VfB-Präsident Claus Vogt im Interview: "Vielleicht ist es bei Thomas und mir wie in einer guten Ehe"

Florian Regelmann
04. Mai 202108:00
Claus Vogt und Thomas Hitzlsperger bei der gemeinsamen Pressekonferenz zur Datenaffäre.imago images
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Claus Vogt ist seit Dezember 2019 Präsident des VfB Stuttgart und hat turbulente Monate hinter sich. Im Interview mit SPOX und Goal spricht Vogt offen über den brutalen Machtkampf und äußert sich zu seinem Verhältnis zu Vorstandsboss Thomas Hitzlsperger.

Vogt mahnt deutlich eine fehlende Fehlerkultur beim VfB an und verrät, warum er trotz wahnsinniger Monate nie kurz davor war aufzugeben.

Außerdem erklärt der 51-Jährige, wie die Suche nach einem zweiten Investor läuft, welche Kritik er nicht nachvollziehen kann und was ihn bei den Super-League-Diskussionen am meisten schockiert hat.

Herr Vogt, der VfB hat vier Spiele in Folge verloren, aber der durchweg positive Gesamteindruck in dieser Saison wird dadurch nicht geschmälert. Wie blicken Sie auf die Leistung, die das Team abgeliefert hat?

Claus Vogt: Ich bin in die Art und Weise verliebt, wie die Jungs Fußball spielen. Wir haben eine Mannschaft, die schönen und attraktiven Fußball spielt - es macht richtig Spaß, ihr jeden Spieltag zuzuschauen, selbst wenn es wie zuletzt mal ein paar Niederlagen zu verkraften gibt. Die Mannschaft war so erfolgreich, dass wir in der letzten Saisonphase in einer komfortablen Situation sind. Wir haben Planungssicherheit als Verein und der Trainer kann Spielern Einsatzmöglichkeiten geben, die für die Entwicklung ganz wichtig sind. Es macht uns stolz und tut uns gut, dass wir in so einer sicheren Situation sind - wir kennen das ja aus der Vergangenheit auch ganz anders.

Was ist für Sie der Hauptgrund für den Erfolg?

Vogt: Der Erfolg ist das Ergebnis der guten Arbeit unserer sportlichen Führung. Sven Mislintat hat es geschafft hat, einen richtig spannenden Kader zusammenzustellen. Pellegrino Matarazzo hat diesen Kader zu einer Mannschaft geformt, die eine echte Einheit ist. Das spürt man. Er passt als Trainer nicht nur fachlich, sondern auch menschlich einfach top zu uns. Und Thomas Hitzlsperger macht es sehr gut, indem er den beiden den Rücken stärkt und ihnen im gesteckten Rahmen den Freiraum zur Entfaltung gibt. Alles zusammen macht am Ende den Erfolg aus.

Vogt: "Es wurde versucht, Dinge unter den Teppich zu kehren"

Sie sprechen Thomas Hitzlsperger an. Sein offener Brief hat Ende Dezember für ein Erdbeben gesorgt im VfB-Kosmos, von dem sich der Verein bis heute noch erholt. Da jetzt ein bisschen Ruhe eingekehrt ist und Sie auch Zeit hatten, um die letzten Monate zu reflektieren. Was ist da eigentlich passiert?

Vogt: Es war mit der Aufarbeitung der Datenaffäre eine wahnsinnig intensive Zeit für mich. Auch eine wahnsinnig anstrengende Zeit. Aber für mich war immer nur ein Punkt entscheidend: Ich hatte die ganze Zeit die Sicherheit, dass ich das Richtige tue, weil ich mich für die Mitglieder und Fans des VfB eingesetzt habe. Ich habe einfach meinen Job gemacht. Ich bedauere am meisten, dass wir in dieser Zeit alle erkennen mussten, dass wir als VfB keine gute Fehlerkultur haben und leben. Das ist für mich der zentrale Aspekt. Hätten wir diese Fehlerkultur gehabt, hätte es für vieles eine Lösung gegeben. Fehler passieren, manchmal auch einfach deshalb, weil man es nicht besser wusste. Aber statt Fehler einzugestehen, wurde alles versucht, um Dinge unter den Teppich zu kehren. Ich hoffe sehr, dass wir daraus gelernt haben und dass alle im Verein in Zukunft Fehler offen zugeben und die nötigen Konsequenzen daraus ziehen.

Und was den Brief von Thomas Hitzlsperger angeht?

