Quiz-Taxi mit Jean Pütz

Bastian Strobl
23. Januar 201215:19
Jean Pütz (l.) hat offenbar einen Zweitjob als Taxifahrer in Serbien angenommenGetty
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Als ERGO Fanreporter verfolgt Bastian Strobl die deutsche Nationalmannschaft bei der Handball-EM und schreibt in seinem Tagebuch über Buntes, Randnotizen und persönliche Erlebnisse in Serbien. An Tag zwei geht es dabei um verrückte Taxifahrten und den Zwillingsbruder von Jean Pütz.

SPOX

Taxifahrer sind ja bekanntermaßen ein ganz besonderes Völkchen. Die einen halten sich für Michael Schumacher, die anderen wären dagegen in einer Talkshow besser aufgehoben. Und bei einem nicht gerade kleinen Teil fragt man sich doch insgeheim, ob die Führerscheine mittlerweile wie einst Essensmarken in der DDR verteilt werden.

Wie immer gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Das Problem an Ausnahmen ist allerdings nun mal, das sie relativ selten um die Ecke kommen. Vielleicht auch deswegen waren meine Erwartungen nicht gerade hoch. Könnte allerdings auch daran liegen, dass man sich nach 14 Stunden auf den Beinen einfach nur noch auf den Weg ins Hotel machen will.

Raus aus der Halle, wie selbstverständlich den Polizisten angesprochen, damit dieser ein Taxi organisiert, und dann warten. Allerdings nicht lange, denn ein lang gezogenes Quietschen hinter mir bereitete mich bereits auf das Ankommen von Predrag, der sein Baby, ein gefühlt aus der Vorkriegszeit stammendes Auto mit dem Namen "Jugo" mit einer Vollbremsung vor mir zum Stehen brachte.

Der Jean-Pütz-Doppelgänger

"Einsteigen, biiittteee, Einsteigen." Gesagt, getan. Einem Taxifahrer in einem fremden Land soll man schließlich nicht widersprechen. Dass Predrag mit seinem langen weißen Haar und dem exakt frisierten Schnauzer vermutlich jeden Jean-Pütz-Doppelgänger-Wettbewerb gewonnen hätte, hat dabei natürlich keinerlei Rolle gespielt.

Predrag, schätzungsweise bereits im besten Rentenalter, hat zudem seine ganz eigene Wissenschaft entdeckt, die lautet: Warum wenden, wenn man auch einen Rückwärtsgang hat. Mit durchgedrücktem Gaspedal ging es deswegen einfach die Einbahnstraße wieder zurück, vorbei an verdattert aussehenden Polizisten, feiernden Mazedoniern und niedergeschlagenen Tschechen.

Das war aber noch längst nicht alles. Schließlich hatte Predrag noch einiges vorbereitet gehabt. Offenbar war es sein Ziel, mir auf dem Weg zum Hotel Nis ein klein wenig näher zu bringen. "Naice citaih, hehe", wiederholte er dauergrinsend, als wir an der zehnten Bauruine vorbeifuhren.

Borussia Hamburg oder was?

"Jaja, ist schon klar, Predrag", murmelte ich in mich rein, während ich unruhig auf dem Beifahrersitz hin- und herrutschte. Das schien ihn aber gar nicht zu stören. Mit aufheulendem Motor ging's über die nächste Kreuzung, bevor er mir was von Borussia Hamburg erzählen wollte.

Ja, Ihr habt richtig gelesen: Borussia Hamburg. Jetzt kenne ich sicherlich nicht jeden Sportverein in Deutschland, aber Borussia Hamburg kam mir dann doch ein wenig suspekt vor. Meinte er etwa Borussia Dortmund? Borussia Mönchengladbach? Oder doch den Hamburger SV?

"Borussia... ahh, nix Moenchengladbach. UEFA, international", schlug er sich auf den Kopf, während mir der Atem stockte, als das Lenkrad kurzzeitig mal sein eigener Herr war.

Momente später stellte sich heraus: Der HSV war gemeint. Wie ich das herausgefunden habe? Ein lang gezogenes "Hrrubesch" gefolgt von einem kurzen, knackigen "Magath" hat mich dann doch auf die richtige Fährte gebracht.

Eine Tiefkühlpizza, bitte!

Apropos: Die richtige Fährte schien auch Predrag endlich wieder gefunden zu haben. Zumindest erkannte ich am Horizont die groben Umrisse meines Hotels. Blieb am Ende eigentlich nur die Sache mit dem Geld zu klären. Sollte ich ihn wirklich damit konfrontieren, dass er mich sauber abgezogen hatte?

Ach was, denn das gehört nun mal auch zu einer Taxifahrt in einer fremden Stadt dazu. Und bei einem Fahrtpreis, der umgerechnet irgendwo zwischen einer Tüte Chips und einer Tiefkühlpizza liegt, ist das auch zu verschmerzen.

Kurz, bevor ich mich in mein Bett fallen ließ, sah ich vom Fenster aus noch, wie Predrag in seinen "Jugo" stieg und dem nächsten Fahrgast, dem Sonnenaufgang und einer weiteren Geschichte entgegentuckerte. Denn eines ist klar: Predrag hat da mal was vorbereitet.

Die EM-Vorrunde