Der NBA Draft ist durch, nun steht als nächstes die Free Agency auf dem Kalender. Bevor es am 1. Juli offiziell losgeht, brodelt natürlich längst die Gerüchteküche. Wir blicken auf die heißesten Themen vor dem Start des alljährlichen Wechselwahnsinns.
Was passiert mit Kyrie Irving?
Beginnen wir mit dem wohl lautesten Thema der vergangenen Tage. Kyrie Irving und die Brooklyn Nets befinden sich Berichten zufolge in einer "Sackgasse", was einen neuen Vertrag angeht - realistisch betrachtet tun sie dies schon lange, aber jetzt muss langsam eine Entscheidung her. Irving sieht sich als Max-Player, idealerweise über fünf Jahre, Brooklyn tut das - verständlicherweise - nicht.
Blenden wir mal Irving On-Court-Impact aus, über den sich debattieren lässt (Reputation und auf dem Court Gezeigtes stimmen längst nicht immer überein), ist das Hauptargument gegen einen solchen 5-Jahre-Max die Unzuverlässigkeit Irvings. Zum einen durch sein bisweilen "eigenwilliges" Verhalten, zum anderen durch die bloße Verfügbarkeit.
Über die vergangenen drei Jahre in Brooklyn hat Irving weniger als die Hälfte aller Spiele absolviert, bereits zuvor in Boston knackte er nie 70 Spiele in einer Saison. Wenn er spielt, tut er das in der Regel auf All-NBA-Niveau, aber er tut es eben nicht so oft und ist nun auch schon 30 Jahre alt. Das Zögern der Nets ist insofern verständlich.
Der Wert von Kyrie Irving ist im Keller
Gleichzeitig hat Brooklyn nicht die besten Optionen zur Verfügung. Irvings Wert ist im Keller, auf seiner kolportierten Wunschliste (Lakers, Mavericks, Heat, Sixers, Knicks, Clippers) stehen überwiegend Teams, die Brooklyn eher wenig anbieten können. Zudem bleibt da das Thema Kevin Durant, der eng mit Irving befreundet ist und sich die Situation logischerweise auch ganz genau anschauen wird.
Kyrie wiederum kann bei keinem der genannten Teams als Free Agent unterschreiben, da das Geld fehlt (die Knicks haben nach dem Walker-Trade rund 20 Mio. Dollar Cap Space, das wird aber nicht reichen). Es müsste also ein Sign-and-Trade her, der auch die Mitarbeit der Nets erfordert. Es ist eine schwierige Situation, für alle Beteiligten.
Es ist daher auch die wahrscheinlichste Lösung, dass man sich irgendwie einig wird. Für die Nets wäre es am einfachsten, wenn Irving einfach seine Option (36,5 Mio.) für die kommende Saison zieht und man die Entscheidung quasi vertagt - das wird Irving aber vermutlich nicht reichen.
Vielleicht gibt es stattdessen drei Jahre, vielleicht gibt es auch fünf, aber mit klar definierten Bedingungen für absolvierte Spiele? Oder ... eigentlich können die Nets es nicht riskieren, innerhalb weniger Monate jedes Mitglied der talentiertesten Big 3 aller Zeiten™ zu verlieren. Eigentlich!
Was machen die Knicks mit ihrer Kohle?
Die verwirrendste Draft-Nacht erlebten wohl die Knicks, die mehrere Deals einfädelten und alles und jeden in der Hinsicht verwirrten, welche Picks denn nun von ihnen getätigt wurden. Letztendlich behielten sie nur Nr.42-Pick Trevor Keels, sowohl Nr.11 (Ousmane Dieng) als auch Nr.13 (Jalen Duren) wurden schlagartig weitergereicht.
Was New York dabei erreichte, war einerseits ein Horten von Picks für die kommenden Jahre und andererseits die Kreation von mehr Cap Space: Durch die Abgabe von Kemba Walker können die Knicks nun bis zu 20 Millionen Dollar Raum schaffen, wenn sie Taj Gibson entlassen und auf die Rechte an Ryan Arcidiacono verzichten.
Wie auf Seite 1 schon geschrieben, wird das für Irving wohl nicht reichen - Uncle Drew steht indes auch nicht als einziger Guard auf ihrer Liste. Es ist kein Geheimnis, dass die Knicks am liebsten Jalen Brunson von den Dallas Mavericks abwerben würden. Dafür holten sie dessen Vater Rick in die Organisation, dafür leiteten sie nun wohl auch diese Moves ein.
Haben die Knicks einen Plan B?
Mehrere Fragen bleiben dabei unbeantwortet. Zum einen ist völlig offen, ob Brunson überhaupt wechseln will - der 25-Jährige hat sich in Dallas etabliert und Berichten zufolge sind die Mavs sehr zuversichtlich, dass er bei ihnen verlängern möchte. Mavs-GM Nico Harrison betonte auch nach dem Draft erneut, dass man "optimistisch" sei.
