Super Sunday für Europa

Florian Regelmann
03. Oktober 201022:00
Martin Kaymer gewann sein drittes Match an der Seite eines bärenstarken Ian PoulterGetty
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Europa hat sich am dritten Tag des Ryder Cups im Celtic Manor Resort im walisischen Newport mit einer fantastischen Leistung des ganzen Teams eine klare 9,5:6,5-Führung erspielt und benötigt am Montag (10 Uhr im LIVE-TICKER) nur noch 5 Punkte in den abschließenden Singles. Mit 5,5:0,5 ging die dritte Session an das Team von Captain Colin Montgomerie - Team USA gewann kein einziges Match. Während Martin Kaymer sich wieder auf einen starken Partner verlassen konnte, war der Star des Tages ein englischer Rookie. Tiger Woods bekam seine schlimmste Ryder-Cup-Niederlage aller Zeiten verpasst - und zwei US-Boys sind weiter eine einzige Enttäuschung.

SPOX

"Course closed". Das war die erste Durchsage, die von offizieller Seite am Sonntagmorgen zu hören war. Wer sich noch nicht auf den Weg gemacht hat, möge doch bitte zu Hause abwarten. Wer schon unterwegs ist, solle doch bitte im Auto sitzen bleiben.

Es regnete wie vorhergesagt mal wieder in Kübeln. Das 18. Fairway hatte unzählige neue Wasserhindernisse bekommen, die dort nicht hingehören - es war deprimierend für alle.

Um 7.45 Uhr Ortszeit hätte es planmäßig weitergehen sollen, stattdessen war erneut Geduld gefragt. Erst nach der zweiten langen Unterbrechung der Woche, diesmal waren es 5:45 Stunden, konnten die sechs laufenden Matches der dritten Session um 13.30 Uhr fortgesetzt werden.

Die 12 Singles waren schon am Vormittag auf den Montag verschoben worden. Was die ganze Woche zu befürchten war, ist nun also Realität geworden: Es wird in der 83-jährigen Ryder-Cup-Geschichte zum ersten Mal ein Montagsfinish geben. Die 12 Einzel werden ab 09.05 Uhr Ortszeit gestartet - und die Wettervorhersage für den Montag ist tatsächlich erfreulich. Halleluja.

Der Tag zum Nachlesen im Ticker

Die Matches des Tages

3. Session - 2 Foursomes: Europa vs. USA 2:0

Luke Donald/Lee Westwood vs. Steve Stricker/Tiger Woods: EUR 6&5

Eine der größten Zerstörungen der Ryder-Cup-Geschichte. Tigers schlimmste Ryder-Cup-Niederlage aller Zeiten (zuvor 5&3 gegen Montgomerie/Langer 1997). Stricker/Woods im 7. gemeinsamen Karriere-Match zum ersten Mal als Team geschlagen.

Was soll man zu Westy und Luuuuuuke sagen? Die beiden Engländer spielen aktuell in ihrer ganz eigenen Liga. Oberste Champions League. Kommen auf den Platz und spielen sofort mal drei Birdies an der 10, 11 und 12. Fünf unter Par nach 13 Löchern im Foursomes-Format ist fast kriminell gut. Donalds Foursomes-Bilanz jetzt bei 6-0.

Rory McIlroy/Graeme McDowell vs. Hunter Mahan/Zach Johnson: EUR 3&1

Der erste Sieg für McIlroy und McDowell. Ein Punkt für Europa, der nach der schnellen Führung vom Samstag nie mehr in Gefahr geriet. Das Finish der Nordiren war stylisch. Ein super Schlag ins Monster-Par-3 an der 17 von G-Mac, dann lochte McIlroy den Birdie-Putt zum Sieg.

4 Fourballs: Europa vs. USA 3:1

Padraig Harrington/Ross Fisher vs. Jim Furyk/Dustin Johnson: EUR 2&1

Absolut sensationelle Leistung von Fisher, der Europa im Alleingang zum Sieg führte. An der 17 lochte der Engländer als krönenden Abschluss seinen Birdie-Putt und brachte Celtic Manor zum Kochen.

