Niemand hat so viele NBA-Spiele absolviert wie Robert Parish. Doch der Center, der den Großteil seiner Karriere bei den Boston Celtics verbrachte, war mehr als nur ein Dauerbrenner. Mit Larry Bird und Kevin McHale bildete der Chief das wohl beste Frontcourt-Trio der Geschichte. Heute wird die Celtics-Legende 69 Jahre alt.
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Die Stimmung war aufgeheizt im Boston Garden, als die Celtics gegen die Detroit Pistons um den Einzug in die Finals kämpften. Sogar Boxhandschuhe hingen von den Rängen. Die Pistons etablierten in den ersten vier Spielen ihren Ruf als Bad Boys und spielten besonders im heimischen Silverdome mit Haken und Ösen. Larry Bird wirkte entnervt, speziell von der Härte des berüchtigten Pistons-Center Bill Laimbeer und ließ sich sogar auf ein kleines Gefecht ein. Der amtierende Champion wackelte, nachdem Detroit zum 2:2 in der Serie ausgeglichen hatte.
Auch Spiel 5 wurde hart geführt. Kurz vor der Pause arbeitete Laimbeer beim Ausboxen mit dem Ellenbogen, was Bostons Center Robert Parish überhaupt nicht gefiel. Der sonst so stoische Center streckte seinen Gegner mit zwei gezielten Schlägen nieder. Laimbeer hatte Glück: Wegen einer Sehnenverletzung konnte Parish seine Faust nicht ballen, das verhinderte wohl Schlimmeres. Ein Foul wurde nicht angezeigt, selbst für die damalige Zeit war dies ungewöhnlich. Wahrscheinlich waren die Refs völlig verdutzt, dass Musterknabe Parish seine Nerven verlor.
Die Schlagzeilen gehörten dennoch anderen. Die Pistons vergeigten den Sieg, weil Bird eines seiner wichtigsten Plays der Karriere lieferte. 'There's a steal by Bird!' und das dazu gehörige Video kennt heute wohl jeder League-Pass-Nutzer.
So war es wie immer: Bird stand im Scheinwerferlicht und Parish spielte die Nebenrolle des Mannes, der die Drecksarbeit verrichtet. Geärgert hat es den Center sicher nicht. Der Chief, das war der harte, stille Arbeiter, der auf dem Feld kaum sprach und wenig Emotionen zeigte.
Parish: Aufgewachsen im verschlafenen Süden
Parish stammt aus einem verschlafenen Ort aus Lousiana. Aufgewachsen in einer Zeit, in der der Rassismus in den Südstaaten noch allgegenwärtig war, musste der Schlacks von den Trainern überredet werden, überhaupt Basketball zu spielen. Sein High-School-Team hatte auch nur noch ein Trikot übrig, jenes mit der Doppel-Null. Sie wurde der stetige Begleiter in der Karriere von Parish.
Der Youngster machte sich landesweit einen Namen, doch anstatt auf ein größeres College zu gehen, wählte er das heimische Centenary-College, welches nur 700 Studenten beherbergte und die Kosten für Auswärtsfahrten des Basketball-Teams nicht stemmen konnte. Darum verzeichnete der Chief auch kein einziges offizielles Spiel in seinen vier Jahren an der Uni. Er hätte dadurch jedes Jahr in die NBA wechseln können, tat es aber nicht, wahrscheinlich auch, weil seine Mutter es nicht erlaubte. Sie bestand darauf, dass ihr Filius seinen Abschluss machte.
Der Ruf von Parish litt darunter nicht. Seine pure Präsenz von 2,13 Meter und seine Fähigkeit, zahlreiche Würfe zu beeinflussen und zu blocken, brachte die Golden State Warriors 1976 dazu, den achten Pick im Draft für den Center zu verwenden.
Parish: Beginn bei den Warriors
Neben seinen defensiven Qualitäten war der Chief auch offensiv ausgebildet. Im Post vefügte er über gute Fußarbeit und zahlreiche Bewegungen. Seinen Spinmove kannte jeder in der Liga, dennoch fielen zahlreiche Verteidiger immer wieder darauf hinein. Als Bonus kam noch ein guter Mitteldistanzwurf dazu, der aufgrund seiner hohen Flugkurve fast unmöglich zu blocken war.
Sein späterer Teamkollege bei den Celtics, Bill Walton, der auch Parishs Laudatio für die Hall of Fame hielt, behauptete in den Achtzigern, dass Parish wohl der beste Schütze aus der Midrange unter allen Big Men in der Geschichte des Spiels sei.
Richtig warm wurden die Warriors mit ihrem Big aber nicht. Parish wirkte oft teilnahmslos, Golden State versank nach der Ära Rick Barry im Mittelmaß und der ungelenke Center war nicht selten der Sündenbock. Trotzdem deutete Parish teilweise sein großes Potenzial an. Gegen die New York Knicks legte er einmal 30 Punkte und 32 Rebounds auf.
Ein unfassbarer Trade mit Boston
Während der Big an der Westküste nicht wertgeschätzt wurde, sah ein Team aus dem Osten den möglichen Wert. Die Boston Celtics um Trainerfuchs und damaligen GM Red Auerbach fädelten 1980 einen, im Nachhinein gesehen, skandalösen Trade ein. Der dritte Pick des Jahres sowie Parish kamen nach New England, die Warriors erhielten den ersten sowie den 13. Pick 1980. Im besagten Draft nutzten die Dubs ihre beiden Picks für Joe Barry Carroll und Rickey Brown, während die Celtics an dritter Stelle Kevin McHale (!) wählten.
Für Parish war dies der Wendepunkt seiner Laufbahn, wie er später immer wieder betonte. "Mit dem Trade 1980 begann meine Karriere erst richtig."
