Zwischen Zerstörung und Schlachtfest

Maurice Kneisel
22. August 201707:43
Zerstörung pur! Braun Strowman schickte Brock Lesnar per Powerslam durch ein KommentatorenpultWWE
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Beim SummerSlam im Barclays Center von Brooklyn, New York wurde Brock Lesnar nach brutalen Attacken von Braun Strowman zwischenzeitlich auf einem Stretcher aus der Halle transportiert, kehrte später jedoch zurück, um seine Universal Championship erfolgreich im Fatal-4Way zu verteidigen. WWE Champion Jinder Mahal besiegte zudem Shinsuke Nakamura und John Cena setzte sich gegen Baron Corbin durch.

The Hardys and Jason Jordan vs. WWE Intercontinental Champion The Miz, Curtis Axel and Bo Dallas (Kickoff Pre-Show)

Sieger:The Miztourage per Skull Crushing Finale von Miz gegen Jordan. Das Match hatte den Sinn, zwei Fehden aufzubauen und diesen erfüllte es auch. Nach der Verletzung von Scott Dawson und dem daraus resultierenden erneuten Ausfall des Revivals sprangen Curtis Axel & Bo Dallas als Übergangsgegner für die Hardyz ein, was für sie nach Monaten und Jahren der Bedeutungslosigkeit eine enorme Steigerung bedeutet.

Miz durfte etwas überraschend Jordan pinnen, dem er nichtsdestotrotz demnächst in einem IC-Titel-Match gegenüberstehen wird. Da man Jason pushen will und Miz seit geraumer Zeit als (extrem stark arbeitender) Übergangschampion für die Face-Flavors of the Month herhält, erscheint ein zeitnaher Titelwechsel nicht unwahrscheinlich.

WWE Cruiserweight Champion Akira Tozawa vs. Neville (Kickoff Pre-Show)

Sieger & neuer WWE Cruiserweight Champion: Neville per Red Arrow. Was bei Raw nach seinem Titelverlust zugunsten der Feierlichkeiten von Titus Worldwide viel zu kurz kam, wurde dafür im Vorfeld von NXT TakeOver sowie beim SummerSlam überdeutlich gemacht: Der King of the Cruiserweights war stinksauer über seinen Titelverlust. Entsprechend verbissen ging Neville in diesem Match zu Werke und bearbeitete vor allem Tozawas Schulter.

Der erneute Titelwechsel macht Sinn, da Neville die Division seit geraumer Zeit trägt. Allerdings ist fraglich, wie es nun mit Tozawa und Titus Worldwide weitergeht. Wird der Titel nun mehrfach hin und her wechseln, wie seinerzeit bei Charlotte und Sasha Banks? Ansonsten braucht Akira dringend eine sinnvolle Folgefehde oder einen Tag Team-Push gemeinsam mit Apollo Crews.

SmackDown Tag Team Champions The New Day vs. The Usos (Kickoff Pre-Show)

Sieger & neue SmackDown Tag Team Champions: The Usos per Double Superfly Splash gegen Big E. Die größte Überraschung im Kickoff folgte nach einem hochklassigen Match und belohnte die Usos für ihre überragende Arbeit der letzten Monate. Anders als bei den Cruiserweights machen in dieser Fehde mehrfache Titelwechsel durchaus Sinn, da beide Teams als die vielleicht stärksten der WWE und auf Augenhöhe dargestellt werden.

Da SmackDown zudem - bei allem Unterhaltungswert der Fashion Police - kein anderes Team zu bieten hat, das auch nur ansatzweise auf einem ähnlichen Level einzustufen ist, erscheint es logisch, diese Fehde durch einen erneuten Titelwechsel in die Länge zu ziehen.

Diese Teams werden noch einige Monate lang fehden und gelingt es den Writern, ihre Fehde sinnvoll weiter zu schreiben und zu intensivieren, dann wird das Programm auch hochklassig bleiben. Jimmy und Jey haben sich diesen erneuten Titelgewinn durch ihre herausragende Arbeit in ihren aktuellen Gimmicks, in die sie nach Startschwierigkeiten hervorragend hineingewachsen sind, mehr als verdient.

