"Beckham hat uns Matratzen geschenkt"

Von Adrian Franke
08. August 201616:06
Anthony Dable wechselte aus Braunschweig in die NFL zu den New York Giantsimago
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Er hat den Sprung aus der deutschen Football-Liga GFL in die NFL geschafft und trainiert jetzt mit Odell Beckham Jr., Eli Manning und Co.: Ex-Braunschweig-Receiver Anthony Dable lebt bei den New York Giants seinen Traum und kämpft gleichzeitig um seinen Kaderplatz. Mit SPOX sprach er über seinen Weg in die NFL, Beckhams Geschenke und Mannings Pässe.

SPOX: Von Braunschweig zu den New York Giants - wie geht das? Wie lief dieser Wechsel ab, wie haben die Giants Sie gefunden?

Anthony Dable: Das war so: Die Giants haben mich nicht sofort entdeckt, sondern die Leute von NFL UK wurden auf mich aufmerksam. Mein französischer Berater hatte ein Video von mir und hat sie kontaktiert. Er wusste, dass sie auf der Suche nach Spielern sind, die es in die NFL schaffen können. Deshalb hat er das Video von mir eingereicht. Das hat Aden Durde (Coach und Scout des Londoner NFL-Büros, d. Red.) und Osi Umeniyora (NFL-Botschafter in London, d. Red.) gefallen und daraufhin haben sie mich eingeladen, zum Probetraining nach London zu kommen, um mich live zu sehen. Von dort aus haben sie mich nach Florida geschickt.

SPOX: Und dort wurden die Giants auf Sie aufmerksam?

Dable: Eigentlich sollte ich in Florida sechs Wochen lang trainieren, um von dort zu einem Regional Combine zu gehen und dabei hoffentlich einen Vertrag von einem Team zu erhalten. Aber nach zwei Wochen hat mich ein Berater angesprochen, dem mein Video und all das gefallen hat. Nach dem Wochenende wollten sechs Teams ein Probetraining mit mir abhalten. Osi Umeniyora hat vorgeschlagen, dass ich zuerst zu den Giants gehe - und das habe ich gemacht.

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SPOX: Also hat er Ihnen bei der Entscheidung etwas geholfen?

Dable: Ja, er hat mir gesagt, dass ich in seinen Augen ein Giant werde. Ich war zuerst unsicher, weil die ganzen Probetrainings bereits arrangiert und die Flüge gebucht waren. Dann hat das Team Interesse gezeigt und mir einen Vertrag mit garantiertem Gehalt geboten. Ich habe Osi daraufhin angerufen, weil ich nicht wusste, was ich machen soll. Er hat sich anschließend mit dem Geschäftsführer der Giants in Verbindung gesetzt und der Geschäftsführer hat ihm gesagt, dass er mich wirklich mag und mir eine Chance geben will.

SPOX: Gab es denn vorher überhaupt irgendein Team, das Sie selbst ins Auge gefasst hatten?

Dable: Die Giants! (lacht) Aber ich habe mir auch gesagt, dass ich vor allem eine Chance will.

SPOX: Für Sie ist es tatsächlich ja nicht der erste Versuch auf dem amerikanischen Kontinent: Bevor Sie nach Deutschland kamen, wollten Sie bereits über Kanada in die NFL. Warum hat es damals dort nicht geklappt?

Dable: Ja, ich wollte mich damals verbessern und aus Frankreich auf ein höheres Level, um auf mich aufmerksam zu machen. Deshalb bin ich damals nach Kanada, doch wurden ausgerechnet dann die Regeln bezüglich der Spielerlaubnis geändert. Plötzlich konnte ich nicht sofort spielen, sondern hätte ein Jahr warten müssen, damit ich meinen Amateur-Status wieder habe. Ich bin dennoch für fünf Monate geblieben und habe trainiert, ehe ich wieder zurückgegangen bin. Mir war allerdings klar, dass ich in Frankreich nicht mehr spielen konnte, ich wollte in die beste Liga Europas - deshalb bin ich nach Deutschland.

SPOX: Und dabei immer den Football im Fokus. Sie haben einmal gesagt, dass Football nahe am Leben dran ist. Was genau haben Sie damit gemeint?

