Der NBA Mailbag feiert sein Comeback! Wir leeren unser Postfach mit Euren Playoff-Fragen, dieses Mal mit dabei: die Mavs und die Krux mit dem zweiten Star, zu Bankdrückern degradierte Edelschützen und der (vielleicht?) beste Verteidiger der Dekade.
NBA: Warum die Mavs einen zweiten Star suchen müssen
einafets: Jalen Brunson hat eine tolle Serie gegen Utah hingelegt, gegen Phoenix aber anfangs schon ein wenig enttäuscht. Kann er sich die Konstanz noch erarbeiten und langfristig neben Luka Doncic der zweite Star in Dallas werden?
Beim ersten Teil der Frage mache ich mir weniger Sorgen. Brunson hat die gesamte Saison über bewiesen, dass er konstant auf einem hohen Niveau agieren kann. Auch gegen die Suns zeigte er nach der Rückkehr nach Dallas eine starke Reaktion, bei der Blowout-Pleite in Spiel 5 war er individuell einer der wenigen Lichtblicke.
In seinem vierten Jahr in der Association hat der 25-Jährige gewaltige Schritte nach vorne gemacht, seine Entwicklung haben wir schon an anderer Stelle gebührend gefeiert. Was insofern enorm wichtig war, da Dallas bekanntermaßen lange auf der Suche nach einem sekundären Playmaker neben Doncic war.
Den haben sie dank Brunson intern gefunden, im Backcourt ergänzt er Luka durch seine Shot Creation und Playmaking wunderbar. Andererseits kann er im richtigen Matchup auch ohne den Franchise-Eckpfeiler an seiner Seite das Team schultern, wie in der ersten Runde gegen Utah gesehen. Deshalb sollte er auch unbedingt gehalten werden, wenn der Preis nicht allzu heftig ist. Doch ein echter zweiter Star ist er nicht - und das könnte für Dallas noch zum Problem werden.
NBA Playoffs: Die Jazz waren das perfekte Brunson-Matchup
Das richtige Matchup, das waren die Jazz beziehungsweise deren nicht vorhandene Perimeter-Defense allemal. Gegen teils einfach bessere (Mikal Bridges), deutlich physischere (Jae Crowder) oder motiviertere Verteidiger (Devin Booker) hatte Brunson nun in den Conference Semifinals jedoch mehr Probleme - trotz seiner guten Auftritte seit Spiel 3. Mit seinen 1,85 Meter und ohne überragende Athletik beziehungsweise Explosivität wird Brunson immer zu einem gewissen Grad eingeschränkt sein.
Solche Defizite, mögen sie noch so klein sein, können in den Playoffs von starken Gegnern bestraft werden. Das war in den ersten beiden Duellen mit Phoenix zu sehen, als Doncic zu sehr auf sich allein gestellt war. Deshalb benötigt Dallas weiterhin ein zweites All-Star-Kaliber, ein Brunson als zweitbester Spieler wird für die eigenen Championship-Ansprüche nicht reichen.
Vor allem für den Flügel oder die großen Positionen sollten die Mavs die Augen und Ohren nach einem solchen Spieler offenhalten, was aufgrund der finanziellen Gegebenheiten allerdings verkompliziert wird. Wie oben beschrieben nimmt Brunson als zweiter Playmaker eine enorm wichtige Rolle ein, eine Vertragsverlängerung ergibt durchaus Sinn - auch, weil sich Spencer Dinwiddie aktuell nicht unbedingt als Brunson-Ersatz aufdrängt. Doch bereits ohne dessen potenziellen neuen Vertrag liegen die Mavs für die kommende Saison mit knapp 153 Millionen Dollar über der Luxussteuergrenze (149 Mio.).
Der Backcourt mit Doncic (36,6 Mio.), Tim Hardaway Jr. (19,6 Mio.), Dinwiddie (19,5 Mio.) und womöglich Brunson - sollten nicht die Knicks, Pistons oder Pacers dazwischenfunken - wird extrem teuer, dazu kommt der Vertrag von Davis Bertans (16 Mio.). Das Front Office der Texaner muss kreativ werden, wenn die Franchise auf dem Trade-Markt aktiv werden will.
Das sollten sie zumindest versuchen. Die Mavs sind ein gutes Team. Sie sind verdammt nah dran an einem Championship-Team. Aber für diesen Sprung, den vielleicht schwierigsten in der Association, braucht es einen zweiten Star neben Doncic. Brunson ist das nicht.
