WM 2022 - Thilo Kehrer beim DFB-Team: T spielt trotz Fehlern immer

Nino Duit
22. November 202208:54
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Thilo Kehrer (26) startet aller Voraussicht nach als Stamm-Rechtsverteidiger der deutschen Nationalmannschaft in die WM. Zuletzt wusste Hansi Flicks Lieblingsschüler aber nicht zu überzeugen, weder beim DFB-Team noch bei seinem neuen Klub West Ham United.

Nicht Kapitän Manuel Neuer, nicht Abwehrchef Antonio Rüdiger, nicht Mittelfeldmotor Joshua Kimmich: Die meisten Einsatzminuten seit der Amtsübernahme von Hansi Flick im Sommer 2021 hat Thilo Kehrer gesammelt. Bei 14 der 16 Spiele kam er zum Einsatz, zehnmal spielte er durch - und zwar auf unterschiedlichen Positionen. Kehrer agierte unter Flick bereits als Links-, Rechts- und Innenverteidiger.

Nach stabilen Auftritten in den ersten Monaten unter dem neuen Bundestrainer gegen größtenteils schwächere Gegner ließ Kehrer zuletzt jedoch nach. Exemplarisch für die Entwicklung steht sein Auftritt beim letzten Testspiel im Oman (1:0). Wie schon bei den Nations-League-Spielen gegen Ungarn und England im September agierte er als Teil einer generell wackeligen Defensive fehlerhaft und bisweilen desorientiert.

Kehrer begann gegen den Oman in der Innenverteidigung, rückte nach der Auswechslung von Lukas Klostermann aber bereits in der 34. Minute auf seine noch am ehesten angestammte rechte Seite. Dort wird er trotz zuletzt durchwachsenen Leistungen aller Voraussicht nach auch beim ersten WM-Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Japan (Dienstag, 14 Uhr im LIVETICKER) auflaufen.

Flicks einzige positionsgetreue Alternative ist Lukas Klostermann, der gegen den Oman sein Comeback nach dreieinhalbmonatiger Verletzungspause feierte. Ob der Rechtsverteidiger von RB Leipzig bereits über eine WM-Startelf-würdige Fitness verfügt, erscheint aber äußerst fraglich. Jonas Hofmann und Niklas Süle kämen als Notlösungen in Frage, sind aber eigentlich auf der offensiven Außenbahn beziehungsweise in der Innenverteidigung heimisch.

Thilo Kehrer: Flick riet ihm zu West Ham, Moyes nennt ihn "T"

Kehrer war im Sommer nach vier Jahren als Rotationsspieler bei Paris Saint-Germain in Hoffnung auf mehr Spielpraxis zu West Ham United gewechselt. Die Ablösesumme betrug lediglich zwölf Millionen Euro. Rund ein Drittel der Summe also, die PSG einst an den FC Schalke 04 überwies. Zum Schritt nach London geraten hat Kehrer in einer persönlichen Unterredung auch Bundestrainer Flick. "Nach diesem Gespräch bin ich in mich gegangen und habe mich für den Wechsel entschieden", verriet der 26-Jährige.

Während Kehrer eine enge Beziehung zu Flick pflegt, konnte sein neuer Klub-Trainer David Moyes zunächst nicht einmal seinen Vornamen aussprechen. "Thilo" ist offenbar nicht für schottische Zungen gemacht. "Ich habe ihn schon Theo und alles mögliche andere genannt", verriet Moyes nach den ersten gemeinsamen Tagen. "Ich muss mir noch einen Spitznamen für ihn überlegen. Ich werde ihn 'T' nennen."

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Thilo Kehrer: Fehlerhafter Immer-Spieler

Trotz der Kommunikationsprobleme steckte Moyes bisher das gleiche Vertrauen in T wie Nationaltrainer Flick. Kehrer spielt immer. In der bisherigen Saison absolvierte er jede einzelne Premier-League-Partie über die volle Spielzeit, wusste dabei aber genau wie seine Mannschaft generell nur selten zu überzeugen. Der Conference-League-Teilnehmer schlitterte in den Abstiegskampf, liegt aktuell nur auf Tabellenplatz 15.

"Er leidet auf dem Platz und muss sich erst an die Premier League gewöhnen", sagt Sean Whetstone vom Blog "West Ham Till I Die" im Gespräch mit SPOX und GOAL. "Fehler von ihm haben schon zu fünf Gegentoren geführt. Die Fans sind manchmal frustriert, dass er trotz seiner Form immer wieder in der Startelf steht." West Ham verlor zuletzt hintereinander gegen Manchester United, Crystal Palace und Leicester City, Kehrer hatte jeweils Anteile an Gegentoren.

Es ist aber nicht nur die Fehleranfälligkeit im Abwehrveralten, an der Kehrer arbeiten muss. Laut Whetstone besteht auch bei der Vorwärtsbewegung und trotz einer Körpergröße von 1,86 Metern bei seinem Kopfballspiel Verbesserungspotenzial. Seine durchschnittliche Zweikampfquote dieser Saison liegt bei rund 47 Prozent, ein schwacher Wert für einen Defensivspieler.

Thilo Kehrer überzeugt als Führungsspieler

Wenn schon nicht sportlich, überzeugt Kehrer bei West Ham bisher immerhin charakterlich. "Von Mitspielern hört man, dass er eine große Persönlichkeit ist, lautstark, eine Führungsfigur in der Kabine", verrät der Blogger. Wie ein stabiler Führungsspieler tritt Kehrer längst auch bei der Nationalmannschaft auf, etwa bei der kurzzeitig unterbrochenen Pressekonferenz am Sonntag.

Kehrer saß aufrecht auf seinem Sessel, sprach laut, gestikulierte viel. Er strahlte eine Selbstsicherheit aus, die er auf dem Platz zuletzt vermissen ließ. Die enttäuschende Hinrunde mit West Ham habe "mein Selbstvertrauen bei der Nationalmannschaft nicht beeinträchtigt", versicherte Kehrer. "Ich spüre das Vertrauen von Hansi. Das sieht man an den Fakten. Ich gebe alles, um das Vertrauen zurückzuzahlen."

Mit seinen regelmäßigen Positionswechseln bei West Ham und in der Nationalmannschaft habe er laut eigener Auskunft "kein Problem". Als gelernter Innenverteidiger interpretiert Kehrer die Außenverteidigerposition naturgemäß konservativer als beispielsweise David Raum, der sich auf der linken Seite mit Christian Günter um einen Startplatz duelliert. "Ich kann mich nach vorne einschalten, aber ich habe meine Hauptstärke im defensiven Bereich", sagt Kehrer.

Gerade da haperte es zuletzt aber gewaltig, bei ihm persönlich wie bei der ganzen Mannschaft. Mit schnellen Kontern war das DFB-Team leicht auszuhebeln, vor allem auf den Flügeln taten sich bisweilen riesige Räume auf. Das gilt es gegen Japan tunlichst zu vermeiden, denn Deutschlands erster Gruppengegner könne laut Kehrer "sehr gut umschalten".

WM 2022 - Gruppe E mit Deutschland: Der Spielplan

DatumUhrzeitTeam ATeam BÜbertragung
23. November14 UhrDeutschlandJapanARD, MagentaTV
23. November17 UhrSpanienCosta RicaARD, MagentaTV
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