Dable: Als ich angefangen habe, Football zu spielen, habe ich alles zur NFL geschaut, was ich nur konnte - egal ob über NFL.com, Youtube oder wo auch immer. Für mich ist es so: Es gibt im Leben zahlreiche Lektionen, und viele davon kann man im Football sehr gut lernen. Dinge wie niemals aufzugeben, auf alle Umstände vorbereitet zu sein, Dinge zu tun, die man vielleicht nicht tun will und für seinen Erfolg hart zu arbeiten.

SPOX: Das ist eine gute Überleitung - für den Erfolg arbeiten. Sie hatten jetzt gerade Ihre ersten Einheiten im Training Camp der Giants: Wie kann man sich den Alltag in einem NFL-Training-Camp vorstellen?

Dable: Also: Los geht's ab 6.45 Uhr, bis 9 Uhr gibt es Frühstück. Dann hast du direkt dein erstes Meeting, das kann beispielsweise ein Team-Meeting oder ein Special-Teams-Meeting sein. Um 10.45 Uhr geht es raus auf den Platz und über die nächsten zwei Stunden stehen die ersten Einheiten auf dem Programm. Danach gibt es eine Pause bis 14.30 Uhr, ehe die nächsten Meetings anstehen. Dabei schaut man sich beispielsweise auch die gerade absolvierten Trainingseinheiten an. Um 16.45 Uhr geht es dann wieder raus und man bereitet alles für den nächsten Tag vor. Danach stehen noch Einheiten im Kraftraum an, ehe gegen 18.20 Uhr die letzten Meetings abgehalten werden. Das geht etwa bis 21 Uhr - und anschließend gehen alle zurück ins Hotel. Und am nächsten Tag wieder alles von vorne.

SPOX: Wow - wirklich ein straffes Programm.

Dable: Ja, etwa zwölf Stunden, manchmal mehr.

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SPOX: Wie kann man das auch nur ansatzweise mit der Vorbereitung in der GFL vergleichen? Dazwischen liegen ja wahrscheinlich Welten...

Dable: ... keine Frage, das ist etwas ganz anderes. Wir hatten natürlich auch eine Saisonvorbereitung, aber die geht nicht so lange - und auch nicht jedes Team hat ein Training Camp. Es ist nicht einfach, denn hier in den USA ist Football dein Job und damit gehen auch ganz andere Erwartungen an jeden einzelnen einher. Jedes Team will den Super Bowl gewinnen und jeder muss sich vorbereiten. Der größte Unterschied ist aber wahrscheinlich die Zeit im Meeting-Room: Wir sind ja nur etwa zwei Stunden auf dem Feld - und rund acht Stunden in den Meeting-Rooms!

SPOX: Ein weiterer Unterschied liegt im Playbook: Moritz Böhringer hat gesagt, dass er damit anfangs noch Probleme hatte. Wie kommen Sie damit klar?

Dable: Für mich ist es ein bisschen wie eine neue Sprache lernen, etwas, das ich glücklicherweise gewohnt bin. Mein Coach sagt immer: "Du sprichst jetzt Gianese." (lacht) Das Team macht es dir möglichst einfach, das ist nichts, was mich allzu sehr beschäftigt. Du gewöhnst dich einfach daran. Im Football geht es darum, Dinge möglichst oft zu wiederholen, um sie einzustudieren. So gewöhnst du dich daran. Man hat keinen Einfluss darauf, wie häufig ein Pass in die eigene Richtung fliegt und wie gut man auf sich aufmerksam machen kann. Aber Dinge wie vorbereitet und in guter körperlicher Verfassung sein? Das kann man kontrollieren und das ist mein Ziel. Das Playbook wird nichts sein, was mich zurückhält.

SPOX: Gibt es denn einen Receiver, der für Sie ein Vorbild ist? Jemand, dessen Art zu spielen Sie besonders mögen?

Dable: Ich würde sagen: Brandon Marshall. Er ist so gut beim Catch! Ansonsten habe ich mir natürlich auch Calvin Johnson genau angeschaut. Dez Bryant mag ich auch sehr.

SPOX: Einer Ihrer bekanntesten neuen Teamkollegen gehört ebenfalls zu den besten Receivern der NFL: Wie erleben Sie Odell Beckham im täglichen Training und im alltäglichen Umgang?