NBA: Warum Edelschützen auf einmal zu Bankdrückern werden
SPOX-User hesitation: Wenn Spacing elementar in der modernen NBA ist, warum bekommen Spieler wie Davis Bertans oder Duncan Robinson kaum Playoff-Minuten?
Böse Zungen würden behaupten: Selbst die eigenen Teamkollegen waren überrascht, als sie fünf Sekunden vor dem Ende des ersten Viertels von Spiel 5 gegen die Sixers Duncan Robinson auf dem Court sahen. Schließlich herrschte kurzzeitig Verwirrung, sechs Spieler im Heat-Trikot standen gleichzeitig auf dem Parkett. Darunter Robinson, der ansonsten in dieser Serie noch gar keine Rolle gespielt hatte.
Letztlich trottete Tyler Herro Richtung Seitenlinie und Robinson durfte tatsächlich erstmals in den Conference Semifinals bedeutende Minuten spielen. In Spiel 1 der Serie hatte der 28-Jährige erstmals seit drei Jahren ein DNP - Coach's Decision kassiert, anschließend beschränkte sich seine Einsatzzeit in den Spielen 2, 3 und 4 auf ganze 55 Sekunden Garbage Time. Zum Auftakt der Playoffs hatte er den Hawks noch 27 Zähler eingeschenkt, doch auch gegen Atlanta verringerte sich im Anschluss seine Einsatzzeit beträchtlich.
Über das von hesitation erwähnte Spacing-Argument hat selbst Coach Erik Spoelstra lange gegrübelt. Miami steht in der zweiten Playoff-Runde bei einer fast schon unterirdischen Dreierquote von 30,7 Prozent. Robinson wäre da ein nur logischer Lösungsansatz, zwar machte er in der abgelaufenen Saison immer wieder Cold-Streaks durch, traf aber dennoch 37,2 Prozent seiner 7,9 Distanzwürfe pro Partie.
Seine Berateragentur setzte vor wenigen Tagen auf Twitter ebenfalls einen Wink mit dem Zaunpfahl ab, es war "auf den Tag genau 19 Monate" her, als Robinson in den Finals 26 Punkte und 7 Dreier gegen die Lakers auflegte. Dennoch ließ Coach Spo seinen besten Shooter auf der Bank. Warum?
NBA Mailbag: Der schwierige Kompromiss zwischen Offense und Defense
Die Antwort ist eigentlich ziemlich simpel: Basketball besteht nicht nur aus Offense. Auf der anderen Seite des Courts ist Robinson ein Schwachpunkt, der ihn letztlich zum Playoff-Außenseiter werden ließ. Gegen Atlanta präferierte Spoelstra giftige Verteidiger gegen Trae Young, beispielsweise Gabe Vincent oder Caleb Martin, gegen die Sixers wurde er schon vor Serienbeginn vom Tape abgeschreckt.
In den vier Duellen der regulären Saison zwischen Miami und Philadelphia jagten die Sixers Robinson regelmäßig in der Defense. Laut nba.com/stats trafen die Angreifer 15/24 aus dem Feld gegen den Heat-Scharfschützen, Tobias Harris stand bei 7/11. Solche Mismatches wollte Miami dieses Mal von vornherein vermeiden - auch wenn dafür Shooting geopfert werden musste.
Kompromisse zwischen Offense und Defense müsse jedes Team in den Playoffs eingehen, so Spoelstra nach der zweiten Pleite in Spiel 4 zum zwischenzeitlichen 2-2-Ausgleich. "Wir sind ein großartiges Shooting-Team, wir waren bisher einfach nicht in der Lage, unsere Würfe zu treffen. Die wichtigere Geschichte ist, dass wir sie nicht verteidigen können." Das änderte sich in Spiel 5, als Miami die Sixers eindrucksvoll an die Kette legte. Schon im ersten Viertel, erneut ohne Robinson.
Der Dreierspezialist durfte in der ersten Hälfte immerhin knapp fünfeinhalb Minuten ran, brachte aber abgesehen von einem Turnover und einem Foul nichts Zählbares zusammen. Anschließend musste er bis in die Garbage Time wieder auf der Bank Platz nehmen. Miamis Fokus auf die Defense erlaubt aktuell nicht mehr Minuten. Zwar ist auch Herro kein guter Verteidiger, er bringt in der Offense aber als Creator und Playmaker deutlich mehr Pluspunkte mit.
