Freundin, Dauergast und Geheimtipp

Stefan Rommel
30. November 201016:11
Die Trainer der WM-Gruppe-A (v.l.): Bruno Bini, Silvia Neid, Carolina Morace und Ngozi Eucharia UcheGetty
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Kanada, Nigeria und Frankreich heißen die Gegner von Titelverteidiger Deutschland bei der Fußball-WM der Frauen im kommenden Jahr. Bundestrainerin Silvia Neid zeigte sich nach der Auslosung am Montag in Frankfurt zufrieden, warnte aber davor, die Gegner ihrer Elf zu unterschätzen.

Silvia Neid ist eine Frau der ersten Stunde. 1982 feierte der Deutsche Fußball-Bund gegen die Schweiz sein Länderspieldebüt bei den Frauen. Neid wurde eingewechselt und traf beim 5:1-Sieg zweimal.

Dieses erste Spiel einer deutschen Frauen-Auswahl ist jetzt 28 Jahre her, gefühlt ist es aber ein Jahrhundert, das der Frauen-Fußball in seiner Entwicklung hinter sich gebracht hat. Die Auslosung zur Weltmeisterschaft 2011 in Frankfurt am Main wurde nicht abgehalten wie früher. Sie wurde zelebriert.

Tabellenrechner: Jetzt schon die WM durchspielen!

Ein bisschen zu viel vielleicht, aber die Botschaft ist unmissverständlich: Der Frauen-Fußball hat sich von seinem Image längst emanzipiert, aus besseren Bezirkssportanlagen sind Bundesligastadien geworden, die WM im kommenden Jahr verspricht ein Event der Superlative zu werden. 600 Gäste und rund 150 Journalisten fanden sich zur Auslosung im Congress Center in Frankfurt ein.

Drei Grüppchen

Topmodel Adriana Karembeu und Günter Netzer als Ersatz für den verhinderten Oliver Kahn zogen die Lose, die Sendung wurde im öffentlich-rechtlichen Fernsehen live übertragen. Und wie es bei Auslosungen nun mal so üblich ist, gingen die Verantwortlichen der deutschen Mannschaft mit dem obligatorischen Lächeln aus dem Saal.

Das 16er Teilnehmerfeld untergliedert sich gewissermaßen in drei Grüppchen: In Favoriten, Etablierte und Exoten. Gastgeber Deutschland war als Kopf der Gruppe A gesetzt, Japan, die USA und Brasilien in den restlichen drei Gruppen. Es lauerten unbequeme Gegner, die Norwegerinnen oder Schweden, die Republik Nordkorea oder England.

USA mit dem härtesten Los

Am Ende sah das Los Kanada, Nigeria und Frankreich vor. Die USA erwischten von den Favoriten das härteste Los: Nordkorea, Kolumbien und Schweden heißen die Gegner, die Newcomer aus Kolumbien sind die große Unbekannte, Nordkorea und Schweden ganz schwere Brocken.

"Man muss zugeben, dass wir mit unserer Gruppe sehr zufrieden sind. Gruppe C ist deutlich schwerer, für mich ganz klar die stärkste Gruppe", sagte Neid unmittelbar nach der Auslosung.

"Ab jetzt können wir endlich richtig arbeiten. Jetzt beginnt das Scouting, die Analyse der Gegner. Da gibt es noch eine Menge zu tun bis zum Turnier."

So lief die Auslosung in Frankfurt

Dabei weiß die Bundestrainerin eigentlich jetzt schon sehr gut Bescheid und stellt die deutschen Gegnerinnen vor.

DFB-Gegner Kanada (26. Juni 2011 in Berlin)

Erst vor wenigen Monaten gab es in Dresden ein Testspiel gegen die Kanadierinnen. Endergebnis: 5:0.

