First-Overall-Pick Joe Burrow trifft mit den Cincinnati Bengals zum Start von Woche 2 auf Baker Mayfield und die Cleveland Browns (Freitag, 2.20 Uhr live auf DAZN) - seines Zeichens ebenfalls einstiger First-Overall-Pick und mittlerweile schon unter Druck. Beide verloren zum Start, doch für eines der Teams wäre ein kompletter Fehlstart besonders schwer zu verkraften.
Das Wohl einer Franchise in der NFL hängt in erster Linie am Quarterback. Teams verfügen entweder über einen Franchise-Quarterback, der über Jahre hinweg für Stabilität sorgt - oder sie suchen nach einem solchen. Dieser Prozess ist weder den Cleveland Browns noch den Cincinnati Bengals fremd.
Während die Bengals über ein Jahrzehnt hinweg relative Ruhe hatten in dieser Personalie und lange Zeit auf Andy Dalton vertrauen konnten, suchten die Browns essenziell seit den 90er Jahren nach einem Starting-Quarterback mit Zukunft.
Beide Teams der AFC North haben in jüngster Vergangenheit einen First-Overall-Draftpick für in die wichtigste Position auf dem Platz investiert. Die Browns holten 2018 Heisman-Gewinner Baker Mayfield, die Bengals just in diesem April Heisman-Gewinner Joe Burrow.
Damit allerdings enden auch schon die Parallelen zwischen den beiden.
Mayfield war seinerzeit in Oklahoma spätestens ab seiner Sophomore-Saison 2015 unumstrittener Starter der Sooners und galt schon früh als Kandidat für einen hohen Pick im Draft. Burrow dagegen hatte einen steinigeren Weg zu überwinden.
Er verbrachte die Jahre 2015 (Redshirt) bis 2017 als Backup bei Ohio State, ehe er 2018 zu LSU wechselte und eine unauffällige Saison spielte. Erst 2019 drehte er komplett frei und legte die wohl beste Saison hin, die jemals ein Quarterback auf dem College gespielt hat. Anschließend waren seine Wahl zum Heisman-Gewinner und zum ersten Pick im Draft eigentlich nur noch Formsache, zumal er die Tigers auch noch zur nationalen Meisterschaft führte.
Baker Mayfield 2018: Keine klare Nummer 1 im Draft
Mayfield ging 2018 zwar auch als Heisman-Gewinner ins Rennen, doch eindeutig war seine Draftposition damals nicht. Die Diskussion drehte sich damals um Namen wie Sam Darnold (3. Pick durch die Jets), Josh Allen (7., Bills) und Josh Rosen (10., Cardinals). Von einem gewissen "wahrscheinlich besseren Wide Receiver" (Bill Polian) Lamar Jackson war damals gar nicht die Rede. Es wurde aber doch Mayfield für die Browns und jener zeigte in seinem Rookie-Jahr eindrucksvolle Auftritte und wurde schnell zum Hoffnungsträger in Cleveland hochstilisiert.
Freilich machte Mayfield 2019 einen merklichen Schritt zurück, was man aber auch mit der chaotischen Gesamtsituation begründen konnte - in seinem dritten Jahr erlebt Mayfield gerade seinen dritten Head Coach bei den Browns! Doch Zweifel an ihm kommen so langsam auf, zumal er auch zum Saisonstart 2020 keine gute Figur machte. Gegen den haushohen Favoriten Baltimore jedoch war vielleicht auch einfach nicht mehr drin.
Die Browns liefen schlicht in eine Kreissäge und wurden mit 6:38 auseinandergenommen. Mayfield selbst steckte einen Sack und sechs QB-Hits ein, warf zudem eine Interception (1 TD).
