Der NBA Mailbag ist zurück und hat keine guten Nachrichten für die Mavs, Wizards und Wolves im Gepäck: Alle drei Teams haben im Sommer Verpflichtungen getätigt, die sie schon jetzt bereuen dürften. Ebenfalls mit dabei: Wie könnte eine NBA ohne Salary Cap aussehen?
NBA Mailbag: Diese Teams bereuen ihre Offseason-Deals
SPOX-User hesitation: Welche Teams würden ihre Offseason-Entscheidungen gerne revidieren?
Die naheliegendste Antwort lautet: die Timberwolves. In Minneapolis herrscht Untergangsstimmung, nach nur 15 Spielen brennt im hohen Norden der USA trotz eines eigentlich leichten Spielplans und großen Ambitionen der Baum.
Anthony Edwards fällt mehr mit fragwürdiger Körpersprache und öffentlicher Kritik an der Spielweise als mit seinen basketballerischen Fähigkeiten auf. Die neuen Twin Towers Karl-Anthony Towns und Rudy Gobert stehen sich selbst im Weg, die Wolves sind weiter auf der Suche nach einem für alle Parteien funktionierenden System. Das kann aber noch kommen. Es ist zu früh, die Wolves für diese Saison abzuschreiben.
Warum der Gobert-Trade dennoch schmerzt, war schon im Sommer klar. Minnesota hat einen unfassbaren Preis (fünf Spieler und vier Erstrundenpicks plus Pick-Swap) bezahlt, gerade die inkludierten Picks werden die Wolves langfristig bereuen. Kurzfristig vermissen die Wolves zudem beispielsweise Patrick Beverley als Leader.
Die Katastrophe namens Saison 2022/23 kann noch abgewendet werden, doch die langfristige Katastrophe, die man mit dem Trade für einen 30 Jahre alten Center mit bekannten Schwachstellen riskiert hat, schwebt wie eine dunkle Wolke über der Franchise. Der Saisonstart hat beileibe nicht geholfen, diese Sorgen beiseite zu wischen. Doch über die Wolves und deren Probleme wurde schon an anderer Stelle ausführlich gesprochen. Welche Teams haben noch etwas zu bereuen?
DALLAS MAVERICKS: JAVALE MCGEE
Die Verpflichtung des Centers war das wichtigste Free-Agency-Signing der Mavericks und der zweitwichtigste Offseason-Move hinter dem Trade für Christian Wood. Letzterer legte einen insgesamt vielversprechenden Start in seine Mavs-Karriere hin, die Verpflichtung von McGee ist bislang dagegen ein einziges Desaster. Klingt nach 14 absolvierten Partien vielleicht übertrieben, doch der 34-Jährige hat bislang noch nichts gezeigt, was ein anderes Zeugnis rechtfertigen würde.
Schon im Sommer beäugten viele Mavs-Fans die Verpflichtung des Centers kritisch, die Argumentation der Franchise dürfte in etwa so ausgesehen haben: McGee war vergangene Saison in Phoenix einer der besseren Backups der Liga, er bringt eine neue Präsenz in der Zone, er kann den Ring beschützen und vorne als Rim-Runner Luka Doncic' Pässe in krachende Dunks verwandeln. Championship-Erfahrung (wenn auch meist in kleiner Rolle) ist ebenfalls vorhanden. Soweit die Theorie.
In der Praxis ist McGee jedoch überhaupt noch nicht in Dallas angekommen. In zehn Einsätzen stand er insgesamt 94 Minuten auf dem Court - diese Minuten hat Dallas mit -31 verloren, der mit Abstand schlechteste Plus/Minus-Wert im Team. Die Advanced Stats gehen in die gleiche Richtung: Mit ihm ist die Mavs-Offense um 22 Punkte pro 100 Ballbesitze schlechter als ohne ihn.
Eine Chemie mit Doncic im Pick'n'Roll war bislang selten zu erkennen, von der erhofften Athletik in der Zone ist ebenfalls nur in Ansätzen etwas zu sehen. Selbst Doncic wirkt manchmal mehr genervt als alles andere, wenn man seine Körpersprache bei wilden McGee-Ballverlusten oder -Fehlwürfen überinterpretieren möchte.
JaVale McGee bei den Mavs: Seine eigentliche Stärke ist eine Schwäche
Und defensiv? In erster Linie in der eigenen Hälfte sollte McGee ein Upgrade darstellen, immerhin haben gegnerische Teams bei seinen Stationen in den vergangenen Jahren jeweils deutlich schlechter am Ring abgeschlossen, wenn sich McGee in den Weg stellte, als ohne ihn. Laut Cleaning the Glass ist 2022/23 aber das Gegenteil der Fall. Gegner treffen in direkter Ringnähe sogar um 4,1 Prozentpunkte besser mit McGee auf dem Court, als wenn Dallas ohne ihn verteidigt. Generell lassen nur sechs Teams eine schlechtere gegnerische Wurfquote am Ring zu als die Mavs (67,9 Prozent).
