MLB - Moneyball-Star Billy Beane im Interview: "Müssen der BVB zu New Yorks Bayern sein"

Marcus Blumberg
03. Oktober 201808:58
Die Oakland Athletics haben die Playoffs erreicht und spielen im Wildcard Game gegen die New York Yankees.getty
Werbung

Weltweit bekannt wurde der Name Billy Beane durch das Buch und den gleichnamigen Film "Moneyball". Er handelt davon, wie der heutige Vice President of Baseball Operations sein Team, die Oakland Athletics, trotz geringem Budget immer wieder in die Spitzenregionen der MLB führt.

Im Gespräch mit SPOX-Redakteur Marcus Blumberg spricht Beane über den diesjährigen Playoff-Einzug der A's und gibt Einblick in die Kaderzusammensetzung sowie das anstehende Duell im Wildcard Game mit den New York Yankees (Do., 2 Uhr live auf DAZN).

SPOX: Herr Beane, erstmal herzlichen Glückwunsch zum Playoff-Einzug! Wie bewerten Sie denn diese Leistung?

Billy Beane: Es war ein ziemlich großer Erfolg für uns, besonders mit unserem jungen Team und unserer niedrigen Payroll. Es war eine großartige Leistung unserer jungen Spieler und natürlich auch unseres kompletten Trainerstabs. Da sind wir sehr stolz drauf. Und nun spielen wir gegen unsere gefürchteten Rivalen, die New York Yankees.

SPOX: Haben Sie denn am Anfang der Saison erwartet, die Playoffs zu erreichen, oder war es doch eher eine Überraschung für Sie?

Beane: Wir wussten, dass wir ein gutes Team hatten. Und wir wussten, dass diese Jungs irgendwann um einen Playoff-Platz mitspielen würden. Aber sie sind wahrscheinlich alle ein wenig früher erwachsen geworden. Ich meine, wir haben ein paar Spieler, die ihre erste volle Saison spielen. Und die haben wie Stars gespielt. Das passiert normalerweise erst nach ein paar Saisons. Also ja, es war überraschend.

SPOX: Reden wir mal konkret über das Wildcard Game. Ist es für Sie ein großer Nachteil, dass das Spiel in New York stattfindet?

Beane: Ich denke, man zieht es immer vor, vor den heimischen Fans zu spielen, damit die die Chance haben, das Team anzutreiben. Aber davon abgesehen glaube ich nicht, dass es unsere Jungs interessiert, ob sie zuhause oder auswärts spielen. Wir haben eine ziemlich einzigartige Gruppe zusammen. Und ich glaube, die sehen es einfach pragmatisch: Da wir in New York spielen, müssen wir, wenn wir gewinnen, nicht quer durchs Land nach Boston reisen (der Sieger des Wildcard Games trifft auf die Boston Red Sox in der American League Division Series, Anm. d. Red.). Und da es nur ein Spiel ist, ist es wahrscheinlich sowieso kein klarer Vorteil, zuhause zu spielen im Baseball. Außerdem sind wir so oder so froh, dass wir überhaupt soweit gekommen sind und nun diese Chance haben.

Oakland Athletics: Bullpen als größte Stärke

SPOX: Richten wir den Fokus mal mal konkret auf das Spiel. Sehen Sie es als Möglichkeit an, einen Opener zu nutzen? (Nach Aufzeichnung des Gesprächs wurde Liam Hendriks als Opener offiziell bestätigt. Anm. d. Red.)

Beane: Sicherlich. Das ist eine der Optionen, die wir diskutieren werden. Wir reden von einem One-Game-Playoff, in dem ohnehin alle Mann an Deck sein müssen. Und ich bin mir nicht sicher, ob für so ein Spiel ein traditionellen Starter ideal für uns wäre. Die große Stärke unseres Teams war schließlich bisher der Bullpen. Wir werden vielleicht einen Starter mehrere Innings pitchen lassen, aber es kann durchaus sein, dass wir mit einem Opener beginnen werden.

SPOX: Sie haben diese Taktik unter anderem mehrere Male mit Liam Hendriks angewandt. Wäre es denn für Sie über diese Saison hinaus eine Option, den Opener regelmäßig einzusetzen?

Beane: Ich denke, jeder im Baseball wird sich das am Ende des Jahres genauer anschauen. Es ist eine sehr interessante Strategie und den Tampa Bay Rays gebührt hier Respekt, denn Sie haben es essenziell vorgestellt. Und speziell im Sport wäre man ja verrückt, wenn man nicht über jede gute Idee nachdenken würde. Es sieht so aus, als würde es funktionieren - es hat sicherlich für Tampa Bay funktioniert.

