Nach dem Vormarsch in die Conference Finals im Vorjahr mussten die Atlanta Hawks um Superstar Trae Young in dieser Saison bereits nach der ersten Runde die Koffer packen. Was war in dieser Saison anders - und warum könnte Atlanta ein heißer Kandidat für einen großen Trade sein?
Wieso konnten die Hawks den Erfolg der Vorsaison nicht wiederholen?
Zwei Dinge sind passiert. Auf der einen Seite war der Osten in der Breite in dieser Saison deutlich stärker, auf der anderen Seite verpennten die Hawks den Start in die Spielzeit komplett und gruben sich ein Loch (17-25 in den ersten 42 Spielen), aus dem sie bis zum Schluss nicht mehr herauskrabbeln konnten.
Trae Young monierte früh die Monotonie der Regular Season, im Januar kam es dann zum großen Knall, als GM Travis Schlenk in einem Radio-Interview zum Rundumschlag ansetzte. "Keiner fühlt sich dafür verantwortlich, in der Defense alles zu geben", ätzte Schlenk damals. "Wenn jemand gegen dich scort, dann geht es eben auf der anderen Seite weiter. Es stört bei uns einfach niemanden."
Nach dieser Brandrede wurde es zwar etwas besser, doch selbst die zweitbeste Offense der NBA ist wertlos, wenn die Verteidigung die fünftschlechteste ist. Noch in der Vorsaison überdeckte der starke Clint Capela viele Schwächen am hinteren Ende des Feldes, in dieser Spielzeit kämpfte der Schweizer dagegen mit Achillessehnenproblemen und konnte sein altes Niveau nicht erreichen.
Verletzungen zogen sich ohnehin wie ein roter Faden durch die Saison. De'Andre Hunter, John Collins, Bogdan Bogdanovic, Danilo Gallinari oder auch Kevin Huerter verpassten zusammengerechnet exakt 100 Partien, das vermutlich beste Lineup aus Young, Bogdanovic, Hunter, Collins und Capela stand nur in 16 Spielen zusammen auf dem Feld.
Heat vs. Hawks: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 17. April | 19 Uhr | Miami Heat | Atlanta Hawks | 115:91 |
2 | 20. April | 1.30 Uhr | Miami Heat | Atlanta Hawks | 115:105 |
3 | 23. April | 1 Uhr | Atlanta Hawks | Miami Heat | 111:110 |
4 | 25. April | 1 Uhr | Atlanta Hawks | Miami Heat | 83:110 |
5 | 27. April | 1 Uhr | Miami Heat | Atlanta Hawks | 97:94 |
Selbst in der Serie gegen Miami fehlten hier und da Bogey und Capela, das war für Atlanta nicht zu kompensieren. Letztlich war es nie eine knappe Serie, weil Miamis Defense Young an die Kette legte und damit Atlanta die wichtigste Waffe nahm. Ein Offensiv-Rating von 104,1 (in der RS betrug es 115,4) bedeutet Platz 15 in der Postseason, nur die Chicago Bulls sind schlechter.
Unter dem Strich war Miami ein schlechtes Matchup für die Hawks, allerdings hat sich Atlanta dies nach dem schlechten Start selbst zuzuschreiben. Der Run in die Conference Finals im Vorjahr war stark, allerdings ließ auch die Qualität der Gegner zu wünschen übrig. Die Knicks waren offensiv limitiert, die Sixers implodierten aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt in Spiel 7 und der darauffolgenden Saga um Ben Simmons.
Das soll den Erfolg der Hawks nicht kleinreden, allerdings sind Young und Co. eher zwischen Conference Finals und Gentleman's Sweep in Runde eins zu verorten. Ergo kein echter Contender, aber doch ein Kandidat für einen direkten Playoff-Platz.
Welche Probleme müssen die Hawks in der Offseason angehen?
Die Hawks investierten nach dem überraschenden Run im Vorjahr viel Geld: Rund 300 Millionen Dollar wurden in Verlängerungen von Young, Capela, Huerter und Collins investiert - sicherlich nicht, um in Runde eins chancenlos die Segel zu streichen. Stand jetzt wird Atlanta in der kommenden Saison Luxussteuer zahlen müssen, das hat die derzeitige Besitzergruppe aber noch nie gemacht.
Damit dies nicht geschieht, gibt es eine einfache Lösung - die Entlassung von Gallinari. Von dessen 21,5 Millionen Dollar sind nur fünf garantiert, alleine durch diesen Move wären die Hawks unter der Grenze. Gleichzeitig war der Italiener trotz seiner defensiven Defizite ein wichtiger Akteur von der Bank, auch mit inzwischen 34 Jahren.
Die andere große Entscheidung betrifft Hunter, der in der Regular Season ein wenig stagnierte, aber in der Heat-Serie der konstanteste Spieler der Hawks war. Der 24-Jährige könnte in dieser Offseason eine vorzeitige Vertragsverlängerung unterschreiben. Dass dies passiert, ist aber eher unwahrscheinlich (dazu später mehr). Stattdessen dürfte auf Hunter 2023 die Restricted Free Agency warten.