Vogt: Thomas hat gemerkt, dass er über das Ziel hinausgeschossen ist und sich dafür entschuldigt. Damit ist die Sache auch erledigt. Ich glaube, dass damals vieles zusammengekommen ist. Wir waren alle etwas dünnhäutig aufgrund der angespannten Corona-Pandemie. Finanzieller Druck und finanzielle Sorgen sind auf uns gelastet. So ist eine Situation entstanden, die im Nachhinein schwer zu erklären und nicht nachzuvollziehen ist.

Die Situation war ja schon extrem. Wie nahe waren Sie an einem Punkt, dass Sie bei aller Leidenschaft für den VfB das alles nicht mehr ertragen wollten?

Vogt: Ich gebe zu, dass es Nächte des Grübelns gab. Und nicht nur eine. Aber den Gedanken, dass ich nicht mehr wollte? Den gab es nie. Dafür gab es viel zu viele Mitglieder und Fans, die mich unterstützt haben. Ich habe hunderte Briefe bekommen, Nachbarn haben mir nette Botschaften in den Briefkasten geworfen, meine Familie hat mir natürlich Halt gegeben - das hat gutgetan, das hat mich bestärkt. Ich wusste in jeder Sekunde, egal wie schwierig der Moment auch war, dass ich für das Richtige einstehe. Ich bin von Natur aus Überzeugungstäter und wenn du diese innere tiefe Überzeugung hast, dann hältst du auch unmenschlich viel aus. Ich hätte wahrscheinlich noch viel mehr ausgehalten, wenn es nötig gewesen wäre.

Claus Vogt ist seit Dezember 2019 Präsident des VfB Stuttgart.imago images

Vogt: "Wir wollen, dass Thomas langfristig beim VfB bleibt"

Zumal Sie ja mit Gegenwind rechnen mussten.

Vogt: Ganz am Anfang hatte ich noch die naive Hoffnung, dass sich die Vorwürfe im Datenskandal in Luft auflösen. Aber als recht schnell klar war, dass Daten weitergegeben wurden, wusste ich natürlich, dass ich nicht nur auf Gegenliebe stoßen würde, wenn ich die Aufklärung so vehement vorantreibe. Die betreffenden Menschen waren ja noch da. Ich war dann einfach enttäuscht zu sehen, dass wir so eine schlechte Streit- und Diskussionskultur hatten und lieber vertuscht wurde, statt einen Fehler einzuräumen.

Wenn wir in die Zukunft schauen: Thomas Hitzlsperger und Sie betonen, dass Ihre Zusammenarbeit "funktioniert". Aber reicht das als Basis für eine jahrelange Zusammenarbeit?

Vogt: Es ist mehr als ein "es funktioniert". Es funktioniert hochprofessionell. Wir haben beide das gleiche Interesse: Im Sinne des VfB bestmöglich unsere Arbeit zu machen. Ja, es gab Verwerfungen, aber unser Verhältnis ist trotz allem besser, als viele vielleicht denken. Wir freuen uns gemeinsam über Tore und Siege, wir trinken auch ein Siegerbier zusammen. Vielleicht ist es bei Thomas und mir wie in einer guten Ehe. Vielleicht tut es uns und dem VfB sogar gut, dass wir durch so eine Krisenzeit gegangen sind und wir gehen gestärkt daraus hervor.

Hitzlspergers Vertrag endet 2022. Wie sieht es mit einer vorzeitigen Verlängerung aus?

Vogt: Wir sprechen mit niemand anderem. Das Problem ist, dass wir in einer AG erst ein Jahr vor Ende des laufenden Vertrags verlängern können. Das ist im Herbst. Vorher können wir es nicht schriftlich fixieren. Sobald das aber möglich ist, wollen wir das auch tun. Wir wollen, dass Thomas langfristig beim VfB bleibt.

Sie haben eine ausgeprägte Fehlerkultur angemahnt. Diese vermisst man auch beim Thema der Ausgliederung und etwaigen Unregelmäßigkeiten rund um die Abstimmung. Sie waren damals nicht im Amt, dennoch werden Sie damit konfrontiert.

Vogt: Wie Sie schon sagen, es war lange vor meiner Zeit als Präsident. Wir haben zu der Thematik als VfB eine Stellungnahme abgegeben, mehr können wir nicht machen. Weil es auch schwer nachzuvollziehen ist im Nachgang. Das Unternehmen, das damals verantwortlich war, ist insolvent. Ich persönlich kann nur sagen, dass wir als gesamte Familie damals im Stadion waren und technisch alles funktionierte mit den Geräten. Ich will gar nicht abstreiten, dass es Mitglieder gab, die eine andere Wahrnehmung hatten, aber am Endergebnis hätte sich so oder so wohl nichts geändert. Das Votum war ja eindeutig.

