Die Suns gehen als Sieger aus einem hochklassigen Spitzenspiel. Dabei sammelt ein Mann Argumente für eine Nominierung ins All-Defensive Team, Chris Paul macht Phoenix zum Clutch-König der Liga und Stephen Curry schaut in die Röhre. Vielleicht kommt diese Pleite den Warriors aber ganz gelegen. Vier Beobachtungen zu Suns vs. Warriors.
1. Suns-Forward Mikal Bridges gehört ins All-Defensive Team
Nur ein Treffer bei 4 Wurfversuchen für 2 Punkte, dazu 3 Assists, 2 Rebounds, 4 Steals und der Beweis, dass der Boxscore in einem NBA-Spiel eben nicht immer die ganze Wahrheit erzählt. Diese übersichtlichen Zahlen verzeichneten die Statistiker hinter dem Namen Mikal Bridges - und dennoch war der Suns-Forward einer der Spieler, die den größten Einfluss auf den 104:96-Erfolg der Hausherren hatten.
Der 25-Jährige übernahm die undankbare Aufgabe, Warriors-Star und MVP-Favorit des ersten Saisonviertels Stephen Curry fast 48 Minuten hinterherzujagen. Bridges meisterte dies mit Bravour, sein Gegenüber machte die schwächste Shooting-Performance seiner Karriere durch. Zum 329. Mal drückte der Chefkoch mindestens 20-mal in einem Spiel ab, nie traf er schlechter als in Phoenix (4/21 FG und 3/14 Dreier für 12 Punkte).
Zugegeben: Darunter waren auch einige Versuche, die Curry an einem guten Tag versenkt. Aber er hatte eben auch viele Abschlüsse, die ihm von den Suns mit mindestens einer Hand im Gesicht erschwert wurden. "Vieles lag an ihnen", zollte auch Curry seinen Respekt. "Man muss sie für ihre Länge und ihren Einsatz loben."
Ohne es auszusprechen, dürfte er damit vor allem Bridges gemeint haben. Dieser agierte als primärer Verteidiger, kämpfte sich abseits des Balles mit um Screens, ließ ihn ab und an gar nicht erst an den Ball kommen, machte ihm mit seiner Physis zu schaffen oder war selbst nach Switches als Help-Defender noch ein Albtraum für Curry. Laut ESPN kam Letzterer nur auf 3 Punkte und eine True-Shooting-Percentage von 11,5 Prozent in den direkten Matchups gegen Bridges.
Und apropos Switches: In solchen Szenen machte auch Deandre Ayton einen sehr guten Job, um vor dem bisherigen NBA-Topscorer zu bleiben und dessen Dreierversuche zu erschweren. Curry wurde zu gleich zwei Airballs gezwungen.
Entsprechend betonte Bridges nach der Partie die Teamleistung in der Defense, anstatt die Lorbeeren für sich selbst einzusacken. Durchaus zurecht, Phoenix ließ nach einem brandheißen Warriors-Auftakt (35 Punkte im ersten Viertel, hauptsächlich dank Jordan Poole) im weiteren Spielverlauf nur noch 19, 24 und 18 Zähler in den jeweiligen Abschnitten zu. Erstmals in dieser Saison knackte Golden State nicht die 100-Punkte-Marke - und saisonübergreifend sogar erstmals nach 43 Spielen.
Dennoch gebührt Bridges eine Menge Lob für seine Defense gegen die Warriors, wie auch generell für seine bisherige Saison. "Es ist mir egal, ob Mikal überhaupt noch ein weiteres Spiel macht, er ist besser in euren All-Defensive Teams am Ende des Jahres", warnte Chris Paul bereits vergangene Woche. "Er macht alles für uns. Jede Nacht, wirklich jede Nacht." Wenn er so weitermacht, spielt sich Bridges sogar in die Konversation um den Award als Defensive Player of the Year.
2. Die Phoenix Suns sind die Clutch-Könige der NBA
Als Devin Booker sich nach einem Drive im zweiten Viertel an den Oberschenkel fasste und wenig später klar war, dass er nicht mehr in das Geschehen wird eingreifen können, gab es sicherlich den ein oder anderen besorgten Suns-Fan. Gegen die bis dato beste Defense der Liga wäre das Scoring von Booker in einem engen Spiel sicherlich hilfreich gewesen.
Doch die Suns bestätigten auch ohne ihn das, was sich bereits in den ersten Saisonwochen angedeutet hatte: Phoenix ist der Clutch-König der NBA. Als das Spiel beim Stand von 92:91 in die letzten fünf Minuten ging, übernahm CP3 das Kommando in der Offense, die Defense nahm Golden State weiter an die Kette und Phoenix entschied die Crunchtime mit 12:5 für sich.
In Clutch-Situationen (Punktedifferenz 5 Punkte oder weniger in den letzten 5 Minuten eines Spiels) stehen die Suns nun bei 9-1, nur die Wizards (10-1) haben eine bessere Bilanz. Doch kein Team hat in engen Phasen eines Spiels eine bessere Punktedifferenz (+43). In Advanced Stats ausgedrückt ist die Dominanz noch beeindruckender: Phoenix kommt auf ein Net-Rating von +52,9, aber natürlich in einer sehr kleinen Stichprobe.