Unabhängig von Hunter sind die Hawks aber ohnehin dünn auf dem Flügel besetzt, der frühere Nr.-4-Pick ist der einzige klassische Small Forward, der für die kommende Saison unter Vertrag steht. Die Situation war auch gegen die Heat schwierig, da man sehr von Hunter gegen Jimmy Butler abhängig war.
Dazu brauchen die Hawks einen weiteren Defensiv-Spezialisten für den Perimeter, um Young besser verstecken zu können. Zu oft mussten Bogdanovic und Huerter Spieler verteidigen, gegen die sie kaum eine Chance hatten. Auch so ist die schwache Defense der Hawks zu erklären - am Perimeter war Tag der offenen Tür.
Wenn dieser Verteidiger dann obendrein noch gewisse Spielmacher-Qualitäten mitbringen könnte, wäre dies wünschenswert. Young ist zwar einer der besten Offensivspieler der NBA, kann aber auf dem höchsten Level ausgebremst werden, wie wir erst kürzlich bestaunen konnten. Gerade Bogdanovic hat in dieser Hinsicht abgebaut, der Serbe ist inzwischen fast ausschließlich ein Scorer, ähnliches gilt übrigens auch für Huerter.
Was mehr Power am Perimeter bewirken kann, sehen wir aktuell in Dallas, wo die Mavs nicht mehr so abhängig von Luka Doncic sind wie zuvor. Womöglich wird auch Atlanta in dieser Offseason in diese Richtung steuern.
Atlanta Hawks: Die werdenden Free Agents
Spieler | Alter | Position |
Delon Wright | 30 | Guard |
Skylar Mays (RFA) | 24 | Guard |
Lou Williams | 35 | Guard |
Kevin Knox (RFA) | 22 | Forward |
Gorgui Dieng | 32 | Center |
Sind die Hawks fällig für einen Superstar-Trade?
Viele Voraussetzungen dafür sind zumindest erfüllt. Die Hawks haben viele überdurchschnittliche Spieler und einige interessante Verträge angehäuft, mit denen es viele verschiedene Optionen gibt. Es war kein Zufall, dass Atlanta vor der Trade Deadline mit Ben Simmons in Verbindung gebracht wurde, eben weil die Hawks einiges abgeben könnten.
Der nur teilweise garantierte Gallinari-Vertrag, Huerter, Bogdanovic, Capela und Kronjuwel Hunter, dazu alle Erstrundenpicks - die Hawks haben jede Menge Flexibilität und Varianten, um einen Superstar-Trade einzufädeln. Soweit die Theorie, doch natürlich braucht es in der Praxis auch Kandidaten bzw. Partner, um so etwas durchzuführen. Der Schlüssel wäre vermutlich Hunter, was aber ein Dilemma darstellt. Sollte man sich auf eine Vertragsverlängerung einigen, kann der Forward nur getradet werden, wenn Atlanta die Höhe des Gehalts aufnimmt, die Hunter im ersten Jahr seiner Extension kassieren wird. Das wäre enorm kostspielig und schwer durchführbar.
Auf der anderen Seite muss Atlanta wohl das Risiko eingehen und im Sommer 2023 darauf hoffen, dass andere Teams in der Restricted Free Agency Hunter kein unmoralisches Angebot machen.
Die Liste an möglichen Zielen ist aber vermutlich gar nicht so groß. Donovan Mitchells Name dürfte in der Offseason oft gehandelt werden, er passt aber so überhaupt nicht zu Young. Eher wäre Rudy Gobert als Anker ein Name, der auf dem Papier Sinn ergeben könnte, auch wenn dieser mit 30 Jahren womöglich schon einen Ticken zu alt für die Timeline der Hawks ist.
Das beste Szenario wäre wohl defensivstarker Flügelspieler, der auch selbst ein wenig kreieren kann. Diese Spieler sind jedoch rar gesät, selten verfügbar und dementsprechend teuer. Andrew Wiggins wäre zum Beispiel so ein Kandidat, realistischer könnte Jerami Grant von den Pistons sein. Das sind aber alles kleinere Lösungen und würden aus Atlanta wohl nicht über Nacht einen Contender machen.
In der Free Agency sieht es nicht viel besser aus. Kyle Anderson (Grizzlies) könnte eine Option sein, er wäre mit der Midlevel-Exception (10,3 Mio.) sogar im Bereich des Möglichen für die Hawks.
Das sind für den Moment aber nur Ideen. Es gibt sicherlich viel mehr Möglichkeiten, das Front Office der Hawks wird jede Menge davon eruieren.
Ist Nate McMillan der richtige Coach für die Hawks?
Im Vorjahr schaffte der 57-Jährige mit den Hawks als Interim-Coach den Umschwung, in dieser Saison sieht die Bilanz für Nate McMillan wieder mager aus. Zum fünften Mal in den vergangenen sechs Jahren war nun bereits in Runde eins für den erfahrenen Coach Schluss. Wie schon in der Bubble mit den Indiana Pacers hatte McMillan keine Antworten auf die Switching Defense der Miami Heat.