Das stimmt. Daimler als Investor sehen ja fast alle Mitglieder auch positiv, den Vertreter im Aufsichtsrat Wilfried Porth nur eben nicht. Dazu kam jetzt ein etwas rätselhaftes Statement seitens Daimler, das ein Ende der Zusammenarbeit betraf - was aber nie im Raum stand: "Sollten die Gremien und Mitglieder des Vereins zu einer anderen Einschätzung kommen, sind wir für Gespräche jederzeit offen." Warum kocht das Thema immer wieder hoch?

Vogt: Ich kann nur gebetsmühlenartig betonen, wie stolz wir sind, Daimler als Partner an unserer Seite zu haben. Viele andere Vereine beneiden uns deswegen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir einen zweiten Partner finden können, der so gut zum VfB passt, weil Daimler die Latte so extrem hochgelegt hat. Ich weiß nicht, warum es immer wieder hochkocht, ich finde es schade, dass es überhaupt eine Diskussion gibt.

Vogt: "Ein Investor kann von jedem Kontinent kommen"

Der gesuchte zweite Investor ist ebenfalls ein Dauerthema beim VfB. Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht dar?

Vogt: Viele Mittelständler aus der Region haben natürlich unter Corona zu leiden. Bei vielen sind die Umsätze eingebrochen, viele mussten Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder sogar Menschen entlassen - da ist es zweifellos der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um über ein Engagement beim VfB nachzudenken. Das verstehen wir. Dennoch führen Thomas und ich weiterhin auch gute Gespräche mit Unternehmen aus der Region. Wir schränken uns aber nicht ein, wenn es darum geht, wo ein möglicher Partner herkommt. Ein Unternehmen kann von jedem Kontinent und aus jeder Branche der Welt kommen - es muss zum VfB und zu unseren Werten passen.

Was kann der VfB einem neuen strategischen Partner denn bieten?

Vogt: Ich denke, dass der Klub sportlich auf dem richtigen Weg ist. Mit jungen Spielern und attraktivem Fußball zeigen wir ein Bild nach außen, das sowohl für die Fans als auch für künftige Partner hochinteressant ist. Wirtschaftlich ist der VfB auf gesunden Beinen und hat gute und realistische Visionen für die Zukunft. Wenn wir jetzt noch Kontinuität auf allen Gebieten zeigen, dann sind wir ein sehr, sehr guter Partner für interessierte Unternehmen.

Eine Kritik, die Sie sich häufiger anhören mussten, lautet: Sie haben nicht viel umgesetzt bekommen von den Punkten, die Sie im Wahlkampf immer wieder betonten. Corona spielt dabei eine große Rolle, aber wie sieht Ihr Zwischenfazit aus?

Vogt: Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Kritik nicht nachvollziehen kann. Wir haben trotz Corona immens viel auf den Weg gebracht. Als Allerwichtigstes haben wir die tiefen Gräben, die damals zwischen dem Klub und seinen Mitgliedern und Fans bestanden, wieder zugeschüttet. Die Menschen zeigen wieder Vertrauen und mögen den VfB. Dazu haben wir eine hervorragende Machbarkeitsstudie für das Thema Frauen- und Mädchenfußball beim VfB auf dem Tisch liegen, so weit waren wir bei diesem Thema noch nie. Wir haben eine Arbeitsgruppe kreiert, in der wir uns mit der weiteren Stärkung der Fan-Belange und Mitgliederrechte befassen, dort sind auch die Ultras und alle Fan-Gruppierungen beteiligt. Wir haben eine Satzungskommission, die relativ viele Geburtsfehler peu a peu korrigieren soll. Wir haben auch abseits des Fußballs vieles bewegt.

Vogt: "Es ist enorm, was wir alles geschafft haben"

Sie denken an die Verpflichtung von Paralympics-Goldmedaillengewinner Niko Kappel?

Vogt: Genau. Unser Engagement im Para-Sport ist uns extrem wichtig, dort wollen wir auch eine Vorbildrolle für andere Vereine übernehmen und landesweit Zeichen setzen. Ich will uns nicht zu sehr selbst loben und es geht immer noch mehr, aber es ist enorm, was wir alles geschafft haben in der Corona-Zeit.

Lassen Sie uns ein paar der Punkte konkretisieren. Wie sieht der Fahrplan beim Punkt Frauenfußball genau aus?