Der Game Logs von Duncan Robinson in den Playoffs 2022
Spiel | Gegner | Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | FG | 3FG |
Spiel 1, erste Runde | ATL | 22:51 | 27 | 1 | 0 | 9/10 | 8/9 |
Spiel 2, erste Runde | ATL | 6:40 | 0 | 2 | 0 | 0/0 | 0/0 |
Spiel 3, erste Runde | ATL | 14:23 | 6 | 2 | 0 | 1/4 | 1/4 |
Spiel 4, erste Runde | ATL | 9:21 | 3 | 1 | 0 | 1/1 | 1/1 |
Spiel 5, erste Runde | ATL | 12:29 | 0 | 0 | 0 | 0/5 | 0/5 |
Spiel 1, zweite Runde | PHI | - | - | - | - | - | - |
Spiel 2, zweite Runde | PHI | 0:55 | 0 | 1 | 0 | 0/0 | 0/0 |
Spiel 3, zweite Runde | PHI | - | - | - | - | - | - |
Spiel 4, zweite Runde | PHI | - | - | - | - | - | - |
Spiel 5, zweite Runde | PHI | 13:30 | 4 | 2 | 1 | 1/3 | 1/3 |
Ähnlich, wenn auch nicht ganz so gravierend, ist die Situation von Bertans in Dallas. Er steht immerhin regelmäßig auf dem Court, wenn auch seine Einsatzzeiten stark schwanken. Da er in der Postseason immerhin 48,5 Prozent von Downtown trifft, schenkt ihm Coach Jason Kidd immer mal wieder das Vertrauen. Für mehr reicht es aber auch für den Latvian Laser nicht, es gibt schließlich nicht komplett umsonst einen reddit-Thread mit der Überschrift "Ist Davis Bertans der schlechteste Verteidiger der NBA?".
Das muss nun aber nicht heißen, dass Bertans und Robinson in der kompletten Postseason keine große Rolle mehr spielen werden. Die Einsatzzeiten sind sehr Matchup-abhängig. Dennoch wird sich der ein oder andere Verantwortliche in den Hintern beißen, das Shooting von Robinson (5 Jahre und 90 Mio. Dollar) und Bertans (5 Jahre und 80 Mio.) ohne Rücksicht auf die Defense so üppig belohnt zu haben.
NBA Mailbag: Wo ist nur der Rockets-Harden hin?
Warum kann James Harden nicht mehr an seine alte Dominanz aus Rockets-Zeiten anknüpfen? Liegt es am System oder an Harden selbst?
Und wie lässt sich die Dillon-Brooks-Erfahrung am besten erklären? Die Antworten gibt es hier im Video-Mailbag!
NBA Mailbag: Wird ER der beste Verteidiger der Dekade?
SPOX-User StrengthInNumbers: Kann Mikal Bridges der beste Verteidiger der Dekade werden? Wo ist sowohl offensiv als auch defensiv sein (voraussichtliches) Limit?
Mit solchen Superlativen wäre ich vorsichtig. Dass Bridges ein hervorragender Verteidiger ist, steht nicht zur Debatte. Meiner Meinung nach hätte er in dieser Saison den Award als bester Verteidiger verdient, was aber nichts von Marcus Smarts Leistungen wegnehmen soll. Ich bin mir sicher, dass in Zukunft der ein oder andere DPOY und zahlreiche All-Defensive-Ehren auf den 25-Jährigen warten.
Nicht zuletzt Smarts neuer Anbau am Trophäenschrank beweist, dass eben nicht nur Center beziehungsweise Big Men diese Auszeichnung absahnen können, auch ein Kawhi Leonard ist ein ähnliches Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit. Allerdings ist es nun mal eben doch so, dass Big Men in der defensiven Betrachtung meist eine wichtigere Rolle zugesprochen wird. Sie sind es, die oft die letzte Verteidigungslinie bilden, den Korb beschützen und eventuelle Fehler der Vordermänner ausbügeln.
Von daher werden auch die Rudy Goberts, Bam Adebayos und die neue Generation an Defensiv-Ankern bei der Debatte um den besten Verteidiger der Dekade ein ernstes Wörtchen mitreden - die ist immerhin erst zwei Jahre jung. Aber nicht falsch verstehen: Bridges hat ebenfalls gute Chancen, auf der Shortlist aufzutauchen. Der Flügelspieler legt regelmäßig den besten gegnerischen Spieler an die Kette mit einer nervtötenden Mischung aus Länge, Schnelligkeit und hervorragendem Basketball-IQ. Schon jetzt gehört er zur absoluten Elite der NBA-Verteidiger und das wird sich in naher Zukunft auch nicht ändern.