Brunson ist nicht restricted, er kann also durchaus wechseln, aber sicher scheint das keineswegs. Jake Fischer zufolge hat er sogar bereits Teamkollegen darüber informiert, dass sein Verbleib in Dallas "im Prinzip ausgemachte Sache" ist. Was ist dann der Plan B der Knicks?
Und zum anderen: Wie gut wäre denn ein Team mit Brunson, Julius Randle und R.J. Barrett als Kern? Ist diese Aussicht es überhaupt wert, einen guten Pick abzugeben? Natürlich wäre Brunson für die New Yorker ein Upgrade, nah an der Spitze der Eastern Conference wäre man aber auch mit einem solchen "Coup" nicht, dafür müssten noch andere Moves folgen.
Vielleicht passiert all das, vielleicht verfolgt das Front Office einen Plan, der sie am Ende zum Contender macht. Vielleicht verfallen die Knicks aber auch nur wieder in den Aktionismus, der nunmehr seit Jahrzehnten genauso verbunden mit der Franchise ist wie der legendäre Broadcast mit Mike Breen und Walt Frazier.
Bleibt Rudy Gobert bei den Jazz?
Auch über Utah wurde in den vergangenen Wochen bereits viel spekuliert, schließlich endete die Saison wieder enttäuschend und die beiden besten Spieler sind sich schon seit einer Weile nicht mehr grün. Für den Moment ist es aber durchaus noch möglich, dass sowohl Rudy Gobert als auch Donovan Mitchell auch kommende Saison in Utah spielen werden.
Mitchell will die Franchise grundsätzlich ungern abgeben, obwohl es schon lange Gerüchte gibt, dass der Guard früher oder später in einem größeren Markt spielen will (ein weiteres Luftschloss für die Knicks?!). Bei Gobert soll die Offenheit eher da sein, allerdings sind auch bei ihm die Forderungen hoch, womöglich höher als die Nachfrage.
Gobert ist der beste Ringbeschützer der Liga und würde insofern vielen Teams weiterhelfen. Über die nächsten vier Jahre verdient er jedoch auch noch rund 170 Millionen Dollar und ist offensiv zwar wertvoll, aber kein Star - das macht die Situation komplizierter. Ein interessiertes Team müsste die passende Kombination aus Verträgen und Assets finden, das ist eine Herausforderung.
Utah könnte auf Gobert sitzen bleiben
Als potenzieller Abnehmer wurden zuletzt immer wieder die Chicago Bulls gehandelt, die mit Nikola Vucevic und Patrick Williams theoretisch ein passendes Angebot machen könnten. Aus Bulls-Kreisen wird ihr Interesse jedoch als "überzogen" bezeichnet. Gleiches vermeldete The Athletic nun auch bei den Atlanta Hawks, die stattdessen vielleicht auch auf einen wieder fitteren Clint Capela setzen könnten.
Übrig wären dann noch Teams wie Minnesota oder Toronto, vielleicht sogar die Hornets, auch wenn diese nun einen Center gedraftet haben - auch hier ist aber unklar, ob sie Gobert so hoch einschätzen, wie die Jazz es selbst tun. Wenn Utah für Gobert weiter ein Paket fordert wie für einen Superstar-Wing, dann werden sie vermutlich auf ihm sitzen bleiben.
Dazu muss auch erwähnt werden: Front Office-Chef Danny Ainge steht im Ruf, vor keinem Trade zurückzuschrecken. Das ist auch richtig, aber Ainge schreckt durchaus vor Trades zurück, die er auf dem Papier "verliert". Das darf bei allen Spekulationen um Gobert, aber auch um Mitchell, nicht in Vergessenheit geraten.
Bekommt Miami einen weiteren Star?
Auch Miami wird wie üblich Interesse an etlichen großen Namen nachgesagt. Die Heat kamen in den Playoffs ins siebte Spiel der Eastern Conference Finals, vor allem dank ihrer exzellenten Defense. Offensiv hingegen kann dieses Team gut noch ein Upgrade gebrauchen, womöglich soll dieses per Trade geholt werden.
Miami soll Interesse an Mitchell haben, auch der Name Bradley Beal fiel über die vergangenen Jahre von Zeit zu Zeit (angeblich hat er sich ja schon entschieden, will nur nicht verraten, für was). Nun hat auch Irving sie angeblich auf seine Liste gesetzt, auch wenn es schwer fällt, ihn mit der legendären Heat Culture in Verbindung zu bringen.
Andererseits: Miami hat ein starkes Vertrauen in diese Kultur, die vergangene Saison ja auch eine Beinahe-Schlägerei zwischen Head Coach und Superstar aushielt - warum also nicht noch einen Test wagen? Sportlich könnte Irving den Heat helfen, das steht außer Frage, daher sollen auch sie ein gewisses Interesse an einem Deal haben.