Vogt: Realistisch betrachtet werden wir im Sommer 2022 die ersten Frauen- und Mädchen-Mannschaften mit dem roten Brustring auf dem Feld sehen. Wir wollen aber schon in diesem Sommer genau darlegen, wie wir es uns vorstellen. Für uns geht es auch nicht darum, diesen Punkt abzuhaken. Es geht uns generell um eine Stärkung der Rolle der Frauen beim VfB. Ich wünsche mir zum Beispiel, dass wir es schaffen, die größte weibliche Schiedsrichterabteilung zu haben.

Mit Bertram Sugg hat der VfB einen Fan-Vertreter im Aufsichtsrat. Allerdings ist der Prozess dahinter etwas undurchsichtig. Wollen Sie daran etwas ändern?

Vogt: Das ist genau einer der Punkte, die wir in der Arbeitsgruppe diskutieren. Wir sind da noch nicht so weit, dass wir sagen können, wie ein Abstimmungsprozess in Zukunft vielleicht aussehen könnte. Aber es ist das klare Ziel, dass der Vertreter im Aufsichtsrat möglichst eine breite Fan-Basis verkörpert und die Entsendung auf einem demokratischen Fundament steht. Ich bin für den Moment aber froh, dass wir beim VfB überhaupt einen Fan-Vertreter im Aufsichtsrat haben und wir diesen ersten Schritt gegangen sind. Der nächste soll dann wie gesagt folgen.

Alle Fußball-Fans haben vor kurzem einen Sieg gefeiert - es geht natürlich um die Super League. Wie haben Sie dieses Chaos verfolgt?

Vogt: Was ein Wahnsinn. Aber wie gut und wichtig war es, die Power der Fans zu sehen - und zwar die breite Masse aller Fans. Was mich am meisten an dieser Super League schockiert hat, waren zwei Punkte. Zum einen die Bosse und Besitzer der Top-12. Diese Typen meinen doch tatsächlich, dass sie der Verein sind. Das sind sie natürlich nicht. Und zum anderen die Tatsache, dass so große und wichtige Persönlichkeiten wie Jürgen Klopp oder Pep Guardiola genauso überrascht waren und einfach übergangen wurden. Aber das sagt viel über diese Klubbosse aus. Jetzt haben sie wenigstens die Dunkelgelbe Karte bekommen und werden es sich in Zukunft zweimal überlegen, ob sie es nochmal wagen.

Aber sie werden es garantiert nochmal wagen, die Super League wird eines Tages kommen, oder glauben Sie wirklich, dass man sie dauerhaft verhindern kann?

Vogt: Ja, ich gebe diese Hoffnung nicht auf. Viele haben mir gesagt, dass ich in Rekordzeit komplett desillusioniert sein werde, sobald ich VfB-Präsident bin. Aber das ist nicht der Fall. Ich stehe weiter für Glaubwürdigkeit, Bodenständigkeit und Verlässlichkeit ein. Und ich bin davon überzeugt, dass auch wieder einiges in eine andere Richtung umgekehrt werden kann. Nehmen wir die Champions-League-Reform.

Die UEFA hat den Fußball gerettet, wir sollten ewig dankbar sein.

Vogt: (lacht) Absolut. Plötzlich stand die UEFA dank der Super League wie ein Gralshüter da - wie schizophren! Aber vielleicht kommen dort eines Tages auch wieder vernünftige Menschen an die richtigen Positionen, die das Ganze wieder reduzieren, statt das Rad immer weiter zu drehen mit noch mehr Spielen und noch mehr Gier. Und das heißt nicht, dass man dann kein Geld verdienen kann. Man hätte auch einen Europapokal der Landesmeister so ausgestalten können, dass er wirtschaftlich interessant gewesen wäre. Vielleicht merken auch in England jetzt einige, wie schlecht es ist, von einem Besitzer abhängig zu sein.

Vogt: "Bayern und Dortmund würden sich selbst schaden"

Wenn Bayern und Dortmund die Bundesliga verlassen würden, hätten wir immerhin wieder einen spannenden Wettbewerb.

Vogt: Wenn Bayern und Dortmund die Bundesliga verlassen würden, würden sie sich selbst schaden und schwächen. Das wissen sie auch. Sie haben Recht, dass wir im Moment keinen wirklichen sportlichen Wettbewerb haben in der Bundesliga. Wir haben einen wirtschaftlichen Wettbewerb. Da müssen wir ansetzen. Wir müssen das Thema Salary Cap endlich ernsthaft angehen. Wir müssen für eine fairere Verteilung der TV-Gelder sorgen, weil es nach wie vor nicht passt.

Was überhaupt niemand thematisiert, ist der Jugend- und Amateurfußball, der aufgrund der Pandemie am Boden liegt. Haben die Profiklubs hier nicht eine Verantwortung, zu helfen?