John Cena vs. Baron Corbin

Sieger: John Cena per Attitude Adjustment. Der verfehlte Cash-In von Corbin am vergangenen Dienstag erntete reichlich Kritik, doch man hätte auch daraus durchaus etwas Positives ziehen können. Baron wird seit jeher eher dümmlich dargestellt und verliert das Gros seiner Matches durch Unkonzentriertheiten, wie Diskussionen mit den Referees oder andere Ablenkungen, die seine Gegner zum Roll-up o.ä. nutzen - das beste Beispiel war eben seine Niederlage gegen Mahal.

Hätte man dies aber nun genutzt, um einen deutlich brutaleren und gnadenloseren Lone Wolf daraus hervorzubringen, der Cena abfertigt, dann hätte diese Darstellung immerhin Sinn ergeben. Doch stattdessen verlor das "skinny-fat, overrated dumpster fire", wie John ihn zuletzt on-air nennen durfte und was im Zweifel (auf das "skinny-fat" bezogen) ein wenig subtiler Hinweis der Führungsetage an Corbin war, sich in bessere Form zu bringen.

Da nicht einmal Attacken nach dem Match folgten, ist nun fraglich, ob diese Fehde weitergehen wird. Aber selbst, falls Corbin bei SmackDown Cena erneut attackieren und letztlich sogar einen dreckigen Sieg einfahren sollte - sein Momentum hat man ruiniert.

SmackDown Women's Champion Naomi vs. Natalya

Siegerin & neue SmackDown Women's Championesse: Natalya per Sharpshooter. Carmella und James Ellsworth waren lediglich backstage zu sehen und Naomi verlor dennoch ihren Titel - es war ohne Frage eine der größten Überraschungen des Abends. Natty wurde somit knapp sieben Jahre nach ihrem ersten und bis dato einzigen Titelgewinn endlich für ihre langjährige gute Arbeit und die häufig demütigende Darstellung (Stichwort "Furz-Gimmick") entschädigt.

Gleichzeitig erscheint aber unwahrscheinlich, dass dies mehr als nur ein großer Moment für die Queen of Hearts bleiben wird. Ein erfolgreicher Cash-In am Dienstag oder gar ein Sieg für Naomi im Re-Match erscheinen deutlich wahrscheinlicher, als dass Natalya den Titel nun über mehrere Monate wird halten dürfen.

Big Show vs. Big Cass (with Enzo Amore suspended above the ring in a Shark Cage)

Sieger: Big Cass per Empire Elbow. Ein mäßig tolles Match, in dem der Fokus größtenteils auf Enzo im über dem Ring schwebenden Käfig lag. Trashtalker Skywalker zog sich irgendwann die Hosen aus und ölte sich ein, um durch die Stäbe zu passen, was ihm tatsächlich gelang.

Er stürzte in den Ring, wo Cass ihn per Big Boot in Empfang nahm. Positiv ist festzuhalten, dass Cass den für seinen weiteren Push dringend benötigten Sieg einfahren konnte. Die Fehde gegen Amore wird aber in irgendeiner Form wohl noch weitergehen.

Randy Orton vs. Rusev

Sieger: Randy Orton per Squash nach einem frühen RKO, nachdem Rusev ihn beim Entrance attackiert hatte. Niemand hätte hier wohl ernsthaft auf einen Rusev-Sieg gewettet, doch dass seine Niederlage so schnell erfolgen würde, macht das Ganze wirklich traurig.

Ob der gute Worker Rusev für irgendetwas abgestraft wird oder man einfach nur Orton stark darstellen will, sei dahingestellt. Im Zweifel musste man angesichts der vollgestopften Card einfach nur Zeit sparen. Aber nach diesem Ergebnis kann der Bulgare auch im weiteren Fehdenverlauf gegen die Viper nichts gewinnen.

Raw Women's Champion Alexa Bliss vs. Sasha Banks

Siegerin & neue Raw Women's Championesse: Sasha Banks per Banks Statement. Ein stiffes Match endete im vierten Main Roster-Titelgewinn von Banks. Die beiden Damen, denen man ihre Rivalität und persönlichen Animositäten wirklich abkauft, werden ihre Fehde nach diesem Ergebnis definitiv noch länger fortführen, was für Raw - umso mehr seit Bayleys Verletzung - der Best Case ist.

