San Francisco/Boston - Am 7. August schlug sich Barry Bonds mit dem 762. Homerun seiner Karriere in die amerikanischen Geschichtsbücher und verbesserte den Uralt-Rekord von Hank Aaron aus dem Jahr 1974.
Gestern schlug die Justiz zu - und dies könnte das Karriere-Ende für den exzentrischen Star bedeuten. Der 43- Jährige, der zuletzt bei den San Francisco Giants in der Major League Baseball (MLB) spielte, seit Ende September aber ohne Klub ist, muss sich wegen viermaligen Meineides und Behinderung der Justiz verantworten.
Ein Bundesgericht erhob in San Francisco Anklage gegen Bonds, dem bis zu 30 Jahre Gefängnis drohen. Am 7. Dezember muss sich der Amerikaner vor einem Amtsgericht in San Francisco verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Outfielder vor, bei seiner Aussage am 4. Dezember 2003 vor einem Bundesgericht gelogen zu haben. Bonds hatte damals angegeben, nie wissentlich leistungssteigernde Mittel genommen zu haben.
Personal-Trainer auf freiem Fuß
Laut Anklage wurde er damals gefragt, ob er anabole Steroide, Wachstumshormone oder leistungssteigernde Mittel von seinem langjährigen Freund und Personal-Trainer Greg Anderson bekommen und auch genutzt habe. "Greg würde so etwas nicht tun. Er weiß, dass ich gegen dieses Zeug bin", hatte Bonds damals geantwortet. Anderson habe ihm zwar eine Creme verabreicht, aber diese wäre nicht die vom Balco-Labor vertriebene Substanz "The Clear" gewesen, sondern nur eine harmlose Salbe zur Schmerzlinderung.
Während er von der MLB, die seit 2003 ihre Spieler auf Steroide hin untersucht, nie positiv getestet wurde, saß sein Trainer seit Juli 2006 im Gefängnis, weil er sich geweigert hatte, gegen Bonds auszusagen.
Unmittelbar nach der Anklage wurde Anderson frei gelassen. "Offen gesagt, ich bin tief bestürzt. Es sieht so aus, als wenn die Regierung Greg und mich irregeführt hat, indem gesagt wurde, dass dieser Fall ohne ihn nicht vorankäme", meinte Anderson-Anwalt Mark Geragos. Bonds wurde seit mehreren Jahren immer wieder mit Doping in Verbindung gebracht. So wurde bei einer Razzia in Andersons Haus ein sogenannter Doping-Kalender gefunden, der mit den Buchstaben "BB" beschriftet und auf das Jahr 2001 datiert war.
Auf Kundenliste des Balco-Labors
"Er könnte andere BB's kennen", meinte Bonds, als ihm das Dokument bei seiner Aussage vor Gericht im Dezember 2003 gezeigt wurde. Entsprechend der Anklage bestritt er sogar die Einnahme von Steroiden, als ihm die Staatsanwaltschaft die Ergebnisse eines Tests vom November 2000 zeigte, der mit "Barry B-Probe" gekennzeichnet war und zwei verschiedene Arten von Steroiden aufwies. Und schließlich stand sein Name auf der Kundenliste des Balco-Labors. Dessen Gründer, Victor Conte, hatte bis zur Aufdeckung des Skandals 2003 jahrelang US-Spitzensportler - wie die zuletzt geständige Marion Jones - mit Steroiden und Wachstumshormonen versorgt.
Aufgrund deutlicher Dopingbeweise gegen ihn und scheinheiliger Behauptungen von ihm, wurden Bonds' Leistungen in den USA immer mit Skepsis und Argwohn betrachtet. Zwar hält er mit 762 Homeruns den wohl bedeutendsten Rekord im US-Sport, und auch seine 2001 aufgestellten 73 Homeruns in einer Saison sind bis heute unerreicht. Für das Gros der Fans ist Bonds dennoch kein Idol, sondern schlichtweg der Baseball-Buhmann. "Ich bin absolut überzeugt, dass sich dieser Fall zerstreuen wird, wenn das Fehlverhalten der Staatsgewalt offensichtlich wird. Barry ist unschuldig, die Vorwürfe sind lächerlich", betont sein Verteidiger Mike Rains.
In die leidenschaftliche Diskussion schaltete sich am Donnerstag uch US-Präsident Bush ein, der dem neuen Rekordhalter noch vor Wochen gratuliert hatte. Jetzt machte der mächtigste Mann der Welt inen Rückzieher. "Die Entwicklung ist enttäuschend, wir werden aber bis zum Urteil keine Stellungnahme abgeben. Dennoch ist es ein rauriger Tag für den Basebal", ließ Bush durch seinen Sprecher Tony Fratto verlauten. Die wollte derweil erst nach Überprüfung der Anklageschrift reagieren.
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