Haaland-Situation wird dem BVB gefährlich: Die Bundesliga-Thesen zum 17. Spieltag

Stefan Rommel
20. Dezember 202113:09
SPOXgetty
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Einen lustlosen Erling Haaland kann sich Borussia Dortmund auf Dauer nicht leisten - es droht aber eine Hängepartie. Hoffenheims Kader zeigt seine beeindruckende Tiefe, Bielefeld ist Deutscher Meister und bei Frankfurts Büffelherde 2.0 glänzt ein Hänfling.

BVB und die gefährliche Haaland-Situation

Das 2:3 in Berlin war zum Abschluss noch mal eine Spiel zum Vergessen und wird den BVB in der Aufarbeitung noch ein paar Tage beschäftigen. Deutlich länger droht das Hickhack um Erling Haaland anzudauern. Schon vor dem Spiel bei der Hertha musste sich Sportchef Michael Zorc erklären und ein paar beschwichtigende Worte finden zu Haalands Ehrenrunde beim Spiel davor gegen Fürth.
Nicht nur, weil das wie ein Abschied gedeutet werden konnte. Sondern weil es offenbar auch einigen Mitspielern mittlerweile missfällt, wie sich Haaland in solchen Momenten inszeniert. "Das sah komisch aus", gab Zorc denn auch zu.

Geradezu irritierend dann der Auftritt des Torjägers gegen die Hertha. Haaland wirkte zum ersten Mal in seiner Zeit beim BVB teilnahms- und lustlos. So mitreißend Haaland mit seiner Art für Mitspieler und Fans auch sein kann, so schnell kann sich das auch ins Gegenteil kehren.

Zumal jeder das Drumherum der letzten Wochen mitbekommen haben dürfte und wie Haalands Berater Mino Raiola gefühlt jeden Tag aufs Neue die Gerüchte um einen Wechsel seines Schützlings anheizt. Auffällig, wie sehr sich alle anderen immer über Haaland äußern müssen, Raiola, Zorc, Trainer Marco Rose, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke - Haaland selbst aber beharrlich schweigt. Dem BVB droht ein Drahtseilakt im Umgang mit seinem wichtigsten Spieler.

Hoffenheims Auswechslungen sind eine Kriegserklärung an jeden Gegner

Sebastian Hoeneß wechselte beim Remis gegen Gladbach nur dreimal, gestandene Spieler wie Sebastian Rudy oder Diadie Samassekou schmorten komplett auf der Bank. Hoeneß entschied sich für Ilhas Bebou, Christoph Baumgartner und Kevin Akpoguma - zwei klare Unterschiedspieler und den letztlich späteren Torschützen.

Was sich zuletzt immer mehr andeutete, in Leverkusen seinen Höhepunkt mit den beiden Toren der Einwechselspieler fand, verfestigt sich immer mehr: Hoffenheim hat nicht nur 33 Spieler und damit die zweitmeisten der Liga in seinem Kader, sondern auch eine unheimliche Leistungsdichte und damit jede Menge Optionen für Trainer Hoeneß.

Während andere Klubs in der Pandemie den Gürtel immer noch enger schnallen müssen, bleibt der TSG ein äußerst üppig besetzter Kader und der Vorteil, die mittlerweile fünf Wechsel damit auch voll ausnutzen zu können.

Nicht umsonst sind Einwechslungen der Kraichgauer auch immer eine Kriegserklärung an den Gegner: Mittlerweile hat Hoffenheim mehr als ein Drittel seiner 35 Saisontore in der Schlussviertelstunde erzielt. Und 16 verschiedenen Torschützen und damit mit Abstand die meisten der Liga sind kein Zufall.


Arminia Bielefeld ist Deutscher Meister - in einer Kategorie

Im März dieses Jahres überraschte Arminia Bielefeld mit der Freistellung von Aufstiegstrainer Uwe Neuhaus und vertraute stattdessen Frank Kramer die Mission Klassenerhalt an. Am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison machte die Arminia dann mit Kramer das Saisonziel fix und deutete da schon an, was die große Stärke der Mannschaft werden würde.