Dable: Ich will es mal so sagen: Wenn du so jemanden plötzlich jeden Tag siehst, dann wird er einfach jemand, den du kennst und mit dem du zusammenarbeitest. Er verhält sich nicht, als wäre er der große Superstar. Er ist einfach ein netter Typ. Vor einigen Tagen etwa hat er allen Receivern einfach so wirklich professionelle Matratzen geschenkt, die sich dem Rücken anpassen.

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SPOX: Haben Sie auch schon gemeinsam mit Eli Manning trainiert?

Dable: Ein wenig, ja. Ich bin eigentlich nicht in seiner Receiver-Gruppe, aber ich habe schon mit ihm gearbeitet.

SPOX: Wie war es, einen zweifachen Super-Bowl-Champion zu treffen?

Dable: Ich muss sagen, da denke ich nicht wirklich drüber nach. Klar, ich weiß natürlich, wer er ist, aber ich denke nicht daran. Ich versuche, meine Route bestmöglich zu laufen und den Ball zu fangen. Er soll meinen Händen vertrauen können.

SPOX: Gleichzeitig könnte aber eine Rolle im Special Team für Sie auch eine sehr gute Möglichkeit sein, einen Kaderplatz zu bekommen, oder?

Dable: Absolut! Ich denke ich müsste auf jeden Fall zumindest auch im Special Team spielen, wenn ich es in den Kader schaffe.

SPOX: Haben Sie das in Deutschland auch schon gemacht?

Dable: Ich habe auch in Deutschland im Special Team gespielt, ja - allerdings als Return-Man. Hier bei den Giants hätte ich eine andere Rolle: Gegner blocken, Punts blocken, solche Dinge. Aber auch daran gewöhnt man sich, das lernt man.

SPOX: Und womöglich folgen dann auf Sie weitere europäische Spieler. Henry Hodgson hat mir vor einigen Wochen gesagt, er glaube, dass NFL-Teams bald stärker in Europa Spieler suchen. Ist das auch in Ihren Augen eine realistische Option?

Dable: Ich glaube schon, ja! Zumindest einige Teams werden das angehen. Ich weiß, dass beispielsweise die Colts das machen werden. Nach dem, was in diesem Jahr mit Efe Obada (nigerianischer Defensive End, seit Ende Juli bei den Atlanta Falcons, d. Red.), Moritz und mir passiert ist, werden sich Teams definitiv auch in Europa umschauen. Natürlich hängt es auch davon ab, was wir drei in diesem Jahr machen und ob wir gut spielen. Aber dann ist alles möglich. Ich weiß, dass es in Europa einige gute Spieler gibt - und wenn sie noch keine Football-Spieler sind, dann zumindest gute Athleten. Also ja: Ich glaube daran. Da wird sich etwas ändern, die Leute werden eine neue Sichtweise darauf bekommen.

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SPOX: Und parallel wächst auch das Interesse in Europa.

Dable: Genau. Manche Leute werden anfangen, die NFL zu verfolgen, weil es da eben diesen Franzosen oder diesen Deutschen gibt.

SPOX: Hatten Sie mit Moritz Böhringer über die letzten Wochen eigentlich Kontakt?

Dable: Ich habe mich mit ihm gemeinsam in London aufs Training Camp vorbereitet, das war das letzte Mal, dass wir uns unterhalten haben. Seitdem haben wir jetzt nicht telefoniert, ich werde ihm aber eine Nachricht schreiben und ihn fragen, wie das Camp läuft.

SPOX: Ein kurzer Ausblick zum Abschluss: Was erwarten Sie von den nächsten Wochen? Die Preseason steht vor der Tür, haben Sie schon irgendeine Ahnung, welche Rolle Ihnen dabei zukommt? Verraten die Coaches da vorher etwas?

Dable: Nein, da weiß ich tatsächlich noch gar nichts. Das ist natürlich die Entscheidung der Coaches. Alles was ich kontrollieren kann, sind meine Leistungen im Training. Die Coaches glauben, dass ich spielen kann und ich selbst weiß, dass ich spielen kann. Ich muss es jetzt einfach zeigen und ihr Vertrauen gewinnen. Ich muss gut trainieren - der Rest kommt von alleine.

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