Vogt: Ja, das ist ein Thema, das angesprochen gehört. Solidarität hört nicht nur in der eigenen Liga auf. Wir müssen uns um den Unterbau kümmern, um die fußballerische Vielfalt. Aus ihr schöpfen wir in den kommenden Jahren unseren Nachwuchs.

Für Sie und den VfB steht im Juli eine große Mitgliederversammlung mit vielen Wahlen an. Sie gehen als gefühlt sicherer Sieger in den Wahlkampf. Wie versuchen Sie, die nächsten Monate anzugehen?

Vogt: Ich will keinen Wahlkampf machen. Ich werde einfach meine Arbeit machen, viele Gespräche führen und so sein, wie ich bin. Ruhig, bescheiden, demütig. Die Mitglieder sollen nach dem entscheiden, was geleistet wurde und was sie sehen. Es ist klar, dass es eine richtungsweisende Mitgliederversammlung wird. Ich wünsche mir, dass im Vorfeld alles sauber und fair abläuft. Dass keine schmutzigen Kampagnen gefahren werden, das hatten wir in der Vergangenheit leider zu oft. Der VfB ist jetzt wieder auf einem sehr guten Weg. Den sollten wir nun konsequent und mit Kontinuität weitergehen.

Claus Vogt und Thomas Hitzlsperger bei der gemeinsamen Pressekonferenz zur Datenaffäre.imago images

Vogt: "e.V. und AG müssen sich auf Augenhöhe begegnen"

Was macht Claus Vogt in fünf Jahren? Was ist Ihre ideale Vorstellung?

Vogt:Ich habe es mir abgewöhnt, zu weit im Voraus zu planen. Vor fünf Jahren hätte ich nie gedacht, dass ich heute VfB-Präsident sein würde. Das war nie der Plan. Ich versuche, sehr bewusst im Hier und Jetzt zu leben, aber ich mache auch keinen Hehl daraus, dass ich sehr gerne noch lange Präsident dieses Klubs wäre. Und wenn wir sportlich die nächsten fünf Jahre so eine Saison frei von Abstiegssorgen spielen würden wie aktuell, würde ich das sofort unterschreiben.

Die sportliche Entwicklung ist die eine Sache, den VfB zu einem modernen Traditionsverein zu machen eine andere. Tradition hat eine unheimliche Kraft, kann aber auch lähmen. Thomas Hitzlsperger hat angedeutet, dass gerade dieser Konflikt für die Unruhe verantwortlich war. Hat er Recht?

Vogt: Thomas hat insofern Recht, als wir den e.V. professionalisieren müssen. Wenn eine hochprofessionelle AG einem amateurhaften e.V. gegenübersteht, ist das ein Missverhältnis, das unweigerlich zu Spannungen führt. Wir müssen uns auf Augenhöhe begegnen, um wirklich fruchtbar im Sinne des VfB zusammenarbeiten zu können. Da haben wir noch Nachholbedarf, definitiv. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass der VfB ein junges Unternehmen ist. Die Ausgliederung ist erst vier Jahre her. Und auf der anderen Seite stehen 127 Jahre e.V.-Tradition. Frankfurts Präsident Peter Fischer hat mir erzählt, dass es bei ihnen zehn Jahre gedauert hat, bis es alles zusammengewachsen ist.

Aktuell bietet beim VfB vor allem die Mannschaft dank Spielern wie Sasa Kalajdzic, Silas Wamangituka oder Gregor Kobel extrem viel Identifikationspotenzial. Wie kann der VfB unabhängig von Spielern, die kommen und gehen, sicherstellen, dass die Fans dauerhaft wieder dem Klub nahestehen?

Vogt: Wir müssen es schaffen, dass die Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl zum VfB haben wie bei einer Familie. Der VfB muss ein Verein sein, zu dem man gerne dazu gehört. Weil der VfB in der Stadt, in der Region und in der Gesellschaft Werte vertritt und sich klar zu ihnen bekennt. In einer Familie schätzt man sich, man kann aber auch gut miteinander diskutieren und mal kritische Worte sagen. Das Sportliche wird immer eine extreme Bedeutung haben, aber der VfB muss mehr sein als Platz sechs, neun oder elf. Wenn wir es richtig machen und uns so verhalten, dass die Fans gerne zu ihrem VfB kommen, lässt sich das Sportliche sogar ein wenig davon entkoppeln. Gott sei Dank haben die meisten Menschen ein sehr feines Gespür dafür. Es liegt nur an uns.