Wichtig wird nun, dass neben den starken Leistungen von Banks und Bliss auch die Writer liefern und man die Fehde neben starken Promos und Matches um die entsprechende Intensität in Form von brutalen Backstage-Attacken o.ä. ergänzt. Doch die Tatsache, dass die Fehde weitergehen wird, ist alleine schon ein großes Glück für alle Fans der Frauen-Division.

"The Demon" Finn Balor vs. Bray Wyatt

Sieger: Finn Balor per Coup de Grace. Hatte irgendjemand ernsthaft erwartet, dass Brays Sieg über Seth Rollins bei Great Balls of Fire zu irgendetwas anderem genutzt würde, als dazu, Finn Bálor weiter over zu bringen? Wyatt setzt seine Karriere als einer der glorifiziertesten Jobber der WWE-Geschichte fort, während man Finn durch das Comeback des Demon wieder deutlich gefährlicher wirken lässt.

Durch seinen Entrance, in den man den von Bray jahrelang genutzten Song "He's got the whole world in his hands" geschickt einband, wurden die Psychospielchen noch einmal deutlich intensiviert und das Ganze persönlicher gemacht. Die Fehde könnte somit enden, aber im Zweifel wird Wyatt sich noch (mindestens) einmal für Finn hinlegen müssen.

Raw Tag Team Champions Sheamus & Cesaro vs. Seth Rollins & Dean Ambrose

Sieger & neue Raw Tag Team Champions: Seth Rollins & Dean Ambrose per Dirty Deeds von Ambrose gegen Sheamus. Für Sheamus & Cesaro läuft es ähnlich wie für den Miz - sie liefern jede Woche ab, zählen ohne Frage zu den Besten in ihrer Division, doch letztlich sind sie doch immer nur Übergangschamps für die nächsten zu pushenden Faces.

Sich für zwei ehemalige World Champs, die zudem schon früher jahrelang als Team zusammengearbeitet haben, hinzulegen, ist sicher keine Schande. Doch wie schon beim Titelverlust gegen die Hardyz bleibt festzuhalten, dass der Ire und der Schweizer in sehr kurzer Zeit zu einem unglaublich gut harmonierenden Team zusammengewachsen sind, das als einziges mit den beiden SmackDown-Top-Duos mithalten kann.

Nun wird aber erst mal die Shield-Storyline im Vordergrund stehen, Seth & Dean werden die Titel spätestens beim nächsten PPV erfolgreich gegen Sheasaro verteidigen und sich dann anderen Gegnern zuwenden. Vielleicht erhalten die frischgebackenen Ex-Champs die Titel ja zurück, wenn Ambrose schließlich gegen Rollins geturnt ist.

United States Champion AJ Styles vs. Kevin Owens (Shane McMahon as special guest referee)

Sieger & weiterhin United States Champion: AJ Styles per Styles Clash. Wie zu erwarten, stand Shane im Mittelpunkt dieses Matches und wurde immer wieder aktiv eingebunden, diskutierte mehrfach mit beiden Männern und wurde nach einem Zusammenstoß mit Owens kurzzeitig ausgeknockt.

Es ist ja nicht so, dass der Mann schon mehrfach trotz Gehirnerschütterung in Plexiglasscheiben gesuplext oder von der Hell in a Cell geschleudert wurde... ebenso erwartungsgemäß war, dass Kevin im weiteren Verlauf immer frustrierter über die Entscheidungen von Shane-O-Mac wurde und ihn nach jedem nicht erfolgreichen Pinversuch verbal anging.

Nach einer Schubserei zwischen den beiden übernahm Styles das Ruder und sicherte sich den Sieg. Die Fehde Styles vs. Owens sollte damit beendet sein, im Gegensatz zu der zwischen McMahon und KO. Ob daraus letztlich ein Match resultieren wird, oder nur monatelange Dispute wie bei Daniel Bryan und The Miz, bleibt abzuwarten.