Trainiert wird der deutsche Gegner im Eröffnungsspiel von der Italienerin Carolina Morace. Die stammt aus derselben Generation wie Neid, beide sind Freundinnen, haben schon zusammen Urlaub gemacht. Der kanadische Verband verfolgt ein ganzheitliches Konzept: Alle seine Nationalspielerinnen sind im Verband angestellt.

Damit gehen die Nordamerikaner einen eigenen Weg und sind eine Art Vorreiter im Welt-Fußball. Die Anstellung innerhalb der kanadischen Familie gewährt den Spielerinnen eine Vielfalt an ausgeklügelten Strukturen, die Frauen sind Vollprofis und können sich in der Obhut des Verbandes voll auf ihren Sport konzentrieren.

Durch die Qualifikation schlenderte die Mannschaft von Torjägerin Christine Sinclair förmlich, gewann alle Spiele und kassierte dabei noch nicht mal ein Gegentor. Seit Morace, die im italienischen Frauen-Fußball einen ähnlichen Status genießt wie Neid in Deutschland, das Amt übernommen hat, hat sich auch das Spiel der Kanadierinnen verändert.

"Carolina versucht, den alten Stil mit langen, hohen Bällen nach vorne zu kultivieren. Sie versuchen jetzt zu spielen, haben ein sehr gutes taktisches Verhalten vor dem Ball. Damit soll der alte Stil endlich ausgeglichen werden. ", sagt Neid. "Carolina wird sicherlich noch in die Trickkiste greifen, um uns zu überraschen. Darauf müssen wir aufpassen."

DFB-Gegner Nigeria (30. Juni 2011 in Frankfurt)

Nigeria ist Afrikameister und Dauergast bei Weltmeisterschaften. Schon zum fünften Mal sind die Afrikanerinnen dabei. Bei der U-20-WM im Frühjahr kam Nigeria bis ins Halbfinale, jetzt soll die A-Nationalmannschaft ein nächstes Ausrufezeichen setzen.

Allerdings gab es vor wenigen Tagen im Testspiel in Leverkusen einen herben Dämpfer: Deutschland überrollte Nigeria förmlich, am Ende fehlten nur zwei Tore zu einem zweistelligen Ergebnis.

"Man hat da gesehen, dass wir nur sehr schwer zu stoppen sind, wenn unser Offensivspiel läuft", sagt Neid. "Aber man muss auch festhalten, dass Nigeria schon früh im Spiel keine Lust mehr hatte. Die können deutlich mehr, von dem 8:0 sollte man sich nicht blenden lassen." Vor allem vor der Unberechenbarkeit Nigerias hat die Bundestrainerin Respekt.

"Man kann schon einiges ableiten aus dem Testspiel. Aber genauso könnten die ja gegen uns das System ändern. Ich habe weiterhin großen Respekt vor Nigeria."

DFB-Gegner Frankreich (5. Juli 2011 in Mönchengladbach)

Ein großer Name bei den Männern - auf Frauenebene aber noch nicht in der Weltspitze zu verorten.

2003 waren Les Bleues zum ersten und bisher einzigen Mal bei einer WM-Endrunde dabei, Erfolge gab es bisher keine zu feiern. Auch deshalb hat der Verband seine Talente dauerhaft im Internat in Clairefontaine versammelt.

Bisher hat es Frankreich in Europa fast schon an Nationen wie Schweden, Norwegen oder Dänemark heran geschafft. Deutschland liegt für den Weltranglisten-Achten aber wohl noch außer Reichweite. Die Französinnen sind auf dem Papier der Außenseiter der Gruppe. Insgeheim wird die Equipe Tricolor aber sogar als Geheimtipp gehandelt.

"Sie sind technisch sehr versiert und haben einige interessante Spielerinnen in ihren Reihen", sagt Neid. Rekordtorschützin Birgit Prinz warnt vor "der schlitzohrigen Spielweise der Franzosen". Offenbar sind die Franzosen die einzige Nation, bei der noch Nachholbedarf an wichtigen Informationen besteht.

Der komplette Spielplan der WM