Fans lieben es über Spieler zu diskutieren. Wer ist der beste in diesem, wer in jenem? Eine Frage, die dabei natürlich nicht fehlen darf, ist jene nach dem besten Center der Liga. Insbesondere, da traditionelle Center in den letzten Jahren immer seltener zu sehen waren und es Beobachtern an Antworten nicht mangelt. SPOX nimmt die aktuellen Center statistisch unter die Lupe.
nba.deSeit Jahrzehnten gilt die Position des Centers zusammen mit der des Point Guards als die wichtigste Position im Basketball. Während ein Playmaker in der Offensive Spielmacher oder verlängerter Arm des Trainers und in der Defensive so etwas wie Zerstörer des gegnerischen Spielaufbaus sein soll, steht der Center idealerweise sowohl im Angriff als Low-Post-Option als auch in der Defense als "Rim Protector" im Zentrum des Geschehens.
In den letzten Jahren entwickelte sich der Basketball jedoch zusehends weg vom Low-Post-dominierten hin zu von Athletik im Open Court und Penetration und Ball Movement dominiertem Spiel. Entsprechend schien der idealtypischen Center langsam auszusterben. Grund genug für die NBA, die Position des Centers bei der Wahl der Starter des All-Star Games zu eliminieren und nur noch zwischen Backcourt und Frontcourt Spielern zu unterscheiden. Aber ist der klassische Center wirklich ausgestorben? SPOX wirft einen statistischen Blick auf die derzeitige Centerriege der National Basketball Association.
Als Center gilt dafür, wer in dieser Saison geschätzt mehr als die Hälfte seiner Einsatzzeit auf der Fünf gespielt hat. Spieler wie Kevin Love von den Minnesota Timberwolves oder Anthony Davis von den New Orleans Pelicans, die beide circa 40 Prozent als Center gespielt haben und im Player Efficiency Rating ligaweit Platz drei und vier einnehmen, fallen nach diesem Kriterium also heraus. Chris Bosh von den Miami Heat wird auf Grund seiner knapp 80 Prozent Einsatzzeit als Pivot dagegen der Centerriege zugeordnet.
Scoring: In Sachen Scoring tut sich unter den Centern in dieser Saison insbesondere DeMarcus Cousins hervor. Was für eine Macht Boogie für die Sacramento Kings unter dem Korb ist, wird bei einem Blick auf seine Spielzeit besonders deutlich. Für seine durchschnittlich 22,2 Punkte pro Spiel benötigt Cousins lediglich 32 Minuten, was auf 36 Minuten hochgerechnet 25 Punkten pro Partie entspricht. Über 20 Punkte erzielen abgesehen Cousins lediglich Al Jefferson (21,6) und, vor seiner Fußverletzung, Brook Lopez (20,7). Auf 36 Minuten hochgerechnet kommt Lopez auf 23,8 Punkte, Jefferson auf 22,4. Mit Nikola Pekovic (20,4) und Al Horford (20,2) erzielen lediglich zwei weitere Center 20 Punkte pro 36 Minuten. Die Top Ten unter den produktivsten Scorern pro 36 Minuten runden Pau Gasol (19,9), Dwight Howard (19,6), Tim Duncan (18,7); Chris Bosh (18,6) und Greg Monroe (16,6) ab.
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Von diesen Zehn punktete Lopez - allerdings in einem mit nur 17 Spielen sehr kleinen Sample - mit einer True Shooting Percentage von 62,9 Prozent am effektivsten, gefolgt von Bosh (60,1 Prozent), Howard (60 Prozent), Horford (58,8 Prozen) und Pekovic (58,2 Prozent). Cousins liegt im Vergleich mit einer True Shooting Percentage von 55,8 Prozent auf Platz sechs vor Duncan (53,7 Prozent), Monroe (53,7 Prozent), Jefferson (52,9 Prozent) und Gasol (52,2 Prozent). Mit DeAndre Jordan (63,2% Prozent), Tyson Chandler (61,9 Prozent), Andrew Bogut (61 Prozent), Samuel Dalembert (60,2 Prozent) und Robin Lopez (60,2 Prozent) noch fünf weitere Center über 60 Prozent. Angesichts ihres beschränkten Offensivarsenals sind diese fünf allerdings weniger intensiv in die Offense ihrer jeweiligen Teams eingebunden, wie die zuvor genannten, produktiveren Center. Deutlich wird dies beispielsweise mit einem Blick auf die Usage Percentage vom effektivsten Scorer DeAndre Jordan - der geschätzte 12 Prozent der Offensivaktionen der Clippers abschließt, wenn er auf dem Feld ist - gegenüber der Usage Percentage von produktivsten Scorer DeMarcus Cousins - der geschätzte 32,2 Prozent aller Kings' Angriffe zum Abschluss nutzt, wenn er als Center auf dem Court steht.
