NBA Mailbag zu den Finals 2022 zwischen Warriors und Celtics: Boston - der neue Dominator des Ostens?

Philipp Jakob
01. Juni 202209:15
Jaylen Brown und der junge Kern der Boston Celtics stehen zum ersten Mal in den NBA Finals.getty
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Der neue NBA Mailbag stürzt sich natürlich auf die anstehenden NBA Finals. Werden die Boston Celtics zum neuen Dominator des Ostens? Sehen wir den Beginn einer neuen Warriors-Dynastie oder ist es eher das letzte Hurra? Antworten auf diese Fragen und noch viele weitere gibt es hier!

NBA: Boston Celtics - der neue Dominator des Ostens?

SPOX-User Addo84: Unabhängig davon, wie die Saison der Celtics endet, gefühlt haben sie endlich den ersehnten Schritt zum Contender geschafft. Die Mannschaft funktioniert, der neue Coach liefert, Brad Stevens als Teampräsident überzeugt. Kann Boston DIE Mannschaft der Eastern Conference der kommenden Jahre werden?

Ich wünschte, ich könnte in eine Zeitkapsel springen, zum 6. Januar 2022, also gerade einmal fünf Monate zurückreisen und einem Celtics-Fan diese Frage vorlesen. Er würde sich wahrscheinlich fühlen wie Kevin Garnett, wenn er Ray Allen in einem Heat-Trikot sieht - von Grund auf verarscht und zu einem gewissen Grad erzürnt.

An diesem 6. Januar schenkte Boston einen 25-Punkte-Rückstand gegen die Knicks her, um am Ende per Buzzerbeater von R.J. Barrett in Richtung Tiefpunkt der Saison geschubst zu werden. Damals standen die Kelten bei 18-21 und auf Platz elf im Osten. Das gesamte Gebilde stand kurz vor der Implosion, das Gerede über die Auflösung des Starduos Jayson Tatum und Jaylen Brown hatte den Höhepunkt erreicht und die eigenen Fans dieses Team teilweise schon aufgegeben.

Nun hat Boston aber den Thron der Eastern Conference bestiegen, auf einmal kämpfen die Celtics in den NBA Finals ab Freitag (Spiel 1 ab 3 Uhr live auf DAZN) um die Larry O'Brien Trophy. Ein unglaublicher Turnaround, der die eingangs erwähnte Frage tatsächlich aus einem Fiebertraum des optimistischsten Celtics-Fans in die Realität geholt hat.

Jaylen Brown und der junge Kern der Boston Celtics stehen zum ersten Mal in den NBA Finals.getty

NBA Mailbag: Was für den Beginn einer Celtics-Dominanz im Osten spricht

Was für den Beginn einer neuen Celtics-Dominanz spricht: Boston hat in den vergangenen Monaten endlich eine Identität gefunden. Die Defense ist das Prunkstück des Teams, den eigenen Korb zu vernageln, machte Boston zum besten Team der zweiten Saisonhälfte. Die Kelten sind also nicht einfach nur wegen eines Hot Streaks erfolgreich. Die starke Verteidigung sollte stattdessen auch mindestens auf die kommende Saison übertragbar sein.

Schließlich steht auch der Kern für die kurzfristige Zukunft. Boston verfügt über einen veritablen Superstar (Tatum), einen jungen Co-Star (Brown), den DPOY und weitere starke Verteidiger. Großartige Kaderveränderungen deuten sich vorerst nicht an, einzig Al Horford ist als alternder Veteran nicht über 2023 hinaus gebunden. Tatum (bis 2026), Brown (bis 2024), Marcus Smart (bis 2026) oder Robert Williams (bis 2026) werden dagegen über viele Jahre das Gesicht dieses Teams bilden.

Ein noch relativ junges Gesicht, insbesondere im Vergleich zur Konkurrenz in der Eastern Conference. Die Heat (Altersschnitt 28,9 Jahre), Bucks (28,8) und Nets (28,5) belegten in der abgelaufenen Saison die Plätze zwei, drei und vier im Alters-Ranking. Soll heißen: Drei der anderen potenziellen Ost-Mächte gehörten zu den vier ältesten Teams ligaweit. Boston landet mit 25,7 Jahren im Ligamittelfeld. Und zum Beispiel bei den Nets ist auch gar nicht gesichert, dass der Kern zusammenbleibt, Stichwort Kyrie Irving.

Die Celtics haben also eine Menge Argumente auf ihrer Seite, lange Zeit um die Spitze der Eastern Conference mitzuspielen. Dennoch muss betont werden, dass fast jeder Contender, der nicht Golden State Warriors heißt oder jahrelang LeBron James in seinem Team hat, ein extrem fragiles Gebilde ist. Zwar wird sich der Katastrophenstart der ersten Saisonhälfte nicht noch einmal wiederholen, doch Garantien für einen Lauf wie in der zweiten Saisonhälfte gibt es ebenfalls keine.