WWE Champion Jinder Mahal vs. Shinsuke Nakamura

Sieger & weiterhin WWE Champion: Jinder Mahal per The Khallas. Der Run des Modern Day Maharaja geht weiter, aber ansonsten änderte sich wenig. Einmal mehr erfolgte die Entscheidung dadurch, dass seine Verbündeten den Gegner massiv ablenkten und Mahal dies zu seinem Finisher nutzte.

Im gesamten Match hatte Jinder ausschließlich nach Attacken der Singh Brothers auf Nakamura Offensive und so wirkt er weiterhin unglaublich schwach - ein Umstand, den die WWE offenkundig auch nicht ändern möchte. Die Fehde wird aufgrund dieses Verlaufs mit Sicherheit weitergehen.

Universal Champion Brock Lesnar vs. Roman Reigns vs. Samoa Joe vs. Braun Strowman (Fatal 4-Way Match)

Sieger & weiterhin Universal Champion: Brock Lesnar per F-5 gegen Roman Reigns, nachdem er diesen aus der Luft abfing. Man konnte im Vorfeld das klare Match des Abends erwarten und wurde definitiv nicht enttäuscht! Die Fans tobten, während die vier Männer sich in einer brutalen Schlacht alles abverlangten. Zwischenzeitlich lief Strowman auf Hochtouren und fertigte selbst Lesnar in einer Deutlichkeit ab, wie man es noch nie zuvor gesehen hat.

Sein Running Powerslam gegen das Biest durch eines der Kommentatorenpulte war ein absolutes Highlight und führte dazu, dass die Halle ihn lautstark feierte. Lesnar wurde anschließend sogar unter "Goodbye"-Chants auf einen Stretcher geschnallt und aus der Halle gekarrt, nur um wenig später zurückzukehren. Zwischen Suplex City, "This is awesome"-Chants, einem blutenden Braun und unzähligen stiffen Moves lieferte der Main Event voll ab.

Dadurch, dass Lesnar seinen Titel erfolgreich verteidigte, hat sich zugleich sein Abgang bzw. eine mögliche Pause erledigt. Nachdem er bereits gegen Joe bei Great Balls of Fire gewann und Roman in diesem Match pinnen konnte, wäre der logische nächste Schritt nun eine 1-on-1-Fehde mit Strowman. Für Vorfreude auf diese hat man durch die Szenen mit diesen beiden Monstern vergangene Nacht definitiv gesorgt.

Fazit

Der SummerSlam hat ohne Frage abgeliefert! Absolutes Highlight war natürlich die Zerstörungsorgie im Main Event, bei der alle vier Beteiligten einmal mehr beweisen konnten, wie hervorragend sie miteinander arbeiten. Durch Lesnars Titelverteidigung scheint eine Fehde gegen Strowman praktisch vorprogrammiert und garantiert jetzt schon weitere unglaublich brutale Highlights. Neben dem Fatal-4Way stachen die vielen überraschenden Titelwechsel hervor.

Der Titelgewinn des Shield war abzusehen, die von Neville, den Usos und Natalya hingegen deutlich weniger und auch Sasha Banks war alles andere als offensichtlich, während wohl viele auf Nakamura getippt hätten. Entsprechend unberechenbar wirkte der PPV, was ihm gewaltige Pluspunkte beschert.

Wrestlerisch wussten die meisten Matches ebenfalls zu überzeugen, lediglich das erwartungsgemäß mittelmäßige Cass vs. Big Show und der Squash-Sieg Ortons stachen negativ heraus. Doch insbesondere letzterer ist nur folgerichtig, wenn man die Card dermaßen überlädt und somit gezwungen ist, Zeit zu sparen. Die nach wie vor nicht gerade kleine Orton-Fan-Fraktion wird es immerhin gefreut haben.

Aus den im Vorfeld des PPVs aufkommenden Gerüchten, der Undertaker würde sein Comeback feiern, wurde nichts, obgleich der Deadman sich zeitgleich in New York City befand. Aber auch ohne seinen Auftritt wusste der SummerSlam absolut zu unterhalten und durch seine Ergebnisse auch immer wieder zu überraschen. Es war eine gelungene Ausgabe der Nummer 2 im WWE-Kalender und ein insgesamt bockstarkes WWE-Wochenende mit dem brillanten NXT TakeOver: Brooklyn III am Vorabend.