Der Name Ball dominiert vor dem NBA-Draft 2017 (Freitag, ab 2 Uhr live auf DAZN) die Schlagzeilen. Lonzo Ball und sein Vater LaVar polarisieren die Basketballwelt wie kaum ein Prospect zuvor. Dabei dominiert vor allem die aggressive Vermarktung der Big Baller Brand durch Ball Senior die mediale Berichterstattung. SPOX wirft eine Woche vor dem Draft einen Blick hinter die Provokationen, Plattitüden und Vorschusslorbeeren.
Jayson Tatum und sein alter Herr pflegen ihre Beziehung beim Fischen. Der Dad von De'Aaron Fox ließ den Kentucky-Pointguard beim Eins-gegen-Eins in der Auffahrt immer gewinnen. Lonzo Balls Vater LaVar - ist anders.
Er lizensierte den Namen seines Sohnes, um ihn zum Teil einer Familien-Lifestyle-Marke zu machen. Er bestimmte Lonzos College und sagt nun 29 von 30 Franchises, dass sie sich erst gar keine Hoffnungen auf seinen Sohn machen sollen.
Das ist, vereinfacht gesagt, die Message des neuen Foot-Locker-Werbespots, der anlässlich des Drafts und des Vatertags veröffentlicht wurde. In dem einminütigen Clip erzählen die Top-Prospects dieses Jahres, wie ihre Väter ihnen den Weg in die NBA geebnet haben.
Mit einer gehörigen Portion Selbstironie durchbricht Ball die emotionalen Geschichten der anderen Talente und erzählt von den Streitigkeiten zwischen seinem Vater und den All-Time-Greats der NBA, von Schrei-Duellen im Live-TV und einem Highschool-Spiel. Damals faltete LaVar den Coach vor der gesamten Halle zusammen - weil sein Sohn Lonzo den Spalding nicht häufig genug in die Hand bekam.
LaVar Ball: Ein liebevoller Despot?
Gut eine Woche vor dem Draft ist der Foot-Locker-Spot ein perfektes Beispiel für die Marketing-Strategie der Ball-Familie. Vater und Sohn sind ein eingespieltes Team. Während LaVar den Entertainer und Provokateur gibt, hält sein Sohn sich in der Öffentlichkeit zurück. In gemeinsamen Interviews antwortet beinahe ausschließlich der Senior. So bekommt Lonzo die Aufmerksamkeit, ohne sich selbst zu sehr in die Schusslinie zu begeben.
gettyDie neuesten Aussagen über seinen Vater eignen sich dabei perfekt, um etwas Distanz zwischen den angehenden Rookie und die Vorschusslorbeeren seines Dads zu bringen. Frei nach dem Motto: Lonzo kann ja gar nichts für den Größenwahn LaVars. Dass das Verhältnis der Beiden jedoch enger ist, als viele NBA-Fans dachten, sollte spätestens seit Lonzos emotionalem Brief im Players Tribune klar sein.Darin malt Ball Junior ein anderes Bild seines Vaters, als man es aus Talkshows und Videoclips kennt. Lonzo erzählt von dem Mann, der ihm jeden Morgen sein Spezial-Frühstück macht. Einem Mann, der jeden Tag mit ihm trainiert, um den Traum der NBA wahr werden zu lassen. Einem Mann, der ihn immer unterstützt hat.
Lonzo Ball steht im Mittelpunkt
Doch warum präsentiert sich das Duo in der Öffentlichkeit dann ganz anders?
Das aggressive Marketing durch LaVar ist ein Spiel mit dem Feuer. Am Ende des Tages muss man aber anerkennen: Lonzo ist nicht zwangsläufig der beste Spieler in dem Foot-Locker-Clip oder gar dem Draft - aber er ist der unbestrittene Star. Ihm gehört das Rampenlicht. Und das verdankt er seinem Vater.
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Denn Lonzo ist niemand, der von sich aus die Öffentlichkeit sucht. Auf dem Court, ist er ruhig und zurückhaltend. Der Presse gegenüber gibt er sich höflich und beinahe distanziert. Seine Antworten sind mediengeschult und geschliffener als die vieler Veteranen. Auch deshalb bezeichnen misstrauische Fans seinen Vatertagsbrief als PR-Stunt - geplant von der "Big Baller Brand".
Doch das wäre zu kurz gedacht. Lonzo schreibt: "Du hast mich nie gezwungen, irgendetwas davon zu tun. Du wusstest, dass das nicht nötig war. Du hast mich verstanden." Damit widerspricht er allen Kritikern, die LaVar Ball vorwerfen, seine Söhne als eine Art "Marketingmöglichkeit" oder "Investment" zu sehen. Natürlich wird das nicht alle Skeptiker überzeugen, aber Lonzo Ball ist kein gewöhnlicher 19-Jähriger und die Worte sind sorgsam gewählt. Das sollte respektiert werden.
Lonzos außergewöhnliche Erziehung
In einem Interview mit Jeff Goodman erzählte Lonzo kürzlich von einem NCAA-Spiel, nach dem Reporter ihn bedrängten. Seine Mutter Tina hatte kurz zuvor einen Schlaganfall erlitten und LaVar war zuhause geblieben, um die Reha selbst in die Hand zu nehmen. "Ich wurde wütend - aber das kannst du nicht zeigen", reflektierte Lonzo. In so einem Moment könne man nichts tun, außer es "abzuhaken und weiterzumachen".
Diese Selbstbeherrschung und Vernunft gegenüber den Reportern ist bei einem Jungen seines Alters alles andere als selbstverständlich. Sie ist das Ergebnis der strengen Hand LaVars, der auch schon mal bekannt gab, dass körperliche Züchtigung und Angst probate Mittel zur Erziehung seien. Und das Ergebnis seiner schier grenzenlosen Unterstützung und des Vertrauens in seinen Sohn.
