Oliver Roggisch ist in der deutschen Abwehr der Mann fürs Grobe. Normalerweise stemmt er sich wuchtig den Gegnern entgegen, doch am Sonntag hat es ihn und seine Teamkollegen fast selber umgehauen. Mit einer blamablen Vorstellung und einer 24:33-Pleite beim Playoff-Rückspiel gegen Bosnien-Herzegowina zitterte sich die Auswahl des DHB gerade so zur Weltmeisterschaft 2013 in Spanien.
"Schwein gehabt. In der zweiten Halbzeit haben wir den Kopf verloren. So etwas darf uns nie wieder passieren", sagte Interimskapitän Roggisch: "Jetzt ist es wichtig, dass unsere junge Mannschaft daraus lernt."
Und die junge Mannschaft, die aus dem ersten Duell eine Woche zuvor noch ein Zwölf-Tore-Polster (36:24) mitgebracht hatte, hat wirklich noch viel zu lernen: "In der Rückwärtsbewegung waren wir schwach, die gegnerischen Spieler haben wir nie richtig zu packen bekommen, und die leichten Tore, die eigentlich wir machen wollten, haben die anderen gemacht", analysierte Linksaußen Uwe Gensheimer, der neben Sven-Sören Christophersen (6) noch die meisten Treffer (5) erzielte.
Warum spielt die Mannschaft mit halber Kraft?
Ganz ähnlich sah das der deutsche Bundestrainer Martin Heuberger, auch er sprach von zu vielen Fehlern im Angriff und einer schlechten Rückzugsphase. Doch mehr wird er sich wahrscheinlich Gedanken über diese Erkenntnis machen müssen: "Es ist deutlich geworden, wir können nicht mit halber Kraft gewinnen."
Es bleibt vor allem die Frage: Warum spielt eine Mannschaft überhaupt mit halber Kraft, wenn es doch um die "beiden bedeutungsvollsten Länderspielen des Jahres" (Heuberger) geht.
Für die Spieler zählte zunächst vor allem eines: "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, haben aber unser Ziel erreicht", sagte Gensheimer. Und Kiels Linksaußen Dominik Klein forderte: "Rückblickend dürfen die positiven Aspekte der zu Ende gegangenen Saison nicht durch dieses schwache Spiel getrübt werden."
Die Sommerspiele in London verpasst
Allzu viele positive Aspekte waren das allerdings nicht: Zuletzt hatte sich das DHB-Team zwar mit Erfolgen wie unter anderem einem Remis und einem Sieg gegen Europameister Dänemark etwas Selbstbewusstsein geholt, zuvor mussten die Handballer aber schon eine verkorkste EM mit Platz sieben und das damit verbundene Olympia-Aus verdauen.
Es folgten turbulente Monate mit der Verbalattacke von Nationaltorhüter Silvio Heinevetter gegen Verbandschef Ulrich Strombach und dem Rücktritt von Nationalmannschafts-Kapitän Pascal Hens.
Und es gab einmal mehr Scharmützel zwischen dem DHB und der Bundesliga. Das blamable Rückspiel war nur einer von mehreren traurigen Höhepunkten.