NBA Mailbag: (Fast) jeder Contender ist ein fragiles Gebilde

Findet Boston einen geeigneten Horford-Ersatz, wenn es soweit ist? Kann es den auslaufenden Vertrag von Grant Williams verlängern? Findet Coach Ime Udoka eine Lösung für den häufigen Einbruch der Offense in engen Spielen? Wenn alles ineinander klickt, dann sind die Celtics enorm gefährlich. Aber wenn nicht ...

Den Heat hat in den Ost-Finals nicht viel gefehlt, genauso wenig den Bucks in der zweiten Playoff-Runde - denen immerhin der zweitbeste Offensivspieler gefehlt hat. Die Nets werden mit Kevin Durant, Irving und Ben Simmons so schnell nicht aufgeben, die Sixers wollen mit Joel Embiid und James Harden endlich ganz nach oben. Dahinter scharen junge Teams wie die Cavs, Bulls oder Raptors mit den Hufen.

In der Eastern Conference wie in der gesamten Association wird einem in den kommenden Jahren nichts geschenkt. Auch wenn die Zukunft der Celtics aktuell sehr rosig aussieht, die nächste Chance auf den Titel ist nicht garantiert.

Golden State Warriors: Dynastie 2.0 oder das letzte Hurra?

SPOX-User OKC_Power: Können die Warriors nochmal eine Dynastie 2.0 für die nächsten zwei bis vier Jahre aufbauen und kann Jordan Poole der Spieler für die nächsten Jahre bei GSW werden?

Und KnightsEnd49: Sehen wir das letzte Halleluja der Warriors-Dynastie?

Ich kann mir persönlich nicht vorstellen, dass wir in den Finals 2022 das letzte Mal diesen Warriors-Kern als Titelanwärter sehen. Dafür ist Golden State einfach zu gut aufgestellt für die kurz- und langfristige Zukunft.

Kurzfristig gesehen werden Stephen Curry (34 Jahre), Klay Thompson (32) und Draymond Green (32) weiterhin die Sache schaukeln. Zwar gibt es natürlich Anzeichen, dass die ehemals überragende Big Three langsam abbaut - Currys Wurf, der gefühlt jederzeit wiederkommen kann, Thompsons Inkonstanz nach seiner Verletzung, Greens offensichtliche Antipathie gegen eigene Abschlüsse -, doch das ist Kritik auf sehr hohem Niveau. Schließlich reden wir hier über ein Trio, das aktuell in den Finals steht.

Auch heute noch treiben die Splash Brother plus Green das Ceiling der Warriors in die Höhe. Der Coaching Staff sowie das System ermöglichen den Rollenspielern dahinter aufzublühen - und General Manager Bob Myers, der diesen Kader zusammengestellt hat. Auf ewig können Curry und Co. das Team natürlich nicht tragen, vor allem Thompson nicht nach seinem Verletzungspech. Sie vorzeitig abzuschreiben wäre aber ein Fehler.

Golden State Warriors: Die zweite Garde wartet geduldig

Denn dann wartet ja auch noch die zweite Garde, eine deutlich jüngere, hinter der Big Three. Die kann einerseits schon bald Curry, Thompson und Green von der zermürbenden Länge der regulären Saison entlasten, andererseits langfristig gesehen das Zepter vollends in die Hand zu nehmen. Den Warriors ist es hervorragend gelungen, eine Brücke zwischen Gegenwart und Zukunft zu errichten.

Vor nicht allzu langer Zeit hieß es noch, die Dubs müssten ihre hohen Draft-Picks in gestandene Superstars eintauschen, um die letzten guten Jahre der Big Three nicht zu verschwenden. Wie sich herausstellte, war das nicht nötig. Die Pläne von Teambesitzer Joe Lacob und Myers scheinen aufzugehen. Zwar muss gerade bei James Wiseman erst noch die Zukunft zeigen, welchen Einfluss er in der NBA haben kann, doch die aktuellen Rookies Jonathan Kuminga und Moses Moody sowie Youngster Jordan Poole beweisen schon jetzt, welches Potenzial in ihnen steckt.

Pooles Entwicklung und seine Aussichten, künftig in die Rolle des Franchise-Stars zu schlüpfen, waren schon vor einigen Wochen Thema im Mailbag. Die Kurzfassung: Ich glaube schon, dass der 22-Jährige zu einem Eckpfeiler eines Contenders reifen kann, in ihm steckt viel von Curry und Thompson. Dazu Kuminga (19) und Moody (20) plus die Hoffnung auf Wiseman (21) und eine neue Dynastie scheint nicht unmöglich, wenn all diese Dominosteine günstig fallen.

"Ich, [GM Myers], die gesamte Organisation - wir haben eine Menge Kritik einstecken müssen, dass wir all unsere Draft-Picks hätten traden sollen. Was das angeht, waren Bob und ich sehr hartnäckig. Das war nicht der Weg, den wir einschlagen wollten", sonnte sich Lacob kurz vor dem Beginn der Finals im Erfolg seines Teams. "Wir wollen über eine lange Zeit ein großartiges Team stellen. Unser Ziel ist es, beständig um einen Titel spielen zu können. Ansonsten macht das hier alles doch keinen Sinn." Golden State ist tatsächlich auf einem sehr guten Weg.