Zusätzlich zu seinem Dreijahresvertrag über 17,2 Mio. Dollar erhielt der Big Man ein Versprechen, die Starterrolle in Dallas zu bekommen. Noch Ende Oktober, als die ersten McGee-Auftritte nichts Gutes erahnen ließen, betonte Head Coach Jason Kidd, das Team und der Trainerstab glaube an den Center und werde an ihm als Starter festhalten. Dabei kommt die Starting Five mit McGee auf ein Net-Rating von -18,6 in 62 Minuten.
Nur zwei Spiele später änderte Kidd offenbar seine Meinung. Gegen die Raptors Anfang November kam McGee nur noch von der Bank, im nächsten Spiel gegen Brooklyn rückte er erneut in die Starting Five auf, spielte aber nur 3 Minuten. Gegen Portland vor wenigen Tagen hagelte es gar ein DNP - Coach's Decision, aktuell fehlt er aufgrund einer Nackenverletzung. Letztlich haben aber auch Kidd und die Mavs mittlerweile akzeptiert: McGee ist in der aktuellen Form unspielbar, Dwight Powell, dem McGee eigentlich Spielzeit abnehmen sollte, die deutlich bessere Option.
gettyDas alles lassen sich die Mavs 5,5 Millionen Dollar in dieser Saison kosten. An sich kein dramatischer Betrag, doch McGees Vertrag läuft drei Jahre, für das letzte Vertragsjahr 2024/25 hat er eine Spieleroption in Höhe von 6 Mio. Dollar. Dann ist er 36 Jahre alt. Aufgrund der eingeschränkten finanziellen Flexibilität war die Taxpayer Midlevel Exception das wichtigste Tool der Mavs, um im Sommer Verstärkung an Land zu ziehen - das hat man Stand jetzt verschenkt.
Immerhin zum Wood-Trade lässt sich bislang ein positives Zwischenfazit ziehen, die restliche Mavs-Offseason war - wie bereits im Sommer befürchtet - ein Reinfall. Nicht nur wegen McGee, sondern auch wegen des Abgangs von Jalen Brunson. Dallas hat es verpasst, einen Ersatz zu holen, nun gab selbst Kidd zu, dass die Guard-Rotation ein Schwachpunkt ist. Gut möglich, dass man sich im Front Office in den Hintern beißt, nicht doch bei Goran Dragic zugeschlagen zu haben. Der Doncic-Buddy zeigt aktuell in Chicago zum Minimum, dass er noch einiges im Tank hat.
NBA Mailbag: Diese Teams bereuen ihre Offseason-Deals, Teil 2
WASHINGTON WIZARDS: BRADLEY BEAL
Sieht irgendjemand in den Wizards einen Titelanwärter? Die Antwort ist ziemlich sicher nein. Zuletzt vier Siege in Folge klingen ganz nett (ohne Beal wohlgemerkt), dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass dieses Team im Großen und Ganzen auf der Stelle tritt. Viel mehr als Mittelmaß beziehungsweise ein frühes Play-In- oder Playoff-Aus wird auch dieses Jahr nicht drin sein.
Im Sommer entschieden sich die Wizards dennoch dazu, Beal wie einen Franchise-Superstar zu bezahlen. 251 Millionen Dollar für fünf Jahre, aka Supermax, sind die Zahlen, die schon im Sommer den meisten Beobachtern Kopfschmerzen bereiteten. Dazu auch noch eine No-Trade-Klausel. Normalerweise bekommt so ein Paket nur die Crème de la Crème, doch Beal hat noch nicht bewiesen, dass er sein Team als klare Nummer eins bis tief in die Playoffs führen kann.
Auch der Saisonstart 22/23 war durchwachsen. Bevor er mehrere Spiele im Health and Safety Protocol verpasste, präsentierte er sich offensiv zwar höchst effizient (61,1 Prozent True Shooting, Karrierebestwert), nahm aber deutlich weniger Würfe als in den Vorjahren und legte deshalb knapp 10 Punkte weniger auf als in seiner besten Saison vor zwei Jahren. In diesen Spielen stand Washington bei 4-5.