Doch dies stimmt nicht ganz. Bei den Dubs war er zumeist Backup für Clifford Ray, der dem Youngster einige wichtige Ratschläge lieferte. Parish machte Yoga, Kampfsport, ging Schwimmen, verzichtete auf rotes Fleisch und wurde schließlich Vegetarier. "Ich zerrte mir nie etwas, brach mir nicht einen einzigen Knochen. Ich bin ein lebender Beweis dafür, was richtige Ernährung ausmacht. Und das habe ich Clifford Ray zu verdanken."
Wie sonst hätte Parish satte 21 Spielzeiten (nur Vince Carter spielte ein Jahr länger) die Knochenmühle NBA überleben können. Eigentlich unvorstellbar: Parish spielte sowohl gegen John Havlicek, als auch gegen die jungen Allen Iverson oder Kobe Bryant.
Parish: Triumvirat mit McHale und Bird
In Boston jedoch lernte Parish erst richtig, was es heißt, Profi zu sein, nach einem Ziel zu streben und zu arbeiten. "Die Einstellung zum Spiel war ganz anders. Das merkte ich bereits im ersten Trainingscamp." Es zahlte sich aus. Mit dem jungen Bird holten die Celtics bereits im ersten Jahr nach dem Trade den Titel.
Die nächste große Dynastie in Beantown (zusammen mit den Lakers) entstand um das Triumvirat aus dem wohl besten Frontcourt, den die Liga wohl je gesehen hat: Bird, McHale und eben Parish.
Neben den 'Lareee-Larree'-Rufen hallte auch ein langgezogenes 'Chieeeeeef' immer wieder durch den Boston Garden. Den Spitznamen bekam Parish von seinem Mitspieler Cedric Maxwell, der ihn mit dem taubstummen Indianer Chief Bromden aus dem Film 'Einer flog über das Kuckucksnest' verglich.
Parish: Der Stoische
Mit den Celtics holte der Chief insgesamt drei Titel (1981, 1984, 1986) und war stets ein fester Bestandteil. 15 Punkte und 9 Rebounds im Schnitt bekam das Team Jahr für Jahr von ihrem Leader, der still seine Arbeit verrichtete und die besten Center der Generation wie Moses Malone oder Kareem-Abdul-Jabbar unter Kontrolle hielt.
Während Bird fleißig Trash Talk betrieb, blieb Parish stumm. Nur in den angesprochenen Eastern Conference Finals 1987 gegen die Pistons brach es aus ihm heraus. "Es war das erste Mal, dass ich jemandem erlaubt habe, meine Konzentration zu brechen." Larry Legend sprach nach dem Spiel dagegen von einer guten Tat.
Nie wieder war der Chief in der Folge in einen Kampf verwickelt. Stattdessen konzentrierte er sich wieder auf seinen eigentlichen Job. "Parish war der Anker, er war die Säule", lobte Walton. "Ohne ihn hätten Larry und Kevin nicht ihr Spiel durchziehen können. Er hat die komplette Drecksarbeit in der Mitte gemacht."
Parish: Letzter Titel mit den Bulls
Und dies tat er wie ein Uhrwerk. Während Bird oder McHale ihre Karrieren frühzeitig wegen Verletzungen beenden mussten, beendete Parish seine Laufbahn erst 1997 im biblischen Alter von 43 Jahren nach insgesamt 1611 Spielen, was auch heute trotz besserer medizinischer Versorgung ein einsamer Rekord ist. Nur 72 Spiele verpasste er während seiner kompletten Karriere.
In seiner letzten Spielzeit sprang sogar noch ein Titel heraus, wodurch er als einziger Celtic der Achtziger vier Ringe gewann. Als Bankspieler und geachteter Veteran war er 1997 Teil der Chicago Bulls um Michael Jordan. Selbst MJ hatte großen Respekt vor dem Routinier, nachdem dieser nicht vor dem Megastar kuschte.
In einer der ersten Trainingseinheiten war Parish mit dem Führungsstil von Jordan unzufrieden und ließ dies His Airness wissen. "Er sagte mir, dass er mir den Hintern versohlen werde", erinnerte sich Parish. "Dann bin ich auf ihn zugegangen und habe gesagt, dass ich dies bezweifele. Danach hat er mich in Ruhe gelassen."
Parish: Celtics-Legende
Doch dies ist letztlich nur eine kleine Episode aus der langen Karriere des Chiefs. Parish wird immer als Legende der Boston Celtics in Erinnerung bleiben. Entsprechend hängt auch das Jersey mit der Doppel-Null unter der Hallendecke des neuen Gardens, direkt neben den Nummern 32 und 33 (McHale und Bird).
Er mag kein strahlender Star gewesen sein, doch seine Langlebigkeit und Konstanz sind in der Liga einzigartig. Neunmal wurde er zum All Star gewählt, auch im Herbst seiner Karriere mit 38 Jahren, als er noch immer rund 15 Punkte und 10 Rebounds pro Nacht auflegte. Deswegen steht er noch heute in der All-Time-Scoring-Liste unter den ersten 30, bei Rebounds und Blocks sogar unter den Top 10.
Sein Name wird immer an die großen Teams der Boston Celtics mit Larry Bird geknüpft sein. Auch Walton unterstrich in seiner Laudatio für die Einführung von Parish in die Hall of Fame dies. "Die Leute sagen, dass er nur Glück hatte, weil seine Mitspieler so gut waren. Die Realität ist aber, dass wir die Glücklichen waren, die in seinem Team gespielt haben." Larry Legend wusste dies spätestens an jenen Mai-Abend im Boston Garden gegen die Detroit Pistons.