Thesen zum 11. Bundesliga-Spieltag: Die Bayern und die Baustelle rechts hinten

Stefan Rommel
08. November 202113:26
Benjamin Pavardgetty
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Der Rekordmeister dominiert die Liga und kaschiert dabei ein veritables Problem. Dazu: Florian Kohfeldts Kniff beim VfL Wolfsburg, der Farbtupfer VfL Bochum und die aktuell schlechteste Mannschaft der Liga. Die Thesen zum 11. Spieltag.

Stuttgart stellt derzeit die schlechteste Mannschaft der Liga

Man sagt das ja gerne so dahin, aber im Fall des VfB Stuttgart stimmte das am Wochenende tatsächlich: Pellegrino Matarazzo fehlte gegen Arminia Bielefeld eine komplette Mannschaft.

Elf Spieler vom Torhüter bis zum Mittelstürmer fielen aus und man übertreibt nicht mit der Behauptung: Das war ein großes Problem.

Es nimmt die anderen Spieler des Kaders und ihren Trainer aber nicht aus der Pflicht und als Ausrede darf die unheimliche Misere schon gar nicht gelten. Auch mit den Spielern, die am Samstag auf dem Platz standen, ließe sich ein Bundesligasiel gegen Bielefeld gewinnen.

Aber weil die halbe Mannschaft derzeit außer Form scheint und Matarazzos Positionswechsel ins Leere liefen, kam eine trostlose Leistung zustande, die nichts Gutes ahnen lässt für die kommenden Wochen.

Dass Stuttgart unter den gegebenen Umständen die Leichtigkeit der Vorsaison nicht erreichen kann, liegt auf der Hand.

Aber in diesen schwierigen Wochen, mit dieser dünnen Personaldecke, den fehlenden Abläufen und dem gar nicht mehr vorhandenen Selbstvertrauen ist der VfB aktuell die schlechteste Mannschaft der Liga.

Nmecha oder Weghorst? Nmecha und Weghorst!

In den letzten Wochen hatte der VfL Wolfsburg ganz viele Sorgenkinder, unter anderem gehörten auch Wout Weghorst und Lukas Nmecha dazu. Weghorst, weil er an Corona erkrankt und bei Ex-Trainer Mark van Bommel nicht besonders wohl gelitten war. Nmecha, weil er Weghorst ersetzen sollte als Keilstürmer, in der Position aber ein wenig fremdelte bei seinem neuen Klub.

Nun scheint sich die verzwickte Situation aber in Luft aufzulösen. Van Bommel ist nicht mehr Trainer und wurde ersetzt durch Florian Kohfeldt. Der wiederum geht weg vom 4-2-3-1 des Niederländers und versucht sich mit der Dreierkette in der letzten Linie und einem 3-4-2-1. Das passt offenbar ganz gut, wie drei Siege aus den ersten drei Pflichtspielen vermuten lassen.

Und für Nmecha hat Kohfeldt auch ein geeignetes Plätzchen gefunden. Der künftige Nationalspieler soll nun eher um Weghorst herum spielen, als eine Art eingerückter Zehner.

Damit hat Nmecha wenig frontalen Gegnerkontakt, kann aus der Tiefe nach vorne stoßen und auch seine fußballerischen Fähigkeiten besser einbringen. Scheint ganz gut zu funktionieren, wie drei Tore aus den letzten drei Spielen dokumentieren.

Hertha BSC: Zurück in die Zukunft mit Vladimir Darida

Es gibt ein paar Zahlen, die sind tatsächlich noch beeindruckender als die Laufleistung von Vladimir Darida. Zum Beispiel jene, dass Hertha BSC ohne den Tschechen in der Startelf drei von vier Spielen verloren hat und dabei im Schnitt 0,75 Punkte eingefahren hat.

War Darida aber von Beginn an auf dem Platz, lautet die Bilanz: Drei Siege, ein Remis, zwei Niederlagen. Der Punktschnitt liegt dann bei 1,67. Mit der Rückkehr zum Dardai-Fußball ist auch Darida wieder richtig wichtig geworden im Konzept der Hertha.