Hinzu kamen die schwachen Vorstellungen von Atlantas Defense über die Saison sowie die offensichtlichen Schwierigkeiten, sich zu motivieren. Es ist müßig darüber zu spekulieren, inwieweit das auch McMillan anzulasten ist, der Effekt seiner ersten Monate im Amt scheint jedoch verpufft.
Man wird einfach das Gefühl nicht los, dass in diesem Hawks-Kader mehr steckt. Für ein recht junges Team spielen die Hawks recht langsam und stecken in Sachen Dreierhäufigkeit im Mittelfeld der Liga fest. Das sollte mit Young und den vielen Schützen eigentlich nicht so sein, auch wenn Atlantas Offense in dieser Spielzeit erneut zu den Besten der Liga zählte.
In den Playoffs zeigte Miami dann, dass man Atlanta aber durchaus stoppen kann - und McMillan reagierte kaum. Selbst als die Heat in Spiel 5 auf Jimmy Butler und Kyle Lowry verzichten mussten. McMillan schaffte es nicht, Young in bessere Positionen zu bringen. Man hätte sich gewünscht, dass der Point Guard auch einmal nicht als Ball-Handler agiert. Dass dies nicht geschah war doch sehr verwunderlich.
Auch McMillan scheint dies inzwischen erkannt zu haben, der Head Coach gab nach dem Aus an, dass dies kommende Saison vermehrt geschehen soll. Ist das ein Zeichen dafür, dass McMillan mit Sicherheit in der kommenden Saison an der Seitenlinie stehen wird? Es wird vermutlich so sein.
Hat Miami Trae Young entschlüsselt?
15,4 Punkte, 6,0 Assists, 6,0 Turnover, nur 31,9 Prozent aus dem Feld und 18,4 Prozent von Downtown - es war nicht die Serie des Trae Young, so weit kann man sich aus dem Fenster lehnen. Nach märchenhaften ersten Playoffs im Vorjahr wurde der 23-Jährige von der vielleicht besten Playoff-Defense (Boston hat hier auch ein Wort mitzureden) komplett aus dem Spiel genommen.
"Ich wurde seit der High School nicht mehr verteidigt und diese Verteidiger haben natürlich ein ganz anderes Niveau", gab Young selbst nach Spiel 4 zu. "Ich kann gegen die viele Double Teams und hautenge Defense kaum scoren." Mit P.J. Tucker, Jimmy Butler, Caleb Martin und Bam Adebayo warfen die Heat jede Menge Länge in Richtung von Young, aber auch kleinere Gegenspieler wie Gabe Vincent oder später Victor Oladipo gaben dem Guard kaum Freiräume und brachen komplett seinen Rhythmus.
So verhinderte Miami meist erfolgreich die gefährlichen Drives. In der Regular Season zog der All-Star im Schnitt rund 17-mal pro Spiel in die Zone auf und generierte daraus rund 10 Zähler und 2 Assists. In den ersten vier Partien der Miami-Serie (Tracking für Spiel 5 gibt es noch nicht) waren es dagegen nur 8 Drives und ein Output von knapp 4 Zählern und nicht einmal einem Assist. Grob überschlagen sind dies rund neun Punkte, die Miami den Hawks pro Partie wegnahm.
Stattdessen blieb Young fast nur der Dreier, um selbst zu scoren - und dieser fiel dann auch nicht wie gewünscht. Von 67 Field-Goal-Versuchen waren 38 Distanzwürfe. Darüber hinaus war Miami so diszipliniert, dass "Ice Trae" nur sechsmal pro Spiel an die Linie marschiert, in Spiel 4 zog Young sogar kein einziges Shooting Foul.
"Es ist ihr System, es geht bei ihnen immer um die Hilfe", sagte Young zu seinen Problemen. "Ich habe nicht gut geworfen und bin nicht so leicht zu den Spots gekommen, zu welchen ich meist komme." Ist das nun die Blaupause für den All-Star? Sicherlich, und viele Teams werden das zukünftig kopieren wollen - nur werden die wenigsten Mannschaften das Personal haben, um das nachzuahmen.
Gleichzeitig wird auch für Trae der nächste Schritt sein, ohne den Ball effizient zu sein. Hier braucht es bei den Hawks aber das passende Personal. Young aufgrund dieser Serie anzuzweifeln, wäre jedoch falsch. Auch er wird aus diesen fünf Spielen seine Lehren ziehen, für seine Entwicklung war dies womöglich sogar eine hilfreiche Lehrstunde.
Trae Young: Seine Stats in Regular Season und Playoffs
# | PTS | FG% | 3P% | FT% | AST | TOV |
Saison | 28,4 | 46,0 | 38,2 | 90,4 | 9,7 | 4,0 |
Playoffs | 15,4 | 31,9 | 18,4 | 78,8 | 6,0 | 6,0 |
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