Der ganz normale Trainer-Wahnsinn

Florian Bogner
22. November 200901:42
Markus Babbel braucht wie Zvonimir Soldo und Michael Skibbe dringend wieder ErfolgserlebnisseGetty
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Auf Markus Babbel, Zvonimir Soldo und Michael Skibbe kommen nach dem 13. Spieltag ungemütliche Zeiten zu. Während Babbels Argumente rarer werden, hat Soldo bereits allen Kredit bei den Fans verspielt. Skibbe wird sich mit dem Vorstandschef nicht einig. Die Lage der drei Krisen-Trainer im Überblick.

Markus Babbel (VfB Stuttgart)

Der Achtungserfolg in Sevilla (1:1) hat nicht den gewünschten Hauruck-Effekt erzeugt: In der Liga reiht der VfB Remis an Remis und rutscht nach dem zehnten sieglosen Pflichtspiel in Folge sogar auf einen Relegationsplatz ab. Babbel bleibt zwar besonnen ("Wir dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren, müssen konzentriert weiterarbeiten"), verliert aber weiter an Argumenten.

Hauptkritikpunkt: Der Trainer bekommt keine Kontinuität ins Team, wechselt Systeme (4-4-2 mit Doppelsechs, 4-4-1-1, 4-4-2 mit Raute, 4-3-2-1) wie Spieler permanent durch. Die Verunsicherung ist dem Team deutlich anzumerken. Stellvertretend dafür sagt Arthur Boka: "Vielleicht fehlt uns derzeit das Vertrauen in unsere eigene Stärke."

Heldt immer ratloser

Unverständlich ist auch, dass Babbel weiter experimentiert: Christian Träsch beispielsweise mal rechts hinten und mal im defensiven Mittelfeld spielen lässt, Thomas Hitzlsperger dafür ins ungeliebte linke Mittelfeld beordert. Seine Treue zum nicht fitten Alexander Hleb quittierten die VfB-Fans bereits mit Pfiffen. Ciprian Marica hat schon längst keinen Kredit mehr bei den Fans, wird aber dennoch oft eingesetzt.

Am ratlosesten wirkt derzeit Sportvorstand Horst Heldt, der sich Woche für Woche die Frage stellen muss, wann denn nun endlich die Wende eintritt. "Es ist alles nicht befriedigend, was wir hier abliefern. Wir hätten gewinnen müssen, das ist die Situation und die ist nicht zufriedenstellend", sagte Heldt nach dem 1:1 gegen die Hertha.

Auf die Frage, ob denn nun erneut der Trainer infrage stehe, antwortete Heldt: "Was soll ich darauf antworten? Wissen sie, wir müssen Ergebnisse liefern. Ich selbst kann letztendlich nichts für irgendwelche Diskussionen, die andere führen." Das Champions-League-Spiel in Glasgow am Dienstag ist richtungweisend. Verliert der VfB dort erneut, ist Babbel mehr als angezählt. Am nächsten Wochenende wartet Leverkusen.

Zitat des Tages: "Es geht hier nicht um Einzelleistung. Es geht darum, dass wir endlich mal anfangen sollten, zu punkten. Das ist nicht mehr erträglich!" - Horst Held weicht der Trainerfrage aus

User-Kommentar von elangeldemadrid: "Ich finde Babbel ja gut, aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, ihn zu entlassen. Sorry, aber wenn man sich die Qualität des VfB-Kaders anschaut, dann darf ein Relegationsplatz nie und nimmer dabei raus kommen, Krise hin oder her."

Seite 2: Soldo im Kreuzfeuer - Fans wenden sich ab

Zvonimir Soldo (1. FC Köln)

Der 1. FC Köln legte beim 0:4 gegen 1899 Hoffenheim den x-ten Offenbarungseid ab und ließ erneut jegliche Bundesliga-Tauglichkeit vermissen. Im Zentrum der Kritik steht Soldo, der schon nach fünf Monaten seinen Kredit bei den Fans verspielt hat.

Trotz 10-Millionen-Transfer Lukas Podolski ist Kölns Offensive eine Katastrophe, sieben Tore sind Liga-Minus. In den letzten vier Spielen hat Soldos Team ganze acht Schüsse aufs Tor zustande gebracht. Podolski auf dem Flügel spielen zu lassen, hat dem Nationalspieler weiter Selbstvertrauen genommen.