Booker ist in Clutch-Situation besonders effizient, er traf bisher 73 Prozent aus dem Feld und 60 Prozent von Downtown. Doch auch Paul steht dem kaum in etwas nach (63,6 Prozent FG) bei einem überragenden Assist/Turnover-Verhältnis von 4,0. Auch die Warriors schafften es nicht, den Point God davon abzuhalten, Richtung Zone zu seinem Lieblingsspot zu penetrieren.
Dort schloss er einerseits per Jumper zum 99:92 ab oder er bediente per Kick-Out Landry Shamet für den Dagger, nachdem die Defense die Zone zumachen wollte. Die Offense der Suns präsentierte sich mal wieder wie eine gut geölte Maschine, die es selbst der besten Verteidigung der Liga unglaublich schwer machen kann.
3. Golden State Warriors: Willkommener Schuss vor den Bug?
Durch die Niederlage mussten die Warriors ihre Spitzenposition in der Western Conference abgeben, nun grüßen die Suns mit einer identischen Bilanz, aber eben dem Vorteil im direkten Aufeinandertreffen vom Platz an der Sonne. Für Dubs-Coach Steve Kerr scheint das kein Drama zu sein, vielmehr bezeichnete er die Partie als "gute Erinnerung, dass wir noch viel besser werden müssen".
Er spielte damit in erster Linie auf die Offense und insbesondere auf die Ballverluste an, die sich nach dem ersten Viertel anhäuften. 23 Turnover standen am Ende zu Buche, Phoenix nutzte die zu 19 direkten Zählern aus. Kerr kündigte eine intensive Videostudie an, sah seine Offensive aber oftmals zu überhastet agieren, was zu schlechten Pässen geführt habe.
"Wir haben gegen den West-Champion gespielt und sie waren das bessere Team", führte Kerr weiter aus. Auf lange Sicht gesehen sah er allerdings bereits eine Möglichkeit, besser zu werden: "Unsere Gegner werden viele Verteidiger an Steph heften, so wie es Phoenix heute getan hat. Das schafft Räume. Zum Beispiel für Jordan [Poole], für Otto [Porter Jr.], die beiden haben einige Dreier getroffen. Und es schafft Räume für Klay Thompson. Das wird lustig werden."
Diese Aussage ist als Warnung an die Liga zu verstehen. Thompson trainiert derzeit beim G-League-Team der Franchise in Santa Cruz mit, um sich für sein Comeback fit zu machen. Womöglich könnte es an Weihnachten soweit sein - dann kommt es erneut zum Duell mit den Suns.
Dass Golden State auch trotz der zahlreichen Ballverluste und der Curry-Off-Night bis kurz vor Schluss mithalten konnte, machte den Betroffenen entsprechend Mut. Die eigene Defense machte teils einen sehr guten Job, brachte Phoenix mit Zonenvarianten aus der Balance. "Trotz all der Fehler und obwohl ich so schlecht geworfen habe, war es ein enges Spiel. Das war eine gute Lehrstunde für uns", sagte Curry.
4. Der irre Umschwung bei den Phoenix Suns
Man muss nur drei Jahre zurückgehen, da dümpelten die Suns noch im Tabellenkeller umher und hatten einen festen Platz im Kopf der NBA-Fans als eine der Lachnummern der Liga. In der Saison 2018/19 verlor das Team aus der Wüste Arizonas 63 Spiele, unter anderem 17 am Stück, trauriger Franchise-Rekord.
Der Kern von damals ist derselbe wie heute plus CP3. Booker, Ayton und Bridges streiften sich damals schon das Suns-Trikot über, kein Team hat seither solch eine 180-Grad-Wende hingelegt. Nun stehen die Suns als amtierender West-Champion bei 17 Siegen in Folge, ebenfalls Franchise-Rekord (2006/07 gewann Phoenix schon einmal 17 Spiele am Stück), und gehören zweifelsohne in die Riege der Titelanwärter.
In der Nacht auf Freitag haben die Suns gegen die Detroit Pistons gute Chancen, den alleinigen Franchise-Rekord aufzustellen. Anschließend steht direkt das Rematch gegen die Warriors in San Francisco auf dem Programm, bevor am ersten Weihnachtsfeiertag und Ende März 2022 die letzten beiden Spiele dieser Serie ausgetragen werden. Nicht wenige sehen darin eine Vorschau auf ein potenzielles West-Finale, auch wenn es für solche Prognosen natürlich viel zu früh ist. Dennoch: Ein solches Matchup würde für den neutralen Fan eine Menge Spaß und hochklassige Duelle bedeuten.
In den vergangenen Wochen hat kaum jemand über die Suns gesprochen, während sie einen Sieg nach dem nächsten in ihrem Spielplan verzeichneten. Das dürfte sich spätestens mit diesem Erfolg gegen die Warriors ändern. Phoenix steht nun bei 12-1 in Spielen gegen Teams mit einer positiven Bilanz, der beste Wert der Liga. Sie spielen variabel, haben eine erstickende Defense und eine tödliche Offense.
Erst als achtes Team überhaupt in der Geschichte der NBA blieben die Suns über einen kompletten Kalendermonat ungeschlagen, zuletzt gelang dies den Warriors im November 2015, in deren historischen 73-Siege-Saison. Vor drei Jahren wäre man noch für verrückt erklärt worden, wenn man die Booker-Ayton-Bridges-Suns der Zukunft mit diesem Dubs-Team hätte vergleichen wollen.
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