Burrow wiederum hinterließ zwar auch keinen überragenden Eindruck, erzielte aber immerhin direkt seinen ersten Rushing Touchdown über 23 Yards zur frühen Führung gegen die Chargers. Anschließend flachte seine Leistung zwar ab, mit ein wenig mehr Glück wäre ihm aber am Ende sogar noch sein erster Game-Winning Drive gelungen, hätte die Referee-Crew A.J. Green nicht für dessen Pass interference in der Endzone bestraft. Letztlich blieb es beim 13:16, weil Randy Bullock ein leichtes Field Goal vergab.
In der Nacht zum Freitag nun treffen beide erstmals in der NFL aufeinander.
Mayfield vs. Burrow: Browns gehen als Favorit ins Spiel
Vom Papier her ist Cleveland Favorit, wenn man sich besonders die topbesetzte Offense der Browns anschaut. Jene allerdings sah gegen Baltimore kein Land und Right Tackle Jack Conklin geht zumindest angeschlagen in die Partie. Den Bengals wiederum gelangen zum Start immerhin zwei Sacks gegen L.A., das auch über eine nicht immer sattelfeste Offensive Line verfügt. Erschwerend hinzu kommt für Cleveland, dass Slot-Receiver Jarvis Landry mit Hüftproblemen fraglich ist. Er trainierte am Dienstag nicht.
Mit Personalsorgen haben jedoch auch die Bengals zu kämpfen. Cincinnati muss erneut ohne Defensive Tackle Geno Atkins (Schulter) sowie ohne dessen Vertreter Mike Daniels auskommen. Immerhin ist D.J. Reader wohl fit, nachdem er gegen die Ravens noch vom Feld gefahren werden musste. Mayfield hin oder her, diese dünne Personallage in der Mitte suggeriert, dass die Browns in erster Linie aufs Run Game mit Nick Chubb und Kareem Hunt setzen könnten.
Hält Cincinnatis Offensive Line gegen die Browns-Front?
Auf der anderen Seite aber gibt es auch für die Bengals ein paar Ansatzpunkte gegen die Browns-Defense, in der Cornerback Greedy Williams, Linebacker Mack Wilson und Cornerback Kevin Johnson fehlen könnten. Burrow sollte durchaus in der Lage sein, hier mit Waffen wie Green, Tyler Boyd, Joe Mixon und John Ross Schaden anzurichten.
Allerdings bringen die Browns eben mit ihrer defensiven Front ein Gegenmittel und wertvolle Entlastung für die angeschlagene Secondary mit: Der Pass-Rush um Topverdiener Myles Garrett. Selbst gegen die starke O-Line der Ravens und den extrem schwer zu fassenden Lamar Jackson gelangen der Unit zwei Sacks. Burrow wiederum steckte zum Auftakt drei Sacks und sechs QB-Hits ein.
Man muss also davon ausgehen, dass dieses Spiel letztlich an der Line of Scrimmage entschieden wird, zumal die Bengals-Secondary auch nicht unbedingt sattelfest wirkt - das schwache Spiel von Chargers-QB Tyrod Taylor muss dafür kein Indikator sein, zumal jener als Passer klar hinter Mayfield einzuordnen ist.
imago imagesMayfield vs. Burrow: Eine Überraschung ist möglich
Die Zuschauer erwartet in jedem Fall ein interessantes Duell zweier junger Quarterbacks, die beide die Hoffnung einer gesamten Fan-Base auf ihren Schultern tragen, beide mit Unwägbarkeiten zu kämpfen haben, aber durchaus auch von Potenzial umgeben sind. Die Browns sind der Favorit im Spiel, aber sicher kein klarer. Eine Überraschung in Form eines Bengals-Siegs scheint möglich.
Mehr unter Druck stehen allerdings die Browns, denn sie gingen angesichts ihrer abermals produktiven Offseason mit relativ hohen Erwartungen in die Saison. Ein 0-2-Start würde hier schon wieder für große Unruhe sorgen. Die Bengals wiederum befinden sich nach dem ganz schwachen Vorjahr ohnehin noch in einer Übergangsphase.
Joe Burrow hat Zeit. Baker Mayfield läuft diese so langsam davon.