Mimi Kraus wurde beim WM-Titel des DHB-Teams 2007 im eigenen Land aus dem Nichts zum großen Star. Kurz vor Beginn der WM 2019 in Deutschland und Dänemark (DHB vs. Korea, Do., 18.15 Uhr im LIVETICKER) erinnert sich der 35-Jährige im SPOX-Interview an den großen Triumph.
Kraus spricht mit SPOX-Chefreporter Florian Regelmann aber auch über mündige Spieler, sein Spießer-Leben, einen verratzten Döner-Laden in Schweden und Trainingspläne von Fußballern. Außerdem Thema: die deutschen WM-Chancen und seine Zukunft im DHB-Team und als Trainer.
SPOX: Mimi, wo ist eigentlich der Bus?
Mimi Kraus: (lacht) Wo isch eigentlich der Bus? Das war nach dem WM-Titel 2007 die Frage aller Fragen. Wir hatten nach dem Sieg natürlich alle losgelötet, die anderen haben schon gewartet und Terror gemacht, aber ich wusste wirklich nicht mehr, wo der Bus ist. Mir kommt es gar nicht so vor, als ob diese WM jetzt zwölf Jahre her ist, ich habe alles noch genau vor Augen - das wird sich wahrscheinlich auch nie ändern. Dafür gab es während des Turniers zu viele einschlägige Erlebnisse. Dabei hat diese WM im eigenen Land am Anfang niemanden interessiert. Klar, die Tickets waren alle weg, aber in der breiten Öffentlichkeit hat niemand über Handball geredet. Wir haben uns schon gefragt, was hier denn los ist. Man muss natürlich auch dazu sagen, dass wir zwar mit Platz 5 bei der EM 2006 aufhorchen ließen, aber jetzt nicht zum engen Favoritenkreis zählten. Und als wir dann noch gegen die Polen verloren, war komplette Ernüchterung angesagt. Im Spiel gegen Slowenien ging es damals schon um Alles oder Nichts für uns.
SPOX: Zumal es davor noch zur berühmten Pizza-Affäre kam, die mittlerweile 10.000 Mal thematisiert worden ist. Ich kann mich aber auch beispielsweise an die WM 2011 in Schweden erinnern, als ich Sie und den Rest der Truppe nachts in einer Seitenstraße in einem Döner-Laden getroffen habe.
Kraus: Ich erinnere mich gut an den verratzten Döner-Laden in Schweden. Wir hatten einfach Hunger und sind dann geschlossen dort reinspaziert. Es war überragend da drin. (lacht) Bei der Pizza-Geschichte 2007 lief es einfach insofern blöd für uns, weil Heiner Brand im Foyer saß und gerade gesehen hatte, wie die Isländer einen brutalen Kampf abgeliefert hatten. Und dann kam der Pizza-Bote an ihm vorbei und sagte, dass die Bestellung für die deutsche Nationalmannschaft wäre. Und das Beste: Es sei mit dem Trainer abgesprochen. Wir saßen oben und dann kam Heiner rein... oh mein Gott. Aber eines war spätestens danach klar: Wir standen in der Pflicht, gegen Slowenien zu gewinnen, was wir dann auch souverän geschafft haben.
SPOX: Hat die Geschichte das Team damals auf besondere Weise zusammengeschweißt?
Kraus: Auf jeden Fall. Wenn eine Mannschaft als Gruppe ein paar Geheimnisse hat und jeder weiß, hier kann sich jeder auf den anderen verlassen und hier wird nie jemand verpetzt werden, dann macht das etwas mit einem Team. Dieses Gefühl hatten wir 2007. Es hat uns stärker gemacht. Man muss auch dazu sagen, dass der Druck bei so einem Turnier sehr hoch ist. Es geht hier auch nicht um irgendwelche Alkoholexzesse, es ging in diesen Fällen darum, den Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. Heute läuft das sicherlich alles ein bisschen anders, die Zeiten haben sich geändert.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Kraus: Gefühlt gibt es weniger mündige Spieler. Kaum jemand macht den Mund auf und wenn es jemand tut, dann wird ihm sofort vorgeworfen, er hätte hier falsche Kritik geübt, oder sonst irgendetwas.
SPOX: Haben Sie einen Fall im Kopf?