Das Spiel mit dem Ball bleibt zwar ein großes Problem, erst 14 erzielte Tore sind die zweitwenigsten der Liga. Aber im Spiel gegen den Ball ist Arminia Bielefeld unter Frank Kramer so etwas wie Deutscher Meister.

Seit Kramer auf der Alm das Sagen hat, spielte Bielefeld schon elf Mal zu Null. In 28 Spielen ist das für einen Abstiegskandidaten fast schon sensationell - und von keiner anderen Mannschaft zu übertreffen. Selbst die Bayern, Leipzig, Dortmund, Freiburg und Co. schafften nicht so viele Spiele ohne Gegentore wie die Arminia.

Hat die beste Mannschaft Deutschlands in der Kategorie Spiel gegen den Ball: Frank Kramer.getty

SC Freiburg kann fast jeden Gegner auseinanderspielen

Der SC Freiburg ist die beste deutsche Mannschaft hinter den Bayern und Borussia Dortmund. Was man im Verlauf der Hinserie immer mal ahnen konnte, findet nun nach der Hälfte der Saison auch seine faktische Bestätigung. 29 Punkte sind neuer Klubrekord und mit ein wenig mehr Effizienz im Angriff hätte es sogar noch der eine oder andere Zähler mehr sein können.

Christian Streich hat mit seiner Mannschaft mal wieder Erstaunliches geleistet, das gesteckte Ziel Klassenerhalt ist nur noch zwei, vielleicht drei Siege weit weg. Aber anders als in den letzten, auch schon überzeugenden Jahren, definiert sich die Mannschaft nicht mehr "nur" über einen für den Gegner sehr unangenehmen Pressingansatz.

Freiburg kann in dieser Saison fast jeden Gegner auch mit dem Ball auseinanderspielen. Mit Lucas Höler und Kevin Schade spielen zwei der Entdeckungen der Saison für die Breisgauer. Mark Flekken, davor nur in der zweiten und dritten Liga unterwegs, ist einer der besten Keeper der Hinserie. Das ist alles kein Zufall und aus Freiburger Sicht gar nicht hoch genug zu bewerten.

Über das Saisonziel wird in Freiburg deshalb aber noch lange nicht verhandelt, Trainer Streich wird dafür einfach nur auf die Tabelle verweisen müssen.
Da ist Freiburgs Rückstand auf den Tabellenführer größer als sein Vorsprung auf Abstiegsrang 17. Und das als Tabellendritter. Das spricht nicht unbedingt für die Bundesliga - Christian Streich erleichtert es aber ein wenig das Leben.

Jesper Lindström ist das Gesicht des Frankfurter Aufschwungs

Früher gab es die Frankfurter Büffelherde. Heute gibt es: Die Frankfurter Büffelherde. Nur eben in einer neuen, etwas abgewandelten Version. Die wuchtigen Spieler im Angriff sind nicht mehr da, die Wucht im Frankfurter Spiel kommt in den letzten Wochen aber vehement zurück.

Die Eintracht hat sich nach den schweren Wochen der abgelaufenen Saison unter Adi Hütter und einem holprigen Start mit Oliver Glasner wieder auf den Power-Trip begeben, mit jeder Menge Intensität, Aggressivität, Leidenschaft und Willen. Nur die Bayern sprinten mehr als die Spieler der Eintracht, bei der Laufstrecke, bei den intensiven Läufen und bei den Fouls am Gegner - quasi als Kollateralschaden der Spielweise - holt Frankfurt Woche für Woche weiter auf.

Die Partie gegen die ähnlich veranlagten Mainzer war ein reiner Abnutzungskampf, teilweise eine echte Abwehrschlacht aus Sicht der Eintracht. Mit einem erneut herausragenden Jesper Lindström. Der Däne, leichtfüßig, schmächtig, das genaue Gegenteil der früheren Büffelherde, krönte seinen überragenden Dezember mit dem Siegtor. In den letzten sechs Ligaspielen sammelte Lindström damit sechs Scorerpunkte (vier Tore, zwei Assists) und auch beim Dänen ist zu konstatieren: Jesper Lindström ist voll in der Saison angekommen.