Es ehrt den Kroaten, dass er bei seinen Erklärungsversuchen nicht verklärt, sondern stets seine ehrliche Enttäuschung zum Ausdruck bringt. "Ich muss mich für diese desolate Leistung entschuldigen. Wir waren keine Einheit auf dem Platz und haben uns nicht gegenseitig unterstützt. Wir sind nicht gefestigt genug", sagte er nach dem Hoffenheim-Spiel schonungslos.

Neuer Höhepunkt des Novakovic-Streits

Doch die Mannschaft zur Einheit zu formen, wäre eigentlich seine Aufgabe. Stattdessen gehen die Spieler aufeinander los und Soldo leistet er sich permanent Auseinandersetzungen mit Kapitän Milivoje Novakovic, die in dieser Woche einen neuen Höhepunkt erreichten.

Novakovic und Miso Brecko wollten bis Freitag in Slowenien bleiben, um den WM-Einzug zu feiern, Köln verbot den Spielern das. Beide spielten darauf hin gegen Hoffenheim so schlecht, dass der Trainer Brecko schon nach 29 Minuten und Novakovic in der Halbzeit raus nahm. Fortsetzung folgt...

Bis zur Winterpause hat Köln mit Bochum, Freiburg und Nürnberg drei Gegner auf Augenhöhe, nur Bremen scheint zu stark. Soldo muss dort dringend punkten, sonst ist er bald seinen Job los.

Zitat des Tages: "Das ist doch selbstverständlich. Haben Sie etwas anderes erwartet?" - Michael Meier auf die Frage, ob Soldo in Bochum noch auf der Bank sitzt.

User-Kommentar von Zyrock: "Brecko und Novakovic dürften sich bei mir direkt die Papiere holen. Beide sind es nicht würdig, dieses Trikot zu tragen. Auch wenn ich der Meinung bin, es liegt nicht am Trainer: Man kann nicht die ganze Mannschaft rausschmeißen. Also sollte Soldo den Hut nehmen, er erreicht die Mannschaft einfach nicht. Insgesamt wünsche ich mir nach dem Spiel einen harten Rundumschlag."

Seite 3: Skibbe und Bruchhagen reden aneinander vorbei

Michael Skibbe (Eintracht Frankfurt)

Die Formkurve der Eintracht zeigt steil nach unten. Doch statt sich zurückhaltend seiner Kernaufgabe zu widmen, die Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen, schlug Skibbe zuletzt dissonante Töne an. Nach dem 0:4 in Leverkusen kritisierte er die Einkaufspolitik des Vorstands, nach dem 1:2 gegen Gladbach redete er nun das Team stark.

"Auf diesem Spiel können wir aufbauen. Dank unserer kämpferischen Leistung hätten wir einen Punkt verdient gehabt", sagte Skibbe leicht irritierend. Vorstandschef Heribert Bruchhagen war anderer Meinung: "Das war eine ganz bittere Niederlage, die uns schwer trifft. Die beiden Gegentore dürfen so nicht passieren. Wir haben den Blick nach unten."

Warten auf Lincoln?

Wofür der Trainer nichts kann, ist die Verletztenmisere der Frankfurter. Nach dem Ausfall von Ioannis Amanatidis (Knie-OP) und Martin Fenin (Leisten-OP) war Nikos Liberopoulos wegen des Todes seines Vaters nicht gegen Gladbach dabei. Es stürmten dafür die Mittelfeldspieler Alexander Meier und Ümit Korkmaz.

Bis zur Winterpause hat die Eintracht noch Berlin, Mainz, Hoffenheim und Wolfsburg vor der Brust. Im Winter soll Skibbes Wunschspieler Lincoln kommen, den Bruchhagen aber nicht um jeden Preis haben will. Doch bis dahin darf die Eintracht (nur zwei Siege aus den letzten acht Spielen) nicht weiter abrutschen, sonst bekommt Skibbe noch mehr Druck von oben.

Zitat des Tages: "Alles was auszuräumen war, ist ausgeräumt. Aber ich bin immer gesprächsbereit." - Michael Skibbe über Meinungsverschiedenheiten mit Bruchhagen

User-Kommentar von Viduka: "Die selten dämliche Tore erinnerten mich doch stark an die letzte Saison. Der Unterschied ist diesmal nur, dass wir einen guten Trainer haben und auch aus diesem Tief wieder rauskommen - auch wenn ich heute tierisch sauer und enttäuscht bin. Nach der heutigen Partie sollte uns allen auch mal wieder klar sein, dass es diese Saison nur darum geht, möglichst weit entfernt von den Abstiegsrängen zu bleiben."

Die Tabelle der Bundesliga