Miami hat dabei keinen Cap Space, aber das muss kein Problem sein. Sie können mehrere Erstrundenpicks anbieten, sie hätten Sixth Man of the Year Tyler Herro als Asset (auch wenn dieser zeitnah eine Vertragsverlängerung bekommen und dadurch teuer werden wird), sie hätten unter anderem den Vertrag von Duncan Robinson (oder sogar den von Kyle Lowry) als Trade-Füller - das ist vielleicht keine Premium-Kombination, aber die hatten sie auch nicht, als sie Jimmy Butler per Sign-and-Trade holten.
Irgendein Ass hat Miami oft im Ärmel, man darf also gespannt sein. Auch P.J. Tucker, der wohl seine Spieler-Option nicht zieht, könnte potenziell ein Chip werden.
Wo landet Deandre Ayton?
Abgesehen von Irving, Beal, James Harden und Zach LaVine gibt es in diesem Jahr nicht allzu viele richtige Star-Free Agents, insbesondere solche, bei denen man nicht schon im Voraus ziemlich sicher sein kann, wo sie landen werden. Deswegen sind Trade-Szenarien interessant, aber es gibt dazu ja auch noch die Restricted Free Agency.
Mit Deandre Ayton (Phoenix), Miles Bridges (Charlotte Hornets) und Collin Sexton (Cleveland Cavaliers) sind hier besonders drei Namen zu nennen, bei denen es interessant werden könnte. Zur Erinnerung: Sie können Angebote anderer Teams unterschreiben, ihre bisherigen Teams haben dann aber das Recht, mit diesen Angeboten gleichzuziehen.
Gerade bei Ayton ist die Lage sehr spannend. Die Fronten wirken verhärtet: Der Big Man will einen Maximalvertrag, das hat sein Agent klar so formuliert. Die Suns wollen diesen aber nicht zahlen, auch das ist einigermaßen gesichert. Ersatzlos verlieren wollen sie Ayton aber auch nicht.
Im Prinzip gibt es nun die folgenden Optionen:
- Ayton unterschreibt ein Offer-Sheet eines anderen Teams, das so hoch ist, dass Phoenix ihn ziehen lässt (maximal möglich sind 131,15 Mio. Dollar über 4 Jahre).
- Ayton unterschreibt ein Offer-Sheet eines anderen Teams, Phoenix matcht. Ayton bleibt und wird früher oder später getradet.
- Ayton unterschreibt bei den Suns (maximal möglich sind 176,9 Mio. über 5 Jahre) und wird per Sign-and-Trade weitergeschickt (oder zu einem späteren Zeitpunkt getradet).
- Ayton unterschreibt das Qualifying Offer (16,4 Mio. Dollar) und wird im Sommer 2023 Unrestricted Free Agent.
- Ayton unterschreibt bei den Suns und ... bleibt!
Tor 3 ist Adrian Wojnarowski zufolge die bevorzugte Option der Suns, die Tore 1 und 4 sind vermutlich nur theoretisch offen. Das höchstmögliche Offer-Sheet für Ayton ist schließlich teuer, aber bei weitem nicht so schädlich wie ein 35-Prozent-Max, zumal die besten Jahre des 23-Jährigen jetzt ja erst anfangen.
Ihn einfach gehen zu lassen, wäre schlichtweg dämlich für ein Team, das die letzten guten Jahre von Chris Paul nutzen will und muss. Gleichzeitig wäre es für Ayton auch nicht ratsam, kommende Saison auf die Hälfte seines Gehalts zu verzichten, indem er das QO unterschreibt.
Deandre Ayton: Diese Optionen haben die Suns
Stand jetzt haben nur vier Teams genug Platz unterm Salary Cap, um Ayton direkt unter Vertrag zu nehmen: Die Pistons, die Pacers, die Spurs und die Magic. Ayton soll Berichten zufolge durchaus gewillt sein, bei den Pistons an der Seite von Cade Cunningham auflaufen, auch wenn diese nun gerade einen Center gedraftet haben.
Detroit ist wiederum wohl kein realistischer Sign-and-Trade-Partner für Phoenix, da sie nicht die Veteranen haben, die Phoenix umgehend weiterhelfen würden. Wobei es generell fraglich ist, ob die Suns in irgendeinem Sign-and-Trade genug für ihn zurückbekommen würden, um nächste Saison nicht wenigstens einen kleinen Schritt zurück zu machen.
Vielleicht sollte man sich doch noch einmal an den Tisch setzen und herausfinden, ob man nicht doch weiter zusammenarbeiten kann und will. Ayton ist bisher kein richtiger Star, aber mindestens ein exzellenter Rollenspieler, der defensiv wie offensiv gut mit dem modernen Spiel zurechtkommt und noch viel Luft nach oben hat.
Solche Spieler sind wertvoll, und somit eben auch teuer. Wenn man so jemanden ziehen lässt, dann idealerweise nur für ein richtig gutes Angebot. Wenn die Suns ein solches nicht bekommen, sollten sie Ayton vorerst behalten und damit Zeit kaufen.
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