Die Golden State Warriors gewannen Spiel 5 der NBA Finals bei den Toronto Raptors und haben dennoch verloren, genau wie die gesamte NBA. Dass nun bereits wieder mit Schuldzuweisungen und Zukunftsspekulationen begonnen wurde, führt am wichtigsten Thema vorbei. Ein Kommentar von SPOX-NBA-Redakteur Ole Frerks.
In manchen Momenten rückt der Wettkampf in den Hintergrund. Es war so ein Moment, als Kyle Lowry und Danny Green einige (beschämende) Raptors-Fans dazu ermahnten, nicht über die Verletzung von Kevin Durant zu jubeln. Es war ein Zeichen des Respekts für den vielleicht besten Spieler der Welt, dem sich dann immerhin die meisten Raptors-Fans anschlossen. Mit "KD, KD"-Rufen wurde der 30-Jährige bei seinem trostlosen Gang in die Kabine begleitet.
Es war auch ein Zeichen für die Ernsthaftigkeit dieser Verletzung, auch wenn ihr Ausmaß noch nicht final bekannt war (der Verdacht lautet Achillessehnenriss). Ein packendes Spiel, eine hochdramatische Final-Serie wurde davon überschattet, die Warriors konnten sich kaum über ihren Sieg freuen. Dass die Serie nun weitergeht, war unmittelbar nach dem Spiel nur bedingt ein Thema.
Keine Zeit für Schuldzuweisungen
Stattdessen versuchte Warriors-Manager Bob Myers unter Tränen die Schuld dafür auf sich zu nehmen, dass Durant, der offensichtlich noch nicht bereit war, in diesem Spiel eingesetzt wurde. Dabei wies er mehrfach darauf hin, dass eigentlich niemand die Schuld trägt, er aber den Blitzableiter mimen würde.
Eigentlich wurde die Entscheidung nicht nur von ihm getroffen. Eigentlich entspricht es auch nicht dem Ruf der Warriors, Spieler überstürzt wieder einzusetzen - erst in Spiel 3 wurde Klay Thompson der Einsatz verboten, um diesen vor sich selbst zu schützen. Was übrigens nicht heißen soll, dass Golden State nicht in diesem Fall einen riesigen Fehler gemacht haben kann.
Eigentlich spielt es aber auch keine Rolle. Die Realität ist: Gerade ist nicht die Zeit für Schuldzuweisungen, schon gar nicht von außen.
Heuchlerische Kritik an den Golden State Warriors
Niemand, der nicht dabei war, als Rick Celebrini (der sportmedizinische Direktor der Warriors), Myers, Head Coach Steve Kerr, Durant und wer auch immer die Entscheidung für Spiel 5 trafen, kann genau beurteilen, wie es dazu kam, wer das letzte Wort hatte, welche Faktoren mit hineinspielten. Die Reaktionen unmittelbar nach dem Spiel sind insofern teilweise heuchlerisch.
Nicht wenige der Fans oder auch Journalisten, die in den vergangenen Tagen Durants Herz oder Willen in Frage gestellt hatten, die kritisiert hatten, dass er noch immer nicht dabei war, schimpften nun über die viel zu hohe Risikobereitschaft der Organisation, die nicht das Wohl des Spielers an erste Stelle gesetzt hätte. Dass gerade bei einer solch komplizierten Situation jede Entscheidung ein fluider Prozess ist und Nuancen unterliegt? Geschenkt.
Die harsche Kritik an den Warriors führt ähnlich am eigentlichen Thema vorbei wie die Spekulationen, was die Verletzung nun für den Sommer bedeutet. Eigentlich sollten die spaßigen Zeiten ja erst nach den Finals beginnen, KD am besten die Knicks, Lakers und Nets alle gleichzeitig "retten". Was bedeutet das nun für MEIN Team? Auch das ist momentan nicht die richtige Frage.
Verletzung von Kevin Durant macht den Sieg zur Nebensache
Die Realität ist ja: Keiner weiß, wie es weitergeht, in diesen Finals, in der Offseason. Besonders bitter daran ist, dass es fast schon nebensächlich erscheint. Ein Achillessehnenriss ist, sofern diese Diagnose bestehen bleibt, eine der wenigen Verletzungen, die immer noch Karrieren entscheidend verändern.
Mitten in den Finals, der wichtigsten und aufregendsten Zeit der Saison, sind wir an einem Moment, an dem man innehalten sollte, um dann genau das zu tun, was die meisten Fans in der Scotiabank Arena nach der Verletzung machten: Kevin Durant anfeuern. Und irgendwie hoffen, dass die Situation vielleicht doch nicht so verheerend ist, wie sie in diesem Augenblick aussieht.