Natürlich ist es noch früh in der Saison, bei der Vertragsverlängerung des 29-Jährigen überwiegt aber ohnehin die Sorge vor der Zukunft. In seinem letzten Vertragsjahr 26/27 winken 57,2 Mio. Dollar - immerhin bei einem voraussichtlich deutlich gestiegenen Salary Cap, aber immer noch ein ganz schöner Batzen. Allein in dieser Saison verdienen nur drei Spieler mehr als Beal, obwohl der dreimalige All-Star sicherlich nicht zur Top 5, wahrscheinlich nicht mal der Top 20 der NBA zählt.
Ob er sein Gehalt im letzten Vertragsjahr mit dann 33 Jahren wert ist, darf genau wie die generelle Richtung der Franchise angezweifelt werden. Ein klarer Weg nach oben ist nicht zu erkennen, erst recht nicht mit einem der schlechtesten Verträge der Liga. Beals Loyalität in allen Ehren, aber die Wizards haben sich selbst Fesseln angelegt und diese mit der No-Trade-Klausel nochmal fester gezogen. Sie hätten meiner Meinung nach schon im Februar zur Trade Deadline die Beal-Reißleine ziehen sollen.
LOS ANGELES LAKERS UND BROOKLYN NETS
Bleibt noch Teil 2 der offensichtlichsten Antworten. Der Sommer der Nets war bereits turbulent, mittlerweile fliegt General Manager Sean Marks gefühlt jedes Einzelteil der Franchise um die Ohren. Womöglich hätten sie Kyrie Irving bereits im Sommer einfach verscherbeln sollen, doch das lässt sich im Nachhinein natürlich leicht sagen.
Bei den Lakers ließ sich bereits im Sommer leicht sagen, dass dieses Kaderkonstrukt nicht für größere Erfolge bestimmt ist. Gemeinhin wurden die Offseason-Moves der Lakers kritisch beäugt und L.A. höchstens als Play-In-Team eingeordnet, das sind eigentlich nicht die Ansprüche in Hollywood.
General Manager Rob Pelinka hat es nicht geschafft, brauchbare 3-and-D-Rollenspieler an LeBron James' Seite zu stellen oder eine sinnvolle Lösung für das Russell-Westbrook-Dilemma zu präsentieren. Aktuell sieht es eher nach einer weiteren verschenkten LeBron-Saison aus.
NBA Mailbag: Dieses Team braucht dringend einen Trade
Nein, dabei soll es ausnahmsweise einmal nicht um die Lakers gehen. Es gibt noch ganz andere Teams, die nach einem durchwachsenen Saisonstart vor schwierigen Entscheidungen stehen. Darunter eine Traditionsfranchise, die im Niemandsland gefangen scheint.
Antworten auf die Frage von Twitter-User KnightsEnd49, welche Teams am Scheideweg stehen, gibt es hier im Video-Mailbag. Ebenfalls mit dabei: Das beste Maskottchen der NBA!
NBA Mailbag: Wie sähe eine Liga ohne Salary Cap aus?
SPOX-User Exos: Es gibt Salary Cap und Max-Verträge. Angenommen, beides würde nicht existieren - was denkt Ihr, was ein einzelner Superstar wie Giannis Antetokounmpo verdienen könnte? Wie würde das die Teamdynamik in der NBA verändern?
Die echten Superstars dieser Liga sind aufgrund der Gehaltsobergrenze heillos unterbezahlt, wenn man ihren "echten" Wert für eine Franchise als Maßstab nehmen würde (noch größer ist die Diskrepanz bei Stars auf ihren Rookie-Verträgen). Dazu gehört natürlich Giannis, auch ein LeBron James oder ein Stephen Curry, der Grieche wird mit 42,5 Millionen Dollar in der laufenden Saison aber natürlich trotzdem ordentlich entlohnt.
Doch ohne Salary Cap würde diese Ziffer nochmal gewaltig ansteigen. John Hollingers (The Athletic) Formel BORD$ spuckt einen Wert von 83 Mio. Dollar für Antetokounmpo für diese Saison aus, also doppelt so viel wie sein eigentliches Gehalt. Und dabei spielen in dieser Formel nur sportliche Faktoren eine Rolle.
Zusätzlich müsste man in diesem rein hypothetischen Gedankenspiel Antetokounmpos Einfluss auf Ticketverkäufe (65 Mio. Dollar bei den Bucks vor der Corona-Pandemie), Merchandise (das Trikot von Giannis landet regelmäßig in der Top 10 der meistverkauften Trikots der Liga) und so weiter berücksichtigen.