Rebounding: Ähnlich wichtig wie das Scoring ist für den Center das Rebounding. Pro Spiel führt DeAndre Jordan mit durchschnittlich 13,9 Boards pro Spiel die Liga an. Auf 36 Minuten hochgerechnet entspricht dies 14 Rebounds pro Begegnung. Übertroffen wird er in der Produktivität auf 36 Minuten bezogen noch von Andre Drummond, der auf 14,3 Rebounds je 36 Minuten kommt. Andrew Bogut (13,7), Dwight Howard (13,1), DeMarcus Cousins (13,1), Anderson Varejao (12,7), Nikola Vucevic (12,4), J.J. Hickson (12,2), Tim Duncan (12,1), Joakim Noah (11,5) und Tyson Chandler (11,5) folgen auf den Plätzen.
Da die auf 36 Minuten hochgerechneten Zahlen unter anderem vom Tempo, mit dem eine Mannschaft spielt, oder von der Wurfquote, auf der die gegnerische Mannschaft gehalten werden kann, etwas verzerrt sein können, lohnt ein Blick auf die unterschiedlichen Rebound Percentages. Bei der Total Rebound Percentage beispielsweise liegen Drummond und Jordan mit einer Percentage von 21,7 Prozent aller Rebounds ihrer jeweiligen Mannschaft, wenn sie auf dem Feld standen, gleichauf. Drummond ist bei der Offensive Rebound Percentage mit einem Wert von 16,9 Prozent mit Abstand am stärksten (Jordan folgt mit 13,2 Prozent auf Platz zwei), während Cousins mit 30,5 Prozent bei der Defensive Round Percentage vor Bogut (29,8 Prozent) und Jordan (29,7 Prozent) liegt. Interessant sind auch die Daten des neuen Player Tracking von "NBA.com", die die tatsächlich geholten Rebounds ins Verhältnis mit den Reboundchancen eines Spielers setzen. Hierbei liegt derzeit wiederum DeAndre Jordan mit einer Quote von 71,5 Prozent unter den Centern vorne.
Seite 1: Scoring und Rebounding
Seite 2: Rim Protection, Bonusqualitäten, PER und Fazit
nba.deRim Protection: Genaue Daten darüber, wie gut ein Spieler in der NBA - in diesem Falle Center - verteidigt, gibt es noch nicht. Anhaltspunkte außer dem Defensivrebound, der letztlich zum Ballbesitzwechsel führt und damit neben einem gegnerischen Turnover der positive Abschluss einer Verteidigungssequenz ist, soll bei Centern klassischerweise insbesondere die Block-Statistik liefern, wobei diese einerseits nichts darüber aussagt, wie viele Blocks tatsächlich von der eigenen Mannschaft gesichert wurden und andererseits keinen Aufschluss darüber gibt, wie viele Würfe ein Spieler - wenn auch nicht geblockt - zumindest beeinflusst hat. Ein zweiter lohnenswerter Blick ist in diesem Zusammenhang immer auf Fouls von Spielern, da eine geringe Anzahl von Fouls auf einen guten Verteidiger hindeuten kann. Oder aber auf einen Spieler, der in der Defensive keinen Einsatz zeigt - nur ein Beispiel, weshalb Statistiken letztendlich immer dem Eye Test unterzogen werden müssen.
Pro Spiel führt DeAndre Jordan mit 2,4 Blocks pro Spiel auch diese Kategorie unter den Centern an. Auf 36 Minuten hochgerechnet liegt Jordan mit 2,5 Blocks je 36 Minuten auf Rang sechs hinter Jarvis Varnado (3,3) von den Philadelphia 76ers, Roy Hibbert (2,8), Bismack Biyombo (2,8, Charlotte Bobcats), Chris Andersen (2,6) und Kyle O'Quinn (2,6). Abgerundet werden die Top Ten von Andrew Bogut (2,5), Larry Sanders (2,5), Tim Duncan (2,3) und Elton Brand (2,3). Dass eine hohe Anzahl von Blocks nicht immer auf eine ausgesprochen gute Verteidigung zurückzuführen ist, zeigt der Blick auf Varnados Fouls pro 36 Minuten: 6,9 Fouls pro 36 Minuten bedeutet, dass Varnado mit seiner Spielweise im Durchschnitt keine 36 Minuten pro Begegnung auf dem Feld verbleiben würde. Das beste Verhältnis von Blocks zu Fouls hat Duncan, der auf 36 Minuten hochgerechnet 2,2 Fouls begeht - was dem Eye Test, dass Duncan immer noch ein ausgesprochen guter Verteidiger ist, nicht widerspricht.
