Die Chiefs haben etwas Unerwartetes geschafft: Nach dem Trade von Tyreek Hill wurde die Offense noch besser - wie schafften Andy Reid, Patrick Mahomes und Co. das? Was macht die "neue" Chiefs-Offense aus? SPOX blickt vor dem Super Bowl auf die gefährlichste Offense der NFL.
Nur die allerwenigsten dürften die Chiefs vor dieser Saison als Außenseiter in irgendeiner Form gesehen haben. Die Buchmacher jedenfalls mit Sicherheit nicht, und doch war die allgemeine Wahrnehmung zumindest ein klein wenig ... ungewisser ist vielleicht das beste Wort.
Verursacht wurde diese Ungewissheit durch die offensichtlich im Raum stehende Frage: Welchen Effekt würde der Abgang von Tyreek Hill auf die Offense haben, die bereits im Vorjahr ihre Durchhänger hatte?
Doch auch darüber hinaus gab es Diskussionspunkte rund um die Chiefs. Wie etwa würde die Defense den Abgang von Tyrann Mathieu verkraften? Und wie würde das Team generell damit klarkommen, dass viele junge Spieler tragende Rollen übernehmen müssen?
Letzteres war auf die Chiefs insgesamt betrachtet eindrucksvoll: Kein Team hatte so viele Rookie-Einsätze in dieser Saison wie die Chiefs. Der Vergleich der beiden Super-Bowl-Teams lässt wenige Zweifel daran, wer den Bonus eines Quarterbacks auf dem Rookie-Vertrag hat, und wer hier und da auch an den Salary Cap denken muss: Inklusive Playoffs haben die Rookies der Chiefs in dieser Saison 4.087 Snaps gespielt - die der Eagles lediglich 989.
Während Running Back Isaiah Pacheco das offensive Aushängeschild der Rookie-Klasse war, so spielten sich auf der defensiven Seite mit unter anderem Trent McDuffie, George Karlaftis, Jaylen Watson, Bryan Cook und Joshua Williams mehrere Rookies in Starter-, oder zumindest in größere Rollen.
Die Offense derweil war nach Expected Points Added pro Play und nach Success Rate nicht nur die Nummer 1 der Regular Season - insbesondere in puncto EPA pro Play übertrafen die Chiefs ihre eigenen jeweiligen Werte der 2021er, 2020er und 2019er Saison.
Kurzum: Man kann argumentieren, dass die Chiefs offensiv nach dem Trade von Tyreek Hill - der im Kontext der neuen Roster-Building-Phase, in welcher sich Kansas City befindet, sehr nachvollziehbar war - nicht nur keinen Rückschritt gemacht haben, sondern ihr Level halten und bisweilen sogar anheben konnten.
Super Bowl: Chiefs-Offense - die Basics:
- Die Zeiten, in denen Kansas City maßgeblich in 3-Receiver-Sets und Spread-Formationen lebte, sind längst vorbei - und dieser Effekt wurde durch den Abgang von Tyreek Hill nochmals verstärkt. Die Chiefs spielten 28 Prozent ihrer Snaps in 12-Personnel (ein Running Back, zwei Tight Ends, zwei Wide Receiver), der dritthöchste Wert, sowie weitere 10 Prozent ihrer Snaps in 13-Personnel (ein RB, drei TE, ein WR), der vierthöchste Wert.
- Kein Team warf in der Regular Season so viele Pässe aus 12-Personnel wie die Chiefs (190). Mit 7,5 Yards pro Pass rangierten sie dabei im Liga-Mittelfeld, die Touchdown-Quote von 5,8 Prozent war aber einer der besten Werte, mit 55,9 Prozent positiven Plays belegte KC aus 12-Personnel sogar den ersten Platz.
- Mahomes ist der beste Quarterback in der NFL, gleichzeitig aber sind Andy Reid und Co. nach wie vor bemüht darum, ihm auch einfache Yards und vorteilhafte Reads zu kreieren. Die Chiefs haben die dritthöchste Motion-Quote in der NFL in dieser Saison, sowie die dritthöchste RPO-Quote.
- Mehr noch: Einzig Andy Dalton (10,0) verzeichnete mehr Yards pro Play-Action-Pass als Mahomes (9,6) und kein Quarterback bekam mehr Touchdowns über Screens (5).
- Die Chiefs sind aber weiter auch gut darin, im Run Game mit Formationen vorteilhafte Matchups zu kreieren: 43 Prozent ihrer Runs kamen gegen leichte Boxes, der dritthöchste Wert.
- Ohne Tyreek Hill wurde Travis Kelce noch mehr zum Mittelpunkt der Offense: Seine 77 Receiving-First-Downs in der Regular Season wurden unter allen Tight Ends und Wide Receivern einzig von Justin Jefferson (80) übertroffen, seine zwölf Receiving-Touchdowns lediglich von Davante Adams (14).
- Das ist ein Sinnbild dafür, dass das Kurzpassspiel in der Chiefs-Offense nach dem Hill-Trade umso wichtiger wurde. Mahomes belegte bei Pässen in unter 2,5 Sekunden Top-Werte in Touchdowns, Yards pro Pass und Completion Percentage.
- Die Chiefs 2022 sind deutlich mehr eine Offense geworden, die über Formationen, Timing und Personnel-Groupings gewinnt - mit Mahomes und Kelce als ultimativen Trumpfkarten.
Die Chiefs wurden im ersten Jahr ohne Tyreek Hill effizienter, und sie setzten sich hier von der Liga ab.
Wenn man nach Expected Points Added pro Drive geht, stehen die Nummer-1-Offense (Chiefs) und die Nummer-2-Offense (Eagles) im Super Bowl - doch der Abstand zwischen den Chiefs und den Eagles ist so groß wie der zwischen den Eagles und den an Nummer 17 gerankten Cleveland Browns.
Diese Version der Chiefs-Offense ist am ehesten die Offense, welche mit dem Narrativ aufräumt, dass Mahomes vor allem ein physisch außergewöhnlich begabter Gunslinger ist. Denn diese Version der Chiefs-Offense verlangt einen Quarterback, der das Spiel aus der Pocket machen kann - und zwar schnell.
21 Touchdown-Pässe warf Mahomes in dieser Regular Season bei Plays, bei denen er den Ball in unter 2,5 Sekunden loswurde. Einzig Joe Burrow (22) hatte noch mehr - Burrow allerdings warf auch 54 solcher Pässe mehr.
Bei Würfen in unter 2,5 Sekunden stand Mahomes in der Regular Season in der Top 5 in Yards pro Pass (4), Completion Percentage (1) und Pressure-zu-Sack-Quote (1): Mahomes wurde in unter 2,5 Sekunden als einziger Quarterback dieser Saison kein einziges Mal gesacked.
Passend dazu: Die Chiefs hatten jede Menge Big Plays - und das, obwohl Mahomes in der Regular Season nur 9,7 Prozent seiner Pässe tief warf, ein klarer persönlicher Karriere-Tiefstwert. Zum Vergleich, als Mahomes, Hill und die Chiefs-Offense 2018 die Liga zerlegten, hatte Mahomes fast 16 Prozent seiner Pässe tief geworfen.