BVB - Wie eine Schachtel Pralinen: Fünf Thesen zur Dortmund-Niederlage bei Manchester City

Kerry Hau
07. April 202107:58
SPOXgetty
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Der BVB kann, wenn er will - und besser trainiert, wie Mats Hummels nach dem 1:2 bei Manchester City andeutete. Fünf Thesen zum Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals.

Der BVB kann, wenn er will

Wie heißt es in dem Film Forrest Gump? "Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen - man weiß nie was man kriegt." Kaum ein Satz würde besser auf die Mannschaft von Borussia Dortmund zutreffen. Das Spiel in Manchester hat wieder einmal gezeigt, wie unberechenbar der Tabellenfünfte der Bundesliga ist.

Ob der eigene Spielaufbau und die Erarbeitung von Chancen oder aber das aggressive Beackern des Gegners: All das, was vergangenen Samstag gegen Eintracht Frankfurt überhaupt nicht funktioniert hat, klappte gegen den englischen Spitzenreiter - für so manchen Experten die derzeit beste Mannschaft Europas - auf einmal prächtig.

Die für gewöhnlich als Ball- und Pressingmaschine bekannte Truppe von Pep Guardiola hatte "nur" an die 60 Prozent Ballbesitz und legte insgesamt ein weitaus weniger mutiges Anlaufverhalten an den Tag als im Achtelfinale gegen Borussia Mönchengladbach und auch überwiegend in der Premier League.

Zu mühelos lösten die Abwehr-, aber auch die Mittelfeldspieler um die starken Mahmoud Dahoud und Jude Bellingham viele Situationen unter Gegnerdruck. "Da hat sich die Qualität von Dortmund gezeigt", lobte Guardiola die Gäste aus dem Ruhrgebiet. "Es ist nicht einfach, sie zu kontrollieren, wenn sie den Ball haben." Mats Hummels indes sprach von einer Leistung, wie man sie von Borussia Dortmund nun einmal erwarte. Einer Leistung "mit sehr viel Leidenschaft und Engagement".

Warum aber kommt es immer wieder zu so Aussetzern wie gegen Frankfurt? "Wenn wir das nur wüssten", rätselte Marco Reus, der Schütze des in der 84. Minute viel umjubelten Ausgleichstreffers, im Post-Match-Interview bei DAZN. "Wir reden jetzt ja schon seit einem Jahr über Kontinuität. Die brauchen wir halt auch." Sein Kollege Hummels beließ es im Gespräch mit Sky nicht nur mit Forderungen, sondern legte einen interessanten Erklärungsansatz dar: "Man erarbeitet sich das jeden Tag im Training. Wenn man es in jedem Training zeigt, zeigt man es auch in jedem Spiel."

Ein Vorwurf an die Mannschaft, oft nicht die nötige Ernsthaftigkeit an den Tag zu legen? Klar ist nach diesem Abend jedenfalls: Wenn die Dortmunder wirklich wollen, dann können sie auch. Eine Bestätigung der Leistung in Manchester am kommenden Mittwoch und ein Weiterkommen ist möglich.

Guardiola braucht Agüero

Dass sich die Dortmunder aufbäumten, ausglichen, letzten Endes aber trotzdem als Verlierer vom Platz gingen, war in erster Linie einer weiteren Gala-Vorstellung von Kevin de Bruyne geschuldet.

Der Belgier erwies sich als Dreh- und Angelpunkt der stürmerlosen City-Offensive, initiierte etliche Angriffe und lieferte neben seinem Tor zum 1:0 auch die Vor-Vorlage zum 2:1. In dieser Form ist er nur schwer zu verteidigen. Allerdings braucht Guardiola im Rückspiel mehr als den 29-Jährigen, um sicher die nächste Runde zu erreichen. Er braucht einen Plan B. Von Akteuren wie Bernardo Silva, Riyad Mahrez oder - bis zu seiner Vorlage für Phil Foden - selbst Ilkay Gündogan kam am Dienstagabend nämlich vergleichsweise zu wenig.

Gut für City: Sergio Agüero ist nach seiner Verletzungspause wieder zurück. Nicht auszuschließen, dass Guardiola ihn für das Rückspiel einplant. Der Argentinier ist immer für ein Tor gut - und das könnte dem BVB kommende Woche möglicherweise schon das Licht ausknipsen.

