München - Als der Jamaikaner Usain Bolt am Samstagabend in New York in 9,72 Sekunden einen neuen 100-m-Weltrekord aufstellte, gab es mehrere Reaktionen.
Als erstes: Schock. Sobald man diesen überwunden hatte, tauchten dann die ersten Fragen auf.
Zwei entscheidende Fragen, wie die New York Times schrieb:
1. War mit dem Rückenwind alles in Ordnung?
2. War mit Usain Bolt selbst alles in Ordnung?
Erst sein fünftes Rennen
Wie kann ein 21-jähriger, 1,96-Meter großer Mann, den vorher nur absolute Experten kannten und der erst sein fünftes 100-m-Rennen überhaupt absolvierte so eine Fabelzeit laufen? Auf regennasser Bahn.
Nachdem das Rennen wegen Sturm und Blitzschlag-Gefahr um 45 Minuten verschoben worden war. Und das alles in einem seltsamen Stadion (Icahn Stadium) auf einer New Yorker Insel. Ungedopt?
Vor der Saison war Bolt noch nie unter 10 Sekunden gelaufen (10,03), jetzt stehen für ihn zwei der drei besten Zeiten aller Zeiten zu Buche.
Die Entwicklung des 100-Meter-Weltrekordes
Ob es ungerecht ist oder nicht, man kann sich nicht helfen, es kommen Zweifel an der Leistung von Bolt auf.
Unzweifelhaft: Bolts Talent
Da die Leichtathletik in den vergangenen Jahren von Doping-Fällen nur so übersät wurde, man denke an Marion Jones, Tim Montgomery oder Justin Gatlin, ist es normal, dass jede herausragende Leistung sofort unter Verdacht gerät.
Nicht anzuzweifeln ist das Talent von Bolt. Schon mit 15 wurde er Junioren-Weltmeister über die 200 Meter. Er war der erste Junioren-Sprinter, der die 200-m-Strecke unter 20 Sekunden lief.
Mit seiner persönlichen Bestleistung von 19,75 Sekunden galt er auch als Mitfavorit für die Olympischen Spiele in Peking.
Aber was die 100 Meter angeht, so erwartete jeder ein Duell zwischen Tyson Gay und Bolts Landsmann Asafa Powell.
Leichtathletik im Teufelskreis
Wenn Bolt sauber ist - und zum jetzigen Zeitpunk gibt es keinen Beweis, dass er es nicht ist - ist er fast schon ein Opfer des Doping-Systems der vergangenen Jahre.
Man kann machen, was man will, aber wenn man unschuldig ist, kann man seine Unschuld nicht mehr beweisen.
Die Leichtathletik unternimmt wie der Radsport große Anstrengungen, Doping-Sünder zu überführen. Dadurch werden viele Betrüger entlarvt. Aber dadurch wird der Ruf der Sportart nicht besser.
"Ich verstehe total, dass die Leute Zweifel haben", sagte Gay, der in 9,85 Sekunden in New York hinter Bolt Zweiter wurde.
Doppel-Gold als großes Ziel
"Solange es die Leichtathletik geben wird, wird es auch Verdächtigungen geben. Daran wird sich nichts ändern", so Gay weiter.
Bolt konzentriert sich derweil schon auf sein großes Ziel: Doppel-Gold in Peking.
"Der Weltrekord bedeutet gar nichts, wenn ich bei Olympia nicht Gold hole", erklärte Bolt.
Einfacher ist diese Aufgabe durch seinen "Blitzschlag von New York" nicht geworden. Ab jetzt werden alle Augen auf ihn gerichtet sein.
Wer weiß, vielleicht ist Bolt ja wirklich sauber und er ist einfach nur deshalb so schnell, weil es noch nie einen großen Sprinter gab, der so explosiv startet wie er. Schön wär's.
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