MLB: Saisons der Oakland A's seit 2012

JahrPlatzierung AL WestSiegeNiederlagenSiegquotePlayoffs?
20121.9468.580ALDS (2-3)
20131.9666.593ALDS (2-3)
20142.8874.543Wildcard
20155.6894.420-
20165.6993.426-
20175.7587.463-

Billy Beane: "Müssen Dortmund zu New Yorks Bayern sein"

SPOX: Lassen Sie uns mal über ein paar Ihrer Neuzugänge vor dieser Saison sprechen. Wie finden Sie denn eigentlich immer so Leute wie Ramon Laureano oder Nick Martini, die vor dieser Spielzeit noch nie in den Big Leagues gespielt haben und nun Leistungsträger sind?

Beane: Es ist für uns einfach notwendig, solche jungen Spieler zu finden und ihnen eine Chance zu geben. Martini zum Beispiel haben wir nach sechs Jahren in den Minor Leagues verpflichtet. Und er war ein sehr guter Minor-League-Spieler, aber er war eben in einem sehr guten Farmsystem der St. Louis Cardinals blockiert. Er brauchte einfach eine Chance, die wir ihm geben konnten. Und in Laureanos Fall mussten wir für ihn traden.

SPOX: Wieso?

Beane: Er ist ein Spieler, der uns schon immer gefallen hat. Wie Martini war auch er in einem sehr talentierten System bei den Houston Astros. Man kann eben nicht jeden guten jungen Spieler halten, also hatten wir die Chance, den Trade zu machen. Generell ist es so, dass wir mit unerprobten jungen Spielern auskommen müssen. Wir müssen gewissermaßen Borussia Dortmund zu New Yorks Bayern München sein. Das ist unsere Herangehensweise.

Billy Beane ist seit 1998 für die Oakland Athletics tätig.getty

SPOX: Was meinen Sie damit?

Beane: Letztendlich haben wir nicht die Ressourcen, diese Jungs zu halten, wenn sie zu Stars reifen. Aber wir sind stolz darauf, diese jungen Spieler zu finden und ihnen einen Start in die Karriere zu verschaffen.

SPOX: Ihr früheres Pitching Ace, Sonny Gray, spielt nun bei den Yankees und hatte nicht unbedingt eine gute Saison. Haben Sie eine Erklärung für seine Probleme, denn sein Stuff scheint ja weiterhin vorhanden zu sein?

Beane: Wir haben ihn ja damals aus dem College gedraftet. Er kam durch unser System und wir mochten ihn auch sehr als Person. Er hat eigentlich sehr gut auswärts gepitcht. Nur zuhause war er zumindest temporär nicht sehr gut. Wenn Sie auf seine Auswärts-Statistiken schauen, sehen Sie, dass die ziemlich gut sind, wenn auch nicht ganz so gut wie damals in Oakland.

SPOX: In der Tat!

Beane: Manchmal braucht man eine Weile, um sich in einem neuen Team zu akklimatisieren. New York ist ein großer Markt. Aber insgesamt denke ich, dass man in der gesamten Branche weiterhin einen guten Eindruck von ihm hat. Er ist ein sehr talentierter junger Mann und ich denke, dass man das irgendwann auch wieder sehen wird.

SPOX: Würden Sie ihn zurücknehmen?

Beane: Nun, das kann ich nicht kommentieren, denn das wäre gegen die Regeln! (lacht)

SPOX: Ach ja, da war was. Sorry!

Beane: Ich kann ihm Komplimente machen, aber mehr auch nicht. Wir nennen das "Tampering" ...

Billy Beane zur MVP-Frage: "Wir haben drei Kandidaten"

SPOX: Reden wir also wieder über Ihre aktuellen Spieler: Vor ein paar Tagen riefen Ihre Fans "MVP", nachdem Khris Davis einen wichtigen Homerun spät im Spiel geschlagen hatte. Würden Sie da zustimmen?