Kraus: Das beste Beispiel in jüngster Vergangenheit war Hendrik Pekeler, der in meinen Augen ein Thema angesprochen hat, bei dem er zu hundert Prozent Recht hatte. Nämlich die Überbelastung der Spieler in der Liga in Zusammenhang mit der Champions League, dem Liga-Betrieb und der Nationalmannschaft. Ich habe in meiner Karriere sicher nicht alles richtig gemacht und hier und da habe ich meinen Ecken und Kanten, das gebe ich zu, aber eines kann ich sagen: Wenn mir etwas wichtig ist und am Herzen liegt, dann habe ich das immer angesprochen und werde das auch weiterhin tun. Weil ich möchte, dass es in der Zukunft besser läuft. Es gibt keinen einfacheren Mitspieler als mich, aber ich habe es öfters erlebt, dass ich dann der Einzige war, der etwas gesagt hat, obwohl es mindestens 80 Prozent genauso gesehen haben. Dann kann ich auch nichts dafür, wenn jemand ein Problem damit hat und ich als komplizierter Spieler hingestellt werde. Ich würde mir wünschen, wenn wieder mehr Menschen eine Haltung hätten.
SPOX: Das gilt sicher nicht nur für den Sport oder in dem Fall den Handball. Die Entwicklung, dass keiner mehr den Mund aufkriegt, ist ja überall zu sehen.
Kraus: Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Meine Geschichte mit der NADA und dem verpassten Dopingtest, weil die Klingel nun mal defekt war. Jedem Sportler geht die Art und Weise, wie das teilweise abläuft, auf die Nerven. Da wird mit unterdrückter Nummer angerufen, sodass du gar nicht die Möglichkeit hast zurückzurufen. Um das klar zu sagen: Von mir aus kann jeden Morgen um 7 Uhr ein Kontrolleur zum Kaffee vorbeikommen, aber wenn ein unbekannter Teilnehmer anruft, dann gehe ich nicht hin, weil ich mich frage, was derjenige zu verbergen hat. Oder warum wird ein Spieler 20 Mal kontrolliert und der andere einmal? Wer soll das verstehen? Auf jeden Fall wurde ich bekanntermaßen nach der Suspendierung freigesprochen, aber zwischendurch gab es nicht einen Spieler, der den Mumm hatte, sich öffentlich zu äußern und mir in gewisser Weise zur Seite zu springen. Das fand ich schade.
SPOX: In gewisser Weise sind wir hier beim leidigen Thema der fehlenden Typen. Beziehungsweise bei der Frage, wie sich ein Charakterkopf denn definiert?
Kraus: Genau. Ein Typ ist nicht ein Typ, weil er viele Tattoos hat und nachts um die Häuser zieht, das ist doch Quatsch. Kretzsche ist ein Typ. Weil Kretsche sagt, was er denkt. Schon immer. Vielleicht sind ihm manche Sachen von früher deshalb im Nachhinein peinlich, aber damals hat er eben so empfunden. Deshalb erinnern sich die Leute an Kretzsche. Warum soll es heute nicht mehr möglich sein, seine Meinung zu sagen? Das verstehe ich nicht.
SPOX: Zurück zur WM 2007: Für Sie persönlich nahm das Turnier mit dem ersten Spiel gegen Frankreich dann Fahrt auf. Wie haben Sie es in Erinnerung?
Kraus: Bis dahin bin ich nur sporadisch eingesetzt worden und dann hat sich mit dem Frankreich-Spiel und den sieben Toren alles für mich geändert. Ich war wie im Tunnel, es war wirklich der Hammer. Mein Vorteil war natürlich auch, dass mich niemand kannte. Ich habe einfach mein Ding gemacht und mich in einen Rausch gespielt.
SPOX: Nach dem Sieg im Viertelfinale gegen Spanien kam es im Halbfinale erneut zum Duell mit den Franzosen. Es sollte eines der denkwürdigsten Handball-Spiele aller Zeiten werden. 32:31 nach Double-Overtime.
Kraus: Es war eine Schlacht, so wie immer gegen die Franzosen. Sie waren total übermotiviert und wollten Rache, aber wir hatten das Quäntchen Glück auf unserer Seite.
SPOX: Die Franzosen würden wohl heute noch sagen, dass sie betrogen wurden.
Kraus: Stopp mal. Das sagen sie ganz sicher, aber dann schauen wir uns doch mal die WM 2001 in Frankreich an, als sie zuhause Weltmeister wurden und Deutschland im Viertelfinale in Albertville nach Verlängerung rausgeworfen haben. Und das Spiel gegen das damalige Jugoslawien war auch fragwürdig. Die Franzosen sollen sich mal nicht beschweren. 2007 hat sich Geschichte nur wiederholt. Dass der Gastgeber einen kleinen Vorteil hat, war schon immer so und ist ganz normal.