Gut möglich, dass Giannis also in einer Salary-Cap-freien Welt über 90 Mio. Dollar pro Jahr verdienen könnte, plus Werbeeinnahmen - knapp darunter soll sich Medienberichten zufolge Kylian Mbappés Jahresgehalt bei PSG bewegen, der bei seiner Vertragsverlängerung angeblich auch noch eine einmalige Unterschriftsprämie in Höhe von umgerechnet 130 Mio. Dollar kassiert haben soll. Es wäre zudem mehr als Lionel Messis Einnahmen in Paris (etwa 75 Mio.).
Ob sich die Bucks das langfristig leisten könnten, darf bezweifelt werden. Milwaukee ist nicht der größte Markt, Gelddruckmaschinen wie die Lakers, Knicks, Warriors oder Bulls dürften ohne Salary Cap Superteams am Fließband produzieren. Die Warriors nahmen laut Forbes vergangene Saison über 200 Millionen Dollar ein, die Bucks auch mit Giannis nur 51 Mio. Dollar. Wie im Fußball auch würden die Reichen in so einer NBA-Welt nur noch reicher werden, Parität in der Liga wäre wohl die Ausnahme.
NBA: Die Topverdiener in der Saison 2022/23
Platz | Name | Team | Gehalt |
1. | Stephen Curry | Golden State Warriors | 48,1 Mio. Dollar |
2. | Russell Westbrook | Los Angeles Lakers | 47,1 Mio. Dollar |
3. | LeBron James | Los Angeles Lakers | 44,5 Mio. Dollar |
4. | Bradley Beal | Washington Wizards | 43,3 Mio. Dollar |
5. | Kevin Durant | Brooklyn Nets | 43,0 Mio. Dollar |
6. | Paul George | L.A. Clippers | 42,5 Mio. Dollar |
7. | Giannis Antetokounmpo | Milwaukee Bucks | 42,5 Mio. Dollar |
7. | Kawhi Leonard | L.A. Clippers | 42,5 Mio. Dollar |
7. | Damian Lillard | Portland Trail Blazers | 42,5 Mio. Dollar |
10. | Klay Thompson | Golden State Warriors | 40,6 Mio. Dollar |
NBA Mailbag: Die Blazers ein ernstzunehmender Contender?
SPOX-User Addo84: Damian Lillard ist wieder in Bestform und der Supporting Cast scheint der Beste zu sein, den er in seiner Zeit in Portland bis jetzt hatte. Was benötigen die Blazers noch, um zumindest zum erweiterten Contender-Kreis zu gehören?
An anderer Stelle wurde es schon angesprochen: Vier der zehn Blazers-Siege holte das Team dank Game-Winner innerhalb der letzten sieben Sekunden, das ist eher kein Rezept für langanhaltenden Erfolg. Aber: Es stimmt, dass Portland in der Lillard-Ära vor allem auf dem Flügel wohl nie besser besetzt war - und damit eine Schwachstelle der Vorjahre scheinbar ausgemerzt ist.
Am Saisonende an der Spitze der Western Conference sehe ich die Blazers zwar noch nicht, als Anwärter auf ein sicheres Playoff-Ticket aber schon. Jerami Grant kristallisiert sich als toller Fit heraus, er und Josh Hart spielen eine starke Saison und haben großen Anteil an der aktuellen Top-10-Defense - dabei fehlt bislang noch Sommerneuzugang Gary Payton II. Sobald der 29-Jährige von seiner Verletzung zurückkommt, bekommen die Blazers zusätzlich einen starken Verteidiger im Backcourt.
Dabei gebührt auch Head Coach Chauncey Billups und dessen Coaching Staff ein Lob, der eine vielseitige Defense aufgebaut hat, die immer wieder Coverages verändert. Das Team spielt mit viel Energie und Einsatz, das einzige Problem: Portland lässt sehr viele Würfe am Ring und sehr viele Eckendreier zu, die die Gegner bisher unterdurchschnittlich treffen, gleiches gilt für die offenen und weit-offenen Dreier. Allein vom Shot Profile her könnte es bei der Blazers-Defense also zu einer Regression kommen.
Dennoch würde ich vorerst nichts verändern in Portland. Auch wenn die Defense dieses Niveau im Laufe der Saison nicht halten sollte, dürfte die Offense besser werden. Lillard hat fünf von 14 Spielen verpasst, das Team ist immer noch relativ neu zusammengestellt, die einzelnen Komponenten sollten mit mehr gemeinsamen Minuten besser klicken. Je nachdem, wie sich die Saison entwickelt, kann man dann zur Trade Deadline oder auf dem Buyout-Markt nochmal aktiv werden. Vorerst sollte man aber geduldig bleiben - und die guten Vibes genießen.