NBA Mailbag: Schröders Optionen in der Free Agency

Schon vor dem Start der NBA Finals wirft natürlich der Sommer und damit die anstehende Free Agency ihren Schatten voraus. In unserem Video-Mailbag kümmern wir uns deshalb um Eure Fragen zur Offseason.

Welche Optionen hat Dennis Schröder in der Free Agency und gibt es dieses Mal den großen Zahltag? Wie sollte Phoenix mit der Causa Ayton umgehen? Die Antworten gibt es hier!

NBA Mailbag: Eine neue defensive Revolution?

SPOX-User jj8989: Findet nach teils wilden Offensiv-Jahren gerade wieder eine defensivere Entwicklung in der NBA statt?

Die beiden Finals-Teilnehmer scheinen diesen Eindruck zu bestätigen. Im Kampf um die NBA-Krone treffen nach Defensiv-Rating die beiden besten Teams der Liga aufeinander - das gab es nach Angaben von ESPN seit 1996 nicht mehr (Bulls vs. SuperSonics). Laut Cleaning the Glass, das Garbage Time aus den Statistiken herausrechnet, hat Boston in der regulären Saison nur 106,9 gegnerische Punkte pro 100 Possessions zugelassen. Der Warriors-Wert liegt bei 107,6.

Erweitert man den Blick auf die Conference Finals, so finden sich dort mit Miami (109,2, Platz 4) und Dallas (110,3, Platz 8) zwei weitere elitäre Verteidigungen. Dann folgen Phoenix (107,6, Platz 3) und Memphis (109,6, Platz 5) als weitere Vertreter in der zweiten Runde. Höchste Zeit, ein altes Mantra auszugraben: Defense wins championships!

Doch kann man wirklich von einer defensiven Entwicklung in der kompletten Association sprechen? In den ersten Saisonmonaten war tatsächlich ein Rückgang beim ligaweiten Offensiv-Rating zu beobachten, was vor allem an neuen Regeln, damit verbunden mehr erlaubter Physis und weniger Freiwürfen lag. Doch im weiteren Saisonverlauf glich sich die Freiwurfrate an die Vorjahre an und spätestens im März dominierten wieder Offensiv-Explosionen.

Beim Blick aufs große Ganze hat sich nicht viel verändert. Das durchschnittliche Offensiv-Rating betrug laut Cleaning the Glass in der Regular Season 112,3, in der Saison 2020/21 waren es 112,9 und im Jahr davor 110,9. Kein Vergleich zum Wert von vor zehn Jahren, vor der Dreierrevolution (104,6 in 2011/12). In den Playoffs liegt der Durchschnittswert zwar deutlich unter dem Vorjahr (112,2 zu 114,7), aber auf einem ähnlichen Niveau wie 2020 (111,9).

(Kleiner Abstecher in die Historie, um die Werte zu veranschaulichen: Selbst vor sechs Jahren, als die 73-Siege-Warriors durch die Liga pflügten, hätte der heutige Durchschnittswert für Platz 3 im Offensiv-Rating gereicht. Die Warriors um Curry und Co. lagen bei 114,9 Punkten pro 100 Possessions.)

NBA Finals: Die Free Safeties des Basketballs

Interessant ist dennoch, wie die Defensiv-Denker der Teams im Laufe der Jahre auf die Offensiven reagiert haben. Die deutlich gestiegene Bedeutung von vielseitigen, switch-fähigen Verteidigern in der modernen NBA ist schon länger bekannt, mittlerweile sieht man aber auch vermehrt die sogenannten Free Safeties. Robert Williams bei den Celtics oder auch Draymond Green bei den Warriors sind prominente Beispiele, aber auch ein Giannis Antetokounmpo bei den Bucks.

Sie verteidigen nicht nur einen einzelnen Spieler, sondern vielmehr im Raum, um eventuelle Fehler der Kollegen auszumerzen und als letzte Verteidigungslinie am Ring auszuhelfen. Boston verfügt zudem auf so gut wie jeder Position über Plus-Verteidiger, was letztlich zu einem Defensiv-Rating von 106,0 in dieser Postseason führt - ein besserer Wert als zum Beispiel Champion Milwaukee im Vorjahr. Ob sie aber auch die elitäre Warriors-Offense in den Griff bekommen, wird sich in den kommenden Wochen erst noch zeigen.

NBA Finals: Warriors vs. Celtics - Die Termine im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsÜbertragung
13. Juni3 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN
26. Juni2 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN
39. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State WarriorsDAZN
411. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State WarriorsDAZN
5*14. Juni3 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN
6*17. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State WarriorsDAZN
7*20. Juni2 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN

*falls nötig