SPOX: Wie sicher waren Sie 2007, dass das Finale gegen Polen nach diesem Halbfinale auch gewonnen wird?
Kraus: Zu hundert Prozent. Die Polen hatte eine bockstarke Truppe, aber wir hatten nacheinander Spanien und Frankreich aus dem Weg geräumt und wussten, dass wir dieses Finale vor unseren Fans in Köln nicht verlieren werden. Das war unvorstellbar. Aber unvorstellbar war dann auch, wie das Finale ablief. Wir hatten das Spiel total unter Kontrolle, aber dann kamen die Polen zurück und plötzlich verletzte sich Henning Fritz. Jogi Bitter, der vorher keine Minute gespielt hatte, kam rein und hielt einfach alles. Was für eine Geschichte. Wie für Hollywood gemacht. Ich sehe mich nach dem Spiel noch auf der Platte stehen, alle jubeln, mein Blick in die Zuschauer schweifend, ich entdecke meinen Vater, der mir ganz ruhig und zustimmend zunickt. Nach dem Motto: Gut gemacht, Junge. Ich kriege gerade Gänsehaut, wenn ich darüber spreche. Wahnsinn. Plötzlich stand ich im All-Star-Team der WM und bin völlig unvorbereitet davon überrollt worden, das hat mich im Nachhinein viel Kraft gekostet.
SPOX zeigt Mimi Kraus den Zusammenschnitt seiner Tore bei der WM 2007
"Was für ein junger Spund"
"Geile Frise"
"Schau mal, da hatte Omeyer noch Haare"
SPOX: Welche Rolle hat Heiner Brand 2007 gespielt?
Kraus: Heiner war der ruhende Pol. Er hat uns vor jedem Spiel auf den Punkt vorbereitet. Er hat uns genau erklärt, was auf uns zukommt und es hat jedes Mal gestimmt. Heiner hat mit seiner unglaublichen Erfahrung ganz genau gewusst, wie er uns wieder runterholt, wenn wir wieder mal auf 180 waren. Das hat er richtig geil gemacht.
SPOX: Auf YouTube gibt es ein schönes Video, in dem Sie als Trainer eine etwas andere Kabinenansprache halten. Was bedeutet denn "Ich war nicht wie Teppich"?
Kraus: (lacht) Das geht auf eine alte Geschichte aus Hamburger Zeiten zurück. Wir waren mal wieder etwas unterwegs, wurden aber erwischt und von Coach Martin Schwalb zur Rede gestellt. Jetzt gibt es in Polen ein Sprichwort, wenn man etwas zu viel getrunken hat. Bei uns sagt man ja, du bist voll wie eine Natter, in Polen heißt es: Du bist wie Teppich. Also hat unser polnischer Mitspieler Lijewski zum Trainer gesagt: "Ja, wir waren weg, ja, wir waren zu spät, aber wir waren nicht wie Teppich." Schwalbe hat kein Wort verstanden. Und eines ist auch klar: Wir waren natürlich wie Teppich. (lacht)
SPOX: Ernsthaft gefragt, ist eine Trainerkarriere mittlerweile für Sie vorstellbar?
Kraus: Durchaus, ich kann mir vorstellen, einmal Trainer zu werden. Ich möchte dem Handball auf jeden Fall verbunden bleiben, egal ob als Trainer oder vielleicht auch als Scout oder Manager, wenn ich mal nicht mehr selbst auf der Platte stehe. Ich muss sagen, dass es einen in Sachen Verantwortung zu tragen schon auf den richtigen Weg bringt, wenn du eine eigene Familie hast. Ich bin auch davon überzeugt, dass Soft Skills viel wichtiger sind für einen Trainer als Fachkenntnisse, das gilt wahrscheinlich sogar für jede Führungsposition. Ein Erfahrungsschatz ist wichtig, aber vor allem lebenssituativ. Du musst als Trainer spüren, warum ein Spieler gerade blockiert. Deshalb bin ich auch Velimir Petkovic so unglaublich dankbar.
SPOX: Wegen der Zeit nach der WM 2007?