Beane: Immer, wenn unsere Zuschauer MVP rufen, ist das sicherlich positiv für uns. Khris hat jetzt drei Jahre in Folge 40 oder mehr Homeruns geschlagen. Er führt die Liga in Homeruns an und ist Zweiter bei den RBI. Aber wir haben noch ein paar andere gute Spieler, wie etwa Matt Chapman. Abgesehen von seiner Offensivstärke ist er an der dritten Base aktuell der wohl dominanteste Defensivspieler im Spiel. Und Jed Lowrie, unser Second Baseman, ist ein weiterer Bursche, der Teil der Diskussion sein muss. Er hat auch knapp 100 RBI und ist ein All-Star. Wir haben also im Grunde drei Leute, über die man reden könnte.

SPOX: Einer Ihrer Division-Rivalen sind die Los Angeles Angels. Das heißt, Sie haben Shohei Ohtani diverse Male gesehen. Was können Sie uns über ihn erzählen? Was war Ihr Eindruck von seiner ersten Saison?

Beane: Er ist ein einzigartiges Talent. Er ist dominant auf beiden Seiten - Pitching und Hitting. Der Spieler, mit dem man ihn am ehesten vergleichen kann, ist Babe Ruth - der wohl bekannteste Baseballspieler aller Zeiten. Er ist großartig für den Baseball. Was mir besonders am Baseball gefällt, ist, dass er internationaler wird. Über 30 Prozent aller Spieler in der MLB sind mittlerweile von außerhalb der USA. Wenn einer wie Ohtani, ein bemerkenswertes Talent, von außerhalb dazu stößt - das gilt auch für den Deutschen Max Kepler von den Minnesota Twins - dann ist das großartig für Baseball. Das hilft, das Spiel zu expandieren, sodass mehr Leute auf der Welt Interesse entwickeln.

Billy Beane: Neues Stadion in Oakland ziemlich bald

SPOX:Letztes Jahr sprachen Sie über die Möglichkeit eines neuen Ballparks. Können Sie uns dazu etwas Neues sagen?

Beane: Das ist unser Hauptfokus außerhalb des Platzes. Es wird irgendwann passieren. Unsere Teameigner konzentrieren sich vor allem darauf, einen Stadiondeal zustande zu bringen. Und die A's sind wirklich darauf angewiesen. Unser Stadion ist sehr alt. Und nur so erhöhen wir unsere Einnahmen, um letztlich unsere Spieler zu halten. Auch die MLB plädiert dafür, dass wir ein neues Stadion bekommen. Ich bin durchaus zuversichtlich, dass wir einen Weg finden. Und das sicherlich ziemlich bald.

SPOX: Ist es dann gut oder schlecht für die A's, dass Ihre "Mitbewohner", die Oakland Raiders, bald nach Las Vegas abwandern?

Matt Chapman und Khris Davis (v.l.) sind die größten Leistungsträger der Oakland Athletics 2018.getty

Beane: Also grundsätzlich ist es nie gut für eine Stadt, ein großes Sportteam zu verlieren. Die Raiders haben eine lange Geschichte hier und eine begeisterte Fanbase, ähnlich wie die A's-Fans auch. Aber aus Sicht der A's gibt es uns hoffentlich eine bessere Chance, einen Stadiondeal auszuhandeln. Trotzdem nochmal deutlich: Wenn eine Stadt ein Team verliert, ist es immer enttäuschend, speziell für die Fans. Aber die Raiders-Fans reisen sehr gerne. Ich bin mir sicher, dass die Leute, die hier wohnen, häufig nach Las Vegas fahren werden. Schließlich haben die Raiders eine der leidenschaftlichsten Fanbases in der NFL.

SPOX: Kommen wir zur letzten Frage, ohne die ich Sie natürlich nicht gehen lassen kann: Wer gewinnt die World Series?

Beane: Puh ... Ich hoffe, wir gewinnen sie! Abgesehen davon habe ich keine Ahnung. Das Ding ist ja, dass es jetzt zu einem Turnier wird. Es kommt öfter vor, dass nicht unbedingt das beste Team gewinnt, sondern das glücklichste. Aber wir haben dieses Jahr ein paar sehr gute Teams in den Playoffs. Einige gehen sicher als Favoriten rein, etwa die Red Sox, die ein historisches Jahr hingelegt haben. Die Cleveland Indians sind sehr gut aufgestellt und vergessen wir nicht die Houston Astros. Also wer auch immer am Ende gewinnt, wird ein paar sehr gute Teams schlagen müssen. Ich habe keine Ahnung, aber ich hoffe, dass wir am Ende oben stehen.

SPOX: Herr Beane, danke fürs Gespräch und viel Glück in den Playoffs!

Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.