Nicht nur wegen seines Namens war Giannis Antetokounmpo das größte Rätsel des 2013er-Drafts. Auch sein Game warf viele Fragen auf. So hatten viele Scouts den 19-Jährigen zwar auf dem Zettel, doch kaum einer wagte eine Prognose, ob er schon NBA-tauglich sei. Doch jetzt ist er das einzig Sehenswerte bei den Bucks!
Bei den meisten Rookies, die in der ersten Runde gedraftet werden, weiß man ungefähr, was man bekommt und wo es hingehen könnte. Nicht so bei Giannis Antetokounmpo. Der inzwischen 19-jährige Grieche war das große Mysterium im Vorfeld des vergangenen Drafts. Einige Scouts hatten den 2,06 Meter großen Allrounder mit Guard-Skills schon länger im Visier und ihn in Europa auch schon genauer beobachtet. Das Resultat: Der Junge ist ein großes Talent. Jedoch eines mit -riesigem Bust-Potenzial.
Unerfahrenes Juwel
Giannis, dessen Eltern -Veronica und Charles 1991 aus Nigeria nach Griechenland auswanderten, spielt zunächst wie viele andere Jungen in Athen lange Fußball. Erst als sein Bruder Thanasis (21), der heute in der D-League bei den Delaware 87ers zockt, ihn überredet, mit zum Training zu kommen, entscheidet er sich für Basketball. Eine gute Entscheidung, denn die Brüder entwickeln sich zu den größten Talenten des kleinen Zweitliga-Vereins Filathlitikos Zografou.
2012/13 liefert der 2,01 Meter große Thanasis durchschnittlich 12,2 Zähler und 4,9 Rebounds, sein fünf Zentimeter größerer und zweieinhalb Jahre jüngerer Bruder, der trotz seiner Länge zum Teil Shooting Guard spielt, bringt 9,5 Punkte und 5,0 Boards. Solide Leistungen, obwohl die Liga nur mit der NCAA-Division II oder III vergleichbar ist.
Zweifel bei Experten
Neben der NBA sind auch europäische Ligen auf den 93-Kilo-Schlaks aufmerksam geworden, sodass -Giannis Ende 2012 beim spanischen Erst-ligisten Zaragoza unterschreibt - allerdings mit einer "NBA-out"-Klausel, von der er nach guten Workouts dann auch wirklich schon im Sommer Gebrauch macht. Trotz großer Zweifel bei vielen Experten. "Die Teams müssen geduldig mit ihm sein", sagt etwa Aran Smith (NBADraft.net). Und Giovanni Conte (Basket Caffe) prognostiziert: " Er ist ein großes Risiko, da er keinerlei Erfahrung hat, auf hohem Niveau zu spielen." Der allgemeine Tenor: Giannis solle lieber noch ein, zwei Jahre in Europa reifen, bevor er in die NBA wechselt.
Aber der Youngster hat andere Pläne, entscheidet sich für den Draft, wird von Milwaukee an 15. Stelle gezogen, womit sich sein großer Traum verwirklicht. "Seit ich mit Basketball angefangen -habe, war es mein Traum, ein Star mit großer Zukunft zu werden, damit ich meine Familie unterstützen kann."
Auch nach dem Draft bleibt Antetokounmpo ein Mysterium. Denn statt in der Summer League Erfahrung zu sammeln, absolviert er die U20-EM. Der Youngster, der erst im Mai 2013 die griechische Staatsbürgerschaft erhalten hat, spielt bestenfalls solide, lässt sein großes Talent ab und zu aufblitzen, aber auch nicht mehr. Im Schnitt erzielt er 8,0 Punkte, 7,6 Rebounds sowie 2,2 Assists und ist nur fünftbester Scorer der Griechen, die Fünfter werden.