Kraus: Genau, er hat mir nach der WM 2007 Halt gegeben, als ich nicht mehr wusste, wo oben und unten ist. Ich hatte mehrere Monate lang Rückenschmerzen, aber es war alles psychosomatisch. Auch dank der Hilfe von Petko waren die Schmerzen irgendwann von heute auf morgen weg und ich habe wieder gespielt wie neu geboren. Wenn es ein Trainer schafft, eine Mannschaft menschlich zu packen, dann gehen die Spieler für ihn durchs Feuer. Wenn Spieler Vertrauen spüren, wachsen sie über sich hinaus. Wir müssen uns nur das Beispiel von Andy Schmid vor Augen halten. Bevor er Jahr für Jahr zum MVP der Liga wurde, kam er aus Silkeborg zu den Löwen und es lief in den ersten Jahren überhaupt nicht. Dann ging den Löwen das Geld aus, Andy bekam mehr oder wenig aus der Not heraus seine Chance und plötzlich nahm alles seinen Lauf. Jetzt ist sein Selbstbewusstsein so groß, dass es egal ist, aber auch er brauchte die Unterstützung des Trainers, damit er sein unfassbares Potenzial abrufen konnte.
SPOX: Schmid fehlt bei der WM, weil die Schweiz sich nicht qualifizieren konnte, Sie wurden von Bundestrainer Christian Prokop nicht nominiert. Auch wenn es sich abzeichnete und der Mittelhandbruch die Situation verkomplizierte, wie enttäuscht sind Sie mit etwas Abstand?
Kraus: Ich muss sagen, dass sich die Enttäuschung über die Nicht-Nominierung in Grenzen hält. Ich möchte auch ausdrücklich sagen, dass ich mit dem Kader, der nominiert worden ist, sehr gut leben kann und ich vollstes Vertrauen in die Jungs habe. Die werden das schon machen. Allerdings fand ich die Formulierung von Kretzsche im Vorfeld, dass man sich mit mir Risiko ins Team holen würde, sehr fragwürdig und unvorteilhaft für mich, weil es einfach nicht korrekt ist. Was soll es heißen, dass man sich mit mir Risiko ins Team holt? Dass ich eine gewisse Zocker-Mentalität in mir habe, ist klar, aber warum ist das so negativ behaftet?
SPOX: Prokop hat auf der Mitte Martin Strobel nominiert und ihn als Denker und Lenker gelobt. Sie haben nicht das Image des Denkers und Lenkers.
Kraus: Das ist es ja. Aber ich leite seit Jahren alles auf der Mitte. Es war eine unglückliche und für mich fragwürdige Formulierung, weil es einfach überhaupt nicht zutrifft. Werde ich nach Geschichten beurteilt, die zehn Jahre her sind? Wir müssen hoffentlich auch nicht darüber reden, dass ich 35 bin. Die Franzosen nehmen immer ihre alten Säcke noch mit, weil sie Leistung bringen. Alles andere sollte nicht zählen. Es geht ja nicht darum, in sechs Jahren Weltmeister zu werden. Aber die Leute sollen sich selbst ein Bild machen, was Woche für Woche in der Bundesliga gespielt wird, wenn man es neutral betrachtet.
SPOX: Sie haben in dieser Saison vor allem mit Ihrem 18-Tore-Spiel für Schlagzeilen gesorgt, aber auch sonst bis zu ihrer Verletzung überragend gespielt. Wo kommt die Form her?
Kraus: Ich könnte gerade vier Stunden am Stück Handball spielen, weil ich so Bock habe. Ich befinde mich aktuell einfach in einer sehr komfortablen Situation. Ich habe mit Jürgen Schweikardt einen Trainer, der mich gut kennt und weiß, wie er mich nehmen muss. Ich habe meine Ernährung umgestellt und meinen Alkoholkonsum auf ein Minimum reduziert. Nicht, weil es mir nicht schmeckt, sondern weil es nicht mehr zu meinem Lifestyle passt. Ich habe mir im Keller ein Gym eingerichtet und mache extrem viel schweres Krafttraining, bestimmt viermal die Woche. Ein größerer Muskel ist auch leistungsfähiger, davon bin ich total überzeugt. Selbst bei uns im Handball, wo ja viele Maschinen herumlaufen, ist da noch Luft nach oben. Mein Lebenswandel ist insgesamt ganz anders geworden. Ich führe ein Spießer-Leben. (lacht) Ich gehe früh ins Bett, weil meine Kinder morgens früh schon ankommen und ihren Papa brauchen. Die Familie ist meiner Frau und mir heilig und gibt mir enorm viel Kraft. Selbst wenn es mal nicht so läuft, weiß ich, dass ich abends in mein Nest komme. Die Leistung ist nur die logische Folge.
SPOX: Warum haben Sie denn den Rekord von Stefan Schröder (21 Tore) eigentlich nicht gebrochen?