Unabhängig davon, was man von LaVars Methoden hält - Fakt ist: Bei Lonzo haben sie gefruchtet. Lakers-Coach Luke Walton sagte unlängst, die anscheinende Omnipräsenz und Hybris des Vaters seien keine "Deal-Breaker". Der Grund dafür ist sicher nicht (nur) in den Stats zu finden, die Ball in seiner College-Saison auflegte. Es ist vielmehr sein eigener Charakter.
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Obwohl der Guard nur ein einziges Jahr an der UCLA spielte, sind seine Mitspieler voller Lob: "Er geht einfach mit gutem Beispiel voran", sagte Senior Bryce Alford, der ebenfalls bei den Lakers vorspielen durfte. "Lonzo interessiert sich wirklich mehr dafür, was seine Teamkollegen brauchen, als für sich selbst."
Power Forward T.J. Leaf äußerte sich gegenüber der Sports Illustrated ähnlich: "Er ist der geborene Anführer." Denn auch wenn Ball auf dem Platz eher der stille, konzentrierte Typ sei, bekäme man ihn in der Umkleide kaum dazu "die Klappe zu halten."
Dass Leaf zurzeit in den Mockdrafts als mittlerer Firstrounder auftaucht, verdankt er nicht zuletzt Lonzo Ball. Dessen Art motiviere das ganze Team, auch den nächsten Extra-Cut mit vollem Speed zu laufen, erklärte Alford. "Er spielt immer für die Stärken des Teams", erkannte Ende letzten Jahres auch Kentucky-Coach John Capliari an.
Lonzo und Los Angeles - ja oder nein?
Diese Lobeshymnen werden natürlich auch bei den Lakers-Scouts gehört. Deshalb ist die These des Bleacher Reports, Balls "durchschnittliches" erstes Work-Out in L.A. habe "die Tür für andere Prospects geöffnet" mit Skepsis zu genießen. Zumal solche Gerüchte nach dem zweiten Training weitestgehend verstummten.
Traden die Lakers ihren Pick, um Platz für Paul George und LeBron zu machen (L.A. Times)? Holen sie lieber einen athletischen Swingman wie Tatum oder Jackson und lassen D'Angelo Russell noch ein Jahr, um sich zu beweisen (lakersnation.com/ESPN)? Oder bekommen sie an zweiter Stelle sogar noch eine Chance auf Markelle Fultz (ESPN)?
All das sind Fragen, die natürlich gestellt werden dürfen. Letztendlich wird Ball an zweiter Stelle voraussichtlich der "Best Player Available" sein - und er bringt Qualitäten mit, die gerade in der Stadt der Engel über allem Anderen stehen.
Zum einen identifiziert er sich mit seiner Heimatstadt. Er ist ein Home-Town Hero oder will zumindest einer werden. Gegenüber Jeff Goodman sagte Ball: "Für die Lakers zu spielen wäre ein Segen. Ich bin sehr stolz darauf, für meine Stadt und die Westküste zu spielen." Ball hat L.A.-DNA in seinem Blut.
Für den zweiten Punkt kann noch einmal UCLA-Teamkollege Alford zitiert werden: "Das Wichtigste hier ist, eine Gewinner-Mentalität mitzubringen. Und Mann - Dieser Typ gewinnt." Was banal klingt, ist beim 16-fachen NBA-Champion tatsächlich elementar. In Los Angeles stehen die Spieler unter besonders genauer Beobachtung unter der Erfolgsdruck ist gewaltig. Wer nicht überzeugt davon ist, ein Champion zu sein, hat es hier schwer.
Die Balls: Das Gewinnen liegt in der Familie
Eben dieses unerschütterliche Selbstvertrauen, dass in L.A. und auch der NBA vonnöten ist, hat Ball von Geburt an eingeimpft bekommen. Vor allem durch seinen Vater LaVar. Und auch wenn er es nicht so lautstark kundtut wie sein alter Herr, sollte man sich nicht täuschen lassen: Sein Ehrgeiz kennt kaum Grenzen.
Im Players Tribune erzählt Ball von einem Spiel, bei dem er mit seinen Brüdern gegen eine ältere und körperlich weit überlegene Mannschaft aus New York antrat: "Die Art von Spiel, in das die meisten Teams schon mit der Einstellung gegangen wären, dass sie verlieren werden." Die Ball-Brüder aber waren von Anfang an sicher, zu gewinnen - und das taten sie am Ende auch. "Wir haben Dreier auf sie regnen lassen", erinnert sich Lonzo. Warum sie so überzeugt waren? LaVar hatte ihnen nie etwas anderes beigebracht.
"Ich werde der Beste sein - bei weitem. Da bin ich mir sicher", sagte Lonzo zuletzt bei Jimmy Kimmel. Der Talkshow-Host wollte wissen, welcher der drei Brüder das größte Talent habe. Lonzos Antwort wäre vermutlich aber genauso ausgefallen, wenn Kimmel nach der gesamten NBA gefragt hätte.
Diese extrem ehrgeizige Einstellung kombiniert mit seiner Fähigkeit, trotz des jungen Alters den Leader zu geben und sein unbestreitbares Skillset können Ball weit bringen - Im Draft. Bei Los Angeles. In der NBA.
Doch jetzt wird es Zeit, aus dem schützenden Schatten seines Vaters zu treten. Das nächste Kapitel seiner Karriere - es muss Lonzos eigenen Stempel tragen. Und es beginnt am 22. Juni in New York.