Presse zählte den beim DFB als Nachfolger von Hansi Flick gehandelten Kuntz mal wieder schwer an.
"Einladung zum Rücktritt", titelte die Zeitung Aksam Spor. Einen deutschen Trainer zu haben, sei ohnehin "Harakiri, Selbstmord", schrieb Fotomac.
Er müsse trotz unbestreitbarer Erfolge bereits seit Juni 2022 mit immenser Kritik umgehen, monierte Kuntz - und wurde in der Pressekonferenz mit energischem Ton zum Selbstverteidiger: "Es schützt keiner den Trainer. Er wird nur in Frage gestellt. Das ist total am Thema vorbei."
Stefan Kuntz in der Türkei mit gutem Punkteschnitt
Er arbeite mit seinem Team "ohne Ende, weil wir stolz sind, die türkische Nationalmannschaft zu trainieren. Am meisten tut mir weh, wenn die Spieler selbst nicht den Anspruch haben, 100 Prozent für die Nationalmannschaft zu geben. Auf dem Platz liegen Antworten, nicht in den Interviews".
Die Schärfe des Echos in Sachen Kuntz kommt durchaus überraschend. Schließlich ist die Türkei trotz des enttäuschenden 1:1 gegen Armenien am vergangenen Freitag mit zehn Punkten aus fünf Partien immer noch voll auf EM-Kurs, hat alles in eigener Hand. Mit einem Punkteschnitt von 1,95 liegt der ehemalige deutsche U21-Coach nur hinter Trainerikone Fatih Terim (2,05) - die Bilanz in seinen 20 Länderspielen passt eigentlich. Dazu integrierte er neue Talente.
Die Hauptvorwürfe: Spieler auf falschen Positionen, fehlende Spielidee - und dass ein Deutscher die Nationalmannschaft trainiert, stößt einigen Traditionalisten ohnehin sauer auf. Verbandschef Mehmet Büyükeksi bleibt diesbezüglich (noch) unbeeindruckt.
Stefan Kuntz in der Türkei: "Auf lange Sicht denken"
"Wir machen mit Stefan Kuntz weiter", sagte er am Rande des Japan-Spiels: "Das Wichtigste ist Stabilität. Wir wollen auf lange Sicht denken. Es ist notwendig, bei einem Punktverlust keine plötzliche Entscheidung zu treffen."
Ob er im Oktober in der entscheidenden Phase der EM-Qualifikation noch auf der türkischen Bank sitzt? Mal sehen. Womöglich geht der 60-Jährige dann stattdessen gar schon mit dem deutschen Team auf US-Reise, die Gerüchteküche brodelt zumindest. Kuntz ist ein Sympathieträger mit verbandsinterner Kenntnis und wird geschätzt. Er führte die U21 zu zwei EM-Titeln, kennt aus dieser Zeit zahlreiche aktuelle Nationalspieler bestens.
Womöglich öffnet sich für den DFB da ja alsbald eine Tür.