Kraus: Ich wusste gar nicht, wo der Rekord steht. Ich saß ja zwischendurch sogar länger auf der Bank. Als unser Youngster Max Häfner zu mir kam und sagte, dass der Rekord bei 21 steht, habe ich ihm gesagt: "Alter, den hätte ich ja locker geschafft. Easy." (lacht) Aber wichtig war zu dem Zeitpunkt vor allem, dass wir das Spiel gewonnen haben. Ich will mich mit dem TVB Stuttgart weiter nach oben orientieren, ich halte das absolut für möglich.
SPOX: Sie klingen so, als ob Sie noch bis 40 spielen können. Ist das Kapitel DHB-Team aber jetzt für Sie beendet?
Kraus: Wie heißt es so schön: Sag niemals nie. Tokio 2020 ist doch auch ein schönes Ziel. (lacht) Ich sage das zwar immer so ein bisschen im Spaß, aber ein bisschen Ernst ist schon auch dabei. Ich fühle mich im Moment so gut, dass ich glaube, noch einige Jahre auf Top-Niveau spielen und mich mit den Besten der Besten messen zu können. Und die Besten der Besten trifft man bei großen Turnieren. Ich werde mich nicht aufdrängen, aber wenn der Bundestrainer anrufen sollte, dann freue ich mich. Ich kann gut verstehen, wenn Dirk Nowitzki sagt, dass er es nach wie vor noch so genießt, im Mannschaftskreis zu sein. Wenn ich daran denke, wie viel Schrott wir auf Busfahrten reden, es ist herrlich - diese Zeit als Spieler musst du auskosten.
SPOX: Wie schätzen Sie die Chancen des deutschen Teams bei der WM ein?
Kraus: Ich schätze die Chancen sehr gut ein. Zumal wir eine sehr gute Truppe haben. Ich verstehe den Pessimismus nicht ganz, Kritik ist vor dem Turnier mehr als fehl am Platz. Die Vorrunde ist mehr als machbar, auch wenn man keinen Gegner unterschätzen darf. Und wenn man einen guten Tag erwischt und das Topspiel gegen die Franzosen gewinnt, geht man mit der maximalen Punktzahl in die Hauptrunde - das sollte das Ziel sein. Als übergeordnetes Ziel sollte das Halbfinale drin sein und dann ist sowieso alles möglich. Klar wird es schwierig und natürlich war das letzte Turnier Mist, aber so ist eben der Sport. Bei einem Turnier kackst du ab, dafür bist du beim nächsten der Held! Darauf hoffe ich jetzt.
SPOX: Wie sehen Sie den Favoritenkreis?
Kraus: Frankreich hat eine Monster-Mannschaft und ist auch ohne Nikola Karabatic keinen Deut schlechter. Dann haben wir natürlich mit Dänemark oder Spanien die üblichen Verdächtigen, ich würde aber vor allem auf Schweden und Norwegen aufpassen. Die werden immer noch nicht richtig beachtet, obwohl sie super Truppen haben. Gerade die Norweger sind brandgefährlich, sollte Dreh- und Angelpunkt Christian O'Sullivan rechtzeitig fit werden. Bei uns wird am Ende entscheidend sein, ob wir den Heimvorteil für uns nutzen können, oder ob der Druck, der zum Start viel größer sein wird als bei uns damals 2007, als wir uns zu Siegen gurken konnten, zur Last wird. Ich will es nicht hoffen, aber es kann auch schnell in die andere Richtung gehen.
SPOX: Abschließend, Sie launchen Mitte Januar Ihren eigenen YouTube-Kanal, was ist der Hintergrund?
Kraus: Es gibt keinen Vlogger, der aktiv im Profisport tätig ist. Das will ich ändern. Bei mir wird Fitness und Profisport im Vordergrund stehen. Ich will auch einen Einblick in mein Leben als Handballer und Familienvater geben und die Leute mitnehmen in meinen Alltag. Viele können sich gar nicht vorstellen, was alles dazu gehört und wie viele Termine ich habe, auch abseits des Feldes. Manchmal sehe ich Trainingspläne von Fußballern und muss sehr staunen. Was machen die Jungs bitte den Rest der Woche? In der Zeit könnte man drei Studiengänge abschließen. (lacht)
SPOX: Nur mal so: Ihre Frau Bella hat 200.000 Abonnenten...
Kraus: (lacht) Ich weiß, sie ist inzwischen der größere Star in der Familie, aber ich kann hoffentlich schnell aufholen.
Meistgelesene Artikel
Das könnte Dich auch interessieren

.jpg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)