Ein Limit sehe ich eher in der Offense. Der Begriff "Rollenspieler" bringt meistens eine leicht negative Assoziation mit sich. Aber wenn sich aber die 29 anderen General Manager einen Rollenspieler aus Ton modellieren könnten, würde wohl so etwas wie der Suns-Flügelspieler herauskommen. Eine unglaubliche Two-Way-Waffe mit Lockdown-Defense, einem tödlichen Dreier und intelligenten Cuts.
Doch das Potenzial zum echten Superstar, gar zum Franchise-Player sehe ich in ihm nicht. Dafür fehlt - trotz Fortschritten - das Playmaking und die eigene Shot Creation, was zum Beispiel ein Kawhi Leonard zusätzlich zu seiner Defense mitbringt. Bei 81 Prozent seiner Treffer in der regulären Saison ging ein Assist voraus, in den Playoffs liegt der Wert sogar noch ein Ticken höher.
In seiner Rolle an der Seite von Playmakern wie Chris Paul und Devin Booker ist kaum jemand besser als Bridges, aber ein eigenes Team anführen kann er wohl eher nicht. Muss er ja aber auch nicht, um ein überaus wertvoller Spieler zu sein.
NBA Mailbag: Du bekommst ein Foul, du bekommst ein Foul ...
Curiousmind: In den Playoffs sind mir bisher die extrem vielen Fouls und dadurch Unterbrechungen aufgefallen - geht es nur mir so oder wird kleinlicher gepfiffen als in den vergangenen Jahren?
Der Blick auf Twitter nach einer typischen Playoff-Nacht bestätigt diesen Eindruck. Irgendwie fühlt sich jede Fanbase von den Referees benachteiligt, egal ob Sieg oder Niederlage. Das ist an sich nichts Neues, doch in dieser Postseason scheint auf den ersten Blick ein neues Niveau erreicht worden zu sein.
Was die Anzahl der Fouls und Freiwürfe betrifft belegen dies tatsächlich auch die Zahlen. Im Schnitt wird jedes Team in dieser Postseason pro Spiel 22,2-mal zurückgepfiffen, so viele Fouls gab es seit 2019 nicht mehr. Interessant ist dabei auch die Freiwurfrate - also die Anzahl an Freiwurfversuchen pro Feldwurfversuch -, vor allem, wenn man diese im historischen Kontext mit der regulären Saison vergleicht.
In den Playoffs liegt die Freiwurfrate aktuell bei 0,279, in der regulären Saison lag sie bei 0,248. Das entspricht einem Anstieg von 12,5 Prozent. In den Vorjahren lag dieser Wert (Anstieg der Freiwurfrate von der Regular Season zu den Playoffs) laut einer Recherche von The Athletic im Schnitt nur bei 8,7 Prozent. In der ersten Woche der diesjährigen Postseason war die Diskrepanz mit einer Freiwurfrate von 0,300 - der höchste Wert seit 2014 - und dadurch einem Anstieg von knapp 21 Prozent sogar noch größer.
Der grundsätzliche Anstieg bei den Fouls (19,6 in 2021/22 zu 22,2 in den Playoffs) und Freiwürfen (21,9 zu 23,3) lässt sich meistens recht simpel durch die höhere Intensität in den Playoff-Spielen erklären. Im Vergleich zu den 82 Partien in der regulären Saison zählt nun jede Partie, jeder Ballbesitz und jeder Zentimeter. Entsprechend wird mit härteren Bandagen, mit mehr Physis gekämpft, was zu mehr Fouls führt.
Das erklärt aber nicht den höheren Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren, der auch den Spielern auffällt. "Ich stand in 500 Basketball-Spielen oder so, aber sowas wie heute habe ich noch nicht gesehen", sagte zum Beispiel Devin Booker nach Spiel 4 gegen die Mavs, als Chris Paul ausfoulte und die Suns 25 Pfiffe kassierten. Da können die Wolves, Grizzlies, Mavs und Jazz aber nur müde lächeln, dieses Quartett erhielt in ihren Erstrundenduellen einmal zusammengenommen 56 und einmal 60 Foul Calls.
Dass das den Fans nicht gefällt ist verständlich, für das Produkt Basketball sind zu viele Fouls und zu viele Freiwürfe nicht förderlich. Erst recht nicht, wenn das T für Technische Fouls zu locker sitzt - Detlef Schrempf hat wohl mit dieser Meinung viele Unterstützer - oder alle fünf Minuten eine Szene auf ein potenzielles Flagrant Foul überprüft wird. Mehr Physis sollte gerade in den Playoffs erlaubt sein.
Meistgelesene Artikel
Das könnte Dich auch interessieren

.jpg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)