Peter Hanson/Miguel Angel Jimenez vs. Bubba Watson/Jeff Overton: EUR 2 auf

Das Match mit der Szene des Tages: Overton locht seinen zweiten Schlag an der 8 zum Eagle und steigt danach völlig aus. "BOOM, BABY! YEAH! COME ON!" Daran wird man sich bis in alle Ewigkeit erinnern. Aber wichtiger: Europa holt sich den Punkt, weil in der Phase, als es eng wurde, erst Hanson ein aberwitziges Birdie an der 15 hinzaubert und an den letzten drei Löchern Jimenez mit einem Birdie an der 16 und weiteren Weltklasse-Schlägen den Rest erledigt.

Edoardo Molinari/Francesco Molinari vs. Stewart Cink/Matt Kuchar: All Square

Fantastischer halber Punkt aus europäischer Sicht. Gegen das stärkste und einzig ungeschlagene US-Duo beweisen die Brüder wieder mal ihr großes Herz und kratzen an der 18 noch die Teilung raus. Riesenkompliment an Francesco, der an der 16 einen kurzen Putt verschob, sich aber nicht entmutigen ließ und an der 18 ein großes Birdie spielte.

Ian Poulter/Martin Kaymer vs. Phil Mickelson/Rickie Fowler: EUR 2&1

Kaymer ist der Erste, der zugibt, dass er mit Westwood und Poulter zwei phänomenale Partner erwischt hat, von denen er enorm profitierte. Poulter musste fast alles alleine machen - alle 5 Team-Birdies gingen auf sein Konto, darunter das vorentscheidende an der 15.

Kaymer gelang dagegen als einzigem Spieler aus den Fourball-Matches kein einziges Birdie. Selbst Harrington oder Dustin Johnson lochten zwischendurch mal was. Kaymers Spiel war einfach nicht annähernd so konstant, wie es sonst ist. Teilweise waren es schlechte lange Schläge - und der Trend, dass der Deutsche in dieser Woche zu wenige Putts locht, setzte sich auch fort. Besonders bitter: ein zu kurz gelassener Zwei-Meter-Putt an der 9.

Aber Kaymer zeigte dennoch, was ihn so auszeichnet: Als es zum Schluss darum ging, das Match fertig zu bekommen, unterstützte er Poulter mit einem starken Bunker-Save zum Par an der 16 und nagelte an der 17 sein Eisen so gut aufs Grün, dass er wenig später die Ehre hatte, das Match mit einem Lag-Putt zu beenden.

Wer den Perfektionisten Kaymer kennt und weiß, welch hohe Erwartungen er an sich hat, der weiß auch, dass er sicher nicht mit seiner Leistung zufrieden ist. Aber wir sind bei einem Team-Event. Kaymer ist ungeschlagen und hat bei seinem Debüt bis jetzt 2,5 von 3 möglichen Punkten geholt. Nur Westwood hat genauso viele Zähler eingespielt. Das ist alles, was zählt. Jede Wette, dass er ein starkes Einzel spielen wird.

Reaktionen:

Colin Montgomerie (Captain Europa): "Ein großes Kompliment an alle 12 Jungs. Sie waren alle brillant. Ich glaube wirklich, dass heute eine der größten Tage in der Geschichte des europäischen Golf war. Jetzt ist es unser Job, die Singles-Session zu gewinnen, dann haben wir auch den Cup. Ich versuche die ganze Woche diplomatisch zu sein, aber es überrascht mich schon, dass die Nummer eins und zwei der Welt in den Einzeln an achter und zehnter Stelle kommen."

Corey Pavin (Captain USA): "Ich bin stolz auf meine Jungs. Sie haben alles gegeben und wissen, was sie jetzt zu tun haben. Es ist absolut möglich, das Ding noch umzudrehen."

Martin Kaymer: "Ian hat die ganze Runde über sehr, sehr gut gespielt. Ich habe zum Schluss ein paar gute Putts gelocht. Es macht einfach so viel Spaß alles hier. Wir führen und jetzt gehen wir am Montag raus und werden uns den Cup holen."

Der Star des Tages: Ross Fisher. Man bilde ein Team aus einem Rookie und einem dreifachen Major-Champion und schaue dann dabei zu, wie der Frischling den Superstar auf unglaublich beeindruckende Weise zum Sieg trägt. Was Fisher auf den zweiten neun Löchern bot, war überragende Weltklasse.