Reus zieht einen Schlussstrich

Nicht nur die Mannschaft des BVB gab im Etihad Stadium die richtige Antwort auf die jüngste Bundesliga-Pleite, sondern auch ihr Kapitän.

Reus, vor allem wegen seiner offen zur Schau gestellten Frustration über seine Auswechslung im Duell mit Frankfurt in die Kritik geraten, zeigte sich sehr bemüht, arbeitete auch fleißig gegen den Ball und pushte seine Mitspieler. Außerdem gab er mit drei Torschüssen die meisten aller BVB-Akteure ab.

Die Belohnung: sein Treffer zum zwischenzeitlichen 1:1, dem eine schöne Co-Produktion zwischen dem omnipräsenten Bellingham und dem weniger auffälligen, aber dennoch bemühten Erling Haaland vorausgegangen war.

"Marco weiß um seine Rolle und dass die Aktion am Wochenende nicht besonders glücklich war", meinte Lizenzspielerleiter Sebastian Kehl schon vor dem Anpfiff. "Da machen wir jetzt aber auch einen Strich drunter." Gesagt, getan. Reus gab seine Antwort wenig später auf dem Platz.

Fingerzeig an Hazard, Brandt und Co.: Knauff macht Lust auf mehr

Am 27. März kickte Ansgar Knauff noch mit der Zweitvertretung der Borussia in der Regionalliga gegen Fortuna Düsseldorf II. Zehn Tage später ließ Proficoach Edin Terzic das Eigengewächs anstelle von etablierten Spielern wie Thorgan Hazard, Gio Reyna oder Julian Brandt von Anfang an gegen einen der Top-Favoriten auf den Champions-League-Titel ran.

Ein Fingerzeig an die zuletzt schwächelnden Stars - aber auch an den seit November mit einem Profivertrag ausgestatten Knauff, der zuvor schon als Joker in der Bundesliga Pluspunkte gesammelt hatte.

"Ansgar hat viel Tempo, deshalb haben wir uns für ihn entschieden", erklärte Terzic vor dem Spiel. Der Rechtsaußen zahlte das Vertrauen zurück, gewann bis zu seiner Auswechslung nach einer guten Stunde 62 Prozent seiner 13 Zweikämpfe und bereitete zudem zwei Torschüsse vor.

Ein überzeugendes Königsklassen-Debüt, das Lust auf mehr macht. Mit 19 Jahren und 86 Tagen kann sich der 2016 aus der Jugend von Hannover 96 zum BVB gewechselte Knauff zumindest schon einmal als jüngster Deutscher bezeichnen, der es in der K.o.-Phase der Champions League in die Startelf der Dortmunder geschafft hat.

Die CL verdient Champions-League-taugliche Schiedsrichter

Jünger aufseiten des BVB als Knauff war am Dienstagabend nur Bellingham. Der 17-jährige Engländer zeigte auf heimischem Boden seine wohl stärkste Leistung seit seinem Wechsel nach Dortmund. Dass diese Leistung nicht von einem eigenen Treffer gekrönt wurde, lag an Ovidiu Hategan.

Als der BVB-Youngster in der 37. Minute Citys Keeper Ederson den Ball vom Fuß spitzelte und ihn ins leere Tor einschob, entschied der Unparteiische aus Rumänien nämlich auf Foulspiel Bellingham. Eine klare Fehlentscheidung, da Bellingham vor Ederson am Ball war und der Keeper durch seinen eigenen Tritt zu Boden ging.

Bitter aus Dortmunder Sicht: Der VAR konnte nicht eingreifen, da der Unparteiische, warum auch immer, vor der Erzielung des Tores abgepfiffen hatte. So lief die Partie direkt danach mit Freistoß für City weiter, was die anwesenden Dortmunder sowie den außer Gefecht gesetzten Jadon Sancho verärgerte.

Zu Recht. Die Leistung des Unparteiischengespanns zeugte insgesamt von wenig Souveränität. Dass Hategans Assistent Octavian Sovre im Spielertunnel dann auch noch BVB-Stürmer Erling Haaland vor laufenden Kameras um ein Autogramm auf seinem Notizblock bat, passte ins Bild. Mit Professionalität, mit Champions League, hatte das wenig zu tun.

BVB: Die kommenden Partien

TerminWettbewerbGegnerHeim/Auswärts
10.04.2021BundesligaVfB StuttgartA
14.04.2021Champions LeagueManchester CityH
17.04.2021BundesligaWerder BremenH