Großes Potenzial
Doch allen Unkenrufen zum Trotz sind die Bucks vom Potenzial ihres Rookies, der noch wächst, begeistert. Die Scouts schwärmen von seinem guten Ballhandling, seiner Körperbeherrschung, seinem Spielverständnis und seiner Spannweite von 2,20 -Metern, dank der er in der Lage ist, beide Guard- und Forward-Positionen zu spielen. Einer von ihnen ist Kornel David (Phoenix Suns), der Giannis intensiv beobachtet hat. "Er ist auf dem richtigen Weg. Junge Spieler, die so groß sind und schon in diesem Alter solch ein Skill-Set besitzen - da gibt es keine Zweifel!" Und der Grieche, der mit seinen gerade einmal 19 Jahren der jüngste Spieler in der NBA ist, zeigt jetzt schon, welches Potenzial in ihm steckt.
Denn Giannis dankt den Bucks das in ihn gesetzte Vertrauen mit guten Leistungen. Dabei kommt ihm zugute, dass Milwaukee das schlechteste Team der NBA ist. Bitter, aber auch die Chance für "The Greek Freak", viel Zeit auf dem Court zu verbringen. Und er nutzt sie, um allen Kritikern zu zeigen, dass er trotz seines Alters schon das Zeug zum NBA-Profi hat. In der ersten Saisonhälfte erzielt der Shooting Guard in durchschnittlich 22,5 Minuten -solide 6,9 Punkte, 4,6 Rebounds und 1,4 Assists pro Partie.
"Er entwickelt sich großartig"
Damit ist er nicht nur eine der Überraschungen des Drafts, sondern auch fast das einzig Sehenswerte bei den miesen Bucks! Er spielt vor allem seine Stärken in der Transition und bei Backdoor-Cuts aus. Zudem ist Giannis, der nur 4,9 Würfe pro Partie nimmt, trotz seiner 2,06 Meter sehr ballsicher und leistet sich kaum Turnover (1,3). Das hat ihm mittlerweile einen Platz in der Starting Five eingebracht. "Er entwickelt sich großartig", lobt Coach Larry Drew. "Er spielt mit viel Energie und beeinflusst Spiele, ohne viel zu scoren. Das ist stark!" Basket
Trotz der soliden Leistungen hat die Nummer 34 aber noch einen weiten Weg vor sich. Das Spiel des Griechen von außen ist noch verbesserungswürdig (31,4 % Dreier), zudem lässt seine Defense zuweilen noch zu wünschen übrig. Das wird sich jedoch legen, -sobald der 19-Jährige an Masse und Erfahrung zugelegt hat. Das Potenzial zu einem Top-Verteidiger hat er definitiv.
So wird das Mysterium schon 2013/14 (zum Teil) gelüftet. Wenn Giannis sich weiter in dem Maße entwickelt, wird sich der Export aus Griechenland dauerhaft in der NBA etablieren. Und die Bucks wissen, wo es für sie in -Zukunft hingeht. Wieder nach oben!
Scouting-Report
Stärken: Starkes Ballhandling für -einen Mann seiner Größe (offiziell 2,06 Meter, aber er wächst noch), dadurch sehr ballsicher (1,3 Turnover) und dank seiner Beweglichkeit auch sehr variabel. Kann viele Positionen spielen (PG/SG/SF/PF). Gutes Spielverständnis, spielt gut in der Zone und hat eine gute Körperbeherrschung. Zudem stark in der Transition und bei Backdoor-Cuts.
Schwächen: Guter, aber kein überragender Athlet. Nicht sehr explosiv. Muss seine Defense verbessern, an Masse zulegen und an seiner Effektivität von außen (31,4 % Dreier) sowie dem Catch-and-Shoot arbeiten.
Fazit: Antetokounmpo kann sich zu einem guten Allrounder der Marke Nicolas Batum (Blazers) entwickeln, braucht aber noch ein paar Jahre. Viele Scouts vergleichen ihn schon mit dem Franzosen.
Der Artikel erscheint in der BASKET 03/2014