Dabei gab es nun schon drei oder vier Versuche verschiedener Trainer, ein tragfähiges Konzept ohne den 31-Jährigen zu entwickeln.

Am Ende aber kommen sie alle nicht an Darida vorbei. So wie jetzt auch schon wieder Dardai, der einen Fußball spielen lässt wie vor drei, vier Jahren und dafür geeignete Spielertypen benötigt: Arbeiter, Kämpfer, Mentalitätsspieler. Spieler wie Santi Ascacibar - oder eben Darida.

Die Bayern und die Baustelle rechts hinten

Die Bayern haben die beste Mannschaft, die man haben kann und den besten Trainer, den man haben kann und seit Menschengedenken ja auch das größte Selbstbewusstsein, das man haben kann. Und trotzdem gibt es immer wieder Probleme.

Derzeit macht Julian Nagelsmann das Gegenpressing ein bisschen zu schaffen. Das offenbart immer mal wieder ein paar Schlupflöcher für den Gegner, wenn die ballfernen Spieler nicht aufmerksam genug sind und Anschluss halten an ihre Kollegen in Ballnähe.

Gemeint sind damit in der Regel die Außenbahnspieler, wobei die Diskrepanz zwischen dem, was die Bayern auf der linken Seite aufbieten und dem, was sie auf der rechten Seite ausprobieren, für Bayern-Verhältnisse recht groß ist.

Links ist Alphonso Davies über alle Zweifel erhaben. Auf der rechten Seite probiert Nagelsmann immer wieder neue Lösungen - und mit keiner kann er so recht zufrieden sein. Benjamin Pavard spielte drei Mal in der Vierer- und einmal als Schienenspieler vor der Dreierkette, Niklas Süle ebenfalls drei Mal als Außenverteidiger und einmal als rechter Innenverteidiger.

Josip Stanisic bot Nagelsmann vier Mal als rechten Verteidiger auf, Bouna Sarr durfte gegen Fünftligist Bremer SV auf dieser Position spielen. Vier verschiedene Optionen, keine zufriedenstellende Lösung. Das entspricht nicht unbedingt den höchsten Ansprüchen der Bayern.

Benjamin Pavardgetty

FC Bayern München: Spielplan in den kommenden Wochen

DatumWettbewerbGegnerOrt
19. November, 20.30 UhrBundesligaFC AugsburgGast
23. November, 18.45 UhrChampions LeagueDynamo KiewGast
27. November, 18.30 UhrBundesligaArminia BielefeldHeim
4. Dezember, 18.30 UhrBundesligaBorussia DortmundGast

Bochum ist ein Gewinn für die Liga

Vor ein paar Wochen hat der VfL Bochum gegen die Bayern die Hütte voll bekommen und die Frage stand im Raum, ob Bochum überhaupt etwas in der Bundesliga verloren hätte. Zum Glück aber sind Spiele gegen die Bayern als Einzelfall zu betrachten, so auch jenes 0:7 aus Bochumer Sicht.

Denn alles, was vor und nach diesem Spiel vom VfL Bochum so zu sehen war, ist absolut bundesligatauglich - und in gewisser Weise sogar einzigartig. In einer oft genug langweiligen Liga mit langweiligen Spielen stechen Termine mit Bochumer Beteiligung immer öfter heraus.

Am Wochenende sorgte der VfL zwar nicht für das fußballerische Highlight, aber doch für das aufregendste Spiel des Spieltags.

Szenen wie in Bochum nach dem verschossenen Elfmeter und erst recht nach dem Fernschusstor zum 2:0, in diesem engen Stadion, das auch noch Stadion heißen darf und nicht Arena oder Park, die Fans, der entfesselte Jubel von Fans und Spielern, der Zusammenhalt untereinander: Das macht die Bundesliga doch erst aus.