Er musste zuschauen, wie Harrington ihn bei einem Loch nach dem anderen alleine ließ, und antwortete darauf mit einem majestätischen Eisenschlag nach dem anderen. Dazu lochte er mit großem Selbstvertrauen alle wichtigen Putts. Nicht Kaymer oder McIlroy, Fisher ist der beste europäische Rookie bislang. Er zeigt, warum viele Experten auch in ihm einen zukünftigen Major-Sieger sehen.

Eines ist aber auch klar: Bei aller Kritik an Harrington - der Ire hat mit seiner Präsenz an der Seite von Fisher durchaus einen nicht kleinen Anteil an dessen Leistung. Ein Top-Move von Monty, die beiden zu kombinieren.

Die Gurken des Tages: Phil Mickelson und Dustin Johnson. Sie bleiben auch getrennt voneinander die riesengroßen Enttäuschungen des US-Teams.

Bis auf einen lichten Moment an der 13, als Mickelson zur Abwechslung mal einen Birdie-Putt im Loch unterbrachte, war es erneut eine erschreckend schwache Vorstellung der Nummer zwei der Welt.

Es ist kaum zu glauben, wie viele kurze Putts Lefty in den letzten Tagen vorbeigeschoben hat. Es war Mickelsons 17. Niederlage in einem Ryder-Cup-Match, das hat noch keiner geschafft, neuer Negativ-Rekord! Bei Dustin Johnson fragte man sich zwischenzeitlich, ob er überhaupt noch anwesend war. Eines ist klar: Der Junge hat in den USA viele Fans verloren in dieser Woche.

Die Lehren des Tages: Der gewaltige Tritt in den Hintern, den Captain Montgomerie seinem Team nach der zweiten Session verpasste, hat Wunder gewirkt. Monty beklagte die fehlende Leidenschaft in seinem Team. Er spürte, dass sein Team den Gegner offensichtlich unterschätzt hatte. Die Europäer hatten erwartet, dass sie führen, taten es aber nicht. Es musste etwas passieren - und Monty machte ihnen das nach eigenen Angaben in einem harrschen Ton sehr deutlich.

Die Folge war ein inspirierter Auftakt in die dritte Session am Samstag gewesen. Europa hatte sich das Momentum geholt - und Europa gab es am Sonntag nicht wieder ab. Westwood und Donald setzten mit ihrer Demütigung von Stricker und Woods sofort ein Zeichen, der Rest des Teams zog nach. Es gab nur eine kurze kritische Phase, als ein heiß laufender Matt Kuchar dafür sorgte, dass sich eines der sechs Matches drehte.

Plötzlich wurde es auch in einigen anderen Matches eng, aber die letzten europäischen Duos zeigten dann in der entscheidenden Phase eine große Leistung - und große Leidenschaft. Der halbe Punkt der Molinari-Brüder war viel mehr wert als ein normaler halber Punkt. Zum einen natürlich für den Gesamtstand, eine Drei-Punkt-Führung ist viel besser als eine Zwei-Punkt-Führung. Aber zum anderen auch vor allem für die Teammoral.

Wenigstens einmal "Rot" auf dem Scoreboard stehen zu haben, wäre für Pavins Truppe vor den Einzeln essentiell gewesen. Und auf der Gegenseite war der halbe Punkt ein Segen für die Psyche der Molinaris. Sie hatten in ihren beiden Matches so unglaublich gebissen und gefightet. Man hätte es aus europäischer Sicht mit großem Unbehagen gesehen, wenn die beiden Rookies mit dem Gefühl, dass sie nichts für das Team beigetragen haben, in die Einzel hätten gehen müssen.

Zwar haben die Amerikaner schon einmal einen noch größeren Rückstand (6:10 1999 in Brookline) aufgeholt, aber dieses Mal spricht nichts dafür, dass Europa es noch verlieren kann. Montgomerie schickt zum Auftakt der Einzel mit Westwood, McIlroy, Donald, Kaymer, Poulter und Fisher seine aktuell sechs besten Spieler raus, um den Express-Zug zum Sieg weiterrollen zu lassen.

Pavin muss aufgrund des Rückstands seine besten Pferde Stricker, Furyk und Cink auch sofort bringen. Bezeichnend, dass Woods erst an 8. und Mickelson an 10. Stelle von Pavin nominiert wurden. Stellen, wo ihre Matches eventuell gar keine Bedeutung mehr haben werden, wenn Europa den Sack früh zumacht.

Tag 2: USA führt - Europa mächtig im Kommen