Finaleinzug gegen Werder Bremen und ein Arjen-Robben-Traumtor - dennoch war Bayern-Präsident Uli Hoeneß mächtig sauer. Auf den Rasen, auf Schalkes Trainer Felix Magath und auf dessen angebliche Manipulation. Selbst Jogi Löw übte Kritik.
Uli Hoeneß hatte für 2010 einen hehren Vorsatz. Er sei zurückgetreten, um in das zweite Glied zu rücken und nur noch als zurückhaltender Beobachter seinen FC Bayern zu begleiten.
Die Wandlung zum souveränen Elder Statesman des Rekordmeisters ist ihm jedoch noch nicht gelungen - das zeigte das DFB-Pokal-Halbfinale beim FC Schalke 04.
Obwohl die Bayern nach Arjen Robbens spektakulärem Solo die Partie mit 1:0 nach Verlängerung gewannen und so den Einzug ins Endspiel gegen Werder Bremen feierten, war Hoeneß mächtig sauer und machte dies auch jedem deutlich.
Hoeneß will sich bei DFB beschweren
Als erstes richtete sich seine Wut offenbar auf Schalkes Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies, mit dem er noch auf der Tribüne aneinandergeriet. So zumindest beobachtete die Foto-Agentur "Imago" die Szene zwischen den beiden als eigentlich befreundet geltenden Fleisch-Fabrikanten.
ImagoVor den Journalisten wurde wenige Minuten später offensichtlich, warum Hoeneß derart verärgert war: Wegen Schalkes Trainer Felix Magath und dessen angeblich hinterlistigen Plan, den Rasen in der Veltins-Arena trotz des desolaten Zustands bewusst nicht ausgetauscht zu haben.
"Damit die technischen Defizite seiner Mannschaft ausgeglichen werden", beschwerte sich Hoeneß.
Der FCB-Präsident weiter: "Ich kenne Felix Magath lange genug und ich habe das Gefühl, dass er den Rasen als Mittel zum Zweck missbraucht hat. Das gehört sich nicht, das ist nicht in Ordnung. Das Spiel wurde zum reinen Zufall." Nun erwägt Hoeneß sogar, die DFL einzuschalten und sich formell über Schalke zu beschweren.
Süffisante Replik der Schalker
Entrüstet waren ebenfalls Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge ("Der schlechteste Platz, den ich je in einem Bundesliga-Stadion gesehen habe") und Bundestrainer Jogi Löw, der auf "SKY" deutlich das Verhalten der Gastgeber kritisierte.
Löw: "Der Ball versprang, der Ball holperte, der Ball konnte nicht klar gespielt werden. Das ärgert mich auf der Tribüne. Normalerweise muss man bei einem Pokal-Habfinale, bei dem es um so viel geht, einen besseren Platz anbieten."
Den Vorwurf der bewussten Manipulation wollte Schalke jedoch nicht stehen lassen. "Der Rasen hat durch den langen Winter sehr gelitten und wir wissen, dass er derzeit eine schlechte Qualität hat. Aber das ist bestimmt kein Vorteil für uns. Es mussten ja schließlich beide Mannschaften auf dem gleichen Untergrund spielen", sagte stellvertretend Kapitän Heiko Westermann.
Magath kommentierte süffisant: "Der Rasen ist halt so, auch an so einer Stelle merkt man manchmal die Unterschiede in den finanziellen Möglichkeiten der Vereine."
War Bayern dominant? Oder Schalke gleich gut?
Es war nun mal ein Abend der Widersprüche. Denn auch in der Nachbetrachtung der gezeigten Leistungen taten sich zwischen beiden Klubs erstaunliche Unterschiede auf. Während Hoeneß "selten ein solch einseitiges Pokal-Halbfinale" gesehen haben will und Bayerns Trainer Louis van Gaal von Überlegenheit und Dominanz seiner Mannschaft sprach, wähnte sich Schalke auf Augenhöhe mit dem Gegner.
"Wir haben ein sehr gutes Spiel gezeigt, wir haben Torchancen herausgespielt - leider hat am Ende ein Spieler den Unterschied gemacht: Arjen Robben. Sonst hätten wir vielleicht das Spiel noch gewonnen", sagte etwa der engagierte, aber im Abschluss diesmal glücklose Kevin Kuranyi.
Die Wahrheit liegt in der Mitte: Bayern spielte in der ersten Hälfte besser, im zweiten Abschnitt und in der Verlängerung war Schalke weitgehend ebenbürtig und vor allem nach der Halbzeit-Pause nahe an einem Treffer.
"Und in der Verlängerung hatten die Bayern nur eine Chance", meinte Ivan Rakitic, wobei er Miroslav Kloses Möglichkeit und zwei Konterchancen von Franck Ribery nach dem Robben-Tor unter den Tisch fallen ließ.
Robbens "unglaubliches" Traumtor
Diese von Rakitic angesprochene Chance nutzte der FC Bayern jedoch. Oder besser formuliert: Diese Chance nutzte der "FC Robben" ("Bild"). Der Niederländer mühte sich lange redlich, doch auch wegen der Platzverhältnisse unterliefen selbst ihm ungewohnte technische Fehler. In der 112. Minute aber passte alles.
Ballannahme weit in der eigenen Hälfte, Sprint entlang der rechten Seitenlinie vorbei an Lukas Schmitz, Rakitic und Heiko Westermann, Schlenker nach innen, Dribbling erneut gegen den nach hinten geeilten Schmitz, Schuss aus elf Metern - Traumtor!
"Es ist unglaublich. Er macht immer sehr viele Dribblings und ich sage ihm immer, er soll das dosieren. Aber er macht es wieder und wieder. Und dann macht er am Ende doch das Tor. Es ist fantastisch, wenn er nach all seinen wichtigen Treffern dann noch so eins macht", schwärmte van Gaal.
"Psychologischer Vorteil"
Robben selbst wollte mehr über die anstehenden Aufgaben statt über seinen genialen Augenblick sprechen: "Das Weiterkommen war ein erster Schritt, aber jetzt kommen sehr schwere Spiele auf uns zu."
Alleine in den nächsten neun Tagen stehen an: die beiden Champions-League-Viertelfinals gegen Manchester United sowie in der Bundesliga die Partien gegen Stuttgart - und pikanterweise auf Schalke.
"In der Meisterschaft haben wir jetzt aber einen psychologischen Vorteil gegenüber S04", sagt Robben. Hoeneß wird die Stichelei gerne gehört haben.
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