Auch hier erhofft sich die NBA durch das neue Player Tracking weitere Aufschlüsse und bietet eine interessante neue Statistik, die Opponent Field Goal Percentage in Korbnähe: Wenig überraschend schneidet Hibbert hier mit einer gegnerischen Field Goal Percentage von 41,4 Prozent in Korbnähe stark ab. Einen noch besseren Wert kann nur Brook Lopez (40,3 Prozent) in seinen Spielen zu Saisonbeginn aufweisen; knapp hinter Hibbert liegen unter den starken im Shotblockern Sanders (41,6 Prozent) und Robin Lopez (42,8 Prozent; 1,8 Blocks pro Spiel).
Bonusqualitäten: Auf Grund ihrer Seltenheit ist es ein Luxus, wenn ein NBA Team über einen Center verfügt, der Mitspieler auf Grund seiner Passqualitäten immer wieder in erfolgreiche Wurfpositionen bringt. Nicht zu schlagen ist hier Joakim Noah, der für die Chicago Bulls 5,2 Assists pro Spiel auflegt. Auf 36 Minuten hochgerechnet 5,4. Damit ist er unter den Centern der mit Abstand produktivste Passgeber. In die Top Ten der besten Passgeber schaffen es Marc Gasol (3,9;), Tim Duncan (3,8), Pau Gasol (3,8), Zaza Pachulia (3,6), Nene (3,5), Spencer Hawes (3,4), DeMarcus Cousins (3,3), Al Horford (2,9) und Anderson Varejao (2,8). So sehr es sinnvoll ist, sich in Verbindung mit Blocks auch die Foulstatistik anzusehen, lohnt sich bei den Assists natürlich ein Vergleich mit den Ballverlusten. Noahs 5,4 Assists pro 36 Minuten stehen 2,5 Turnover gegenüber, womit er auch das beste Assist-Turnover Ratio der Top Ten aufweist. Am schlechtesten schneidet Cousins ab, der mit 3,9 Turnover gegenüber seinen 3,3 Assists pro 36 Minuten als einziger dieser Zehn ein Ratio unter eins aufweist.
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Player Effiency Rating: Beim Player Efficiency Rating liegt DeMarcus Cousins vor allen Dingen auf Grund seiner unglaublich hohen Produktivität mit einem Wert von 26,3 unter den Centern auf Platz eins, dicht gefolgt von Brook Lopez (25,5). In der Top Ten der Center tauchen mit Al Jefferson (22,5), Al Horford (22), Andre Drummond (21,9), Tim Duncan (21,6), Dwight Howard (21,6), Nikola Pekovic (20,7), Joakim Noah (20,1) und Chris Bosh (19,7) wenig überraschend ausnahmslos Spieler auf, die in der ein oder anderen zuvor beleuchteten Kategorie herausragten.
Fazit:DEN besten Center der Liga zu küren, ist natürlich immer schwer und im Gegensatz zur Frage des besten Small Forwards - wo es derzeit wohl nur zwei Meinungen gibt - sind auf der Fünf viele Argumentationen nachvollziehbar. DeMarcus Cousins ist bereits jetzt in seinem jungen Alter der produktivste Center der Liga - aber was ist mit seiner Verteidigung? Dwight Howard ist ein starker Verteidiger und Rebounder - aber ist sein Offensivspiel variantenreich und produktiv genug, um bester Center der Liga zu sein? Joakim Noah hat es durch seine Vielseitigkeit für manche in die MVP-Diskussion geschafft. Ein Roy Hibbert ist durchschnittlich zwar nicht in allen Kategorien - sprich: nicht in der Offensive - herausragend, aufgrund seines Impacts in den Playoffs und auch zuletzt wieder gegen die Miami Heat in der Regular Season, ist er aber bei vielen sehr hoch angesehen. Beim Blick auf die Statistiken zeigte sich ein DeAndre Jordan in vielen Aufgaben effektiv, trotzdem wird er auf Grund seiner kleinen Rolle in der Offensive selten genannt. Und was ist mit Tim Duncan? The Big Fundamental scheint noch einmal an die starke Vorsaison anknüpfen zu können und hat mit seinen San Antonio Spurs gerade erst den Franchise Record von Siegen in Folge auf 19 Siege in Serie ausgebaut.
Was diese Saison angeht sind damit vermutlich die Hauptkandidaten genannt. Wer DER beste Center der Liga ist, liegt sicherlich im Auge des Betrachters. Festzuhalten bleibt aber allemal: Für eine angeblich aussterbende Rasse gibt es noch mehr als genug herausragende Center und auch für die Zukunft scheint die Liga auf dieser Position nicht so schlecht aufgestellt zu sein, wie befürchtet - wenngleich Spieler, die das komplette, klassische Anforderungsprofil eines Centers erfüllen, eher selten geworden sind.